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BUNDESTAG/6185: Heute im Bundestag Nr. 699 - 30.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 699
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. November 2016, Redaktionsschluss: 09.33 Uhr

1. Unfallgefahr durch alte Autofahrer
2. Agrarausschuss stimmt für Liquiditätshilfen
3. Gesetz zur Vorbereitung des Zensus 2021
4. Änderung des Sprengstoffgesetzes
5. Nitrat im Grundwasser


1. Unfallgefahr durch alte Autofahrer

Petitionsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss sieht vermehrten Forschungsbedarf hinsichtlich der Fahreignung von Personen über 75 Jahren und der Unfallgefahr, die von dieser Personengruppe ausgeht. In der Sitzung am Mittwochmorgen beschloss der Ausschuss einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Material zu überweisen und den Fraktionen des Bundestags zur Kenntnis zugeben.

In der Petition wird gefordert, die Verlängerung von Führerscheinen, die seit Januar 2013 nur noch 15 Jahre gültig seien, an Bedingungen zu knüpfen, wie die regelmäßige Teilnahme an Erste-Hilfe-Kursen und die Vorlage einer augenärztlichen Bescheinigung. Letzteres könne nach Ansicht der Petenten auch mit einer Altersgrenze verbunden sein.

Was die Forderung nach regelmäßigen Auffrischungen der Erste-Hilfe-Kurse angeht, so heißt es in der Begründung zur Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses unter Bezug auf eine Stellungnahme des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR), dies könnten alle infrage kommenden Organisationen und freien Anbieter selbst bei einem Abstand von fünf Jahren nicht gewährleisten. Im Vorfeld der Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie im Jahr 2012 sei dieser Punkt zudem mit den Bundesländern auf Fachebene erörtert und als nicht zielführend verworfen worden.

Verpflichtende Gesundheitstests für über-75-Jährige lehnt der DVR ebenfalls ab, heißt es in der Vorlage. Man setze auf die Eigenverantwortung der betreffenden Zielgruppe. Auch die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert laut der Beschlussvorlage des Petitionsausschusses "keine generelle Fahreignungsprüfung und keine verpflichtenden Sehtests für Ältere". Der UDV ist gleichwohl der Auffassung, dass ab etwa 75 Jahren die Wahrscheinlichkeit steige, einen Unfall selbst zu verursachen. "Daher wird es in der Zukunft vor allem darum gehen, Unterstützungsmaßnahmen zur Erhaltung einer sicheren Pkw-Mobilität im Alter zu entwickeln und in der Praxis umzusetzen", wird in der Vorlage ausgeführt.

Neben DVR und UDV schlägt auch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) keine Verpflichtung zur Gesundheitsüberprüfung Älterer, wie beispielsweise Sehtests, vor, heißt es weiter. Laut BASt verfügten "ältere Fahrerinnen und Fahrer über wirksame Kompensationsmechanismen, die in der Regel eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr gewährleisten".

Mit Blick auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes von 2014, wonach Fahrer über 64 Jahre zu 66,9 Prozent und über-75-Jährige zu 74,9 Prozent die Hauptschuld an einen Unfall an dem sie beteiligt waren getragen hätten, sieht der Petitionsausschuss Forschungsbedarf hinsichtlich der Ursachen für die relativ gesehen hohe Beteiligung vor allem der über 75-Jährigen an Unfällen. Laut der Beschlussempfehlung sollte geprüft werden, "ob konkreter Handlungsbedarf besteht und Auflagen sowie unterstützende Maßnahmen wie etwa individuelles Fahrtraining oder Sehfeldassistenzsysteme für diese Altersgruppe notwendig sind". Die Rechtsfolgen sollten nach Auffassung des Petitionsausschusses nicht in einer Einschränkung der Mobilität liegen. Vielmehr sollten "zur Sicherung der Verkehrssicherheit wo nötig, Auflagen erteilt oder Unterstützung veranlasst werden".

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2. Agrarausschuss stimmt für Liquiditätshilfen

Ernährung und Landwirtschaft/Ausschuss

Berlin: (hib/EIS) Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft bereitet den Weg für finanzielle Beihilfen an die Milchbauern vor. Die Abgeordneten haben am Dienstagnachmittag in einer Sondersitzung mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen die Annahme des Gesetzentwurfs zum Erlass und zur Änderung marktordnungsrechtlicher Vorschriften sowie zur Änderung des Einkommensteuergesetzes (18/10237) im Plenum empfohlen. Das sogenannte Milchmarktsondermaßnahmengesetz soll die Rechtsgrundlage dafür schaffen, Liquiditätshilfen in einer Höhe von 116-Millionen Euro ab Februar 2017 an jene Milchwirte auszuzahlen, die ihre Mengenproduktion nicht steigern. Diese Maßnahme soll zu einer Reduzierung der Milchgesamtmenge führen und zur Stabilisierung der Preise auf dem Rohstoffmarkt beitragen, um den Unternehmen die kostendeckende Produktion von Milch zu ermöglichen. "Die schwierige Marktsituation ist trotz positiver Vorzeichen nicht vorüber", hieß es dazu seitens der Bundesregierung. Das Hilfsprogramm soll sich zu je 58 Millionen Euro aus Mitteln der Europäischen Union und des Bundeshaushaltes zusammensetzen. Die Änderung der marktordnungsrechtlichen Vorschriften soll für das Vorhaben die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene schaffen. Die Sondersitzung war erforderlich geworden, um das Gesetzespaket fristgerecht im Dezember im Bundesrat vorlegen und die Hilfen zu Beginn des kommenden Jahres auszahlen zu können.

Darüber hinaus wurde eine Änderung des Einkommensteuergesetzes befürwortet, den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben nachträglich für drei zurückliegende Jahre die Glättung von Gewinnschwankungen zu ermöglichen. Die Regelung soll bis zum Jahr 2022 gelten und dann auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Begründet wird die Maßnahme damit, dass unter anderem Ernteausfälle infolge des Klimawandels vermehrt zu schwankenden Gewinnen und schlechten Ertragslagen führen würden. Die Ausweitung der Gewinn- und Tarifglättung soll den Land- und Forstwirten zu mehr Planungssicherheit verhelfen.

Dass sich der Milchmarkt allmählich auf dem Weg der Besserung befinde, stellte auch die Union fest. Angesichts der enormen finanziellen Verluste der Bauern im letzten Jahr sei das Hilfsprogramm allerdings wichtig. Es sei zudem gut, dass das Programm durch den Bundeshaushalt noch einmal verdoppelt wurde. Die Möglichkeit der Gewinnglättung könne darüber hinaus den Betrieben in Zukunft helfen. Der Mittelaufstockung stimmten die Sozialdemokraten ebenfalls zu, jedoch trug die Fraktion den Eingriff in das Einkommenssteuerrecht nur zurückhaltend mit. "Das ist kein geeignetes Instrument zur Krisenbekämpfung", hieß es in der SPD. Der Ansatz zur Lösung der Probleme müsse in Zukunft in den Lieferbeziehungen zwischen Erzeugern, Molkereien und Handel gesucht werden. Die Linke bezeichnete die Möglichkeit der Gewinnglättung sogar als problematisch, denn das könnte für die Bauern auch jahrelange Steuernachzahlungen zur Folge haben. Zwar äußerte die Fraktion Zustimmung zum Liquiditätsprogramm, sah aber darin noch keine Lösung der Probleme. Auch die Grünen wollten über die Liquiditätshilfen nicht streiten, kritisierten aber die Gewinnglättung als ungeeignet. Begründet wurde die ablehnende Haltung damit, dass für eine sehr kurze Zeit ein sehr gravierender Eingriff in die Einkommenssteuergesetzgebung vorgenommen werde, der Sondertatbestände schaffe und von anderen Branchen ebenfalls eingefordert werden könnte. Der Wunsch der Oppositionsfraktionen, über beide Maßnahmen voneinander getrennt abzustimmen, war im Rahmen einer Geschäftsordnungsantrags durch die Koalitionsmehrheit abgelehnt worden. Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich am Donnerstagabend abschließend im Plenum beraten.

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3. Gesetz zur Vorbereitung des Zensus 2021

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur "Vorbereitung eines registergestützten Zensus einschließlich einer Gebäude- und Wohnungszählung 2021" (18/10458) vorgelegt, mit dem sich der Bundestag am Donnerstag in erster Lesung befasst. Mit diesem "Zensusvorbereitungsgesetz 2021" sollen die rechtlichen Voraussetzungen für die rechtzeitige Vorbereitung des für das Jahr 2021 vorgesehenen Zensus geschaffen werden.

Wie die Bundesregierung in der Vorlage ausführt, benötigen Bund, Länder und Kommunen für politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entscheidungen und Planungen verlässliche Daten zur Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und zur Wohnsituation. Diese Basisdaten würden durch den Zensus 2021 gewonnen, zu dessen Durchführung Deutschland auch europarechtlich verpflichtet sei. Um die Datenerhebung möglichst kostengünstig und belastungsarm durchzuführen, solle der Zensus 2021 - wie der Zensus 2011 - auf einer registergestützten Methode beruhen, bei der in erster Linie bereits vorhandene Verwaltungsdaten genutzt werden. Dabei seien im Zensus 2021 "unter Berücksichtigung von Ergebnissen ausführlicher Evaluierungen des letzten Zensus einige Struktur- und Verfahrensverbesserungen vorgesehen".

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4. Änderung des Sprengstoffgesetzes

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Bundesregierung hat einen Entwurf zur Änderung des Sprengstoffgesetzes (18/10455) vorgelegt, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Wie die Bundesregierung darin ausführt, sind als Folge der Ablösung zweier EU-Richtlinien die Bestimmungen des Sprengstoffgesetzes "zur Konformitätsbewertung und Marktüberwachung harmonisierter Produkte im Binnenmarkt neu zu fassen". Dabei sollen zum Schutz der Verbraucher die den Herstellern, deren Bevollmächtigten, Importeuren und Händlern schon bisher obliegenden Pflichten den einzelnen Wirtschaftsakteuren zugeordnet werden. Jeder Wirtschaftsakteur könne "damit jetzt detailliert an einer Stelle erkennen, welche Pflichten er im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Explosivstoffen und pyrotechnischen Gegenständen am Gemeinschaftsmarkt zu erfüllen hat".

Mit der Neuregelung sollen den Angaben zufolge zudem eine Vielzahl von "Regelungen zu Freistellungen von gesetzlichen Anforderungen oder zusätzlichen Bestimmungen zum Umgang und Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen" von einer Verordnung in das Sprengstoffgesetz verlagert werden. Damit werde der erste Schritt einer Neuordnung des "im Laufe der Zeit immer stärker europarechtlich beeinflussten Sprengstoffrechts vollzogen".

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5. Nitrat im Grundwasser

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PJA) Die Entwicklung des Nitrat-Gehalts im Grundwasser steht im Mittelpunkt einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/10399). In Zusammenhang mit der Klage der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik wegen mangelnder Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie wollen die Grünen unter anderem wissen, wie viele Grundwasserkörper in Deutschland 2015 eine Nitratbelastung von 40 bis 50 mg/L aufwiesen. Außerdem fragen die Abgeordneten nach der Einschätzung der Bundesregierung zur Entwicklung des Nitratgehalts in den nächsten drei bis fünf Jahren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 699 - 30. November 2016 - 09.33 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2016

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