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BUNDESTAG/5872: Heute im Bundestag Nr. 386 - 22.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 386
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. Juni 2016, Redaktionsschluss: 15.52 Uhr

1. Geänderte Erbschaftsteuer beschlossen
2. Weniger Stress auf der Arbeit
3. Mindestlohn für Langzeitarbeitslose
4. Bundesrats-Vorschläge zurückgewiesen
5. Politisch motivierte Straftaten erfragt


1. Geänderte Erbschaftsteuer beschlossen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Anpassung der Erbschaftsteuer an das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts beschlossen. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen. Sie hatten zuvor auch einen Änderungsantrag der Koalition abgelehnt, mit dem der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (18/5923, 18/6279) an mehreren Stellen verändert worden war.

Die Erbschaftsteuer musste neu geregelt werden, nachdem das Bundesverfassungsgericht Änderungen an den bisher geltenden Regeln angemahnt hatte. Das Gericht hatte insbesondere die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen als zu weitgehend betrachtet.

Das bisherige Erbschaftsteuerrecht sah eine Verschonung des Betriebsvermögens in Höhe von 85 Prozent vor, wenn innerhalb von fünf Jahren der vierfache Betrag der durchschnittlichen Jahreslöhne gezahlt (400 Prozent) und der Betrieb weitergeführt wurde. Die Verschonung konnte auf 100 Prozent erhöht werden, wenn die Lohnsumme 700 Prozent betrug und der Betrieb sieben Jahre gehalten wurde. Diese Lohnsummenregelung galt aber nur bei Betrieben über 20 Beschäftigten. Im Entwurf der Regierung wurde diese Regelung beibehalten, allerdings die Zahl der Beschäftigten von 20 auf drei reduziert; per Änderungsbeschluss des Finanzausschusses wurde sie auf fünf Beschäftigte angehoben. Für Betriebe ab sechs bis 15 Beschäftigte gibt es eine gestaffelte Regelung.

Bei einem Erwerb großer Vermögen über 26 Millionen Euro wird ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem Verschonungsabschlag eingeführt. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung hat der Erwerber nachzuweisen, dass er nicht in der Lage sein würde, die Steuerschuld mit anderem als Betriebsvermögen zu zahlen. "Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen", heißt es in dem Entwurf.

Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Bei Vermögen über 26 Millionen Euro sinkt der Abschlag von zunächst 85 Prozent (fünf Jahre Fortführung) oder 100 Prozent (sieben Jahre Fortführung) schrittweise je höher das Betriebsvermögen ist. Das Verschonungsabschmelzmodell sah im Regierungsentwurf ab 116 Millionen Euro einen einheitlichen Abschlag von 20 Prozent bei einer Haltedauer von fünf Jahren (bei sieben Jahren 35 Prozent) vor. Mit der Änderung entfällt jeder Abschlag bei Vermögen über 90 Millionen Euro. Für Familienunternehmen mit bestimmten gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen gibt es zusätzliche Regelungen.

Außerdem werden Stundungsmöglichkeiten für die Erbschaftsteuer eingeführt und geplante Investitionen, die innerhalb von zwei Jahren aus dem Nachlass finanziert werden, steuerlich begünstigt. Auch die Bewertung der Unternehmen wird nach Angaben der CDU/CSU-Fraktion realitätsnäher geregelt. Die Bundesregierung erwartet von der Neuregelung langfristig jährliche Mehreinnahmen von 900 Millionen Euro im Vergleich zum Regierungsentwurf.

Die CDU/CSU-Fraktion erinnerte in der Sitzung an die "einmalige Struktur von Familienunternehmen in Deutschland", die nicht durch die Erbschaftsteuer gefährdet werden dürfe. Es müsse dafür gesorgt werden, dass nicht ein Unternehmen wegen der deutschen Erbschaftsteuer ins erbschaftsteuerfreie Ausland ziehe.

Die SPD-Fraktion erklärte, "im Rahmen der Möglichkeiten" sei dies ein gutes Gesetz. Der Rahmen der Möglichkeiten sei allerdings sehr gering gewesen. Dies habe einerseits an den Vorgaben des Verfassungsgerichts gelegen, und andererseits habe die Koalition einen Kompromiss finden müssen. Die SPD-Fraktion hätte sich angesichts der nicht gesellschaftsstabilisierenden Vermögensverteilung in Deutschland eine andere Regelung vorstellen können.

Die Fraktion Die Linke erklärte unter Hinweis auf einen Bericht der OECD, in keinem anderen Land seien Vermögen so ungleich verteilt wie in Deutschland. Eine progressive Besteuerung von Erbschaften könne ein Beitrag gegen die Übertragung dieser Ungleichheiten auf die nächste Generation sein. Wie die Linksfraktion äußerte auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen massive Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs. Mit der extrem gestaltungsanfälligen Neuregelung werde eine Chance zu mehr Gerechtigkeit vertan. Die Erben größerer Vermögen würden zu wenig Erbschaftsteuer zahlen, kritisierte die Fraktion.

Ein Antrag der Oppositionsfraktionen, wegen der vielen Veränderungen gegenüber dem Ursprungsentwurf eine weitere öffentliche Anhörung durchzuführen, war zu Beginn der Sitzung von den Koalitionsfraktionen abgelehnt worden. Die Koalition hatte argumentiert, die Themen der jetzt beantragten Änderungen seien bereits in der durchgeführten Anhörung zur Sprache gekommen. rundtext

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2. Weniger Stress auf der Arbeit

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die gesetzliche Wochenhöchstarbeitszeit soll von 48 auf 40 Stunden gesenkt werden. Das fordert Die Linke in einem Antrag (18/8724). Im Arbeitszeitgesetz sollen außerdem ein Recht auf Nichterreichbarkeit, eine Dokumentationspflicht für jede Stunde Arbeit sowie verbindliche Ausgleichsregelungen für Mehrarbeit festgeschrieben werden. Die Bundesregierung soll darüber hinaus eine Anti-Stress-Verordnung erlassen, anhand derer Arbeitgeber und Beschäftigte Ursachen für psychische Belastungen benennen und Gegenmaßnahmen ergreifen können. Ferner fordern die Abgeordneten ein Rückkehrrecht auf Vollzeit beziehungsweise zur vorherigen Arbeitszeit. Betriebsräte sollen außerdem "erzwingbare Mitbestimmungsrechte" bei Fragen der Zeitsouveränität und der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben erhalten.

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3. Mindestlohn für Langzeitarbeitslose

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Langzeitarbeitslose sollen nach dem Willen der Fraktion Die Linke nicht vom Mindestlohn ausgenommen werden. Das fordert die Fraktion in einem Antrag (18/8864). Nach derzeitiger Rechtslage erhalten Langzeitarbeitslose erst nach sechs Monaten ununterbrochener Beschäftigung den Mindestlohn. Die Abgeordneten kritisieren diese Regelung unter Bezug auf eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) als wirkungslos. Über den Antrag der Linken berät der Bundestag am Freitag, den 24. Juni, in erster Lesung.

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4. Bundesrats-Vorschläge zurückgewiesen

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat sich gegen Vorschläge des Bundesrates zur Änderung ihres neuen Anti-Terror-Pakets ausgesprochen. Dies geht aus der als Unterrichtung (18/8881) vorliegenden Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Regierungsentwurf eines "Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus" (18/8824) hervor.

Der Regierungsentwurf sieht vor, dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) spezielle Befugnisse einzuräumen zur Einrichtung gemeinsamer Dateien "mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedsstaaten". Ferner soll die Bundespolizei wie bereits "nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt" die Befugnis erhalten, sogenannte Verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einzusetzen. Zudem ist unter anderem geplant, Erbringer von Telekommunikationsdiensten zu verpflichten, die Identität von Prepaid-Kunden - zu deren Erhebung sie bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind - anhand geeigneter Identitätsdokumente wie Personalausweise oder Reisepässe zu überprüfen.

Nach dem Willen des Bundesrates soll im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden, nicht nur bei im Voraus bezahlten, sondern bei allen Mobilfunkdiensten eine Pflicht zur Prüfung der Richtigkeit der Daten vor der Freischaltung vorzusehen. Ferner will der Bundesrat unter anderem durch das BfV sichergestellt haben, dass die Landesbehörden für Verfassungsschutz "vollen lesenden Zugriff" auf die in den geplanten gemeinsamen Dateien enthaltenen Daten erhalten.

Zur Begründung verweist der Bundesrat darauf, dass das BfV "wegen der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Verfassungsschutzverbundes als Mischverwaltung von Bund und Ländern nicht alleiniger Kommunikationspartner ausländischer Nachrichtendienste" sein könne. Empfänger in Deutschland sei ",der deutsche Inlandsnachrichtendienst', das heißt der Verfassungsschutzverbund insgesamt, nicht das Bundesamt für Verfassungsschutz isoliert".

Dagegen argumentiert die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung, dass die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern " als Gegenstand auswärtiger Gewalt grundsätzlich dem Bundesamt für Verfassungsschutz als Zentralstelle des Verfassungsschutzverbundes vorbehalten" sei. Der vom Bundesrat vorgeschlagene Einbezug von Landesverfassungsschutzbehörden durch generelles Abrufrecht "könnte die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten erheblich erschweren und damit der Aufgabenerledigung abträglich sein". Die Weitergabe von Erkenntnissen durch das BfV an Landesverfassungsschutzbehörden bleibe davon unberührt.

Zur Forderung des Bundesrates, bei allen Mobilfunkdiensten eine Pflicht zur Datenverifizierung vorzusehen, schreibt die Bundesregierung, da das Problem der schlechten Qualität der Bestandsdaten bislang nur im Prepaid-Bereich bestehe, "sollte der praktischen Bedarfslage folgend die gesetzliche Pflicht darauf beschränkt werden".

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5. Politisch motivierte Straftaten erfragt

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Politisch motivierte Straftaten in Deutschland im Mai 2016" sind Gegenstand einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (18/8851). Darin erkundigen sich die Koalitionsfraktionen unter anderem danach, wie viele solcher Straftaten der Bundesregierung bislang für Mai dieses Jahres bekannt geworden sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 386 - 22. Juni 2016 - 15.52 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2016

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