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BUNDESTAG/8507: Heute im Bundestag Nr. 650 - 05.06.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 650
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 5. Juni 2019, Redaktionsschluss: 13.32 Uhr

1. Drei Gesetze: für Azubis und Asylbewerber
2. Härtere Maßnahmen gegen Schwarzarbeit
3. Migrationspakt passiert Rechtsausschuss
4. Experten: Klimawandel verstärkt Hunger


1. Drei Gesetze: für Azubis und Asylbewerber

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/CHE) Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag mehrere Gesetzesprojekte der Bundesregierung auf den Weg gebracht: Er stimmte sowohl der Erhöhung des Ausbildungsgeldes zu, wie auch der Anhebung und Neustrukturierung der Regelsätze im Asylbewerberleistungsgesetz und einem erleichterten Zugang von Ausländern zu einer Berufsausbildung.

Mit dem Gesetzentwurf (19/9478) zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes sollen die jüngsten Änderungen beim Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) nach- und mitvollzogen werden. Im Detail sieht der Entwurf unter anderem vor, die Unterkunftskosten in der Berufsausbildungsbeihilfe und im Ausbildungsgeld einheitlich zu pauschalieren. Außerdem soll die Bedarfsstruktur des Ausbildungsgeldes deutlich vereinfacht und an jene der Berufsausbildungsbeihilfe angeglichen werden. Die Höhe des Ausbildungsgeldes soll an die BAföG-Bedarfssätze angeglichen werden. Erhöhungen soll es auch im Bereich der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen geben, dies allerdings in mehreren Stufen ab August 2019.

Den Zugang von Ausländern zur Förderung einer Berufsausbildung oder Berufsvorbereitung nach dem SGB II und SGB III (Zweites und Drittes Buch Sozialgesetzbuch) vereinfachen, sieht der Gesetzentwurf für ein Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz (19/10053) vor. Außerdem soll die Sprachförderung des Bundes für weitere Personengruppen geöffnet werden. Mit dem Gesetz sollen vor allem Asylbewerber mit Aufenthaltsgestattung und Geduldete stärker unterstützt werden, die sich um Ausbildung und Arbeit bemühen. Auch Flüchtlinge, bei denen noch nicht klar ist, ob sie dauerhaft in Deutschland bleiben, sollen ihren Lebensunterhalt möglichst selbst verdienen können. Für Ausländer, die vor dem 1. August 2019 nach Deutschland eingereist sind, wurde die Mindestaufenthaltsdauer als Bedingung für eine Förderung durch einen Änderungsantrag auf drei Monate festgelegt.

Mit Änderungen im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) will die Bundesregierung den Lebensunterhalt von Asylbewerbern, Geduldeten und Menschen mit Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung absolvieren, besser absichern. Außerdem werden die Grundleistungen des AsylbLG neu berechnet und eine neue Bedarfsstufe für die Unterbringung in Sammelunterkünften eingeführt. Das sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/10052) für ein Drittes Gesetz zur Änderung des AsylbLG vor. Bisher werden nach Ablauf der Aufenthaltsdauer von 15 Monaten die Leistungssätze im AsylbLG so berechnet wie in der Sozialhilfe (SGB XII). Wer sich in einer Ausbildung befindet oder ein Studium absolviert und auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, muss anstelle von Sozialhilfe eine Ausbildungsförderung (BAföG oder Berufsausbildungsbeihilfe) beantragen. Diese steht allerdings vielen Flüchtlingen nicht offen - sie fallen in eine "Förderlücke" und brechen oft ihre Ausbildung ab. Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung diese Situation beenden.

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2. Härtere Maßnahmen gegen Schwarzarbeit

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (19/8691, 19/9768) zugestimmt. In der von der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für den Entwurf, an dem sie zuvor eine Reihe von Änderungen vorgenommen hatten. Auch die AfD-Fraktion stimmte zu. Die Fraktion die Linke war dagegen, während sich die FDP-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielten. Ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion wurde abgelehnt.

Mit dem Gesetz kann die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) nicht nur Fälle von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit prüfen, bei denen tatsächlich Dienst- oder Werkleistungen erbracht wurden, sondern sie soll in Zukunft auch die Fälle prüfen, bei denen Dienst- oder Werkleistungen noch nicht erbracht wurden, sich aber bereits anbahnen. Prüfen soll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch die Fälle, in denen Dienst- oder Werkleistungen nur vorgetäuscht werden, um zum Beispiel unberechtigt Sozialleistungen zu erhalten. Zusätzliche Kompetenzen sollen die Finanzkontrolle Schwarzarbeit in die Lage versetzen, Ermittlungen im Bereich Menschenhandel im Zusammenhang mit Beschäftigung, Zwangsarbeit und Ausbeutung der Arbeitskraft zu führen, um so die Strafverfolgung in diesem Deliktfeld weiter zu stärken. Besonders ins Visier nehmen soll die Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch sogenannte Tagelöhner-Börsen. Zur Bekämpfung des Missbrauchs beim Kindergeldbezug ist vorgesehen, dass neu nach Deutschland zugezogene Bürgerinnen und Bürger aus EU-Ländern während der ersten drei Monate von Kindergeldleistungen ausgeschlossen werden sollen, sofern keine inländischen Einkünfte erzielt werden.

In der Aussprache erklärte ein Sprecher der CDU/CSU, in den Änderungsanträgen gehe es unter anderem um die rückwirkende Beantragung von Kindergeld und um einen besseren Datenaustausch zwischen Behörden. Das Gesetz müsse nach Inkrafttreten mit Leben erfüllt werden, verlangte er. Die SPD-Fraktion schloss sich an und gab noch eine Erklärung der Koalition zum Umgang mit sensiblen Daten aus dem Bereich Prostitution zu Protokoll. Ziel müsse es sein, mehr gegen den Menschenhandel zu tun.

Die AfD-Fraktion forderte eine Personalbedarfsermittlung und mehr Kosteneffizienz in der Verwaltung. Außerdem verlangte ein Sprecher eine Evaluierung des Gesetzes.

Die FDP-Fraktion unterstützte die Absicht, mehr gegen illegale Beschäftigung zu tun und bezeichnete die Datenvernetzung als wichtigsten Punkt. Ein schärferes Vorgehen gegen den Missbrauch beim Kindergeld sei überfällig.

Ganz anders beurteilten die Fraktion die Linke und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Ausschluss von EU-Bürgern vom Kindergeldbezug in den ersten drei Monaten in bestimmten Fällen. Diese Aussetzung sei eine unzulässige Diskriminierung, hieß es von der Linksfraktion unter Hinweis auf die Erklärungen mehrerer Sachverständiger in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nannte diesen Passus europarechtswidrig.

Die Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls wurde aber auch on der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt. Die FKS müsse aber mehr Personal bekommen, und die strukturellen Probleme müssten angegangen werden. Die Linksfraktion wollte sich die positiven Einschätzungen mehrerer anderer Fraktionen zu dem Entwurf nicht zu Eigen machen. Die zentrale Ursache für illegale Beschäftigung liege in der Deregulierung des Arbeitsmarktes.

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3. Migrationspakt passiert Rechtsausschuss

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/mwo) Knapp 40 Tagesordnungspunkte behandelte der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in seiner rund dreistündigen 53. Sitzung unter Leitung seines Vorsitzenden Stephan Brandner (AfD) am Mittwoch. Zu Beginn beschlossen die Abgeordneten die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung von Vorschriften über die außergerichtliche Streitbeilegung in Verbrauchersachen und zur Änderung weiterer Gesetze (19/10348) am 26. Juni 2019. Hintergrund des Entwurfs ist ein Nachbesserungsbedarf beim Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) von 2016, mit dem erstmalig die Rahmenbedingungen für Schlichtungsstellen geschaffen wurden. Ein Terminvorschlag für eine dem Gunde nach beschlossene öffentliche Anhörung zu einem Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Änderung des Aktiengesetzes (19/8233) wurde abgelehnt. Ebenfalls abschlägig beschieden wurde nach längerer Diskussion ein Antrag der FDP-Fraktion zur Verbesserung der Entschädigung für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (19/9927). Abgeordnete der anderen Fraktionen unterstützten zwar die Stoßrichtung, werteten den Antrag aber als nicht ausgereift. Für die Bundesregierung verwies die Parlamentarische Staatssekretärin Rita Hagl-Kehl (SPD) auf weiterreichende Verhandlungen im EU-Rahmen. Zu einigen Aspekten sei die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen.

Weiter nahm das Gremium eine Empfehlung des Unterausschusses Europarecht zu fünf EU-Drucksachen an und beschloss die Abgabe einer Stellungnahme und die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten zu dem Organstreitverfahren und dem Antrag auf einstweilige Anordnung 2 BvE 3/19 vor dem Bundesverfassungsgericht. Dabei geht es um eine Klage der AfD gegen den Bundestag betreffend die Finanzierung von Stiftungen. Breiten Raum in der Sitzung nahm der Bericht der Bundesregierung über den Inhalt und die Beschlüsse der 15. Verbraucherschutzministerkonferenz vom 22. bis 24. Mai 2019 ein. Staatssekretärin Hagl-Kehl informierte über die Verbraucherschutz-Beschlüsse der Konferenz und beantworte Fragen der Abgeordneten. Die Beschlüsse betreffen unter anderem die Digitalisierung, Finanzen und Versicherungen, das Reiserecht, den Schutz vor unseriösen Geschäftspraktiken sowie Maßnahmen gegen für Verbraucher nachteiligen Algorithmen. Das Justizministerium werde die Beschlüsse prüfen, sagte Hagl-Kehl. Eine Reihe von Eckpunkten, die verschiedene Probleme aufgriffen, sei bereits vorgelegt worden, und Gesetze zum Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im Internet und vor ungerechtfertigten Inkassoforderungen seien in Vorbereitung.

Ausführlich diskutierte der Ausschuss über eine Reihe von Gesetzesentwürfen, Anträgen und weiteren Vorlagen, bei denen er nicht federführend ist. So nahmen die Abgeordneten unter anderem Gesetzentwürfe aus dem sogenannten Migrationspaket an, wobei es zu einem erbitterten Schlagabtausch zwischen Linken und Grünen auf der einen Seite und Vertretern der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD kam. Konkreter Anlass war der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (19/10047). Zunächst forderte Die Linke die Absetzung beziehungsweise Vertagung dieses und weiterer Gesetze mit Verweis auf die Kürze des Gesetzgebungsverfahrens, was mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt wurde. In der folgenden Diskussion warfen Abgeordnete der Linken und Grünen der Bundesregierung vor, mit dem Gesetz einen drastischen Eingriff in Grundrechte vorzunehmen und die Menschenwürde zu verletzen. Es schaffe neue Integrationshindernisse, dehne staatliche Repression bis weit in die Gesellschaft aus und sei verfassungsrechtlich bedenklich. Vertreter von CDU/CSU und SPD wiesen die Kritik zurück und betonten, die große Mehrheit der Zuwanderer würde mit diesem und den anderen Gesetzen, über die der Bundestag am Freitag abstimmt, gefördert, und Fehlanreize würden vermieden. Der Parlamentarische Staatssekretär Christian Lange (SPD) erklärte, die Bundesregierung betrachte das Gesetzespaket als eine zentrale Weichenstellung. Es gewähren denjenigen Schutz, die ihn brauchen, und ermögliche Zugang zum Arbeitsmarkt. Gleichzeitig müssten diejenigen, die nicht anerkannt werden und kein Bleiberecht haben, das Land verlassen.

Unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes stellte Manuela Rottmann (Grüne) die Frage, wie der Stand bezüglich der Leitung des Justizministeriums ist. Staatssekretär Lange erwiderte, Bundesministerin Katarina Barley (SPD) sei nach wie vor im Amt.

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4. Experten: Klimawandel verstärkt Hunger

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Anhörung

Berlin: (hib/JOH) Der Klimawandel stellt nach Ansicht zahlreicher Experten eine große Herausforderung für die ohnehin schon problematische Ernährungssituation der Weltbevölkerung dar. Er führe zu vermehrten Landverlusten und werde in der Folge die Konflikte um knappe Ressourcen massiv verstärken, warnten sie am Mittwochmorgen in einer öffentlichen Anhörung im Entwicklungsausschuss zum Thema "Welternährung und Klimawandel".

Es gebe schon jetzt nicht genug Nahrung, um die Weltbevölkerung gesund zu ernähren, betonte der Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF), Professor Joachim von Braun, in der dreistündigen Diskussion. Frühere Berechnungen hätten ergeben, dass jährlich rund 22 Milliarden Dollar für Ernährungshilfen und Investitionen in die Landwirtschaft der Entwicklungsländer nötig seien, um bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu schaffen. Durch die wachsenden Klimarisiken müssten nun noch mehr Mittel aufgewendet werden. Investitionen in Klimaschutz und Agrarentwicklungspolitik sollten dabei ganz oben auf der Agenda stehen.

Die Landwirtschaft müsse weltweit ökologischer und nachhaltiger werden, urteilte der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Mathias Mogge. Vor allem durch den steigenden Fleischkonsum würden immer mehr Flächen für Viehhaltung und Futterproduktion verbraucht. Er nannte es auch Aufgabe der Politik, dem ordnungspolitisch entgegenzuwirken, etwa durch die Einführung einer CO2-Steuer.

Laut dem Agrarreferenten des FoodFirst Informations- und Aktionsnetzwerks FIAN, Roman Herre, wird der Klimawandel bis zum Jahr 2100 zu einem Netto-Land-Verlust von 3,5 Millionen Quadratkilometern führen. Dies entspreche etwa der doppelten Agrarfläche der Europäischen Union. Besonders massiv betroffen würden davon die am wenigsten entwickelten Länder sein. Herre betonte, der Freihandel spiele zwar eine zentrale Rolle bei der Ernährungssicherung. Aufgrund negativer Effekte - beispielsweise verteuerte Nahrungsmittel durch hohe Importkosten - sei es jedoch notwendig, den Fokus stärker auf die Entwicklung lokaler Ernährungsysteme legen.

Gegen die Aussagen der drei Sachverständigen stellte sich der Journalist Edgar Ludwig Gärtner. Er nannte den Treibhausgaseffekt "nicht nachweisbar" und die in der Debatte oft genannten Klimaflüchtlinge "Wetterflüchtlinge". Die Öko-Landwirtschaft sah er als nicht geeignet an, um mehr Ernährungssicherheit zu schaffen. Wenn die Produktivität der Landwirtschaft verdoppelt werden müsse, gebe es keine Alternative zu "Kunstdünger und moderner Gentechnik".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 650 - 5. Juni 2019 - 13.32 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2019

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