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PRESSEKONFERENZ/402: Regierungspressekonferenz vom 13. April 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 13. April 2012
Regierungspressekonferenz vom 13. April 2012

Themen waren unter anderem: Stellungnahme der Bundesregierung zum Raketenstart in Nordkorea, Termine der Bundeskanzlerin (Jugendintegrationsgipfel, Kabinettssitzung, Preisverleihung des Wettbewerbs "startsocial", Treffen mit dem nigerianischen Präsidenten, Eröffnung HANNOVER MESSE 2012/Zusammentreffen mit dem chinesischen Ministerpräsidenten).
Weitere Themen waren: "Energy Roadmap 2050", Betreuungsgeld, Gespräche der E3+3-Staaten mit dem Iran über dessen Atomprogramm, deutsch-schweizerisches Steuerabkommen, Überschuss der Sozialkassen, Praxisgebühr, Aktionen von Salafisten in Deutschland, Bürgerdialog im Internet, BayernLB.

Sprecher: SRS Streiter, Rouenhoff (BMWi), Maaß (BMU), Steegmans (BMFSFJ), Schäfer (AA), Kothé (BMF), Beyer (BMI)



Vorsitzender Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRS Streiter: Ich habe Ihnen eine Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Raketenstart in Nordkorea mitgebracht:

Trotz internationaler Warnungen hat Nordkorea eine Langstreckenrakete gestartet. Dies ist völlig unabhängig vom Verlauf des Starts eine deutliche Provokation. Nordkorea hat damit gegen Vorgaben des Sicherheitsrates verstoßen. Dieser wird sich heute mit diesem Raketenstart befassen.

Eines ist klar: Nordkorea hat sich mit diesem Schritt weiter isoliert. Wir rufen das Land dazu auf, keine weiteren ballistischen Raketen zu starten, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen und sein Atomwaffenprogramm aufzugeben.

Dann der Überblick über die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche:

Am Montag, dem 16. April 2012, nimmt die Bundeskanzlerin von 15 bis 16 Uhr am Jugendintegrationsgipfel im Bundeskanzleramt teil. Die Bundeskanzlerin begrüßt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Beginn und nimmt dann gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten, Staatsministerin Maria Böhmer, an einer Gesprächsrunde zum Auftakt der Veranstaltung teil.

Es ist das dritte Mal seit 2007, dass die Integrationsbeauftragte Jugendliche aus ganz Deutschland zu einem solchen Jugendintegrationsgipfel eingeladen hat. Rund 100 Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende zwischen 16 und 25 Jahren werden an dem Gipfel am 16. und 17. April 2012 teilnehmen, miteinander diskutieren und gemeinsam Maßnahmen für die Zukunft erarbeiten. Dafür gibt es vier Workshops, nämlich "Bildung und Integration", "Medien und Integration", "Bürgerschaftliches Engagement und Integration" sowie "Konflikte zwischen den Generationen". Bei der Veranstaltung geht es insbesondere auch um die Frage, was gerade Jugendliche für eine bessere Integration von Menschen mit Migrationshintergrund leisten können.

Am Mittwoch, dem 18. April, findet wie gewohnt um 9.30 Uhr die Sitzung des Bundeskabinetts unter Leitung der Bundeskanzlerin statt.

Am Mittwochnachmittag nimmt die Bundeskanzlerin von 14 bis 15 Uhr im Bundeskanzleramt an der Preisverleihung des Wettbewerbs "startsocial" teil. Die Bundeskanzlerin ist Schirmherrin dieses Wettbewerbs, bei dem es darum geht, bürgerschaftliches Engagement und unternehmerischen Sachverstand zusammenzuführen. Sieben Preisträger werden für die hervorragende Umsetzung sozialer Projekte besonders geehrt, einer davon mit einem Sonderpreis der Bundeskanzlerin.

Am Donnerstag, dem 19. April, empfängt die Bundeskanzlerin um 11.45 Uhr den nigerianischen Präsidenten, Goodluck Jonathan, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. Während eines gemeinsamen Mittagessens stehen Themen wie die bilateralen Beziehungen und die deutsch-nigerianische Energiepartnerschaft im Mittelpunkt. Anschließend ist eine gemeinsame Pressebegegnung geplant.

Am Sonntag, dem 22. April, eröffnet die Bundeskanzlerin zusammen mit dem Ministerpräsidenten der Volksrepublik China, Wen Jiabao, die HANNOVER MESSE 2012. China ist dieses Jahr das Partnerland der HANNOVER MESSE. Die Bundeskanzlerin hält am Sonntag gegen 19 Uhr die Eröffnungsrede. Anschließend, gegen 19.45 Uhr, werden die Bundeskanzlerin und der chinesische Ministerpräsident während eines gemeinsamen Abendessens die Gelegenheit nutzen, ein politisches Gespräch zu führen.

Am darauffolgenden Montag, dem 23. April damit gehen wir schon in die übernächste Woche , sind die Bundeskanzlerin und der chinesische Ministerpräsidenten noch auf der HANNOVER MESSE zu Gast. Dazu stehen die Details noch nicht fest. Wir werden Sie darüber so bald wie möglich informieren.

Frage: Eine Frage an das Umwelt- und Wirtschaftsministerium: Es gibt eine Initiative mehrerer EU-Staaten unter anderem von Frankreich, Großbritannien und Tschechien , die Atomkraft als umweltverträgliche Energieform förderungswürdig zu machen. Das ist eine Initiative, die Ende nächster Woche in Brüssel von den zuständigen Ministern besprochen werden soll. Gibt es inzwischen eine Haltung der Bundesregierung oder der zuständigen Häuser, wie man sich als Bundesregierung beziehungsweise wie sich Deutschland dazu verhalten möchte?

Rouenhoff: Ich kann Ihnen nur einige Sätze zur Einordnung sagen. Die heute in der "Süddeutschen Zeitung", auf die Sie anspielen, offenbar im Zusammenhang mit dem Energiefahrplan 2050 erwähnten Briefe seitens Großbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien liegen uns nicht vor. Deshalb kann ich an dieser Stelle auch die Briefe und die Inhalte nicht bewerten. Bekanntermaßen haben die genannten Länder eine andere Haltung zur Kernenergie als Deutschland. Entsprechend können wir das, wie gesagt, nicht bewerten.

Zusatzfrage: Ist es denn für die Bundesregierung die Frage richtet sich auch an Herrn Streiter grundsätzlich vorstellbar, dass eine Energieform für förderungswürdig erklärt wird, aus der Deutschland explizit aussteigt?

SRS Streiter: Ich möchte dazu keine Stellung nehmen.

Maaß: Ich kann das, was der Kollege gesagt hat, aus unserer Sicht nur minimal ergänzen. Die Meinungsbildung zu den gesamten Vorschlägen dieser sogenannten "Energy Roadmap" kann noch nicht abgeschlossen sein, weil uns eben viele dieser Vorschläge die Briefe hat der Kollege erwähnt, Kommissar Oettinger hat in der "Süddeutschen Zeitung" angekündigt, dass von ihm auch noch Vorschläge kommen werden noch gar nicht vorliegen. Insofern kann die Meinungsbildung auch noch gar nicht abgeschlossen sein.

Vielleicht allgemein zur Einordnung eine Ergänzung: Aus unserer Sicht ist die Struktur des Energie- und Klimapakets der EU aus dem Jahr 2008 weiterhin der richtige Maßstab für die Weiterentwicklung der EU-Energiepolitik. Dieser Dreiklang der 2020-Ziele aus Klimapolitik, Erneuerbare-Energien-Politik und Effizienzpolitik ist geradezu ein Markenzeichen dieser Bundesregierung und des Energiekonzepts geworden. Nun gilt es natürlich, diesen erfolgreichen Ansatz auch fortzuführen. Aber mehr als diese ganz allgemeine Einordnung kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt beim besten Willen noch nicht geben.

Frage: Direkt dazu: Irgendwann müssen Sie ja einmal Farbe bekennen, was die Bundesregierung in Brüssel zu diesem Thema sagen will, wenn die Länder die Atomkraft für förderungswürdig erachten und diesen Antrag sozusagen in die EU einbringen. Wie lange wird die Bundesregierung brauchen, um sich dazu eine Meinung zu bilden? Bis wann soll das denn abgeschlossen sein? Irgendwann müssen Sie Farbe bekennen.

Maaß: Aber Sie haben sicher Verständnis dafür, dass wir dafür erst einmal die konkreten Vorschläge haben müssen.

Zusatz: Klar!

Maaß: Wir haben sie momentan nicht. Wir kennen sie aus der "Süddeutschen Zeitung".

Frage: Sie haben das Jahr 2008 und den Abschluss angesprochen. Damals hat man sich, wenn ich mich richtig erinnere, ausdrücklich darauf verständigt, dass man Atomkraft auch im Zusammenhang mit dem Klimaschutzpaket nicht als erneuerbare Energie ansieht. Können Sie dazu etwas sagen?

Zweitens eine Frage zum Formalen: Im Juni soll dieser Fahrplan 2050 ein Thema beim Gipfel sein. Ist ein einstimmiger Beschluss erforderlich? Wie sieht das nach den EU-Regularien aus?

Maaß: Um mit der zweiten Frage anzufangen falls jemand es besser weiß, möge er mich gerne korrigieren oder ergänzen : Soweit ich weiß, ist kein Gesetzesbeschluss vorgesehen, sodass nicht zwingend eine Beschlussfassung oder eine einstimmige Abstimmung notwendig ist. Sie hatten noch eine andere Frage.

Zusatzfrage: Sie sprachen das Jahr 2008 und die Beschlüsse der EU an. Meines Wissens ging es darum, wie man die Atomenergie einordnet. Es gab Bestrebungen auch mit Blick auf den Klimaschutz , das sozusagen als erneuerbare Energie anzusehen. Soweit ich weiß, hat man sich damals entschieden, zu sagen: Nein. Atomkraft ist keine erneuerbare Energie.

Maaß: Soweit ich gehört habe, geht es nicht darum, jetzt zu entdecken, dass die Atomkraft eine erneuerbare Energie sei, sondern die Brücke ist wohl das Stichwort "CO2-Neutralität" oder ein ähnlicher Begriff. Aber ich kann mich, wie gesagt, nur zum dritten Mal dem anschließen, was der Kollege gesagt hat: Wir haben die Vorschläge noch nicht.

Frage: Herr Steegmans, können Sie uns auf den aktuellen Stand bringen, wie das weitere Vorgehen der Bundesregierung in der Frage Betreuungsgeld ist? Wann stehen da Termine an? Wann wird es Beschlussfassungen geben?

Steegmans: Das kann ich, weil der aktuelle Stand auch der bereits bekannte Stand ist. Ich kann das aber gerne noch einmal wiederholen:

Der Koalitionsausschuss hat im November beschlossen, dass ab dem Jahr 2013‍ ‍ein Betreuungsgeld eingeführt werden soll. Das Familienministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf. Dieser Gesetzentwurf wird bis zur Sommerpause vorliegen. Wir sind mit unseren internen Vorarbeiten gut im Zeitplan. Wir haben seit Jahresanfang gesagt, dass wir mit unseren internen Vorarbeiten rund um Ostern soweit fertig sein wollen, um anschließend mit den anderen Partnern in Gesprächen die abschließenden Arbeiten vornehmen zu können. Genauso ist es gekommen.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Herr Schäfer, morgen finden die E3+3-Verhandlungen mit einem Vertreter des Iran in Istanbul statt. Mit welchen Erwartungen geht die Bundesregierung morgen in die Gespräche?

Schäfer: Das morgige Treffen der E3+3 mit dem Vertreter des Iran ist das erste Treffen seit einiger Zeit. Beim letzten Mal ist es leider nicht gelungen, das herzustellen, um das es jetzt geht, nämlich eine konstruktive Gesprächsatmosphäre, in der wirklich ernsthafte Gespräche über das geführt werden können, um das es geht, nämlich um das iranische Atomprogramm und um die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Iran im Hinblick auf die Transparenz und dessen nicht-militärische Ausrichtung.

Wir hoffen sehr und erwarten von der iranischen Seite, dass sie genau wie ihre Gesprächspartner aufseiten der E3+3 diese Gespräche konstruktiv und ernsthaft angeht. Das ist auch genau der Wortlaut der Erklärung der Außenminister der G8, die in ihrer Abschlusserklärung nach ihrem Treffen gestern in Washington den Iran aufgefordert haben, einen konstruktiven und ernsthaften Dialog zu führen.

Ich möchte nur noch einmal in Erinnerung rufen, dass die E3+3 im Namen der internationalen Gemeinschaft, nämlich im Auftrage des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, diese Gespräche mit dem Iran führen. Die Fragen um das iranische Atomprogramm beschäftigen die internationale Gemeinschaft seit vielen Jahren, seit nahezu einem Jahrzehnt. Wir hoffen doch sehr, dass jetzt ein Prozess des Dialogs in Gang gesetzt werden kann, der es möglich macht, eine politische, eine diplomatische Lösung in dieser sehr ernsten Frage mit großer Bedeutung für die Region und darüber hinaus zu finden.

Zusatzfrage: Erwarten Sie nach diesen Gesprächen schon konkrete Ergebnisse oder erste vertrauensbildende Maßnahmen?

Schäfer: Die Erwartungen der Bundesregierung entsprechen denen ihrer Partner in der E3+3. Wir haben nicht die Erwartung, dass es bereits morgen zu konkreten Verhandlungsergebnissen kommt. Es geht morgen darum, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen, es geht darum, Themen zu identifizieren, bei denen es sich lohnen könnte, das Gespräch fortzusetzen, und es wird auch darum gehen, zu schauen, wann dieser Dialogprozess, der ja morgen in Istanbul beginnt, fortgesetzt werden kann.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium zum deutsch-schweizerischen Steuerabkommen: Frau Widmer-Schlumpf, die zuständige Schweizer Ministerin, hat ja deutlich gemacht, dass Daten über Kontoinhaber künftig nicht mehr aktiv von deutschen Behörden erworben werden sollen. Sie sagt, das heiße für sie auch, dass auch nicht mehr für solche Daten bezahlt wird. Ist es auch die Haltung der Bundesregierung, dass es keinen Ankauf mehr geben wird, dass es also von deutschen Behörden kein Geld mehr gegen Daten geben wird?

Kothé: Das ist ja eine Regelung, die in dem Abkommen enthalten ist; denn ein Datenankauf würde durch das Abkommen und dadurch, dass wir dann Rechtssicherheit haben, einfach überflüssig. Das ist auch ein Grund, warum wir uns so für dieses Abkommen einsetzen.

Zusatzfrage: Es wird also keine Zahlungen mehr geben? "Aktiv erworben" ist ja ein etwas schwammiger Begriff. Zahlungen für Daten-CDs gibt es dann also nicht mehr?

Kothé: Ja, denn das ist einfach überflüssig, wenn das Abkommen so kommt.

Frage: Wäre der Ankauf von Daten dann auch rückwirkend für die vergangenen Jahre überflüssig? Das Abkommen soll ja erst ab 2013 gelten, aber die Hinterzieher haben auch strafrechtlich relevant zehn Jahre in der Vergangenheit hinterzogen.

Kothé: Dazu kann ich Ihnen im Augenblick keine Auskunft geben, das müsste ich nachreichen.

SRS Streiter: Ich möchte zum Steuerabkommen gern noch etwas ergänzen: Aus Sicht der Bundeskanzlerin ist es völlig unverständlich, dass einige Bundesländer dem Abkommen nicht zustimmen wollen und damit zulasten ihrer Bürgerinnen und Bürger auf Einnahmen in Milliardenhöhe verzichten. Sie verhindern damit nicht nur eine Entspannung in ihren Haushalten, sondern auch eine gute Lösung für die Zukunft.

Ich kann Ihnen das gern einmal anschaulich machen: Das Land Nordrhein-Westfalen würde zum Beispiel auf knapp 1,8 Milliarden Euro verzichten, das Land Baden-Württemberg auf knapp 1,3 Milliarden Euro, und auch die Länder Hamburg, Berlin und Rheinland-Pfalz verzichten auf 250 bis 350 Millionen Euro. Das ist ja kein Pappenstiel.

Zusatzfrage: Und was sagt die Bundeskanzlerin dazu, dass es in Bezug auf Daten, die die Finanzverwaltung über die vergangenen zehn Jahre bekommen hat, noch keine Klärung gibt?

SRS Streiter: Dazu sagt die Bundeskanzlerin nichts. Was die Bundeskanzlerin zu sagen hatte, habe ich hier gerade gesagt.

Frage: Mich interessieren wieder einmal die gut gefüllten Sozialkassen: Kommt jetzt ein bisschen Bewegung in die Diskussion darüber, ob ein Teil davon an die Beitragszahler zurückgeht, zum Beispiel in der Form, dass die Praxisgebühr endlich abgeschafft wird, wie es der Gesundheitsminister zum wiederholten Male gefordert hat?

SRS Streiter: Ganz allgemein kann ich Ihnen dazu sagen, dass es der Bundeskanzlerin im Moment darauf ankommt, dass sozusagen das Geld der Beitragszahler beisammen gehalten wird und Belastungen der Versicherten durch Zusatzbeiträge in der Zukunft möglichst verhindert werden. Für sie besteht derzeit nicht eine Absicht, die Praxisgebühr abzuschaffen. Im Moment sprechen wir da über Erwägungen und Diskussionen, aber im Moment ist das für sie kein Thema.

Was die Sozialbeiträge betrifft, wird hier ja ein eigentlich positiver Effekt negativ dargestellt. Die Einnahmen steigen ja deshalb, weil es einfach mehr Beschäftigte gibt und die Löhne gestiegen sind. Für die Bundeskanzlerin ist es ganz wichtig, dass die Sozialversicherungsbeiträge aktuell bei deutlich unter 40 Prozent, nämlich bei 39,15 Prozent, liegen. Das waren ja schon einmal um die 41 Prozent. Im kommenden Jahr werden die Beiträge vermutlich noch weiter sinken; da steht ja auch eine weitere Senkung des Rentenversicherungsbeitrags ins Haus. Die Bundesagentur brauchte zum Beispiel in diesem Jahr auch kein Darlehen mehr.

Insgesamt ist das also eine sehr positive Entwicklung. Wir legen eigentlich auch großen Wert darauf, das so darzustellen.

Die Entwicklung wäre noch positiver, wenn es nicht die kalte Progression gäbe. Diese will die Bundesregierung abbauen. Die SPD-regierten Länder blockieren das. Wer den von der Bundesregierung angestrebten Abbau der kalten Progression blockiert, der versündigt sich irgendwie auch an den Steuerzahlern.

Kothé: In den Zahlen, die gestern so viel Aufmerksamkeit erfahren haben, spiegelt sich - darauf wollte ich gern hinweisen - zu einem großen Maß dieser Progressionseffekt wieder. Von daher sind wir auch ganz froh, dass diese Fehlentwicklung, die wir oder unser Minister ja gern durch diesen Gesetzentwurf korrigieren würde, jetzt noch einmal so sichtbar wird. Das wollte ich noch ergänzen.

Frage Wie beurteilt die Bundesregierung die Aktion von Salafisten in deutschen Fußgängerzonen, Koran-Exemplare zu verteilen und insbesondere auch die zum Teil aggressiven Reaktionen auf deutsche Journalisten, die darüber berichten wollen?

Beyer: Das Bundesinnenministerium nimmt die aktuellen salafistischen Bestrebungen sehr ernst. Als Beispiel verweise ich darauf, dass bereits im Dezember 2010 das Bundesinnenministerium ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren auch mit dem Ziel des Vereinsverbots eingeleitet hat. Damals ging es gegen den Verein "Einladung zum Paradies", abgekürzt EZP, der dem salafistischen Spektrum zugerechnet wurde. Es gab damals auch bundesweite Durchsuchungsmaßnahmen gegen den Verein und maßgebliche Mitglieder dieses Vereins. Das hat am Ende zur Selbstauflösung des Vereins EZP geführt.

Darüber hinaus ist generell zu sagen, dass der Verfassungsschutzverbund, also das Bundesamt für Verfassungsschutz, und auch die Landesämter für Verfassungsschutz die salafistische Szene schon seit geraumer Zeit im Visier haben. Seit November 2010 ist der Salafismus konkret ein Beobachungsobjekt des Verfassungsschutzes. Es wird entsprechend mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet.

Zu Ihrer zweiten Frage kann ich noch ergänzen - dazu hat sich gestern auch unser Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche geäußert: Es ist für uns absolut nicht hinnehmbar, dass in Deutschland Journalisten bedroht werden und damit die Pressefreiheit tangiert wird. In den hier aktuell bekannt gewordenen Fällen werden von den zuständigen Ermittlungsbehörden bereits strafrechtliche Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Frage: Haben Sie Erkenntnisse, dass wirklich 25 Millionen Exemplare des Koran - das ist die Zahl, die genannt wurde - verteilt werden sollen? Und was sollen Menschen damit machen, wenn sie ihn vielleicht wieder los werden wollen?

Beyer: Die Zahlen, die da kursieren, können wir nicht bestätigen. (Wir können nicht sagen), in welcher Größenordnung die Betreiber dieser Aktion Koranexemplare verteilen.

Grundsätzlich ist - bei aller kritischen Würdigung und auch des Tätigwerdens unserer Verfassungsschutzbehörden - zu sagen: Das muss man natürlich von dem Aspekt des bloßen Verteilens von Koranexemplaren abgrenzen. Sofern es darum geht, Exemplare des Korans zu erwerben oder gar zu verteilen, ist das von der Religionsfreiheit gedeckt. Aber darum dreht sich ja auch nicht, wie Sie ja wissen, die öffentliche Debatte in den letzten Tagen.

Frage: Die Aktion "Bürgerdialog im Internet" endet am Sonntag, Herr Streiter. Können Sie eine Zahl sagen, wie viele Beiträge bislang eingegangen sind, und vielleicht anschließend eine kurze Bewertung abgeben? War die Bürgerplattform, die jetzt erst einmal zu Ende geht, ein Erfolg?

SRS Streiter: Wir sehen das schon als Erfolg. Es hat über einen langen Zeitraum eine rege Beteiligung stattgefunden. Diese Internetplattform www.dialog-ueber-deutschland.de bleibt auch online. Da wird also weiterhin im Rahmen eines Blogs über aktuelle Ereignisse aus dem Bürgerdialog informiert. Auch die Kommentarfunktion bleibt aktiviert.

Wir hatten in den drei Monaten circa 1,5 Millionen Besuche. Das sind etwa 20.000 am Tag. Das ist für ein politisches Thema schon sehr viel. Es gab circa 11.000 Vorschläge und 70.000 Kommentare zu diesen Vorschlägen. Damit ist jetzt die Vorschlagsphase zu Ende gegangen. Im Rahmen des Bürgerdialogs wird am 15. Mai noch eine Jugendkonferenz stattfinden, und am 28. August werden die Experten der Bundeskanzlerin einen Abschlussbericht mit konkreten Vorschlägen überreichen. Also wir sehen das als großen Erfolg.

Politik im Internet ist nicht so einfach. Es ist ja auch nicht so ein Renner wie Videos von abstürzenden Flugzeugen oder so.

Frage: Noch eine Frage an das Finanzministerium zum Thema BayernLB und deren Auflösung. Hat es Gespräche zwischen Herrn Almunia und Minister Schäuble gegeben, und hat es da vielleicht auch schon eine Verständigung gegeben?

Kothé: Es gab ein Telefonat unseres Ministers mit Herrn Almunia. Aber zu den Einzelheiten kann ich Ihnen nichts mitteilen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 13. April 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/04/2012-04-13-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2012