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BUNDESTAG/7026: Heute im Bundestag Nr. 174 - 21.03.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 174
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. März 2018, Redaktionsschluss: 13.02 Uhr

1. Keine Förderung für Pilotenausbildung
2. Marian Wendt leitet Petitionsausschuss
3. Sorge um Korruption in Honduras
4. Ärzte werben für neue Versorgungsformen
5. Fraunhofer bringt Innovationspush


1. Keine Förderung für Pilotenausbildung

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss sieht mehrheitlich keinen Bedarf für eine staatliche Förderung der Pilotenausbildung. Während der Sitzung am Mittwoch beschloss der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und AfD, eine Petition mit der Forderung nach einer "staatlichen Förderung von eigenfinanzierten Ausbildungen der Verkehrsflugzeugführer" abzuschließen. Die FDP-Fraktion, die Linksfraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Abschluss des Petitionsverfahrens. Die Linksfraktion sprach sich dafür aus, die Petition dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Material zu überwiesen, "soweit es um die Einbeziehung der Ausbildung zum Flugzeugführer in die staatliche Ausbildungsförderung geht", fand für diese Forderung jedoch keine Mehrheit.

In der Petition wird darauf verwiesen, dass seit dem Frühjahr 2016 die Piloten nicht mehr durch die deutschen Fluggesellschaften selbst ausgebildet würden sondern dies durch von den Fluggesellschaften unabhängigen, aber durch sie autorisierten Flugschulen übernommen werde. Die Flugschüler müssten die Finanzierung ihrer Ausbildung selbst tragen, schreiben die Petenten. Diese beliefen sich auf 70.000 Euro Ausbildungskosten und 10.000 Euro weitere Kosten. Dazu kämen noch 25.000 Euro für die Schulung auf einem speziellen Flugzeugtyp. Nach Ansicht der Petenten sollte aber der Zugang zum Beruf des Piloten von den Fähigkeiten des Bewerbers und nicht von seinem finanziellen Hintergrund abhängig sein.

Wie aus der mehrheitlich verabschiedeten Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses hervorgeht, unterliegen sowohl die Ausbildung als auch die späteren Beschäftigungsverhältnisse in der Pilotenbranche freien marktwirtschaftlichen Regeln und richteten sich nach Angebot und Nachfrage. Mit Blick auf den europäischen Markt sei festzustellen, dass zuletzt nur noch der Lufthansa-Konzern eine vollständige Vorfinanzierung der Schulungskosten über einen Darlehensvertrag übernommen habe. Unabhängige Ausbildungsorganisationen böten zum Teil unterschiedliche Finanzierungskonzepte an. Die Zinssätze orientierten sich an den marktüblichen Sätzen und lägen bei sechs bis sieben Prozent, heißt es in der Vorlage.

Eine staatliche Förderung, wie in der Petition gefordert, setzt laut der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses voraus, dass es sich um eine förderfähige Berufsausbildung im Sinne des Paragrafen 57 SGB III handelt. Die Ausbildung müsste also in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsbetrieb betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt werden. Das sei bei der Ausbildung zum Piloten aber nicht der Fall.

Gleichwohl könne unter Umständen ein Bildungskredit beantragt werden, was ein zeitlich befristeter Kredit zur Unterstützung von volljährigen Studierenden und Schülern in fortgeschrittenen Ausbildungsphasen sei. Ziel des Bildungskreditprogramms sei die Sicherung und Beschleunigung der Ausbildung und die Finanzierung von außergewöhnlichen, nicht durch das BAföG erfassten Kosten der Ausbildung. Vor diesem Hintergrund kommt die Ausschussmehrheit zu der Ansicht, dass hinreichend Vorsorge getroffen wurde, dass die Durchführung einer Ausbildung nicht aus finanziellen Gründen unterbleiben muss.

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2. Marian Wendt leitet Petitionsausschuss

Petitionen/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Marian Wendt (CDU) ist der neue Vorsitzende des Petitionsausschusses. Der Unionsabgeordnete trat am Mittwoch die Nachfolge von Heike Brehmer (CDU) an, die den Vorsitz nur wenige Wochen inne hatte und gestern zur Parlamentarischen Geschäftsführerin der Unionsfraktion gewählt wurde. Zu Wendts Stellvertreterin wurde Martina Stamm-Fibich (SPD) bestimmt.

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3. Sorge um Korruption in Honduras

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) mit Honduras sollte nach Ansicht von honduranischen Menschenrechtsverteidigern stärker darauf geachtet werden, dass die Mittel auch tatsächlich der bedürftigen Bevölkerung zugute kommen. Es gebe viele wichtige Investitionen im Land, betonte Carlos Leonel George von der Plattform der Sozialen und Volks-Bewegungen in Honduras am Mittwochnachmittag im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, jedoch fehlten wirksame Mechanismen, um die weit verbreitete Korruption einzudämmen.

Beispielhaft verwies Martin Fernandez Guzman von der "Breiten Bewegung für Gerechtigkeit und Würde" auf die Unterstützung der Solarenergie-Firma Desarrollo Energético S.A. (Desa) durch die Weltbank-Gruppe. Angesichts der möglichen Verwicklung des Desa-Geschäftsführers an der Ernordung der Umweltaktivistin Berta Caceres vor zwei Jahren müssten die Geber sehr genau darauf achten, wem ihre Investitionen nützen und wem sie schaden könnten, warnte Guzman. Ein guten Beitrag könne die deutsche Entwicklungszusammenarbeit leisten, indem sie helfe, die Vergabe von Landtiteln an Kleinbauern und Mitglieder der indigenen Bevölkerung durchzusetzen. Beide Menschenrechtsverteidiger wiesen im Ausschuss auf die äußerst schwierige Lage der ländlichen Gemeinschaften hin, die durch Enteignungen, Verhaftungen und Morddrohungen gekennzeichnet sei. Allein 150 Kleinbauern seien seit 2009 ermordet worden.

Insgesamt zeichneten Guzman und George das Bild eines von Korruption und Straflosigkeit geprägten Landes, in dem die Menschenrechte unter Führung von Präsident Juan Orlando Hernández Menschenrechte massiv verletzt würden und Aktivisten um ihr Leben fürchten müssten.

Die Abgeordneten zeigten sich besorgt angesichts dieser Schilderungen. Ein Vertreter der Unionsfraktion verwies aber auch darauf hin, dass die Symptome in fast allen Ländern Mittelamerikas ähnlich seien. Anders als in Guatemala sei es in Honduras bisher aber nicht gelungen, teilweise positive Prozesse anzustoßen.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion bezeichnete handelspolitische Sanktionen als einzigen Hebel, um der Regierung Hernández Einhalt zu gebieten. Diese verstoße gegen zahlreiche soziale und menschenrechtliche Vereinbarungen im bisher vorläufig angewandten Assoziierungsabkommen zwischen 14 von 28 EU-Staaten und Honduras. Ohne Sanktionsmöglichkeiten sei dies jedoch ein stumpfes Schwert. Auch die FDP-Fraktion kritisierte fehlende Sanktionsmöglichkeiten und sprach sich für verstärkte multilaterale Reaktionen aus.

Aus den Reihen der AfD kam der Vorschlag, sich im Bereich der Bildung stärker auch um die Eliten des Landes zu kümmern, um sie in Zukunft als Ansprechpartner gewinnen.

Die Grünen plädierten für ein stärkeres Engagement der Bundesregierung für die Durchsetzung von Landtiteln in Honduras. Außerdem fragte ein Vertreter, ob hierzulande ein Gesetz geplant sei, das illegitime oder illegale Aneignung von Land ("Land Grabbing") durch deutsche Unternehmen im Ausland verhindern solle. Die Linksfraktion fragte, wie die Bundesregierung verhindern wolle, dass Entwicklungsgelder kriminellen und korrupten organisierten Strukturen zugutekommen.

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4. Ärzte werben für neue Versorgungsformen

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Die ambulante ärztliche Versorgung steht nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) vor großen Herausforderungen. Der demografische Wandel und die steigende Zahl der Behandlungsfälle erforderten neue Versorgungsformen, sagte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages, wo er zusammen mit zwei Vorstandskollegen die aktuelle Versorgungslage aus Sicht der KBV darstellte.

Als ein Kernproblem benannte Gassen das hohe Durchschnittsalter der jetzt aktiven Mediziner, die in absehbarer Zeit nicht mehr zur Verfügung stünden. Das Problem betreffe vor allem Hausärzte. Junge Mediziner sind nach Angaben der KBV oft nicht mehr daran interessiert, sich als Haus- oder Landarzt niederzulassen. Der immense Arbeitsaufwand wirke abschreckend. Insofern würden mehr neue Mediziner benötigt, um die alten Kräfte zu ersetzen.

Gassen sprach sich für eine sektorenübergreifende medizinische Versorgung aus. So könnten Klinikstandorte umgewidmet werden, um eine bessere Verflechtung von stationären und ambulanten Angeboten zu erreichen. Ein übergeordnetes Ziel sei die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung auch in strukturschwachen Gebieten.

Nach Ansicht der KBV kann der technische Fortschritt zu einer Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen, etwa über die Telemedizin. Um komplexe Informationen via Internet übermitteln zu können, sei allerdings der Breitbandausbau wichtig, der vor allem im Osten noch nicht gewährleistet sei.

Die KBV-Vorstände machten deutlich, dass Reformdruck auch durch die "Generation APP" entstehe. Die Menschen informierten sich im Internet und suchten einfache Zugänge zu medizinischen Beratungen. Anfragen müssten möglichst effizient zugeordnet werden, um den Aufwand in Grenzen zu halten.

Denkbar wäre eine Vermittlungsplattform, die eine erste Orientierung geben könne, um den Andrang in den Wartezimmern zu reduzieren. Nach Angaben der KBV ist zudem der bürokratische Aufwand in Arztpraxen erheblich und verringert die Zeit, die Ärzte für ihre Patienten übrig haben. Die Rede ist von rund 54 Millionen Bürokratiestunden im Jahr.

Der direkte Kontakt zwischen Arzt und Patient ist nach Ansicht der KBV unabhängig vom technischen Fortschritt weiter unerlässlich. Die KBV äußerte sich skeptisch zu Ferndiagnosen und Fernbehandlungen mit Hilfe des Internets, sinnvoll seien aber Fernkonsultationen.

Die Digitalisierung der Praxen kommt laut KBV voran, ist jedoch technisch sehr anspruchsvoll. So sei die Vernetzung der Praxen, um Behandlungsdaten austauschen zu können, an hohe Sicherheitsstandards gekoppelt. Für den Ausbau der Telematikinfrastruktur ganz entscheidend sei, was die Industrie überhaupt an einsatzfähigen Geräten liefern könne. Die Ärzte seien jedenfalls "nicht digitalfeindlich".

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5. Fraunhofer bringt Innovationspush

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) "Wir brauchen insgesamt mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit." Das sagte Professor Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und amtierender Vorsitzender der Allianz der Wissenschaftsorganisationen, für die die Fraunhofer-Gesellschaft für das Jahr 2018 die Federführung übernommen hat, vor dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochvormittag in Berlin. Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist ein Zusammenschluss der bedeutendsten Wissenschafts- und Forschungsorganisationen in Deutschland. Sie nimmt regelmäßig zu Fragen der Wissenschaftspolitik, Forschungsförderung und strukturellen Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems Stellung. Mitglieder der Allianz sind die Alexander von Humboldt-Stiftung, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Hochschulrektorenkonferenz, die Leibniz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft und der Wissenschaftsrat.

Als aktuelle Schwerpunkthemen der Allianz nannte Neugebauer den digitalen Wandel, die Schaffung familiengerechter Strukturen für Wissenschaftler, das Urheberrecht und die Freiheit von Wissenschaftlern; ein Thema, das gerade auch im Hinblick auf die Entwicklungen in der Türkei auf die Agenda gehoben worden sei.

Ferner hob Neugebauer den Pakt für Forschung und Innovation hervor, der zuletzt im Dezember 2014 für die Jahre 2016 bis 2020 fortgeschrieben worden ist. Er plädierte für den Einbau einer Leistungsorientierung beim Pakt. Es stimme zwar, dass Forschung frei sein müsse, und auch ein negatives Ergebnis ein Ergebnis sei. Doch wenn ein Forschungsvorhaben überwiegend nur negative Ergebnisse erzielen würde, müsste man schon fragen, ob das Geld sinnvoll eingesetzt sei.

Neugebauer lobte in diesem Zusammenhang auch die Fraunhofer-Gesellschaft, die einen großen "Innovationspush" für die deutsche Gesellschaft schaffen würde. Neugebauer, der seit 2012 Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft ist, unterstrich, ohne die Fraunhofer-Gesellschaft gebe es keine Industrie 4.0, ohne sie gebe es keine Autoreifen aus heimischem Kautschuk auf der Basis von Löwenzahn. Aus einer Milliarde Euro an öffentlichen Mitteln würden durch die Entwicklung von Produkten und Prozessen 20 Milliarden entstehen, rechnete Neugebauer vor. Pro Tag melde die Fraunhofer-Gesellschaft, die größte Forschungsorganisation für anwendungsorientierte Forschung in Europa, im Schnitt drei Patente an. Derzeit verfüge sie über ein jährliches Budget von 2,3 Milliarden Euro. Davon fielen knapp 2 Milliarden Euro auf den Leistungsbereich Vertragsforschung. Rund 70 Prozent dieses Leistungsbereichs erwirtschafte die Fraunhofer-Gesellschaft mit Aufträgen aus der Industrie und mit öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Internationale Kooperationen mit Forschungspartnern und innovativen Unternehmen weltweit sorgten für einen direkten Zugang zu den wichtigsten gegenwärtigen und zukünftigen Wissenschafts- und Wirtschaftsräumen. "Das Budget verzeichnet ein stetiges Wachstum. Das zeigt, dass es uns bisher immer wieder gelungen ist, Dinge an große und kleine Partner in der Wirtschaft heranzutragen und in Projekte zu vermitteln, die unser Budget sichern", sagte Neugebauer.

Gegründet wurde das Forschungsunternehmen 1949. Am Anfang stand ein Büro mit nur drei Mitarbeitern. Heute sei Fraunhofer in Größe und Wirkung ein wichtiger Teil des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandorts Deutschlands und beschäftige 25.300 Mitarbeiter an 100 Standorten und 72 Instituten. Die Forschungsfelder richteten sich nach den Bedürfnissen der Menschen: Gesundheit, Sicherheit, Kommunikation, Mobilität, Energie und Umwelt. Die Arbeit der Forscher und Entwickler habe großen Einfluss auf das zukünftige Leben der Menschen. Neugebauer hob hervor, dass das Wissenschaftssystem der Bundesrepublik insgesamt so erfolgreich sei, dass sich regelmäßig verschiedene Regierungen dieser Welt darüber informieren würden. Gleichwohl gebe es auch Potenziale, die weiter entwickelt werden müssten. Dazu gehöre der Transfer von Wissen, von originellen Ideen, zur Anwendung. Neugebauer forderte eine bessere Infrastruktur für den Wissenschaftstransfer von der Erkenntnis über die innovative Idee bis hin zum Produkt oder zum Prozess.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 174 - 21. März 2018 - 13.02 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2018

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