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BUNDESTAG/5009: Heute im Bundestag Nr. 210 - 22.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 210
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2015, Redaktionsschluss: 17.40 Uhr

1. Aktuelle Stunde zu Infrastrukturpolitik
2. G36 hat keine Zukunft bei der Bundeswehr
3. Duale Karriere wichtig für sportlichen Erfolg
4. Tourismusvertreter für nachhaltige Hilfen
5. Änderung des Häftlingshilfegesetzes
6. Grüne fordern Investitionsplan


1. Aktuelle Stunde zu Infrastrukturpolitik

Verkehr und digitale Infrastruktur/Aktuelle Stunde

Berlin: (hib/MIK) Über den Einfluss von Interessenvertretern auf die Infrastrukturpolitik debattiert der Bundestag auf Antrag der Fraktion Die Linke am Donnerstag. Die Aktuelle Stunde beginnt um 13.45 Uhr.

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2. G36 hat keine Zukunft bei der Bundeswehr

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Das Bundesverteidigungsministerium muss ab sofort dem Haushaltsausschuss alle neuen Verträge und Aufträge im Zusammenhang mit der Beschaffung, Wartung und Reparatur von Gewehren des Typs G36 in sämtlichen Ausführungen vorlegen. Dies beschloss der Haushaltsausschuss am Mittwochnachmittag einstimmig im Rahmen der Unterrichtung durch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) über den Sachstand der Prüfung des Gewehrs G36. Von diesem Standardgewehr gibt es bei der Bundeswehr mehr als 170.000 Stück.

Ein von ihrem Ministerium in Auftrag gegebenes Gutachten war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Trefferquote des Sturmgewehrs rapide sinkt, wenn es heißgeschossen wird und wenn es große Temperaturunterschiede gibt. Auch bei Feuchtigkeit gebe es Probleme. "Dieses G36, wie es heute konstruiert ist, hat keine Zukunft mehr bei der Bundeswehr", fasste von der Leyen das Ergebnis zusammen. Nun käme es darauf an, wie diese Lücke geschlossen werden könne. Dies werde aber nicht innerhalb eines Jahres möglich sein, betonte sie.

Für die CDU/CSU-Fraktion war es besonders wichtig, dass zukünftig Sorge dafür getragen wird, dass die Anforderungen erfüllt werden. Es gehe vor allem um die Sicherheit der Soldaten. Die SPD-Fraktion wies darauf hin, dass das Gewehr seit Mitte der 1990er Jahre beschafft werde. Die Abgeordneten fragten sich, wie es nach 20 Jahren plötzlich zu Problemen kommen könne. Sie interessierten sich vor allem auch dafür, wie sich die Anforderungen in der Zwischenzeit geändert hätten.

Auch für die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen, die die Unterrichtung durch die Ministerin beantragt hatten, kam das Umdenken im Ministerium überraschend. Vor einem halben Jahr habe es noch geheißen, mit der Waffe sei alles in Ordnung. Von der Leyen wies darauf hin, dass der Hersteller 1996 bei der ersten Beschaffung des Gewehrs den Vertrag erfüllt habe. In der Zwischenzeit habe sich jedoch die Einsatzrealität verändert. Sie werfe der Firma nichts vor, als Ministerin habe sie jedoch die Pflicht zu überprüfen, ob das Gerät auch unter geänderten Einsatzbedingungen einsatzfähig sei. Aus dem Ministerium hieß es, dass bisher noch nicht mit dem Hersteller gesprochen worden sei. Dies müsse nun geschehen.

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3. Duale Karriere wichtig für sportlichen Erfolg

Sportausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Möglichkeit einer Dualen Karriere für Spitzensportler ist wesentlich für den sportlichen Erfolg. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln, die auf einer Online-Befragung aktiver und ehemaliger Spitzenathleten beruht. Studien-Leiter Christoph Breuer vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement an der Sporthochschule Köln sagte am Mittwoch vor dem Sportausschuss, die Befragungen hätten ergeben, dass die Hauptursache für die Beendigung einer Karriere im Spitzensport nicht mangelnder Erfolg sondern die Konzentration auf Ausbildung und Studium ist. So hätten 37,1 Prozent der Befragten angegeben, ihre Karriere beendet zu haben, um sich auf Ausbildung, Studium oder berufliche Karriere konzentrieren zu können. Verletzungen (10,5 Prozent), Altersgründe (10,2 Prozent) oder fehlende Erfolge (4,6 Prozent) seien deutlich seltener angeführt worden.

Dirk Schimmelpfennig, seit März 2015 Vorstand Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), teilte vor dem Sportausschuss ebenso wie Harry Bähr, Leiter des Olympiastützpunktes (OSP) Berlin und Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe die Aussage der Wissenschaftler, wonach die Duale Karriere ein wesentlicher Bestandteil des sportlichen Erfolges darstellt. Ilgner räumte ein, dass ihn die hohe Zahl an Aktiven, die fehlende berufliche Perspektiven als Grund für den Ausstieg aus dem Leistungssport angegeben haben, überrascht habe. "Hier sollten wir unsere Bemühungen verstärken", sagte der Chef der Sporthilfe, die die Studie finanziert hat.

DOSB-Vertreter Schimmelpfennig sagte, die Duale Karriere spiele bei der Neustrukturierung der Spitzensportförderung eine wichtige Rolle. Um eine erfolgreiche Ausbildung mit Leistungssport verbinden zu können, brauche es etwa im Schulbereich gestreckte Schullaufbahnen, den Aktiven angepasste Präsenzzeitenregelungen und auch die Möglichkeit der Ablegung des Abiturs "in zwei Blöcken", sagte Schimmelpfennig.

Die Duale Karriere müsse dort gestaltet werden, wo auch trainiert wird, betonte OSP-Leiter Bähr. Dies sei vor allem in den 19 Olympiastützpunkten in ganz Deutschland der Fall. In Berlin, so Bähr, arbeite man mit den acht Hochschulen ebenso zusammen wie mit dem Bildungswerk der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg (bbw).

Von der deutschen Sporthilfe erhielten die Kaderathleten durchschnittlich 626 Euro netto im Monat, sagte der Sporthilfe-Vorstandsvorsitzende Ilgner. Als größte Sponsoren deutscher Athleten fungiere angesichts dieser Zahlen nach wie vor das persönliche Umfeld, fügte er hinzu. Ilgner ging auch auf einen weiteren Befund der Studie ein, wonach B-Kaderathleten, die auch nach drei Jahren nicht den Sprung in den A-Kader geschafft haben, signifikant weniger Chancen auf zukünftige Medaillen hätten. Daher gebe es auch eine beschränkte maximale Förderzeit im B- und C-Kader, sagte er. Schließlich müssten die begrenzten Fördermittel auf jene Athleten konzentriert werden, die Chancen auf die absolute Weltspitze hätten.

Angesprochen auf das Zehn-Punkte-Papier des DOSB zur Dualen Karriere aus dem Jahr 2013 räumte DOSB-Leistungssport-Direktor Schimmelpfennig ein, es gebe im deutschen Sport ein Umsetzungsproblem. "Wir brauchen die Strukturen, in denen man die vorhandenen Konzepte auch umsetzen kann", forderte er.

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4. Tourismusvertreter für nachhaltige Hilfen

Ausschuss für Tourismus

Berlin: (hib/DOL) Erfolgsgeschichte Fremdenverkehr: Gemessen an der Zahl der Übernachtungen hat Deutschland bereits 2008 Spanien vom ersten Platz in Europa verdrängt und 2011 "inklusive Camping" die Mittelmeerländer insgesamt überholt. Es ist ein stolzer Befund, den Claudia Gilles, Geschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes, am Mittwochnachmittag dem Ausschuss für Tourismus vortrug. Allerdings verbunden mit einem großen Aber: "Bis heute", so Gilles, "muss jede Kommune, jeder Regionalverband kämpfen um seine Mittel. Wir müssen davon wegkommen, dass alle Organisationen 50 Prozent der Zeit mit der Frage verbringen: Wo bekommen wir für das nächste Haushaltsjahr Geld?" Dringend gefragt sei eine "dauerhafte und rechtssichere Finanzierung".

Davon kann nach Auffassung der Branche derzeit keine Rede sein. Tourismusförderung zählt zu den "freiwilligen" Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung, In Zeiten klammer Haushalte setzen Kämmerer hier zuerst den Rotstift an. Sorgen bereitet auch das neuerdings verschärfte Beihilfe- und Vergaberecht der Europäischen Union, die es den Mitgliedstaaten grundsätzlich verbietet, Unternehmen oder Wirtschaftszweige durch staatliche Mittel zu begünstigen. Ausgenommen sind "öffentliche Einrichtungen", die mindestens 80 Prozent ihrer Leistungen für staatliche Auftraggeber erbringen und nicht mehr als 20 Prozent Fremdumsatz erzielen. Dadurch sehen öffentlich geförderte Tourismusorganisationen ihre Finanzbasis gefährdet, die bisher erfolgreich am Markt gewirtschaftet haben: "Wir müssen uns von vielen Geschäftsfeldern trennen, die wir in den letzten 20 Jahren aufgebaut haben, um professioneller zu werden", klagte Dieter Hütte, Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH. In seinen Augen gestaltet sich durch die EU-Regeln "die Wettbewerbsfähigkeit des Tourismusstandorts Deutschland etwas schwieriger".

Als Sachverständige zur Anhörung erschienen waren außer Gilles und Hütte die Geschäftsführer der Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg, der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein, des Tourismusverbands Sächsische Schweiz und der Firma dwif-Consulting, Yvonne Coulin, Andrea Gastager, Tino Richter und Mathias Feige, sowie Norbert Reier, Bürgermeister von Plau am See, der aus der kommunalen Praxis eines mecklenburgischen Kurorts berichtete. Welche Wege führen aus der Finanzkrise? Welche Modelle haben sich bewährt?

Als Mittel der Tourismusfinanzierung haben sich manche Kommunen auf die Einführung einer "Bettensteuer" für Hoteliers verlegt. Vorreiter war 2005 Weimar, gefolgt zwischen 2010 und 2012 von 20 weiteren Städten. Die Vertreter der Branche lehnen dieses Instrument einhellig ab. Zum einen, weil es nur Übernachtungen betrifft. "Dabei übersteigt der wirtschaftliche Effekt des Tagestourismus den des Übernachtungstourismus bei weitem", gab dwif-Geschäftsführer Feige zu bedenken. Eine Steuer ist zudem nicht zweckgebunden, sondern verschwindet im allgemeinen Kommunalhaushalt. Schließlich trifft sie nur Hotels, nicht aber Gastronomie und Einzelhandel, die ebenfalls vom Tourismus profitieren: "Die Bettensteuer ist nicht gerecht", so Feige.

Als Alternative empfehlen die Sachverständigen die Ausweitung der Kurtaxe, mit der Touristen herangezogen werden, und eine Tourismusabgabe für alle Unternehmen, die am Fremdenverkehr verdienen. Dazu müssten die Länder ihre Kommual-Abgaben-Gesetze ändern, die bisher in den meisten Fällen vorsehen, dass nur staatlich anerkannte Kurorte ihre Besucher zur Kasse bitten dürfen. Wie eine Tourismusabgabe funktionieren könnte, stellte Yvonne Coulin am Beispiel des Nürnberger Tourismusfonds dar: Seit 2009 stellt die Stadt jährlich 250.000 Euro zur Verfügung unter der Bedingung, dass die privatwirtschaftlichen Mitglieder der Tourismus-Zentrale eine Kofinanzierung in gleicher Höhe aufbringen.

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5. Änderung des Häftlingshilfegesetzes

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Häftlingshilfegesetzes (18/4625) vorgelegt. Wie die Regierung in der Vorlage erläutert, sind die Empfänger von Unterstützungsleistungen nach dem Häftlingshilfegesetz knapp 70 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges im Durchschnitt über 80 Jahre alt. 95 Prozent dieser Antragsteller erhielten gemäß den Arbeitsanweisungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge eine Unterstützungsleistung in Höhe von 500 Euro pro Jahr. Nach Schilderung der Stiftung werde eine Unterstützungsleistung in dieser Höhe allerdings nicht als effektive Hilfe wahrgenommen. Den hochbetagten Antragsstellern sei es nicht mehr zuzumuten, jedes Jahr erneut diese relativ geringe Leistung zu beantragen.

Durch die Änderung des Häftlingshilfegesetzes soll die jährliche Unterstützungsleistung an ehemalige politische Häftlinge daher der Vorlage zufolge im Jahr 2016 durch eine Einmalzahlung ersetzt werden, für die der Bund einmalig 13,5 Millionen Euro - davon 11,5 Millionen Euro zusätzlich - bereitstellt. Durch diese zusätzlichen finanziellen Mittel werde die Einmalzahlung deutlich höher ausfallen als die bisher jährlich gezahlte Unterstützungsleistung, schreibt die Regierung weiter.

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6. Grüne fordern Investitionsplan

Haushalt/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Der Deutsche Bundestag soll einen Investitionsplan im Umfang von 45 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Dies fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/4689), den der Bundestag erstmals am Donnerstag beraten wird.

Diese Mittel sollen laut Fraktion unter anderem für die Beteiligung des Bundes am geplanten EU-Investitionsfonds verwendet werden, um europäische Zukunftsinvestitionen im Sinne eines Grünen New Deals sowie kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen. Weiter sollen daraus Mittel für Bildung und Forschung und zur Verbesserung des Bildungs- und Betreuungsangebotes verwendet werden. Außerdem soll es eine Qualifizierungsoffensive für Arbeitslose, Asylbewerber und Geduldete geben sowie ein Förderprogramm "Gesundes und barrierefreies Wohnen im Stadtquartier" aufgelegt werden. Weiter soll die Investitionsoffensive dazu führen, dass der ländliche Raum besser mit schnellen Internetanschlüssen versorgt, ein Programm zur "Klimaversicherung" aufgelegt und ein Investitionsprogramm "Neue Stromwelt" bereitgestellt wird.

Es muss investiert werden, damit aus Ideen Innovationen werden, die auch in Zukunft gutes Leben in Deutschland möglich machen, schreibt die Fraktion zur Begründung. Es müsse investiert werden in Köpfe, die heute und morgen diese Ideen entwickelten, in mehr Chancen für jeden einzelnen und in gute Strukturen sowie in Ideen, die die Klimakrise wirksam angehen und das Projekt Europa stark machen würden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 210 - 22. April 2015 - 17.40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

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