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BUNDESTAG/5036: Heute im Bundestag Nr. 237 - 06.05.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 237
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 06. Mai 2015, Redaktionsschluss: 15.25 Uhr

1. Anhörung zum Kindergeld beschlossen
2. Größere Bedeutung der Finanzmarktregulierung
3. Positive Halbzeit der Endlagerkommission
4. Merkel benennt Ziele des G7-Gipfels
5. Stuttgart 21 weiterhin umstritten
6. Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen


1. Anhörung zum Kindergeld beschlossen

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zur geplanten Erhöhung des Kindergeldes und weiterer Leistungen beschlossen. Bei der Anhörung am 20. Mai 2015 soll es auch um die Erhöhung des Freibetrages für Alleinerziehende gehen, auch wenn die Details der Erhöhung und der Finanzierung bisher nicht vorliegen.

In der Sitzung mahnten die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die rechtzeitige Bekanntgabe der künftigen Höhe des Freibetrags für Alleinerziehende und der Gegenfinanzierung an. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD begrüßten die Anhebung und zeigten sich überzeugt, dass eine Einigung über die Finanzierung der Maßnahme gefunden werde. Die SPD-Fraktion regte an, eine rückwirkende Erhöhung des Kinderfreibetrags von Januar 2014 und nicht nur von Januar 2015 an zu prüfen, wie es auch aus der Opposition gefordert worden war. Der Vertreter der Bundesregierung sah dafür jedoch keinen Handlungsbedarf.

Nach dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrages, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags (18/4649) ist vorgesehen, dass der steuerliche Grundfreibetrag (aktuell 8.354 Euro) rückwirkend zum 1. Januar 2015 um 118 Euro auf 8.472 Euro erhöht werden soll. Ab dem 1. Januar 2016 ist eine weitere Anhebung um weitere 180 Euro auf dann 8.652 Euro vorgesehen.

Der steuerliche Kinderfreibetrag beträgt aktuell 7.008 Euro (einschließlich Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung) und soll rückwirkend zum 1. Januar 2015 um 144 Euro auf 7.152 Euro je Kind erhöht werden. Ab 1. Januar 2016 ist eine erneute Anhebung um weitere 96 Euro auf 7.248 Euro vorgesehen.

Das Kindergeld beträgt derzeit monatlich 184 Euro für das erste und zweite Kind, 190 Euro für das dritte Kind und 215 Euro für das vierte Kind und weitere Kinder. Es soll rückwirkend ab 1. Januar 2015 um vier Euro monatlich je Kind erhöht werden. Ab dem 1. Januar 2016 ist eine Erhöhung um weitere zwei Euro monatlich je Kind vorgesehen.

Der aktuell maximal 140 Euro monatlich betragende Kinderzuschlag soll ab 1. Juli 2016 um 20 Euro monatlich steigen. Der Kinderzuschlag kommt Eltern zugute, die zwar ihren eigenen Bedarf durch Erwerbseinkommen grundsätzlich bestreiten können, aber nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um den Bedarf ihrer Kinder zu decken.

Mit dem Gesetz werde die verfassungsrechtlich gebotene Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags und des Kinderfreibetrags für dieses und das nächste Jahr entsprechend den Vorgaben des 10. Existenzminimumberichts (18/3893) sichergestellt, erläutert die Bundesregierung in dem Entwurf. Die Haushaltsausgaben für Bund, Länder und Gemeinden sollen jährlich etwa 3,745 Milliarden Euro (volle Jahreswirkung) betragen.

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2. Größere Bedeutung der Finanzmarktregulierung

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der neue Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, hat die Bedeutung des ständigen Dialogs seiner Behörde mit der Politik hervorgehoben. Bei seinem ersten Besuch des Finanzausschusses am Mittwoch erklärte Hufeld, die Finanzmarktregulierung habe heute einen wesentlich höheren Stellenwert als noch vor einem Jahrzehnt. Zu den besonderen Schwerpunkten der Arbeit seiner Behörde zählte Hufeld das Niedrigzinsumfeld, den fortschreitenden Prozess der Europäisierung und den Verbraucherschutz. Mit der Übertragung der Aufgaben des kollektiven Verbraucherschutzes habe die BaFin eine "deutliche Ergänzung" ihrer Aufgaben erfahren, sagte Hufeld.

Ingrid-Arndt Brauer (SPD, die Vorsitzende des Finanzausschusses, lobte die gute Zusammenarbeit mit der BaFin. Sie gehe davon aus, dass diese Zusammenarbeit auch in Zukunft so gut sein werde.

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3. Positive Halbzeit der Endlagerkommission

Endlager-Kommission

Berlin: (hib/AS) Die beiden Vorsitzenden der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfälle, Ursula Heinen-Esser und Michael Müller, haben eine positive Halbzeitbilanz der Endlagerkommission gezogen. Bei einer Sitzung des Umweltausschusses am Mittwochvormittag erklärten sie, der Bericht der Kommission über die sichere Verwahrung insbesondere hoch radioaktiver Abfälle solle wie geplant bis zum Sommer 2016 abgeschlossen werden. "Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen", sagte Heinen-Esser. Die "schwierigste Frage" werde für die Kommission der Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung, "weil sie dabei völliges Neuland betritt", gab die frühere Umwelt-Staatssekretärin zu bedenken.

Michael Müller lobte das konstruktive Arbeitsklima zwischen den Vertretern der Kommission. Er hob hervor, dass man mit der Arbeit der Endlagerkommission einen "politischen Streit von der Straße zurück in die Politik" geholt habe und sprach an, dass die Diskussionen um die Endlagerung auch ganz grundsätzliche, gesellschaftliche Fragen berührten: "Es geht darum, wie man Generationengerechtigkeit auf Dauer garantiert", führte er als ein Beispiel an. Dabei handele es sich um Auseinandersetzungen, die weit über technische Fragen hinausgingen. Als schwierige Faktoren der Arbeit der Kommission nannte er die Tatsache, dass sich wichtige Akteure nicht beteiligen wollten und diverse Klagen "unterschiedlicher Qualität" von verschiedenen Unternehmen. Von entscheidender Bedeutung sei es aber vor allem, "ein Grundvertrauen wiederherzustellen, ohne dass es keine Lösung geben werde".

Für die CDU/CSU-Fraktion erklärte Kommissionsmitglied Steffen Kanitz, dass es große Erwartungen an die Kommission gebe und man sich auf den Kern des Gesetzes beschränken solle, Kriterien zu suchen und das Verfahren zu beschreiben. "Es bleibt dabei, dass wir 2031 eine Standortentscheidung treffen möchten", sagte er. Auch er bezeichnete dabei die neue Form der Öffentlichkeitsarbeit als den "Punkt, der uns am meisten herausfordert" und betonte, dass für die Vertrauensbildung Glaubwürdigkeit notwendig sei. Matthias Miersch (SPD), ebenfalls Mitglied der Kommission, machte deutlich, dass für ihn nach mehreren Monaten Kommissionsarbeit deutlich geworden sei, dass es sich beim Thema Endlagerung um "eine der Menschheitsaufgaben" handele. Eine der Herausforderungen der Kommission sei es daher, zu fragen, welchen Politikansatz man brauche, um Lösungen erst einmal entwickeln und nicht sofort finden zu müssen.

Als einen "Strickfehler" des Gesetzes bezeichnete es Hubertus Zdebel (Die Linke), dass bestimmte Gruppen an dem Prozess nicht beteiligt seien. Er betonte, es sei nötig, die gesamte radioaktive Endlagerung in den Blick zu nehmen. Hinsichtlich der Diskussion um den Standort Gorleben, betonte er: "Es gibt keine weiße Landkarte, sie hat einen braunen Fleck". Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen), die wie Zdebel der Kommission angehört, machte hinsichtlich der Diskussionen deutlich: "Skepsis und Zweifel gehören zum politischen Prozess und zum Lösungsprozess". Die Klagen der Energieversorger bezeichnete sie hingegen als "höchst fatal" und kritisierte es als "unverständlich", dass das Bundesumweltministerium die Veränderungssperre für Gorleben verlängert habe. "Es geht nicht nur um Rechtssicherheit, sondern auch die Frage, welche Botschaft wir schicken", erklärte sie.

Die Vertreterin des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), sagte dazu, es sei ein Anliegen die "weiße Karte" frühzeitig herzustellen, aber man brauche dafür Zeit. Gleichzeitig erklärte sie, dass die Endlagerkommission für alle "ein lernender Prozess" sei, betonte aber auch, dass es "unsere Aufgabe" sei, für "die nächsten Generationen Verantwortung zu übernehmen".

Die Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfallstoffe hat die Aufgabe, Vorschläge für die Entscheidungsgrundlagen des späteren Standortauswahlverfahrens zu erarbeiten und das dazu im Jahr 2013 verabschiedete Gesetz zu überprüfen. Mit dem Standortauswahlverfahren soll in einem wissenschaftsbasierten und transparenten Verfahren ein Standort für die Endlagerung insbesondere hoch radioaktiver Abfälle gefunden werden. Laut Gesetz soll das Standortauswahlverfahren bis zum Jahr 2031 abgeschlossen werden.

Dem Gremium gehören 33 Mitglieder des Bundestages, von Landesregierungen sowie Vertreter der Wissenschaft und gesellschaftlicher Gruppen an. Der Vorsitz wird von Ursula Heinen-Esser und Michael Müller gemeinsam wahrgenommen. Die Kommission beschäftigt sich zudem mit der Frage, wie das Verfahren des Auswahlprozesses gestaltet und wie die Öffentlichkeit daran beteiligt werden kann.

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4. Merkel benennt Ziele des G7-Gipfels

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Berlin: (hib/AHE) Die deutsche G7-Präsidentschaft soll im Zeichen der diesjährigen klima- und entwicklungspolitischen Weichenstellungen stehen. Die Agenda des G7-Treffens im Juni im bayerischen Elmau sei darauf ausgerichtet, einen Grundstein zu legen für Fortschritte bei der UN-Konferenz zu den nachhaltigen Entwicklungszielen in New York im September und bei der UN-Klimakonferenz in Paris im Dezember dieses Jahres, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Fokus des Treffens der Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und der USA stünde unter anderem die Durchsetzung von Umwelt- und Sozialstandards entlang globaler Wertschöpfungsketten. Den Vorschlag eines globalen Fonds ("Vision Zero Fonds"), der etwa zum Aufbau von Unfallversicherungen in Entwicklungsländern beitragen könnte und unter anderem von Unternehmen in G7-Ländern finanziert werden soll, nannte Merkel eine "vernünftige Idee". Mit Blick auf Vorbehalte in einigen G7-Staaten warnte die Kanzlerin allerdings vor überzogenen Erwartungen. Zur Durchsetzung guter Arbeitsbedingungen weltweit sei es ein "sehr langer Weg". Als "beschämend" bezeichnete Merkel die Tatsache, dass der Entschädigungsfonds für die Opfer des Einsturzes der Textilfabrik Rana Plaza im Jahre 2013 in Bangladesch immer noch nicht aufgefüllt sei. Hier werde es im Rahmen von G7 darum gehen, ein Zeichen dafür zu setzen, dass die Unternehmen, die in Rana Plaza pr oduzieren ließen, ihrer Verantwortung nachkommen.

Auch die G7-Beratungen zur Klimakonferenz werden nach Darstellung Merkels "kein einfaches Pflaster". Die Klimakonferenz könne nur dann ein Erfolg werden, wenn die Industrieländer - wie im "Copenhagen Accord" 2009 vereinbart - glaubhaft darstellen, wie sie ab 2020 gemeinsam jährlich 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr aus privaten, öffentlichen, bi- und multilateralen Quellen mobilisieren wollen, um den Ausstoß klimafeindlicher Treibhausgase zu begrenzen und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren.

Ein weiterer Schwerpunkt des G7-Treffens werde das Thema Gesundheit und die "Ertüchtigung" von Gesundheitssystemen in Entwicklungsländern sein. Merkel verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf das Engagement der Bundesregierung bei der Wiederauffüllungskonferenz der globalen Impfallianz GAVI sowie auf die deutsche Initiative für einen Sechs-Punkte-Plan, der dabei helfen soll, globale oder global drohende Epidemien wie im Falle der Ebola-Krankheit besser zu bewältigen und einzudämmen.

Eine Vertreterin der CDU/CSU-Fraktion lenkte mit Blick auf einen "steigenden Migrationsdruck aus Afrika" den Blick auf das im G7-Rahmen geplante Treffen mit einer Reihe afrikanischer Regierungschefs. Es müsse darum gehen, diese an ihre Eigenverantwortung zu erinnern, wenn insbesondere die junge Generation ihrer Länder der Heimat den Rücken kehre. Die SPD-Fraktion machte sich unter anderem für mehr Verbindlichkeit bei den Umwelt- und Sozialstandards entlang globaler Wertschöpfungsketten stark. Ein Weg dafür sei etwa, Arbeitnehmerrechte stärker als bisher in Handelsabkommen zu verankern. Ein Vertreter der Fraktion der Grünen warf der Bundesregierung vor, bei Fragen verbindlicher Standards in Brüssel "auf der Bremse zu stehen". Die Fraktion Die Linke kritisierte, dass die Handelsabkommen der EU mit Entwicklungsländern ein ökonomisches Modell förderten, das die Abhängigkeit dieser Länder verstärken würde.

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5. Stuttgart 21 weiterhin umstritten

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur (Anhörung)

Berlin: (hib/MIK) Das Bahnprojekt "Stuttgart 21" ist auch nach dem Baubeginn weiterhin umstritten. Dies wurde am Mittwoch bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur deutlich, bei der es um einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen (18/3647) ging.

Darin fordern die Abgeordneten, offene Fragen zu dem Bahnhofsprojekt zu klären. Die Regierung soll dafür Sorge tragen, dass die aktuelle Kostenentwicklung des Projektes kurzfristig offengelegt und eine neue Kosten-Nutzen-Berechnung durchgeführt wird. Die Kosten von Stuttgart 21 hätten sich bereits vor dem offiziellen Baubeginn im Vergleich zu den ursprünglichen Kostenannahmen erheblich erhöht und seien seit dem Baubeginn am 2. Februar 2010 um weitere 50 Prozent gestiegen. Es müsse mit weiteren erheblichen Steigerungen der Projektkosten gerechnet werden.

Volker Kefer von der Deutschen Bahn AG (DB AG) sieht das Projekt nun "voll im Zeitplan". Er geht davon aus, dass es 2021 fertiggestellt sein wird. Insgesamt würden die Gesamtkosten derzeit auf sechs Milliarden Euro geschätzt. Dazu kämen noch 500 Millionen Euro Reserve. Er wies darauf hin, dass die Planfeststellung "praktisch" komplett vorliege und auch vor Ort Fortschritte zu erkennen seien.

Für Matthias Lieb vom Landesverband Baden-Württemberg des Verkehrsclubs Deutschland sind auch fünf Jahre nach Baubeginn noch viele Fragen ungeklärt. Der Nachweis zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Projektes sei nicht erbracht: Es laufe finanziell und zeitlich immer mehr aus dem Ruder, gefährde die Dividendenfähigkeit der DB AG und belaste damit auch den Bundeshaushalt. Die stark steigenden Kosten stellten eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit des Schienenverkehrs am Verkehrsmarkt dar, schreibt Lieb in seiner Stellungnahme.

Auch der Sachverständige und Journalist Arno Luik kritisiert weiterhin das Projekt. Für ihn ist Stuttgart 21 "einfach nicht in den Griff zu bekommen. So weiche es von den vorgeschriebenen Sicherheitsnormen ab. Dies habe viel mit Stuttgarts tückischem Untergrund zu tun, der Tunnelbauten immer wieder hochhebe, sie verschiebe oder absenke und sie zu ewigen Baustellen mache. Es habe aber auch damit zu tun, dass Stuttgart im Talkessel liege und die Züge von den Höhen kommend den Tiefbahnhof in langen, sehr steilen Tunnels anfahren müssten. Für Züge sei das problematisch, manche Arten von Zügen können das Gefälle nicht bewältigen. "Auch der Brandschutz erfüllt nicht die Sicherheitsnormen", betonte Luik.

Demgegenüber sieht Klaus-Jürgen Bieger, Brandschutzbeauftragter der DB AG, das Projekt bei den Brandschutzmaßnahmen auf der sicheren Seite. Sowohl europäische als auch deutsche Normen würden eingehalten. Unterstützt wurde er dabei von Manfred Leger (DB Projekt Stuttgart-Ulm). Er wies darauf hin, dass im Brandfall bis zu 16.000 Personen in Sicherheit gebracht werden könnten. Dies seien viel mehr Personen, als selbst zu Spitzenzeiten am Bahnhof anwesend seien würden. Auch Professor Ullrich Martin, Direktor des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen, betonte, dass nach seiner Ansicht der Fertigstellungstermin zu halten sei. Im Übrigen hätten sich die Bedingungen seit den Schlichtungsgesprächen kaum verändert.

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6. Verbandsklagerecht bei Datenschutzverstößen

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz (Anhörung)

Berlin: (hib/SCR) Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf (18/4631) zur zivilrechtlichen Durchsetzung des Datenschutzes stößt bei Experten auf ein gemischtes Echo. Bei einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch sahen auch Befürworter der Vorlage Nachbesserungsbedarf. Ziel des Gesetzentwurfes ist es unter anderem, dass zum Beispiel Verbrauchschutzverbände klagebefugt nach dem Unterlassungsklagegesetz sind, wenn ein Unternehmen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstößt, die eine verbraucherschutzrechtliche Dimension haben. Bisher war dies laut Begründung des Entwurfes nur dann möglich, wenn die betreffende Vorschrift explizit in einem Verbrauchschutzgesetz stand.

Kritisch beurteilte Ralf B. Abel, Rechtsanwalt aus Hamburg, die Vorlage. Damit werde ein "Paradigmenwechsel" vollzogen und zwei nicht deckungsgleiche Gebiete, Daten- beziehungsweise Verbraucherschutz, vermengt. Unklar sei auch der Anwendungsbereich der geplanten Norm, der "fast uferlos" sei. So könne schon die alltägliche Datenverarbeitung in Unternehmen betroffen sein. Durch das Verbandsklagerecht bestehe zudem die Gefahr, dass die Kontrolle unternehmerischer Tätigkeiten, die bisher den Datenschutzbehörden zugestanden werde, privatisiert werde.

Michael Neuber vom Bundesverband Digitale Wirtschaft kritisierte ebenfalls, dass die Ausweitung des Klagerechts "systemwidrig" und der Anwendungsbereich zu unbestimmt sei. Hier seien weitere Klarstellungen erforderlich, etwa in Hinblick auf die Verstoßschwere und -art. Problemtisch sei zudem der zivilrechtlich einklagbare Beseitigungsanspruch, da dieser bereits ausreichend im Bundesdatenschutzgesetz geregelt sei.

Thomas Kranig, Präsident des Bayrischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht, sprach sich ebenfalls gegen den Entwurf aus. Er könne zu einer "Schwächung der Datenschutzbehörden" führen. In Falle einer Einführung des erweiterten Verbandsklagerechts sei es notwendig, dass die Datenschutzbehörden frühzeitig in die Verfahren eingebunden werden, idealerweise bereits vor der Klage. Damit solle ein "Auseinanderdriften der Auslegung der datenschutzrechtlichen Vorschriften" begrenzt werden, schreibt Kranig in seiner Stellungnahme.

Auch Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, sprach sich für eine frühzeitige Einbeziehung der Datenschutzbehörden in mögliche Zivilverfahren aus. Er regte zudem ein Veto-Recht für die Behörden an, wenn ein Beseitigungsanspruch mögliche Ordnungsverfahren unterlaufen würde. Anders als Kranig unterstützte Caspar indes den Entwurf. Daten- und Verbraucherschutz seien "zwei Seiten einer Medaille", sagte Caspar. Es handele sich nicht um einen Systembruch, vielmehr könnte mit einer Erweiterung des Verbandsklagerechts eine "sehr gute und sinnvolle Flankierung des Datenschutzes" erreicht werden.

Gerald Spindler, Rechtswissenschaftler an der Georg-August-Universität Göttingen, beurteilte die Erweiterung der Klagebefugnis ebenfalls als "sinnvolle Ergänzung". Zu einem Problem könne allerdings das Nebeneinander von zivilrechtlichen Verfahren im Rahmen der Verbandsklage und den von den Datenschutzbehörden angestrengten öffentlich-rechtlichen Verfahren führen. Es sei daher zu prüfen, wie Datenschutzbehörden in zivilrechtliche Verfahren integriert werden könnten. Eine Anhörung der Behörden allein reiche nicht aus.

Carola Elbrecht vom Verbraucherzentralen Bundesverband begrüßte das Vorhaben grundsätzlich. Es sei wichtig, da Datenschutz bei den Verbraucherzentralen zunehmend eine größere Rolle spiele. Es sei ein "Schritt in die richtige Richtung", es stünden aber noch "viele Fragezeichen im Raum", sagte Elbrecht. Nachbesserungsbedarf sah sie in Hinblick auf Ausnahmen und die Beweislast.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 237 - 6. Mai 2015 - 15.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2015

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