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BUNDESTAG/5697: Heute im Bundestag Nr. 211 - 14.04.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 211
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 14. April 2016, Redaktionsschluss: 10.00 Uhr

1. Kulturgutschutzrecht bleibt umstritten
2. Kaiser's: Gabriel lobt Arbeitsplatzerhalt
3. Kein Verbot von Fracking
4. Finanzmarktnovelle beschlossen
5. Grüne: Medikamente nicht in die Toilette


1. Kulturgutschutzrecht bleibt umstritten

Kultur und Medien/Anhörung

Berlin: (hib/AW) Die geplante Novellierung des Kulturgutschutzrechts bleibt zwischen Experten und Interessenvertretern höchst umstritten. In einer öffentlichen Anhörung des Kulturausschusses am Mittwoch über den von Kulturstaatsministerin Monika Grütters vorgelegten Gesetzentwurf (18/7456), mit dem die Aus- und Einfuhr von Kulturgütern neu geregelt werden soll, legten 15 geladene Sachverständige ihre unterschiedlichen Sichtweisen auf die Gesetzesnovelle dar.

Die Vertreter von Kunsthändlern und Sammlern erneuerten ihre in den vergangenen Monaten vorgebrachte Kritik, die geplanten Bestimmungen und Auflagen seien zu restriktiv und erschwerten den internationalen Kunsthandel. Christoph Andreas vom Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler und Markus Eisenbeis, Geschäftsführender Gesellschafter des Auktionshauses Van Ham in Köln und Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Kunstversteigerer, kritisierten vor allem die Regelungen zum möglichen Exportverbot von "national wertvollem Kulturgut". Dieser Begriff müsste enger definiert werden. Sonst bestehe die Gefahr, dass Sammler keine Kulturgüter mehr nach Deutschland einführen, da sie befürchten müssten, diese zukünftig nicht mehr ins Ausland verkaufen zu können. Für Sonderregelungen für Verkäufer und Sammler von Münzen sprach sich der Präsident der Deutschen Numismatischen Gesellschaft, Kristian Nicol Worbs, aus. Münzen seien Massenprodukte und nicht einzigartig. Im Gesetzestext sollte deshalb klargestellt werden, dass Münzen keine archäologischen Objekte im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes sind.

Für eine enge Auslegung des Begriffs "nationales Kulturgut" plädierte auch Dorothee Hansen, stellvertretende Direktorin der Kunsthalle Bremen. Schon jetzt seien viele Privatsammler verunsichert und würden Bilder nicht mehr als Leihgaben in Museen ausstellen lassen, da sie befürchten, die Werke könnten auf der Liste der national wertvollen Kulturgüter eingetragen werden. Sie warb für die Einführung eines sogenannten Negativattestes, durch das klargestellt werden könnte, dass es sich bei der Leihgabe nicht um national wertvolles Kulturgut handelt.

Die Vorsitzende der Deutschen Naturwissenschaftlichen Forschungssammlungen, Johanna Eder, verwies darauf, dass der Begriff national wertvolles Kulturgut für Naturgüter unglücklich sei. Paläontologische, mineralogische, zoologische oder botanische Objekte könnten in anderen Ländern ebenso national wertvoll oder identitätsstiftend sein. Der Begriff Kulturgut müsste im Hinblick auf Naturgüter enger gefasst werden.

Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums im Berlin, widersprach der Kritik am Gesetzentwurf. Die Bestimmungen der Unesco-Konvention zum Schutz von Kulturgütern seien in Deutschland noch immer nicht ausreichend umgesetzt. Die Gesetzesnovelle sei deshalb notwendig. Wirtschaftliche Aspekte und Interessen müssten an dieser Stelle zurückstehen. Auch der Berliner Rechtsanwalt Robert A. Kugler mahnte, dass Deutschland die Unesco-Konvention besser umsetzen müsse. Die Ein- und Ausfuhrbestimmungen im Gesetzentwurf seien hierfür geeignet.

Die Europa- und Völkerrechtlerin Kerstin Odendahl von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel bewertete den Gesetzentwurf als "gut". Kulturgüter seien auf der einen Seite ein wirtschaftliches Gut, auf der anderen Seite aber auch ein schützenswertes kulturelles Gut. Der Gesetzentwurf stelle einen Kompromiss dar und werde dem dualen Charakter von Kulturgütern gerecht. Die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls. Die Definition von national wertvollem Kulturgut sei eng genug gefasst. Über die Eintragung auf die entsprechende Liste würden wie bereits praktiziert Sachverständigenausschüsse in den Bundesländern entscheiden. Der Arbeit dieser Ausschüsse müsse Vertrauen entgegengebracht werden. Auch der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, lobte die Gesetzesinitiative. Sie sei "überfällig".

Die Staats- und Verwaltungsrechtlerin Sophie Lenski von der Universität Konstanz bezweifelte, dass sich die Ein- und Ausfuhrbestimmungen für Kulturgüter in der Praxis als tauglich erweisen. Der Gesetzentwurf erschwere den ehrlichen Kunsthändlern ihr Geschäft, den unehrlichen biete es hingegen noch immer zu viele Spielräume. Silvelie Karfeld, Hauptkommissarin beim Bundeskriminalamt, sprach sich sogar für eine Verschärfung der Einfuhrbestimmungen vor allem für Antiken aus. Deren Herkunft würde in der derzeitigen Praxis sehr oft bei der Einfuhr verschleiert oder gefälscht. Sie forderte deshalb die Vorlage von eindeutigen Belegen für den rechtmäßigen Erwerb in den Einfuhrvorschriften ähnlich wie bei den Bestimmungen zum Schutz bedrohter Tierarten.

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2. Kaiser's: Gabriel lobt Arbeitsplatzerhalt

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Bedeutung der Ministererlaubnis für die Fusion der Einzelhandelsketten Edeka und Kaiser's/Tengelmann mit den aufschiebenden und auflösenden Bedingungen unterstrichen. Es seien "harte Bandagen" angelegt worden mit dem Ziel, rund 16.000 Arbeitsplätze bei Kaiser's zu sichern, sagte der Minister am Mittwoch im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Voraussetzung für die Erlaubnis der Fusion sei unter anderem ein Tarifvertrag und ein Verzicht auf Privatisierungen der Geschäfte für einen Zeitraum von fünf Jahren. Sollte es danach zur Abgabe von Läden an Einzelhändler kommen, müssten die Arbeitsplätze für weitere zwei Jahre erhalten werden. Damit werde der Erhalt der rund 16.000 Arbeitsplätze für insgesamt sieben Jahre gesichert. Das sei ein "ausgewogenes Ergebnis", und erstmals seien Arbeitnehmerrechte in diesem Zusammenhang als Gemeinwohlgrund anerkannt worden. Wenn der Tarifvertrag nicht zustande komme, werde es keine Fusion geben, betonte Gabriel.

Die CDU/CSU-Fraktion lobte, der Minister habe sich intensiv um die Fusion und die damit verbundenen Fragen gekümmert. Mit den Fusionsbedingungen in der Ministererlaubnis sei den Beteiligten ein "strammes Korsett" auferlegt worden. Die SPD-Fraktion signalisierte ihre volle Unterstützung für die jetzt gefundene Fusionslösung. Es sei klar zum Ausdruck gebracht worden, dass die soziale Marktwirtschaft in Deutschland ihre Bedeutung habe. "Darüber sind wir sehr froh", erklärte der Sprecher der SPD-Fraktion.

Kritischer äußerte sich die Opposition. Die Fraktion die Linke sprach von einer "Notlösung", die aber richtig sei. Problematisch sei aber die Lage im Einzelhandel insgesamt: Es gebe Tarifflucht und prekäre Beschäftigung. Da seien Korrekturen erforderlich, forderte die Linksfraktion. Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Arbeitsplatzargument zwar wichtig, aber insgesamt gehe Gabriel mit dem Thema falsch um. Es sei eine Illusion, dass die Arbeitsplatzsicherung erreicht werden könne. Die durch die Fusion entstehende größere Marktmacht werde zu noch mehr Druck auf Zulieferer führen.

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3. Kein Verbot von Fracking

Wirtschaft und Energie/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat am Mittwoch ein Verbot der zur Förderung von Erdgas eingesetzten Fracking-Technologie abgelehnt. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wurde ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7551) zurückgewiesen, mit dem das Verbot des Einsatzes dieser Technik zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen im Bundesrecht verankert werden sollte. Neben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte auch die Linksfraktion für den Gesetzentwurf. Ziel des Gesetzes sei der Schutz von Umwelt und Menschen vor den durch Fracking verursachten Gefährdungen sowie die Umstellung auf eine das Klima und die Umwelt schonende Energieversorgung, hatten die Abgeordneten ihren Gesetzentwurf begründet. Kritisiert wurden Bundesregierung und Koalition, denen es bisher nicht gelungen sei, eine Einigung über ihren am 23. April 2015 eingebrachten Gesetzentwurf zur Regelung der Fracking-Technik herzustellen. Weder hätten Ausschüsse über Erkenntnisse aus den Expertenanhörungen abschließend beraten noch sei eine Entscheidung des Bundestages erfolgt. Abgelehnt wurde von der Koalitionsmehrheit auch ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/4810) für ein Verbot von Fracking in Deutschland. Die beiden Oppositionsfraktionen stimmten für den Antrag.

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4. Finanzmarktnovelle beschlossen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch dem Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (18/7482, 18/7826, 18/8099) zugestimmt. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD, die zuvor noch acht Änderungsanträge eingebracht hatten. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Mit der Ersten Finanzmarktnovelle sollen europäische Neuregelungen auf zahlreichen Gebieten des Kapitalmarktrechts zur Verbesserung der Transparenz und Integrität der Märkte und des Anlegerschutzes umgesetzt werden. Dazu gehören unter anderem die Anpassung von Regulierungsvorschriften und die Verbesserung der Überwachung von Marktmissbrauch, die Stärkung von Befugnissen und Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden sowie verschärfte Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderhandel und Marktmanipulation. So wird der Katalog der Finanzinstrumente, auf die die Vorschriften gegen Marktmanipulationen Anwendung finden, erweitert. Warenderivatemärkte werden besser überwacht und die Meldepflichten für Emittenten werden ausgeweitet. Zudem können die Aufsichtsbehörden in Zukunft bei Missständen Produkte verbieten. Wertpapier-Informationsblätter für Kleinanleger werden europaweit vereinheitlicht.

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5. Grüne: Medikamente nicht in die Toilette

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Verbraucher sollen künftig stärker dazu angehalten werden, Medikamente nicht mehr in der Toilette oder in der Spüle zu entsorgen. Damit soll die Belastung von Oberflächengewässern durch Arzneimittel und deren Rückstände verringert werden. Dies sieht ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8082) vor, der am Donnerstag im vereinfachten Verfahren auf der Tagesordnung steht. Die Rückstände beeinflussten aquatische Lebensgemeinschaften auf verschiedene Weise, führen die Grünen aus. So würden durch Rückstände der Antibabypille etwa die Reproduktionsraten von Fischen und Muscheln verringert. Studien hätten zudem ergeben, dass Flussbarsche schon bei geringer Konzentration von Antidepressiva im Wasser einen verminderten Fluchtreflex zeigten und ihr Ernährungsverhalten veränderten.

Die Grünen fordern unter anderem "deutlich lesbare" Hinweise auf Medikamentenverpackungen. Sie sollen darauf hinweisen, dass Medikamente entweder bei speziellen Entsorgungseinrichtungen abgegeben oder über den Hausmüll entsorgt werden können. Darüber herrsche Unkenntnis bei den Deutschen, argumentieren die Grünen mit Verweis auf eine Erhebung des Instituts für sozialökologische Forschung. Demnach spülten 47 Prozent der Deutschen ihre Medikamente in der Spüle oder Toilette runter. Auch Ärzte und Apotheker sollen stärker in die Aufklärung über eine gewässerschonende Entsorgung eingebunden werden.

Zudem soll sich nach Willen der Fraktion die Bundesregierung auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Arzneimittelhersteller wasserrelevante Informationen über ihre Produkte und ihre Entfernung aus dem Wasser zur Verfügung stellen. Auch ein bundesweiter Bedarfsatlas soll erstellt werden, der regionalspezifisch die Verunreinigung der Oberflächengewässer durch Medikamente darstellen soll.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 211 - 14. April 2016 - 10.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. April 2016

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