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BUNDESTAG/5292: Heute im Bundestag Nr. 492 - 30.09.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 492
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. September 2015, Redaktionsschluss: 18.03 Uhr

1. Bilanz der Energieforschung gefordert
2. Gemeinwohlorientierte Anbieter
3. Digitale Arbeit mit Chancen und Risiken


1. Bilanz der Energieforschung gefordert

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Alle Fraktionen haben sich im Ausschuss für Wirtschaft und Energie für eine bessere Unterrichtung durch die Bundesregierung über die Ergebnisse der Forschungsförderung im Bereich Energie ausgesprochen. Bei der Beratung des von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/4899) vorgelegten "Bundesberichts Energieforschung 2015 - Forschungsförderung für die Energiewende" erklärte ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion am Mittwoch, die Energieforschung sei sorgfältig aufgestellt und breit angelegt. Es handele sich um "eine gute Sache", aber man wünsche sich, etwas mehr über die Forschungsergebnisse zu erfahren. Was in den letzten zehn Jahren geschehen sei, werde in dem Bericht nicht so deutlich.

Die anderen Fraktionen begrüßten den Vorstoß aus der Unionsfraktion. Der Sprecher der SPD-Fraktion schloss sich dem Wunsch nach mehr Informationen ausdrücklich an. Für Für Speichertechnologien könnten seiner Ansicht nach mehr Mittel bereitgestellt werden, während im Bereich der Kernfusionsforschung über Kürzungen nachgedacht werden könnte.

Auch die Linksfraktion stimmte der CDU/CSU zu, dass die Ergebnisse genau ausgewertet werden sollten. Die Fraktion Bündnis 90/die Grünen schloss sich an. Sie verlangte darüber hinaus, aus der Kernfusionsforschung auszusteigen. In dem bis 2050 angestrebten Energiesystem mit ausschließlich erneuerbaren Energien sei für die Kernfusion kein Raum.

Aus der vom Ausschuss zur Kenntnis genommenen Unterrichtung geht hervor, dass aus dem Energieforschungsprogramm des Bundes im vergangenen Jahr rund 819 Millionen Euro und damit so viel Mittel wie noch nie abgeflossen sind. 2013 waren rund 809 Millionen Euro Forschungsmittel abgeflossen, 2012 erst 705 Millionen. Mit rund 303 Millionen Euro flossen im vergangenen Jahr die meisten Gelder in die Förderung der erneuerbaren Energien. An zweiter Stelle folgt die Energieeffizienz mit rund 300 Millionen Euro.

Einer der Schwerpunkte des Berichts liegt auf der Energiespeicherung. "Eine konsequente Ausrichtung der Energieversorgung auf die Energiewende erfordert Energiespeicher", schreibt die Regierung. Mit Stromspeichern wäre zum Beispiel die Abregelung von Solar- oder Windkraftanlagen in Zeiten eines sehr hohen Sonnen- und Windangebots bei gleichzeitig niedrigem Strombedarf nicht mehr nötig. Außerdem würden Stromspeicher zur Entlastung der Stromnetze auf Transportnetz- und Verteilnetzebene zu Zeiten höchster Einspeisung beitragen. Zur Förderung der Energiespeicherung werden von der Bundesregierung insgesamt 283 Projekte mit einer Gesamtsumme von 190 Millionen Euro unterstützt.

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2. Gemeinwohlorientierte Anbieter

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Sie tragen nach eigenem Verständnis "erheblich zur ethischen und wirtschaftlichen Wertschöpfung" bei, vertreten Einrichtungen mit dem Anspruch, "mehr als ein Beherbergungsbetrieb" zu sein und wollen Menschen dazu verhelfen, eine Reise "zu wirklich sinnvollen Zwecken" zu nutzen: In einer Anhörung im Ausschuss für Tourismus präsentierten sich am Mittwoch zwei kirchliche Verbände und ein gemeinnütziger Verein, die für "gemeinwohlorientierte" Anbieter der Branche sprechen.

Für die Bundesarbeitsgemeischaft der Evangelischen Häuser war deren Vorsitzender Heiner Witte erschienen, von dem auch die Initiative zu diesem ersten gemeinsamen öffentlichen Auftritt ausgegangen war. Begleitet wurde er von der Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendreisen, Martina Drabner, sowie dem Vorsitzenden der Bundesarbeitsgemeinschaft der KIEZe in Deutschland, Gunter Schinke. In der gemeinwohlorientierten Beherbergungsbranche, in der das Jugendherbergswerk mit fast der Hälfte der Bettenkapazität das Schwergewicht ist, repräsentieren alle drei zusammen 33 Prozent des Übernachtungsangebots.

Am wenigsten bringen mit drei Prozent Kapazitätsanteil die "KIEZe" auf die Waage, ein Zusammenschluss von 15 früheren "Kindererholungszentren" der ehemaligen DDR. Der Dachverband kann 2015 dann auch auf sein 25-jähriges Bestehen zurückblicken. Die Einrichtungen mit Kapazitäten von jeweils 120 bis knapp 800 Betten beherbergen, wie Vereinschef Schinke dem Ausschuss berichtete, im Jahr 180.000 Gäste und beschäftigen insgesamt 357 Mitarbeiter.

Sie seien damit in entlegenen ländlichen Räumen Mittel- und Ostdeutschlands ein Arbeitgeber und zugleich ein Wertschöpfungsfaktor von nicht zu unterschätzender Bedeutung: "Wenn eine Einrichtung 30.000 Übernachtungen im Jahr hat und jeder Jugendliche morgens vielleicht zwei Brötchen isst, dann hat der Bäcker im fünf Kilometer entfernten Dorf einen garantierten Absatz von 60.000 Brötchen. Das zeigt, wie wichtig wir sind, was unsere Arbeit ausmacht", so Schinke. "Lernen durch Erleben", laute das Angebot der KIEZe, das sich vor allem an Schulklassen richte Dazu zählen aber auch Ferienlager für sieben- bis achtjährige Teilnehmer.

"Kirchliche Häuser sind schon ganz lange wichtige Partner der Tourismusbranche", sagte Heiner Witte, dessen eigene Organisation freilich vergleichsweise jung ist. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelischer Häuser entstand erst im Mai 2013 als Dachverband von 303 kirchlichen Einrichtungen, "von Heuherbergen über Selbstversorgerhäuser bis zum barrierefreien Hotel". Schiffe und Zeltplätze runden das Übernachtungsangebot ab. Witte selbst leitet eine Herberge mit sechs Betten auf der Hallig Hooge. Im gemienwohlorientierte Sektor repräsenzieren die evangelischen Häuser 18 Prozent der Bettenkapazität.

Der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendreisen gehören nicht nur Gästehäuser, sondern auch Jugendreise- und Schulungsanbieter an. Ihr Kapazitätsanteil im Beherbergungssektor beträgt zwölf Prozent. Den kirchlichen Anbietern gemeinsam ist der Anspruch, auch seelsorgerliche Angebote zu machen, "Wir berühren Menschen", sagte Geschäftsführerin Drabner. Die Sorge um eine weltoffene Gesellschaft, soziale Balange und die Teilhabe auch weniger Wohlhabenden in der Gesellschaft ist nach eigenem Bekunden allen dreien ein Anliegen. Nicht zuletzt verfügen sie über Einrichtungen "in den schönsten Naturlandschaften Deutschlands".

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3. Digitale Arbeit mit Chancen und Risiken

Ausschuss Digitale Agenda/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitsprozesse ist mit Chancen und Risiken gleichermaßen verbunden. In dieser Einschätzung waren sich die am Mittwoch zu einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss Digitale Agenda geladenen Experten einig. Während die Vertreter der Wirtschaft betonten, die Digitalisierung erlaube es den Arbeitnehmern an verschiedenen selbstgewählten Orten und zu selbst gewählten Zeitpunkten zu arbeiten, warnte unter anderem die Sozialwissenschaftlerin Professor Sabine Pfeiffer von der Universität Hohenheim und der freischaffende Journalist und Kommunikations-Designer Florian Alexander Schmidt vor "ausbeuterischen Tendenzen" und der Gefahr der Überlastung, durch die ständige Erreichbarkeit. Joachim Möller, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), forderte vor allem dort staatliche Regelungen, "wo die Sozialpartnerschaft nicht greift".

Sowohl Andreas Paschke von der Röchling Engineering Plastics Gruppe als auch Julie Linnert Eppple von der Robert Bosch GmbH betonten die große Bedeutung einer guten Sozialpartnerschaft. "Das ist der zentrale Punkt", sagte Paschke. Das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, dass sie nicht Leidtragende der "gläsernen Fabrik" werden, sei Dreh - und Angelpunkt des Prozesses. Es müsse gelingen, die "berechtigten Sorgen der Mitarbeiter, ausgehorcht zu werden", zu zerstreuen, betonte Paschke. Aus Sicht von Julie Linnert Eppple steht das derzeit geltende Arbeitszeitgesetz einer auch von den Arbeitnehmern gewünschten weiteren Flexibilisierung ihrer Arbeit im Wege. Es gehe ihrem Unternehmen nicht um die Aushebelung der 35-Stunden-Woche, machte sie deutlich. Die Sozialpartner sollten aber selber erarbeiten können, "was für Unternehmen und Arbeitnehmer das Beste ist".

Auf die verschiedenen Plattformmodelle der digitalisierten Arbeit ging Kommunikations-Designer Florian Alexander Schmidt ein. Auslagerung, so sein Fazit, habe sehr starke Tendenzen zur Ausbeutung. Plattformen, die viele verschiedene Arbeitnehmer beschäftigen, ohne für sie Sozialabgaben zahlen zu müssen, würden zu einem Preisdruck führen. Zugleich wüssten die Mitarbeiter gar nicht, welcher Anteil dessen, was der Auftraggeber zahlt, bei der Plattform hängenbleibe. Es gebe Fälle, wo der Anteil bei mehr als 50 Prozent liege, sagte Schmidt und forderte mehr Transparenz, "damit alle Beteiligten wissen woran sie sind".

Einige der Plattformen mit ausbeuterischen Tendenzen gefährdeten insbesondere den Mittelstand, der geschützt werden müsse, sagte Sozialwissenschaftlerin Sabine Pfeiffer. Die Hoffnung der Mitarbeiter in diesen Plattformen auf mehr Flexibilität erfülle sich ihren Erkenntnissen oftmals nicht, dass angesichts der geringen Bezahlung immer mehr Aufträge angenommen würden. "Wir brauchen Regularien, die die Interessen beider Seiten bewahren", forderte Pfeiffer. Ebenso wie der Arbeitsmarktexperte Möller vom IAB, sprach sie sich vor allem in solchen Fällen für die Schaffung von Regularien aus, "in denen es keine funktionierende Sozialpartnerschaft gibt". Möller forderte: "Wir brauchen ein neues Betriebssystem in der Gesellschaft für Wirtschaft 4.0."

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 492 - 30. September 2015 - 18.03 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Oktober 2015

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