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BUNDESTAG/7540: Heute im Bundestag Nr. 692 - 25.09.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 692
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 25. September 2018, Redaktionsschluss: 10.11 Uhr

1. Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge
2. FDP: Verbesserung des Digitalpakt Schule
3. Anleger haftet bei Direktinvestition
4. Pauschbeträge nach Erfahrungswerten


1. Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Das Vorhaben der FDP-Fraktion, den Fälligkeitstermin für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitgeber nach hinten zu verschieben, um die Bürokratiekosten für Unternehmen zu senken, stieß während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag überwiegend auf Ablehnung. In einem Antrag (19/1838) fordern die Liberalen, das Fälligkeitsdatum der Sozialversicherungsbeiträge auf den drittletzten Werktag des Folgemonats zu verschieben.

Derzeit seien Unternehmen verpflichtet, Gesamtsozialversicherungsbeiträge am drittletzten Bankarbeitstag des Monats den Sozialversicherungsträgern zu übermitteln, heißt es in dem Antrag. Dadurch, dass die Beiträge im laufenden Monat fällig würden, seien Unternehmen verpflichtet, ihre Beiträge für den Rest des Monats zu schätzen und mögliche Differenzen bei der nächsten Überweisung mit zu verrechnen, kritisieren die Abgeordneten. Unternehmen müssten infolgedessen seit der im Jahr 2006 vorgenommenen Änderung der Fälligkeit 24 anstelle von 12 Monatsabrechnungen für die Sozialversicherungsbeiträge erstellen. Damit die Rückverschiebung der Fälligkeit keine Liquiditätslücken bei den Sozialversicherungen schafft, soll nach den Vorstellungen der FDP-Fraktion am Jahresbeginn eine Sondervorauszahlung von Sozialversicherungsbeiträgen geleistet werden, die sich auf ein Elftel des Vorjahresumsatzes belaufen soll.

Thea Dückert vom Nationalen Normenkontrollrat sah keinen Bedarf für eine Neuregelung. Sie verwies auf ein gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt erstelltes Gutachten, wonach die Rückkehr zu dem Verfahren von vor 2006 Einsparungen in Höhe von 81 Millionen Euro mit sich bringen würde. Die 2016 im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes gefundene Regelung, die allen Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, das erleichterte Beitragsberechnungsverfahren anzuwenden, das die Übernahme des Vormonatswertes zulässt, habe zu Einsparungen in Höhe von 64 Millionen Euro geführt, was eine Differenz von 17 Millionen Euro darstelle. Mit dieser Regelung sei aber zugleich verhindert worden, dass den Sozialkassen "eine Lücke von 28 Milliarden Euro" entstehen würde, was bei einer Rückverlegung der Fall gewesen wäre. Aus Sicht von Dückert könnte durch die Komplexität des von der FDP vorgeschlagenen Verfahrens sogar eine zusätzliche Belastung für die Unternehmen entstehen.

Nach Auffassung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) bringt die vorgeschlagene Änderung "keinen Benefit für die Unternehmen", sagte DGB-Vertreter Markus Hofmann. Es sei nicht zu erkennen, dass durch die Änderung Bürokratie abgebaut werden kann. Stattdessen wirke die Verschiebung der Fälligkeit in den Folgemonat wie ein zinsloses Darlehen für die Arbeitgeber.

Gerald Friedrich von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sagte, das jetzige System sorge bei den Arbeitgebern für eine "gefühlte Unzufriedenheit". Seiner Ansicht nach bezieht sich die Kritik aber eher grundsätzlich auf die zu komplizierte Lohnabrechnung. Aus Sicht der BDA führt die vorgeschlagene vorgezogene Beitragsfälligkeit nicht dauerhaft zu einer Entlastung der Betriebe. "Deshalb und auch wegen des hohen einmaligen Umstellungsaufwands sollte der Vorschlag nicht aufgegriffen werden", sagte Friedrich.

Auch die Vertreter der Kranken- und Rentenkassen stehen der vorgeschlagenen Neuregelung skeptisch gegenüber. Aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung Bund spricht zwar bei einer vollen Finanzierung der dadurch in einem Jahr entstehenden Beitragsausfälle durch die Arbeitgeber nichts gegen eine Verschiebung der Fälligkeit. Eine dringende Notwendigkeit dafür sei allerdings nicht zu erkennen, sagte Rentenversicherungsvertreter Holger Viebrock. Peggy Horn von der Knappschaft Bahn-See sagte, die 2016 erfolgte Gesetzesänderung habe deutliche Vorteile gebracht. Mit der von der FDP geplanten Vorauszahlung würde hingegen ein neuer Verwaltungsvorgang initiiert, was dazu führen würde, dass alle Programme erneut angepasst werden müssten.

Auch der Spitzenverband der Krankenklassen (GKV) sieht das derzeitige Modell als "automatisiert und etabliert" an. Das angedachte Optionsmodell würde hingegen für zusätzlichen Verwaltungsaufwand sorgen, sagte GKV-Vertreter Pekka Helstelä.

Gudrun Martens von der Arbeitsgemeinschaft der Personalabrechnungs-Software-Ersteller sagte, durch die Regelung würden neue Prozesse eingeführt, die die Belastungen der Arbeitgeber sowohl in finanzieller als auch in organisatorischer Hinsicht erheblich erhöhen würden. Alte Bürokratie werde so lediglich durch neue Bürokratie ersetzt.

Für den FDP-Antrag sprach sich Mario Ohoven vom Bundesverband Mittelständische Wirtschaft aus. Die derzeitige vorfällige Zahlung führe dazu, dass Betriebe Zahlungen für Arbeitsleistungen tätigen müssten, die noch gar nicht erbracht worden seien, sagte er. Gerade Kleinbetriebe müssten die Zahlung der Sozialabgaben durch Bankkredite vorfinanzieren. Der Entzug von Liquidität für kleine Unternehmen sei nicht hinnehmbar, befand Ohoven. Aus seiner Sicht wäre mit der Neuregelung eine spürbare bürokratische Entlastung verbunden.

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2. FDP: Verbesserung des Digitalpakt Schule

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Digitale Bildung hat das Potential, die Qualität der Schulbildung in Deutschland massiv zu erhöhen. Die Digitalisierung von Lernmitteln und ihre Verfügbarkeit in Clouds ermöglichen Lehrkräften und Schülern, dasjenige Angebot auszuwählen, das ihren Bildungszielen am besten dient. Die standortunabhängige Verfügbarkeit digitaler Lernmittel ermöglicht Konzepte wie den inverted classroom intensiv zu nutzen bei dem Schüler Grundlagen bereits vor der Behandlung im Unterricht lernen, während sich der Unterricht dann auf die Anwendung und Vertiefung konzentrieren kann. Das schreibt die FDP in ihrem Antrag (19/4451) "Update und Add-ons für den Digitalpakt Schule - Umfassende Bund - Länder - Strategie für digitale Bildung in der Schule".

Lehrer sollten diejenigen Aufgaben und Inhalte für die einzelnen Schüler auswählen, die diese am besten fördern und fordern. Dabei sollten sie in der Zukunft von künstlicher Intelligenz unterstützt werden, die die Auswahl der geeignetsten Aufgaben erleichtere. Die Lehrkräfte könnten zudem durch Schulsoftware von umfangreichen Verwaltungstätigkeiten entlastet werden. Das verschaffe ihnen mehr Zeit für ihre wichtigsten Aufgaben: Bilden und Erziehen. Jeder Schüler erhalte dadurch individuell auf ihn ausgerichtete Bildung, die ihn bestmöglich in seiner Schullaufbahn unterstütze.

Zahlreiche Staaten der Welt nutzten die Chancen der digitalen Bildung bereits in großem Umfang. In Deutschland könnten aktuell jedoch nur einzelne Leuchttürme diese Chancen nutzen. Die technischen, finanziellen und administrativen Hürden seien zu hoch. Den Digitalpakt Schule habe die Bundesregierung bereits 2016 angekündigt, aber nie mit den Ländern abgeschlossen. Nach Auskunft der Bundesregierung soll der Digitalpakt Ende 2018 unterzeichnet werden, aber statt der in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro in dieser Legislatur lediglich ein Volumen von 3,5 Milliarden Euro umfassen. Im Sondervermögen Digitale Infrastruktur sollten nach den Plänen der Bundesregierung vorerst sogar nur 720 Millionen Euro für den Digitalpakt eingestellt werden.

Der Digitalpakt Schule komme nicht nur zu spät, er sei auch vom Finanzvolumen zu gering und klammere darüber hinaus wesentliche Fragen aus, wenn er nicht über die Grundlagen im Eckpunktepapier aus dem Jahr 2017 hinausgehe. Der Digitalpakt Schule brauche daher ein Update und auch Addons: Denn der Bund könne deutlich mehr flankierende Maßnahmen für einen Erfolg der digitalen Bildung durchführen als im Eckpunktepapier angeführt.

Damit digitale Bildung gelinge, brauche es mehr als einen punktuellen Digitalpakt Schule. Es brauche eine umfassende Bund Länder-Strategie, die auf den verschiedenen politischen Ebenen entschlossen und geschlossen am gemeinsamen Ziel der weltbesten Bildung arbeite. Die derzeitigen Pläne für den Digitalpakt konzentrierten sich stark auf die technische Ausstattung der Schulen sowie die Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte, lösten aber nicht alle Herausforderungen in diesen Bereichen.

Die in den Eckpunkten vorgesehene Förderung von Breitbandanschlüssen bei Verfügbarkeit von breitbandig angebundenen Hauptverteilern in den Nahbereichen zum Schulgrundstück konkurriere mit dem Breitbandförderprogramm des Bundes. Um die Mittel des Digitalpakts bestmöglich einzusetzen, müsse der Anschluss der Schulen über das Breitbandförderprogramm statt über den Digitalpakt erfolgen. Dafür sei es notwendig, dass beim Breitbandförderprogramm rasch neue Projekte ausgeschrieben werden und anders als bislang Schulen eigenständige Förderanträge stellen können.

Der Bund könne unter Wahrung der Kultushoheit der Länder die digitale Bildung in der Schule in zahlreichen Punkten weit stärker unterstützen, als in den aktuellen Überlegungen der Bundesregierung zum Digitalpakt Schule vorgesehen sei. So könne der Bund die in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro bereits in dieser Wahlperiode zur Verfügung stellen und den Anschluss von Schulen an das Breitbandnetz weit schneller gewährleisten. Der Bund könne darüber hinaus Forschungsprogramme auflegen, die einen erfolgreichen Einsatz von Schul- und Lernsoftware ermöglichen und flankieren. Der Bund könne zudem die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Schul- und Lernsoftware verbessern, damit ein fairer Markt für entsprechende Software in Deutschland entstehe. Auch könne der Bund über das Bildungs- und Teilhabepaket sicherstellen, dass jeder Schüler über die technische Ausstattung verfügt, die er für seine Schulbildung benötigt.

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3. Anleger haftet bei Direktinvestition

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Bei Direktinvestitionen kann immer eine Haftung des Eigentümers bestehen. Daran erinnert die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/4203) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/3942), die nach der Rolle der Finanzaufsicht BaFin im Rahmen der Insolvenz der Container-Firma P&R gefragt hatte. Die Firma hatte Schiffscontainer verkauft. Die Abgeordneten hatten unter anderem wissen wollen, warum die BaFin Verkaufsprospekte von P&R gestattet habe, obwohl darin Risiken beschrieben wurden, die über die Höhe der Einlage hinausgingen. Nach Angaben der Bundesregierung sind jedoch nach Paragraf 5b des Vermögensanlagengesetzes (VermAlG) nur solche Anlagen nicht zum öffentlichen Angebot zugelassen, die eine Nachschusspflicht vorsehen. "Der Umstand, dass der Anleger als Eigentümer für sein Eigentum haften muss, stellt keine Nachschusspflicht im Sinne des $ 5b VermAnlG dar", heißt es in der Antwort weiter.

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4. Pauschbeträge nach Erfahrungswerten

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben beruhen auf Erfahrungswerten. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/4238) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/3987) mit, die sich nach der Ermittlung der Werte für die sogenannte Richtsatzsammlung erkundigt hatte. Grundlage für die Pauschbeträge für diese sogenannten Sachentnahmen, die Unternehmer für sich und ihre Angehörigen zum Beispiel im Lebensmittelgewerbe tätigen, seien die Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke. Diese Aufwendungen würden vom Statistischen Bundesamt regelmäßig alle fünf Jahre im Rahmen einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erhoben. "Aus den Erhebungen zum Warenverbrauch werden bei der Festsetzung der Pauschbeträge sogenannte Warenkörbe für die einzelnen Gewerbezweige gebildet, die auf Prüfungserfahrungen beruhen und sich am jeweils branchentypischen Waren- und Leistungsangebot orientieren", schreibt die Regierung. Innerhalb dieses fünfjährigen Turnus würden die Pauschbeträge jährlich an die allgemeine Preisentwicklung angepasst.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 692 - 25. September 2018 - 10.11 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2018

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