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PRESSEKONFERENZ/388: Regierungspressekonferenz vom 7. März 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 7. März 2012
Regierungspressekonferenz vom 7. März 2012

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes über die Ergänzung des Art. 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Entwurf eines Vertragsgesetzes zum sogenannten Fiskalpakt, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung)
weitere Themen: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013/Besteuerung von Freiwilligendiensten, Großer Zapfenstreich für Bundespräsident a. D. Wulff, griechische Schuldenkrise, Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen, Präsidentschaftswahl in Russland, Gleichgewicht zwischen deutschem und französischem Einfluss bei EADS, Energie- und Klimafonds, steuerliche Förderung von energetischen Gebäudesanierungen, Posten des Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Vorschläge des Wirtschaftsministers zur Finanzmarktregulierung, Nachfolger für Herrn Juncker als Vorsitzendem der Eurogruppe

Sprecher: StS Seibert, Aden (BMJ), Teschke (BMI), Laubinger (BMFSFJ), Kothé (BMF), Dienst (BMVg), Strater (BMVBS), Albrecht (BMG), Küchen (BMAS), Peschke (AA), Schneid (BMWi), Stamer (BMU), Reifschneider (BMZ), Enderle (BMELV), Wolbeck (BMBF)


Vorsitzender Mayntz eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Im Kabinett wurden heute zwei wichtige europapolitische Schritte gemacht.

Zum einen hat das Kabinett den Gesetzentwurf über die Ergänzung des Art. 136 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union beschlossen. Dieser Vertrag beziehungsweise dieser Artikel ist per Beschluss des Europäischen Rates vom März 2011 geändert worden. Diese Vertragsänderung wurde beschlossen, um Rechtssicherheit für die Einrichtung eines permanenten, dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus zu schaffen, den Sie jetzt auch alle als ESM kennen. Diese Rechtssicherheit lag gerade auch im deutschen Interesse. Es ist ein Anliegen Deutschlands gewesen, zu verankern - das geschieht in diesem neu formulierten Art. 136 -, dass Hilfsmaßnahmen aus dem ESM nur dann zur Anwendung kommen, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität der gesamten Eurozone zu wahren. Dieser Gesetzentwurf bedarf natürlich nicht nur der Zustimmung des Bundestags, sondern auch des Bundesrats. Die Ratifizierung erfolgt parallel zum Zustimmungsgesetz über den Fiskalpakt und zeitgleich im Paket mit dem im Kabinett noch zu beschließenden Vertrag zur Einrichtung des ESM.

Jetzt kommen wir zu diesem Fiskalpakt, Fiskalvertrag. Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf des Gesetzes zum Fiskalpakt geschlossen, also einen der wichtigsten Bausteine der Stabilitätsunion, die ja nun seit Längerem das Ziel der deutschen Europapolitik ist. Der am 2. März 2012 unterzeichnete Fiskalvertrag verstärkt das rechtliche Fundament der Wirtschafts- und Währungsunion. Ich will jetzt, weil Sie alle das wahrscheinlich schon kennen, nur an drei der wichtigsten Punkte erinnern, die dieser Fiskalvertrag vorsieht. Das ist zum einen die Einführung einer Schuldenbremse - vorzugsweise auf Verfassungsebene - in die nationalen Rechtsordnungen. Die Bundeskanzlerin hat heute im Kabinett noch einmal hervorgehoben, wie sehr nah diese Schuldengrenze dem deutschen Beispiel einer Schuldenbremse ist. Das ist für uns inhaltlich natürlich eine sehr befriedigende Lösung. Durch den Fiskalvertrag wird dem Grundprinzip Rechnung getragen, dass neben Solidarität eben auch Solidität stehen muss und dass diese beiden Prinzipien Hand in Hand gehen müssen. Das geschieht genau durch das, was ich Ihnen gerade vorgetragen habe, nämlich dadurch, dass die Gewährung von Hilfen aus dem ESM nur dann erwartet werden kann, wenn ein Staat den Fiskalvertrag auch ratifiziert und seinerseits innerhalb einer gewissen Frist eine nationale Schuldenbremse eingeführt hat. Dritter wichtiger Punkt: Das mögliche Defizitverfahren nach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt erfolgt nach diesen neuen Regelungen nun quasi automatisch. Wenn die Neuverschuldung den Referenzwert von 3 Prozent übersteigt, dann kann nur eine qualifizierte Mehrheit im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister das Verfahren und die Sanktionen noch stoppen. Sollten sich Mitgliedstaaten in einem Defizitverfahren wiederfinden, dann müssen sie mit dem Rat und der Europäischen Kommission ein konkretes Strukturreformprogramm verabreden, das dann genehmigt und überwacht wird. Der Fiskalvertrag soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten, und zwar dann, wenn 12 der 17 Eurostaaten diesen Vertrag rati fiziert haben.

Dritter Punkt im Kabinett war heute der Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung. Diesen Gesetzentwurf hat das Justizministerium ins Kabinett eingebracht. Er stellt seitens des Bundes sicher, dass die Sicherungsverwahrung zu Unterbringung besonders gefährlicher Straftäter auch nach dem 31. Mai 2013 angeordnet und vollzogen werden kann. Sie wissen, dass das Bundesverfassungsgericht am 4. Mai des vergangenen Jahres die bisher geltenden Vorschriften für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt hatte, weil die Einhaltung des sogenannten Abstandsgebots nicht gewährleistet war, also des vorgeschriebenen Unterschieds zwischen Strafhaft und Unterbringung. In der Sicherungsverwahrung untergebracht sind Verurteilte, die ihre eigentliche Strafhaft für ihre begangenen Taten schon verbüßt haben. In der Sicherungsverwahrung Untergebrachte müssen deswegen auch anders behandelt werden als Strafgefangene. Außerdem regelt dieser Entwurf nun den Umgang mit solchen Tätern, bei denen die Sicherungsverwahrung rückwirkend verlängert oder nachträglich angeordnet wurde. Das Bundesverfassungsgericht hatte solche Regelungen als grundsätzlich verfassungswidrig angesehen, aber eine Übergangsregelung getroffen, die eine Unterbringung der davon betroffenen Personen bis längstens Mai 2013 ermöglicht. Der Entwurf, der heute dem Kabinett vorgelegen hat und gebilligt wurde, steht völlig im Einklang mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, und es sieht eben auch die Möglichkeit einer Unterbringung über 2013 hinaus vor. - So weit mein Bericht aus dem Kabinett.

Frage: Ich habe eine Frage an das Justizministerium. Soweit ich es bisher verstanden habe, entspricht das Ergebnis jetzt weitgehend dem, was die Justizministerin schon vor geraumer Zeit vorgelegt hat. Das ist ziemlich lange her. Woran hat es denn noch gehakt?

Eine Frage an das Innenministerium: Sind Sie mit den Regeln einverstanden, die daraus ja auch bundesweit für die Polizei folgen, und mit den Regelungen, was die Unterbringung von Menschen betrifft, deren Gefährlichkeit erst spät erkannt wurde?

Aden: Ja, das ist richtig. Das ist das, was schon vor einiger Zeit in enger und intensiver Abstimmung mit den Ländern ausgearbeitet worden ist. "Geraume Zeit" ist jetzt Ihre Wortwahl. Auf der Justizministerkonferenz im November ist darüber abschließend zwischen Bund und Ländern beraten worden. Wie Sie wissen, gibt es noch die Ressortabstimmung sowie die Abstimmung mit den Verbänden, und das muss rechtsförmlich ausgearbeitet werden. Das ist zügig geschehen und konnte deswegen jetzt schon im Kabinett beschlossen werden.

Zusatzfrage: Heißt das, eine inhaltliche Auseinandersetzung gab es nicht mehr?

Aden: Die Ressortabstimmung und auch die Abstimmung mit den Verbänden geschehen nicht nur pro forma, sondern dabei findet auch schon noch einmal eine inhaltliche Auseinandersetzung mit einzelnen Vorschlägen statt. An einzelnen Detailvorschriften sind auch noch einmal Änderungen vorgenommen worden, aber die grobe Linie, die Grundlinie, ist beibehalten worden.

Teschke: Für uns als Innenministerium war es vor allen Dingen wichtig, dass wir in dem Gesetzentwurf festschreiben konnten, dass die Erforderlichkeit einer nachträglichen Anordnung der Unterbringung für außergewöhnliche Fälle noch einmal geprüft wird. Explizit ist diese Formulierung noch einmal mit aufgenommen worden. Das sieht also vor, dass wir in der weiteren Diskussion noch einmal prüfen werden, ob es Möglichkeiten für eine nachträgliche Unterbringung gibt.

Frage: Herr Seibert, mit Blick auf den Fiskalpakt haben die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen erfolgreich dem Kanzleramt geschrieben, wonach sie um Verhandlungen bäten. Das Kanzleramt hat auch schon reagiert. Mich würde interessieren: Wer verhandelt denn aufseiten der Regierung mit den Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, nur die Kanzlerin? Oder nimmt sie zur Sicherheit als Aufpasser - Stichwort Finanztransaktionssteuer - den Vizekanzler mit, damit dabei nichts Falsches passiert?

StS Seibert: Es gibt da noch gar keine Festlegungen. Der Fiskalvertrag geht jetzt in die normale parlamentarische Beratung, nachdem das Kabinett ihm heute zugestimmt hat. In diesem Zusammenhang wird und kann dann über alles gesprochen werden. Welche Zusammensetzung diese Gesprächsrunden haben werden, werden Sie dann erfahren, wenn es so weit sein wird.

Zusatzfrage: Kann ich denn sicher sein, dass die Kanzlerin ihre persönliche Meinung zur Finanztransaktionssteuer nicht formulieren wird? Die ist nämlich keine Regierungsmeinung und schon gar nicht die Meinung des Koalitionspartners. Oder wird die Bundeskanzlerin dafür sorgen, dass die Gesprächspartner ihre persönliche Meinung zur Finanztransaktionssteuer doch erfahren?

StS Seibert: Jetzt vermengen Sie mehrere Dinge miteinander. Zunächst einmal geht es um den Fiskalpakt, der jetzt in die parlamentarische Beratung geht. Die Bundeskanzlerin hat ihre persönliche Meinung zum Fiskalpaket bei vielen Gelegenheiten geäußert. Sie wirbt energisch für diesen Pakt, der ein absolut wichtiger Baustein der Stabilitätsunion ist, die entschieden im deutschen und auch im europäischen Interesse liegt. Sie ist deswegen zuversichtlich, dass die Einsicht in die Notwendigkeit dieses Paktes eben auch in Zukunft bei einer breiten, parteiübergreifenden Mehrheit im Deutschen Bundestag vorhanden sein wird.

Zusatzfrage: Was habe ich jetzt miteinander vermengt? Sie sagten, ich vermenge einiges.

StS Seibert: Ich spreche vom Fiskalvertrag, der jetzt in die parlamentarische Beratung geht. Sie sprachen von der Finanztransaktionssteuer, die ich im Moment noch nicht so in diesem Zusammenhang stehen sehe.

Zusatz: Doch, die Fraktionsvorsitzenden der Grünen und der SPD haben dem Kanzleramt doch mitgeteilt, dass es eine Zustimmung nur dann geben werde - das sind jetzt meine Worte -, wenn Frau Merkel ihre persönliche Meinung auch zur politischen Regierungspraxis werden lasse.

StS Seibert: Genau das sind solche Dinge und Verknüpfungen, über die dann im parlamentarischen Verfahren gesprochen werden kann.

Vorsitzender Mayntz: Dann kommen wir zum nächsten Thema, der Freiwilligenbesteuerung. Dazu könnte uns zunächst einmal das Familienministerium etwas sagen.

Laubinger: Vielleicht will das BMF zuerst etwas sagen.

StS Seibert: Vielleicht sage ich zuerst etwas, und dann gibt es von rechts und von links noch zustimmende Äußerungen. Ich will nur kurz daran erinnern, dass die Wehrpflicht im vergangenen Jahr ausgesetzt und durch den freiwilligen Wehrdienst ersetzt wurde. Die Bezüge für den verpflichtenden Wehrdienst waren in Deutschland seit jeher steuerfrei. Im Rahmen der Aussetzung der Wehrpflicht, die ja keine Abschaffung, sondern eine Aussetzung ist, hat man damals beschlossen, in einem späteren Verfahren zu erörtern und zu entscheiden, ob diese Steuerfreiheit auch für den freiwilligen Wehrdienst so bestehen bleiben kann. Nun hat das BMF einen Referentenentwurf vorgelegt, in dem es dazu eine Position bezieht. Dieser Referentenentwurf ist wie immer mit der Bitte um Stellungnahme der anderen Ressorts verbunden; das ist das übliche Verfahren. Die anderen Ressorts nehmen jetzt also Stellung zu diesem Referentenentwurf. Für die Bundesregierung ist zu sagen, dass alle Argumente gehört und gewogen werden und dass in dieser Sache ganz sicherlich noch nichts entschieden ist, sondern wir befinden uns mitten im Verfahren.

Kothé: Das ergänze ich gerne ein bisschen. Es handelt sich nicht um einen Gesetzentwurf, sondern um unser Jahressteuergesetz 2013, in dem wir diese verschiedenen Einzelmaßnahmen und steuerlichen Anpassungen immer sammeln und das dann in ein Gesetz packen. Darin wird eben dieser Vorschlag gemacht, den Wehrsold künftig zu besteuern und ihn damit wie andere Einkommen auch zu behandeln. Die Aufgabe unseres Hauses ist es ja, von der Einnahmeseite her bestimmte Grundsätze der Steuergesetzgebung zu prüfen, und dazu gehören eben das Gleichheitsgebot und auch die Steuergerechtigkeit. Die Steuerexperten bei uns kamen eben zu dem Ergebnis, dass dadurch, dass es jetzt nur noch ein freiwilliger Wehrdienst ist, eine Gleichbehandlung mit anderen Einkommen geboten ist. Das Ergebnis dieser Prüfung ist eben in diesem Referentenentwurf enthalten und wird jetzt in die Ressortabstimmung gehen, wie Herr Seibert gerade gesagt hat.

Laubinger: Ich sage gerne auch etwas dazu: Hinsichtlich des Bundesfreiwilligendienstes muss man sagen, dass das in mehr als 90 Prozent der Fälle keine praktische Relevanz für die Freiwilligendienstleistenden hat, weil das Taschengeld hier so gering ist, dass es unterhalb der steuerlichen Freigrenze liegt. Trotzdem halten wir eine solche Regelung angesichts der großen Engagementbereitschaft für ein falsches Signal. Es handelt sich aber, wie schon gesagt, um einen Referentenentwurf, und wir werden jetzt natürlich die Ressortabstimmung abwarten.

Vorsitzender Mayntz: Jetzt habe ich ein Ressort übergangen. Herr Dienst, möchten Sie auch etwas sagen?

Dienst: Unsere Haltung haben wir gestern bekannt gegeben. Sie ist in einem Satz zusammenzufassen, nämlich in dem, dass wir natürlich für die Beibehaltung der Steuerfreiheit plädieren. Die Gründe sind links von mir schon genannt worden, und dem ist jetzt nichts hinzuzufügen. Das ist, wie gesagt, ein Referentenentwurf, und wir befinden uns in der Ressortabstimmung. Unser Haus ist bisher immer gut damit gefahren, Ressortabstimmungen hinter den Kulissen zu betreiben, nicht vor den Kulissen, auch wenn Sie das vielleicht enttäuschen wird.

Frage: Herr Dienst, mich würde interessieren, wieso Sie sich für eine Sonderregelung aussprechen, wo es doch das generelle Ziel der Regierung ist - das steht im Koalitionsvertrag -, dass die Steuergesetzgebung transparent, durchschaubar und einfacher werden soll.

Dienst: Ich sehe keinen Widerspruch zwischen Steuerfreiheit und Transparenz. Das erschließt sich mir logisch-intellektuell im Moment nicht. Aber es ist sicherlich so - ich fasse das, was Staatssekretär Seibert gesagt hat, vielleicht in einem Satz zusammen -, dass der freiwillige Wehrdienst eben von Anfang an eine Ausnahmestellung hatte und für uns auch bis heute hat.

Zusatzfrage: Was unterscheidet den freiwilligen Wehrdienst von einem Sanitätsrettungsdienst oder von einem Dienst bei der Polizei? Plädieren Sie dann auch dafür, dass Polizisten keine Steuern mehr bezahlen müssen?

Dienst: Ich plädiere ja auch nicht dafür, dass ich keine Steuern mehr zahlen muss. Es ist so: Der freiwillige Wehrdienst ist ein Dienst an der Gesellschaft. "Tu was für deinen Staat" und all diese Argumente, die wir vor der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes gehört haben, gelten auch heute fort. Ich sagte schon: Ich möchte das hier nicht länger elaborieren, weil am Ende eben das Plädoyer für die Steuerfreiheit herauskommt, und das wird in der Ressortabstimmung hinter den Kulissen dann entsprechend auch mit Argumenten hinterlegt werden.

Frage: Ich habe eine Frage - vielleicht auch zwei oder drei Fragen - an das Finanzministerium: Gibt es Berechnungen dazu, mit welchen Mehreinnahmen durch die Neuregelung zu rechnen ist? Im Referentenentwurf habe ich dazu nichts gefunden.

Gibt es zweitens Durchschnittsberechnungen dazu, was das für den einzelnen Soldaten bedeuten könnte?

Als Letztes: Es gibt ja auch kostenlose Unterkunft, Heimfahrten und Verpflegung. Wie sind die zu berücksichtigen? Sind das dann geldwerte Vorteile?

Kothé: Das ist, wie gesagt, ein Referentenentwurf. Wir haben noch keine Berechnungen vorliegen - solche Berechnungen gäbe es dann mit dem richtigen Gesetzentwurf -, auch nicht dazu, was das für den durchschnittlichen Soldaten bedeuten würde. Dazu muss man einfach sagen: Das hängt auch immer von der Situation des einzelnen Steuerpflichtigen ab, davon, ob das die einzigen Einkünfte sind, ob er andere Einkünfte hat usw. Sicherlich lässt sich das auch modellhaft errechnen, aber solche Berechnungen haben wir noch nicht vorgenommen beziehungsweise sie sind mir bisher nicht bekannt.

Zusatzfrage: Was ist mit den sonstigen Leistungen, also Unterkunft, Verpflegung und Heimfahrten, die kostenlos sind? Sind das dann geldwerte Vorteile, die zu versteuern sind?

Kothé: Zumindest denke ich, dass sie es nicht sind. Ich muss passen, das muss ich noch einmal klären. Aber ich glaube, sie sind es nicht.

Zusatzfrage: Lässt sich das heute noch klären?

Kothé: Ja. Meinen Sie die Unterbringung in der Kaserne und so etwas?

Zusatz: Ja, die Gulaschkanone.

Frage: Sie sagten, Frau Kothé, die Steuerexperten Ihres Hauses seien der Meinung, die eben im Referentenentwurf zum Tragen kommt. Was sagt denn die Hausspitze, also die Leitung?

Zweite Frage: Macht es für Sie einen Unterschied, dass der Sold für die Soldaten doch deutlich höher als der Sold für die Freiwilligen ist? Halten Sie es von daher auch für geboten, eine Besteuerung einzusetzen, weil sich diese Einkommen ja durchaus mit Einkommen eines Geringverdieners vergleichen lassen?

Kothé: Zu Ihrer ersten Frage: Natürlich ist das die Meinung unseres Hauses. Das ist ein Referentenentwurf, den unser Haus jetzt herausgegeben hat. Das ist die Hausmeinung des BMF.

Zur zweiten Frage: Es ist so, dass die Einkünfte vom Grundsatz her eigentlich seit jeher steuerpflichtig sind. In der Praxis spielt das aber keine Rolle, weil sie unter den Grundfreibetrag fallen und dann in den meisten Fällen ohnehin keine Steuern zu zahlen sind, außer wenn derjenige, der einen Freiwilligendienst leistet, eben wiederum andere Einkünfte hat, die so beträchtlich sind, dass sie über diesen Grundfreibetrag hinausgehen. Aber vom Grundsatz her sind diese Bezüge auch steuerpflichtig.

Zusatz: Der Sold betrug, glaube ich, in den letzten Monaten mehr als 1.000 Euro. Das ist ja durchaus mit dem Einkommen eines Arbeitnehmers mit geringem Gehalt vergleichbar.

Kothé: Genau. Das ist ja auch genau unsere Argumentation. Wir sagen: Das ist ein Einkommen wie in anderen Bereichen auch. Von daher ist eben die Auffassung unseres Hauses, dass das dann auch zu besteuern ist.

Frage: Mich würde ganz pragmatisch interessieren, wie es angesichts der unterschiedlichen Auffassungen in den Ministerien jetzt weitergeht. Auf welcher Ebene wird versucht, einen Kompromiss oder eine Einigung zu erzielen? Gibt es irgendeinen Zeitrahmen, bis zu dem die Meinung in diesem Punkt feststehen muss?

Kothé: Geplant ist - diese Maßnahme ist, wie ich vorhin ausgeführt hatte, eine Maßnahme unseres Jahressteuergesetzes 2013 -, das am 25. April, glaube ich, im Kabinett einzubringen. Ich denke, vorher - das ist auch das ganz normale Verfahren - wird eben eine Abstimmung erfolgen müssen.

Zusatzfrage: Auf welcher Ebene?

Kothé: Das wird sicherlich auch auf politischer Ebene geschehen.

Frage: Frau Kothé, Sie sagten vorhin, die Experten in Ihrem Haus hielten das aus Gründen der Gleichbehandlung für geboten. Bedeutet das übersetzt, dass Sie sich wünschen, dass es eine Gleichbehandlung gibt, oder heißt das, dass es sozusagen einen rechtlichen Zwang dafür gibt und dass, wenn man diese Gleichbehandlung nun nicht einführt, der erste Polizist klagen wird - um ein Beispiel zu übernehmen, das schon genannt worden ist - und Ihnen diese Ungleichbehandlung vor Gericht um die Ohren fliegen wird?

Kothé: Wir sind der Auffassung, dass diese Anpassung aus Gründen genau dieses Gleichheitsgebotes rechtlich notwendig ist. Aufgrund dieser steuerrechtlichen Aspekte schlagen wir sie vor.

Zusatzfrage: Wenn Sie, Ihr Minister oder jemand in Ihrem Haus mit sozialem Gewissen oder aus was für Gründen auch immer der Meinung wäre, dass es eigentlich schön sei, Soldaten nicht zu besteuern, würden Sie dann sagen "Wir haben gar keine Wahl, sondern wir müssen das tun"?

Kothé: Ich denke, mein soziales Gewissen ist hier unmaßgeblich. Wir haben in unserer Ressortzuständigkeit - das habe ich ja vorhin schon zu sagen versucht - diese steuerrechtlichen Sachverhalte zu bewerten, und das haben wir gemacht. Herr Seibert hat vorhin auch schon gesagt, dass die Ressorts in ihrer Zuständigkeit andere Aspekte zu würdigen und zu vertreten haben. Jetzt muss man diese Dinge irgendwie gegeneinander abwägen und sie miteinander in Übereinstimmung bringen; das ist ja das übliche Verfahren bei jedem Gesetz. Das ist genau die Aufgabe, die jetzt in den nächsten Wochen anzugehen ist.

Frage: Ich verstehe es noch nicht ganz. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Kothé, dann gibt es steuerrechtlich eigentlich gar keine andere Möglichkeit, als das zu tun, was jetzt im Referentenentwurf steht. Dann verstehe ich nicht ganz, warum sich das Familienministerium und das Verteidigungsministerium Hoffnungen darauf machen, dass der Kelch eventuell doch an den Betroffenen vorübergehend wird. Das müsste ich noch einmal erklärt bekommen.

Ich habe noch eine Frage an die anderen beiden Ressorts, an das Familienministerium und das Verteidigungsministerium: Sind Sie denn von diesem Referentenentwurf völlig überrascht worden, oder gab es darüber vorher Gespräche?

Dienst: Grundsätzlich ist ein Referentenentwurf eines anderen Hauses immer erst einmal eine Auftaktüberraschung. Im Rahmen der Ressortabstimmung verwandelt sich die Überraschung dann in Überzeugung, oder manche Punkte bleiben strittig. Das ist der Gang der Dinge, das ist völlig normal. Es ist wirklich so, wie ich es Ihnen sage. Hier ist einfach der Punkt: Man muss bewerten, ob man einer Tätigkeit nachgeht, um Einkünfte zu erzielen, oder ob man der Überzeugung ist, dass man die Tätigkeit ausübt, um dem Gemeinwohl zu dienen. Das ist die Wasserscheide, über die man sich weiter unterhalten wird.

Laubinger: Dem kann ich mich nur anschließen.

Zusatzfrage: Gibt es denn überhaupt eine andere Möglichkeit? Ich habe Sie nämlich so verstanden, dass man das steuerrechtlich machen muss.

Kothé: Ja, aus unserer Sicht ist das steuerrechtlich geboten.

Zusatzfrage: Aber gibt es dabei eine Freistellungsmöglichkeit? Wie muss ich das verstehen?

Kothé: Es gibt ja ohnehin den Grundfreibetrag. Es geht zuerst einmal darum, dass diese Bezüge dem Grundsatz nach steuerpflichtig sind. Früher, als der Wehrdienst verpflichtend war, waren sie durch eine Ausnahmeregelung von einer Besteuerung ausgenommen. Dieser Grund ist entfallen, und aufgrund dessen, sagen wir, sind die Einkünfte, die sich aus einem freiwilligen Wehrdienst ergeben, steuerpflichtig. Das ist unsere Auffassung.

Zusatzfrage: Ich habe es immer noch nicht verstanden. Gibt es denn eine Möglichkeit, von dieser Steuerpflicht abzusehen? Wenn Sie sagen, dass das steuerpflichtig ist, suche ich eben nach der Alternative, ob man da noch irgendwie herauskommen kann.

Kothé: Ich gehe davon aus, dass die Kollegen, die diesen Gesetzesvorschlag erstellt haben, Alternativen geprüft haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass das für sie die logische Konsequenz ist, die sie jetzt in Gesetzesform gegossen haben.

StS Seibert: Wenn ich das sagen darf: Ich glaube, dass es wirklich nicht sehr viel bringt, hier ein Steuerrechtsseminar abzuhalten und die Frage hier entscheiden zu wollen, wie der freiwillige Wehrdienst, der in vielem sehr viel näher an der früheren Wehrpflicht angelegt worden ist als der Berufssoldatendienst, zu veranlagen ist. Wenn es einen Referentenentwurf aus dem BMF und entsprechende Stellungnahmen aus anderen Ressorts gibt, sind wir in einem vollkommen normalen Verfahren, wie es in einer Regierung herrscht. Es wird auch vollkommen normal am Ende dabei ein Regierungshandeln oder Nicht-Handeln herauskommen.

Kothé: Genau.

Frage: Herr Dienst, können Sie noch einmal eine Zahl nennen, wie sehr dieses Angebot des freiwilligen Wehrdienstes angenommen wird und welche Rolle dabei die Höhe dieses Soldes spielt? Ist für Sie ein entscheidendes Argument, dass sich überhaupt junge Leute für diesen Dienst melden?

Herr Seibert hat ausgeführt, dass bei der Aussetzung des Wehrdienstes schon klar war, dass später geprüft werden solle, ob der Wehrsold für den künftigen freiwilligen Wehrdienst steuerfrei sei oder nicht. Deswegen meine Frage: Hat man bei der Festsetzung des Soldes für die freiwillig Dienenden schon eingepreist, dass das möglicherweise zu versteuern sein wird? Es kann ja für Sie keine Überraschung gewesen sein, dass diese Prüfung noch kommt; so hat es Herr Seibert ausgeführt. Also kann man ja davon ausgehen, dass das schon bei der Festsetzung dieser Vergütungssätze mit berücksichtigt worden ist. Oder irre ich mich da?

Dienst: Es ist mit Sicherheit bei der Einführung des freiwilligen Wehrdienstes und der entsprechenden Geld- und Sachleistungen, die als Sold gewährt werden, nicht eingepreist worden, ob es zukünftig irgendwelche Entwicklungen im Bereich der Versteuerung geben könnte.

Es geht hier auch nicht so sehr darum, wie viel Euro letztendlich der eine oder andere zu bezahlen hätte, sondern es ist, wie ich Ihnen schon sagte, einfach eine Grundsatzfrage, ob der Dienst am Gemeinwohl steuerfrei gestellt wird oder ob Sie sich andererseits einer Tätigkeit widmen, um Einkünfte zu erzielen und dann eher zu versteuern sind. Das einfach nur als Wiederholung.

Insofern sage ich Ihnen keine Zahl, was das bei irgendwelchen Vorausberechnungen ausmachen würde, weil sich die Frage für uns im Moment so nicht stellt. Wenn ein Gesetz verabschiedet ist und sich Änderungen ergeben sollten, kann man darüber reden, wie dann der Status ist, der sich daraus ergibt.

Hinsichtlich der Anzahl der freiwillig Wehrdienstleistenden sind wir im Moment bei einem Bestand von knapp über 20.000 freiwillig Wehrdienstleistenden. Das ist aber vor allem dadurch bedingt, dass es noch starke Überhänge bei den alten freiwillig Wehrdienstleistenden zu Zeiten des Vollzugs der Wehrpflicht gab. Da gibt es gewisse Überkipper, also alle, die sich zum 1. Juli noch länger als 15 Monate oder länger als 12 Monate - wie auch immer - verpflichtet hatten, zählen in diesen Bestand mit hinein, zusätzlich zu denen, die sich unter der neuen Gesetzgebung ab 1. Juli freiwillig gemeldet haben.

Zuruf: Wie viele sind das? Haben Sie die Zahl parat?

Dienst: Die (Rechnung) kann ich Ihnen im Moment nicht aufmachen. Aber wir sind in einem Bereich, der nur noch vierstellig ist.

Frage: Zur Genese dieser Regelung: Wenn das steuersystematisch nicht passt, warum hat man überhaupt diese Übergangsphase so gelassen? Warum hat man nicht von Anfang an gesagt, dass das versteuert werden muss?

Kothé: Man hat damals im Rahmen dieses Wehrrechtsänderungsgesetzes gesagt: Die Frage muss geprüft werden. Es gab eine Prüfungsklausel. Das war klar. Das Ergebnis der Prüfung ist eben das, was wir heute in dem Referentenentwurf diskutieren.

Frage: Es geht im Prinzip um Geld, das der Staat für die Freiwilligen zahlt und der Staat dann wieder an Steuern einnimmt, also linke Tasche, rechte Tasche. Hat denn Herr Schäuble in seinem Referentenentwurf prüfen lassen, ob er die Etats für die Ressorts Verteidigung und Familie womöglich aufstockt, um ihnen dieses Geld aus steuersystematisch sicherlich nachvollziehbaren Gründen zu nehmen? Oder hat er das nicht?

Frau Laubinger, Sie haben gesagt, dass Sie etwa 30.000 Stellen finanzieren können. Haben Sie einmal ausgerechnet, wie viele Stellen Sie dann noch mit dem jetzigen Etatansatz finanzieren können, wenn es zu einer Besteuerung käme?

Kothé: Ich habe vorhin schon gesagt, dass diese Freiwilligendienste im Grunde nach immer schon steuerpflichtig sind und dass das in der Praxis keine große Relevanz haben wird.

Zuruf: Sowohl Verteidigungs- als auch Familienministerium werben ganz klar um Freiwillige mit dem Satz: Die Bezüge sind steuerfrei. Da mögen Sie noch sagen, dass das grundsätzlich ein Widerspruch ist. Aber die Werbung, die diese Regierung betreibt, ist genau gegenläufig.

StS Seibert: Das ist ja auch die Realität.

Kothé: Das ist kein Widerspruch. Bei diesen freiwilligen Diensten bekommt man ein Taschengeld, das bei höchstens 336 Euro liegt. Das ist ohnehin eigentlich steuerfrei. Von daher trifft der Vergleich linke Tasche, rechte Tasche nicht zu.

Zuruf: Sie erwarten gar keine Einnahmen? Erwarten Sie überhaupt gar keine Einnahmen, wenn Sie sagen, dass sie nicht der Steuerpflicht unterliegen?

Kothé: Was diesen Bundesfreiwilligendienst anbetrifft, es geht hier um eine grundsätzliche Regelung. Natürlich kann im Einzelfall, wenn die individuellen Einkünfte höher sind, (eine Steuerpflicht bestehen). Aber allein aufgrund dieses Taschengeldes wird es nicht zu einer Besteuerung kommen. Dazu ist es bisher nicht gekommen und wird es auch nicht kommen.

Zusatz: Das bezieht sich auf die Freiwilligendienste und nicht auf die freiwillig Wehrdienstleistenden. Diese haben ja einen Sold von bis zu 1.000 Euro.

Kothé: (Das bezieht sich auf) die Freiwilligendienste. Danach haben Sie gerade gefragt.

Zusatz: Ich habe schon nach beidem gefragt.

Kothé: Beim Wehrsold hängt das auch wiederum von der Höhe ab.

Laubinger: Das Bundesfamilienministerium kann 35.000 Plätze im Bundesfreiwilligendienst fördern. Das haben wir von Anfang an zugesichert. Zu dieser Zusicherung stehen wir auch.

Die Regelung, die im Moment durch den Referentenentwurf im Gespräch ist, würde, wie gesagt, über 90 Prozent der Bundesfreiwilligendienstleistenden nicht treffen, weil das Taschengeld unterhalb der steuerlichen Freigrenze liegt.

Frage: Ich stelle mir immer noch eine Frage. Es ist ja relativ einfach, den Unterschied zwischen einer Pflicht zu erkennen, die es früher gegeben hat, und einer freiwilligen Geschichte. Es ist auch verfassungsrechtlich einer der einfachsten und einleuchtendsten Grundsätze, die Gleichbehandlung zu haben. Welchen Sinn macht es also, sich bei der Änderung des Wehrgesetzes eine Prüfung vorzunehmen? Welchen anderen Sinn würde es als den machen, dass man nicht sowieso die Steuerfreiheit herstellen möchte? Wozu sonst sollte man bei so eindeutig klarer Faktenlage darüber nachdenken, das in einigen Monaten zu prüfen? Das erschließt sich mir nicht.

Kothé: Ich kenne die historische Genese dieses Prüfauftrages nicht. Das kann ich recherchieren und nachliefern. Ich weiß nur, dass es diesen Prüfauftrag in diesem Gesetz gibt und dass unser Haus diesem mit dem Ihnen bekannten Ergebnis nachgekommen ist.

StS Seibert: Ich möchte einfach noch einmal daran erinnern: Wir reden hier über einen Referentenentwurf. Die Ressortabstimmung dazu beginnt gerade erst. Wir sind mitten im normalen Arbeitsprozess einer Regierung. Wir reden nicht über Regierungshandeln. Die Bundesregierung ist froh und auch dankbar, dass sich sowohl im freiwilligen Wehrdienst als auch im Bundesfreiwilligendienst eine so zufriedenstellende Zahl von Menschen gefunden hat, die auf so unterschiedliche Art diesen Dienst an der Gemeinschaft leisten. Ihr Bestreben wird es weiterhin sein, den Bundesfreiwilligendienst und den freiwilligen Wehrdienst attraktiv sein zu lassen.

Frage: Herr Seibert, weil Sie sich gerade noch einmal so eingeschaltet haben, stellt sich für mich eine Frage. Sie beschreiben die Tatsache, dass das Bundesfinanzministerium einerseits und das Verteidigungs- und Familienministerium andererseits bei einem Kernprojekt dieser Regierung sich jetzt über irgendwelche Steuerkommata streiten und sagen, das sei der normale Regierungsprozess. Ab wann sehen Sie den Zeitpunkt, dass sich das Kanzleramt streitschlichtend einmischt? Oder/und haben die beteiligten Ressorts heute in der Kabinettssitzung ihren Protest zum Ausdruck gebracht? Wie wollen Sie eigentlich von dem Eindruck herunterkommen, dass es irgendwie in der öffentlichen Wirkung dumm gelaufen ist?

StS Seibert: Erstens. Ein Referentenentwurf ist kein Gegenstand einer Kabinettssitzung.

Zweitens glaube ich, dass Ihre Schwelle für die Verwendung des Wortes "Streit" erheblich zu niedrig liegt, wenn ich das so sagen darf. Wir haben es hier damit zu tun, dass ein Ressort seine Argumente aus der Sicht von Steuer- und Finanzexperten einbringt und andere Ressorts ihre Argumente einbringen. Es wird am Ende entschieden werden müssen, wenn man das Gewicht aller Argumente gewogen hat. Ich finde, das ist ein normaler Vorgang. Jetzt spielt er sich ausnahmsweise einmal in der Bundespressekonferenz ab. Er spielt sich ganz häufig und zu ganz vielen Referentenentwürfen innerhalb der Ressorts ab. Das ist das normale Regierungsgeschäft.

Vorsitzender: Und das ist das normale RegPK-Geschäft.

Zuruf: Wenn ich das als Vorschlag einbringen darf: Dann machen wir es doch immer hier. Dann haben beide Seiten mehr davon.

StS Seibert: Wenn Sie so viel Zeit mitbringen.

Frage: Frau Kothé, mich würde interessieren, warum diese Prüfung nahezu neun Monate gedauert hat, wenn der Sachverhalt, wie Sie ausführen, eigentlich so klar ist.

Kothé: Ich kann Ihnen nicht sagen, wie lange diese Prüfung gedauert hat. Sie ist in das Jahressteuergesetz 2013 eingeflossen, das eine Sammlung an steuerrechtlichen Änderungen ist. Es ist üblich, dass wir uns einmal im Jahr so ein Gesetz vornehmen. Es kann auch sein, dass diese Prüfung relativ schnell (erfolgt ist) und das Ergebnis jetzt einfach nur bekannt geworden ist. Ich habe keine Angaben dazu vorliegen, wie lange diese Prüfung gedauert hat.

Zusatzfrage: Ich habe mich vielleicht unpräzise ausgedrückt. Warum hat es fast neun Monate vom Zeitpunkt des Inkraftsetzens dieses freiwilligen Wehrdienstes bis heute gedauert, wo Sie sagen: Oh, das muss aber versteuert werden. Dazwischen liegen ja neun Monate, die ganz offenkundig für Verwirrung sorgen.

Kothé: Wir haben vor ein paar Tagen erst den Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz vorgelegt. Das ist eine Maßnahme unter anderen.

Vorsitzender Mayntz: Ich schlage vor, wir wechseln das Thema und kommen zum Thema Zapfenstreich, zu dem uns das Verkehrsministerium etwas sagen kann.

Strater: Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass entgegen anderslautender Meldungen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer am morgigen Zapfenstreich für den ehemaligen Bundespräsidenten teilnehmen wird. Wir mussten zunächst eine Terminkollision aufheben. Danach sah es gestern nicht so aus, als ob das gelingen könnte. Das ist aber gelungen, sodass eine Teilnahme möglich ist.

Bevor Sie die Frage stellen: Es hat hier keinen Sinneswandel gegeben. Die Teilnahme war dem Minister von Anfang an wichtig. Es mussten nur zunächst die terminlichen Dinge disponiert werden.

Frage: In Ergänzung dazu würde mich interessieren, weil wir ja alle Sprecher der Ministerien vor uns sitzen haben, welche Kabinettsmitglieder am Zapfenstreich teilnehmen und welche nicht. Vielleicht können wir einen Durchgang machen.

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin nimmt selbstverständlich teil. Es ist für Sie eine Selbstverständlichkeit, mit großen Teilen ihres Kabinetts diesem Zapfenstreich beizuwohnen. Darin drückt sich der Respekt vor dem höchsten Amt aus, das unser demokratischer Staat zu vergeben hat.

Albrecht: Ich kann mich den Worten des Regierungssprechers anschließen. Das Gleiche gilt für Bundesgesundheitsminister Bahr.

Laubinger: Für Bundesfamilienministerin Kristina Schröder gilt das Gleiche. Ihre Teilnahme ist vorgesehen.

Aden: Die Bundesjustizministerin wird aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen können.

Teschke: Der Bundesinnenminister ist zu dem Zeitpunkt noch in Brüssel beim Justiz- und Innenministerrat.

Peschke: Bei uns ist es noch offen. Wir haben noch Terminfragen zu klären.

Vorsitzender Mayntz: Das Ressort Verteidigung versteht sich, glaube ich, von selbst.

Dienst: Ich darf aber für Minister de Maizière sagen, dass das Ausrichten eines Großen Zapfenstreiches für einen Bundespräsidenten a. D. eine Selbstverständlichkeit ist.

Kothé: Ich muss im Augenblick passen und werde die Antwort nachreichen.

Schneid: Bundeswirtschaftsminister Rösler wird am Zapfenstreich teilnehmen.

Stamer: Der Bundesumweltminister hat seine Teilnahme an dem Zapfenstreich zugesagt.

Reifschneider: Minister Niebel wird an dem Zapfenstreich aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen können.

Enderle: Bundesministerin Aigner nimmt teil.

Küchen: Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales kann aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen. Es gibt eine langstehende Verpflichtung, die dagegen spricht.

StS Seibert: Dann haben wir noch den Chef des Bundeskanzleramtes, der auch am Zapfenstreich teilnehmen wird.

Wolbeck: Frau Schavan nimmt auch teil.

Vorsitzender Mayntz: Okay. Demnächst dann so etwas in der Übersicht. Dann geht es schneller.

Frage: Herr Seibert, es findet vor und nach dem offiziellen Zeremoniell Zapfenstreich eine Begegnung mit unterschiedlichen Teilnehmern des Zapfenstreichs statt. Ich wüsste gerne, ob nach derzeitigem Stand geplant ist, dass die Kanzlerin bei dem Empfang davor oder bei der Begegnung im Anschluss an das Löschen der Fackeln offizielle/inoffizielle Worte - für Herrn Wulff bestimmt oder für die Öffentlichkeit bestimmt - zur Amtszeit des Präsidenten oder überhaupt zum ganzen Zeremoniell spricht. Beabsichtigt die Kanzlerin bei einer dieser beiden Gelegenheiten zu sprechen oder bei ihrem derzeitigen Wissensstand eher nicht?

StS Seibert: Ich weiß nicht von zwei Gelegenheiten. Ich weiß nicht von etwas, das nach dem Zapfenstreich stattfände. Ich weiß von einer Begegnung, von einem Empfang vor dem Zapfenstreich. Dieser wird ganz genauso ablaufen, wie es beispielsweise im Falle des ausscheidenden Bundespräsidenten Köhler war. Es spricht zunächst einmal der Veranstalter des Großen Zapfenstreich - das ist in diesem Fall Bundesratspräsident Seehofer als amtierender Bundespräsident -, und es spricht dann Bundespräsident a.D. Wulff.

Zusatzfrage: Ich habe unterschiedliche Hinweise, deshalb nur zur Klärung: Frau Merkel wird sich in ihrer Funktion als Kanzlerin an keiner Stelle äußern?

StS Seibert: Der Zapfenstreich - wie auch der Empfang vor dem Zapfenstreich - läuft nach meinem Wissen genau so ab, wie es vorgegeben ist und wie es auch im Falle des scheidenden Bundespräsidenten (Köhler) praktiziert wurde, nämlich mit einer Rede des einladenden amtierenden Bundespräsidenten - das war damals Herr Börnsen und das ist jetzt Ministerpräsident Seehofer - und einer Rede des scheidenden Bundespräsidenten.

Frage: Ich habe zwei formale und eine inhaltliche Frage zu Griechenland.

Erste formale Frage: Frau Kothé, was ist denn Ihr Informationsstand bezüglich der Beteiligung von Banken und Versicherungen am freiwilligen Forderungsverzicht? Die Frist läuft ja - korrigieren Sie mich, wenn das falsch ist - morgen um 24 Uhr oder morgen um 19 Uhr ab; da habe ich unterschiedliche Informationen.

Zweite formale Frage: Wann werden sich die Finanzminister der Eurogruppe denn mit dem Ergebnis dieser Geschichte in einer Telefonkonferenz befassen? Ich habe den Freitag als Termin im Kopf. Wissen Sie, wann genau? Denn dann geht es - je nachdem, wie das Ergebnis ist - ja auch um das weitere Vorgehen.

Drittens interessiert mich noch eine inhaltlich Frage. Nachdem es gestern Meldungen gab, dass Deutschland Zinsgewinne in Höhe von 380 Millionen Euro im Hinblick auf seine Hilfen für Griechenland gemacht habe: Gab oder gibt es irgendwelche Gedanken in Deutschland daran, dass man diese Gewinne möglicherweise dem notleidenden Griechenland in irgendeiner Form zur Verfügung stellen könnte, oder gibt es irgendwelche Initiativen auf europäischer Ebene, so etwas zu tun?

Kothé: Der Reihe nach: Es ist richtig, die Frist für das Umtauschangebot läuft nach meinen Informationen morgen um 24 Uhr ab. Wir haben keine Informationen oder irgendwelche Zwischenstände darüber, wie die Beteiligung aussieht. Wir werden diese Informationen am Freitag vorliegen haben; die Finanzminister der Eurogruppe werden erst informiert und werden dann, wie Sie richtigerweise gesagt haben, im Rahmen einer Telefonkonferenz - so ist der Plan - am frühen Nachmittag, gegen 14 Uhr, die Ergebnisse prüfen und bewerten.

Zusatzfrage: Und was ist mit den 380 Millionen Euro? Sacken Sie die einfach ein?

Kothé: Es ist richtig, dass wir Zinseinnahmen haben beziehungsweise dass es Zinseinnahmen aus den Griechenland-Hilfen gibt. Sie wissen auch, dass es da Anpassungen gegeben hat. Sie kennen die Einzelheiten der beiden Griechenland-Pakete und wissen, wie Deutschland da beteiligt ist und sich engagiert. Diese Zinseinnahmen ergeben sich aus den bilateralen Krediten des ersten Griechenland-Pakets. Da gibt es jetzt sowieso eine Reduzierung der Zinsen, die geplant ist, usw. Einen Plan, konkret diesen Betrag aus dem Haushalt in irgendein konkretes Projekt umzusetzen, gibt es aber nicht. Dafür gibt es aber die weit größeren Hilfspakete, an denen wir beteiligt sind, die wir auf europäischer Ebene beschlossen haben.

Frage: Es ist also ein gutes Geschäft, Griechenland zu helfen?

Kothé: Ich glaube, "Geschäft" ist hier der falsche Ausdruck. Es ist Auffassung der Bundesregierung, dass es eine gute und wichtige Sache und Ausdruck der Solidarität ist, Griechenland auf europäischer Ebene zu helfen. Die Bundesregierung hat sich dafür immer mit großer Initiative eingesetzt und wird das auch weiterhin tun.

Vorsitzender: Dann war das Thema Krankenkassenüberschüsse gewünscht. Kann das BMG uns dazu eine Einschätzung liefern?

Albrecht: Sehr gerne. Wir haben am Vormittag eine vollumfängliche Pressemitteilung dazu herausgegeben. Es ist klar, dass wir heute über Krankenkassenüberschüsse statt über -defizite reden. Das ist der erfolgreichen Politik dieser Regierung zu verdanken. Man sollte den Blick auch noch einmal darauf wenden, dass es sehr notwendig war, dass wir im Bereich der Arzneimittel Einsparungen vorgenommen haben.

Im Übrigen wissen Sie, dass sich diese Regierung den Zielen von Wachstum, Beschäftigung und soliden Finanzen verpflichtet fühlt. Das ist auch im Gesundheitswesen der Fall. Es geht um Planbarkeit und Verlässlichkeit auch in diesem Fall, und darum, dass sich die Menschen weiter auf ein solide finanziertes Gesundheitssystem verlassen können. - Das wäre es soweit.

Vorsitzender Mayntz: Gibt es dazu Nachfragen? - Die Nachfragen sind schon draußen.

Frage: Herr Seibert, hat die Bundesregierung eine Meinung dazu, dass mit Gerhard Schröder heute ein ehemaliger Bundeskanzlerin die deutschen OSZE-Wahlbeobachter in Russland als vorurteilsbeladen bezeichnet?

StS Seibert: Die Bundesregierung hat überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Befunde der internationalen Wahlbeobachter durch Vorurteile gelenkt oder geleitet worden seien. Sie ist im Gegenteil der Meinung, dass diese Befunde ernst genommen werden sollten, und sie setzt darauf, dass die russische Führung und auch der gewählte Präsident Putin dafür sorgen werden, dass die Unregelmäßigkeiten, die dort aufgedeckt wurden, auch nachgeprüft und abgestellt werden.

Frage: Ich möchte zum Thema EADS fragen. Es gibt Unstimmigkeiten zwischen der Bundesregierung und dem designierten EADS-Chef über Straffungen und über angebliche Missverhältnisse in der Balance in diesem Unternehmen. Spricht Herr Hintze mit seinen Forderungen nach mehr Balance auch für die Kanzlerin beziehungsweise für die gesamte Bundesregierung? Wie bewertet die Bundesregierung die Reaktion dieses Konzerns, an dem sie sich in Kürze beteiligen wird, in der es hieß, bei Airbus werde es keine Balance- und Proporzspielereien geben und man weise die Forderungen zurück?

StS Seibert: Fragen Sie mich oder fragen Sie das
Wirtschaftsministerium?

Frage: Ich frage erst einmal, ob Herr Hintze damit die Meinung der Bundeskanzlerin vertritt und ob die Bundeskanzlerin zu dieser Reaktion eine Meinung hat.

StS Seibert: Die Bundesregierung kommentiert keine vertraulichen Briefe. Die deutsch-französische Balance bei EADS wird von beiden Regierungen gleichermaßen getragen und gleichermaßen geschätzt. Wir stehen zu diesen Fragen deswegen auch in ständigem und gutem Kontakt. EADS ist ein wichtiger, ein erfolgreicher europäischer Industriekonzern und leistet einen sehr wichtigen Beitrag für den Luft- und Raumfahrtstandort Deutschland. Die Führung des EADS-Konzerns - auch Herr Enders persönlich - genießt das Vertrauen der Bundesregierung. Das Management von EADS und von Airbus trägt natürlich für unternehmerische Entscheidungen die Verantwortung. Sofern Mittel des Bundes - zum Beispiel in Form von Fördermaßnahmen - zum Einsatz kommen, sind die allgemeinen Fördergrundsätze zu beachten. Dazu gibt es eben Gespräche mit den Unternehmen, die seitens der Bundesregierung das Wirtschaftsministerium führt.

Vorsitzender: Möchte das Wirtschaftsministerium ergänzen?

Schneid: Nein.

Zusatzfrage: Nur um das noch einmal klarzustellen: Die Reaktionen aus dem Hause EADS auf diesen Brief kommentieren Sie nicht?

StS Seibert: Ich kommentiere nicht den Brief, der ein vertraulicher war, und nicht Reaktionen, nein.

Frage: Frau Kothé, ich kann Ihnen nicht ersparen, noch zu einem anderen Gesetzentwurf aus Ihrem Hause Stellung zu nehmen. Heute gab es eine Pressekonferenz des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, von Herrn Billen, zum Gesetz zur Stärkung der Finanzaufsicht, und das Urteil über den Gesetzentwurf - Urteil "mangelhaft" aus Sicht der Verbraucherschützer - war doch eine Hinrichtung, um es einmal so auszudrücken. Es gab auch die Aufforderung, den Entwurf - so wörtlich - in die Tonne zu werfen und bitte schön einen neuen vorzulegen. Können Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?

Kothé Auch da gibt es einen Referentenentwurf, und zwar zur Reform der nationalen Finanzaufsicht - das ist eben die primäre Aufgabe der BaFin als Aufsichtsbehörde. Soweit ich weiß, möchte man - so entnehme ich das dem Entwurf - da verbessern, auch was Verbraucherschutz anbetrifft. Der Vorschlag aus unserem Haus ist, dass es künftig einen Verbraucherbeirat geben soll. Auch die Abläufe - zum Beispiel das ganze Beschwerdeverfahren - sollen geregelt werden; auch das hat es vorher so wohl nicht gegeben. Das sind die Vorschläge aus unserem Haus, die dazu im Augenblick im Gesetzentwurf stehen.

Die Kritik der Verbände kannte ich jetzt noch nicht, deswegen kann ich sie im Einzelnen auch nicht bewerten.

Zusatzfrage: Das heißt, Änderungsbedarf sehen Sie - zumindest auf den ersten Blick - nicht?

Kothé: Wie gesagt, ich kenne diese Kritik, mit der Sie mich konfrontieren - ich glaube, Sie sagten, dazu habe es vorhin eine Pressekonferenz gegeben -, bislang noch nicht; das erreicht mich hier jetzt zum ersten Mal. Wir werden das bestimmt prüfen. Zur Abstimmung eines Referentenentwurfs gehört ja auch immer, mit den Verbänden darüber ins Gespräch zu kommen. Auch das wird hier der Fall sein. Ich denke, das ist der Moment, in dem die Kritik ausgetauscht werden kann und in dem das Finanzministerium dazu Stellung nimmt.

Frage: Auch ich habe zwei Fragen an Frau Kothé - Sie müssen heute viel arbeiten - betreffend den Energie- und Klimafonds. Dieser Fonds ist ja doch dramatisch unterfinanziert; es ist mehr oder weniger eine Haushaltssperre verhängt, und nur 50 Prozent der Leistungen können bis jetzt gedeckt werden. Wie dringend schätzt das Bundesfinanzministerium den Handlungsbedarf ein?

Ich möchte das gern noch mit einer Zahl würzen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat ausgerechnet, dass der Preis für CO2-Zertifikate, aus deren Auktionierung sich der Fonds ja speist, in den nächsten fünf Jahren auf null sinken wird. Ich möchte auch noch nachschieben, dass die Regierung ja immer sehr stolz darauf war, dass die Energiewende solide durchfinanziert sei.

Kothé: Dazu kann ich Ihnen so viel sagen: Über diesen Energie- und Klimafonds gibt es einen Bericht, der im Haushaltsausschuss beraten wird. Mein Stand ist, dass die Fördermaßnahmen, die da vorgesehen sind, auch durchfinanziert sind und dass genügend Mittel zur Verfügung stehen. Mit der Zahl, die Sie genannt haben, kann ich im Augenblick nichts anfangen.

Zusatzfrage: Aus Ihrem Hause höre ich immer, Sie würden damit rechnen, dass die Preise für CO2-Zertifikate wieder steigen?

Kothé: Im Regierungsentwurf für diesen Fonds waren 17 Euro pro Zertifikat zugrundegelegt, und im Augenblick gehen wir wohl von 7,50 Euro aus.

Zusatzfrage: Bei solchen Preisprognosen, wie Sie von nicht ganz inkompetenter Seite kommen, müsste man da doch nachdenken?

Kothé: Ich habe es gerade ja gesagt: Das Thema ist gerade Gegenstand im Haushaltsausschuss; wir haben dazu einen Bericht vorgelegt und man ist dazu im Gespräch. Mehr kann ich dazu im Augenblick nicht sagen.

Zusatzfrage: Die zweite Frage, die ich habe, betrifft die steuerliche Förderung von energetischen Gebäudesanierungen. Wird das Finanzministerium da einen Vorschlag für den Vermittlungsausschuss machen, oder will man es weiter bei Appellen an die Einsicht der Länder belassen, dass das doch so, wie es ist, ein ganz gutes Gesetz ist?

Kothé: Dazu kann ich Ihnen im Augenblick leider keine Auskunft geben.

Frage: Noch eine Frage an das Finanzministerium: Es gab heute Morgen die Meldung, dass Thomas Mirow seinen Posten des Präsidenten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung räumen soll. Er ist Sozialdemokrat. Angeblich soll er den Posten räumen, weil die Regierung ihm das Vertrauen entzogen hat. Ist das richtig?

Kothé: Die Regierung hat Herrn Mirow sicherlich nicht das Vertrauen entzogen. Personalentscheidungen kommunizieren wir auch nicht. Wenn Mandate auslaufen, dann ist das auf europäischer Ebene mit den anderen Ländern zu diskutieren. Wir haben Herrn Mirow jedenfalls nicht das Vertrauen entzogen.

Vorsitzender Mayntz: Herr Seibert, wollten Sie noch etwas sagen?

StS Seibert: Nein, das ist vollkommen richtig, wie Frau Kothé das sagt: Zu solchen Spekulationen nehmen wir natürlich nie Stellung, und von Vertrauensentzug kann ohnehin nicht die Rede sein.

Frage: Ich möchte zu einem Acht-Punkte-Papier des Wirtschaftsministers in Sachen Finanzregulierung nachfragen. Vielleicht kann mir erst einmal das Wirtschaftsministerium die Beweggründe dafür nennen, dass ein solches Papier, das eigentlich eine ganze Reihe von Themen umfasst, die schon seit geraumer Zeit im Gespräch sind, gerade jetzt vorgelegt wird?

Zum Zweiten würde mich interessieren, ob es Gespräche zwischen dem Wirtschafts- und dem Finanzministerium zu diesem Thema, dem sich ja auch Herr Schäuble schon lange widmet, gibt, um da gemeinsam irgendwelche Erfolge zu erzielen. Ist der Finanzminister von Herrn Rösler in irgendeiner Weise über diese eigene Initiative, die heute ja in ein Gespräch mit Fachleuten mündete, informiert worden?

Schneid: Es ist richtig, dass sich der Minister mit eigenen Vorschlägen in den Diskussionsprozess um die Finanzmarktregulierungen eingebracht hat. Er tut das vor dem Hintergrund, dass ein stabiles Finanzsystem für die künftige Entwicklung von Wachstum und Wohlstand unerlässlich ist - sowohl für Deutschland als auch europaweit und auch weltweit - und dass ein klarer Ordnungsrahmen im besonderen Interesse der deutschen Wirtschaft und auch des Mittelstandes liegt.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal herausstellen - das wird vielleicht auch Frau Kothé unterstützen -, dass BMWi und BMF bei diesem Thema an einem Strang ziehen und auch in sehr engem Austausch sind. Das Finanzministerium kennt das Papier, das der Minister vorgelegt hat. Darüber laufen seit geraumer Zeit auch intensive Gespräche, und man ist in engem Austausch miteinander.

Kothé: Ich kann das bestätigen. Wir kennen das Papier, und auch auf Arbeitsebene arbeiten die Kollegen da eng zusammen. Die Themen sind aus unserer Sicht auch keine neuen, und die Positionen sind ja auch Positionen der Bundesregierung, wie wir sie auch international vertreten beziehungsweise wie das Finanzministerium das als das zuständige Ressort tut. Wir ziehen da, wie die Kollegin gesagt hat, einvernehmlich an einem Strang.

Frage: Ist es nach Auffassung der Bundesregierung notwendig, einen neuen Vorsitzenden der Eurogruppe als Nachfolger von Herrn Juncker zu bestellen? Bedarf es dieses Amtes, bedarf es eines Nachfolgers für Herrn Juncker? Er hat ja angekündigt, dass er sein Amt zur Verfügung stellen möchte.

StS Seibert: Die Gespräche darüber werden auf europäischer Ebene geführt. Und wenn sie geführt werden, haben sie ein Ziel.


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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 7. März 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/03/2012-03-07-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2012