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PRESSEKONFERENZ/437: Regierungspressekonferenz vom 18. Juni 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift Pressekonferenz - Montag, 18. Juni 2012
Regierungspressekonferenz vom 18. Juni 2012

Themen: Fachkonferenz zwischen dem US-amerikanischen und dem deutschen Justizministerium, Parlamentswahl in Griechenland, Reform der Solarförderung, Export von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien, Bürgerentscheid zum Flughafenausbau in München, Betreuungsgeld, Razzia bei Salafisten, in israelischer Gefangenschaft befindlicher palästinensischer Fußballnationalspieler, möglicher Wechsel von Klaus Regling von der EFSF zum ESM

Sprecher: SRS Streiter, Mertzlufft (BMJ), Kothé (BMF), Peschke (AA), Strube (BMU), Kraus (BMWi), Rudolph (BMFBS), Steegmans (BMFSFJ), Teschke (BMI)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRS Streiter sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Mertzlufft: Ich möchte etwas ankündigen: Am Freitag findet erstmalig zwischen dem US-amerikanischen und dem deutschen Justizministerium auf Arbeitsebene eine Fachkonferenz statt. Diese Idee ist geboren worden, als Frau Leutheusser-Schnarrenberger letztes Jahr in Washington zu Gast war. Das soll ein regelmäßiger Austausch auf Arbeitsebene sein.

Zur Eröffnung dieser Gespräche auf Arbeitsebene werden wir Sie einladen, presseöffentlich die beiden Reden der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und des US-amerikanischen Justizministers zu verfolgen. Derzeit ist eine Pressebegegnung danach nicht geplant; das hängt mit den zeitlichen und organisatorischen Voraussetzungen zusammen. Herr Holder ist auch nicht die ganze Zeit anwesend. Wir werden Sie aber rechtzeitig vorher einladen, sodass Sie morgens, ungefähr um 09.15 Uhr, über die beiden Reden berichten könnten, wenn Interesse besteht.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Streiter und an Frau Kothé: Wie geht es jetzt nach der Griechenland-Wahl mit der Integration in der Eurozone weiter? Hat der Ausgang der Wahl, der nicht so schlimm war, wie manch einer befürchtet hatte, dazu geführt, dass man jetzt vielleicht etwas langsamer zur Fiskalunion schreiten will oder dieses Vorhaben jetzt gar nicht mehr für nötig hält?

SRS Streiter: Das klare Wahlergebnis in Griechenland ist zunächst einmal eine gute Nachricht für Griechenland, für die Eurozone, für den Euro und für Europa. Dass die griechischen Wähler die konservative Nea Dimokratia zur stärksten Kraft gemacht haben, ist ein klares Votum dafür, dass Griechenland auf dem Weg tief greifender wirtschafts- und finanzpolitischer Reformen weiter voranschreiten soll.

Die Bundeskanzlerin hat noch gestern Abend mit Antonis Samaras telefoniert und ihm zu seinem guten Wahlergebnis gratuliert. Sie hat dabei auch darauf hingewiesen, dass sie davon ausgeht, dass sich Griechenland an seine europäischen Verpflichtungen hält. Sie hofft sehr, dass Griechenland so schnell wie möglich eine stabile und handlungsfähige Regierung hat.

Entscheidend ist nun, dass sich die Troika davon überzeugen kann, dass Griechenland seine Verpflichtungen einhält und die vereinbarten Reformen ohne Abstriche weiter durchführt. Jetzt ist auch nicht die Zeit für irgendwelche Rabatte. Wir sind jetzt materiell wieder da, wo wir vor den Wahlen in Griechenland gestanden haben. Griechenland ist Verpflichtungen eingegangen, die einzuhalten sind. Die Troika wird den Stand der Dinge und eventuelle Fortschritte beurteilen.

Zusatz: Die Frage zur Fiskalunion ist noch nicht beantwortet worden.

Kothé: Ich kann mich dem, was Herr Streiter gerade gesagt hat, nur anschließen. Unser Minister hat sich noch gestern erklärt. Auch wir hoffen, dass der Reformprozess durch eine schnelle und stabile Regierungsbildung in Griechenland wie geplant weitergeführt wird. Es gibt keinen Anlass um auf den zweiten Teil Ihrer Frage einzugehen , an den in der Diskussion befindlichen Reformprozessen, Weiterentwicklungen irgendwelche Veränderungen vorzunehmen.

Frage: Von der griechischen Regierung gibt es Stellungnahmen, wonach die deutsche Regierung bereit ist, zumindest über den Zeitrahmen des Anpassungsprogramms zu reden. Was bedeutet das? Andererseits erfahren wir jetzt, dass die Troika etwas sagen wird. Was gilt? Werden wir über den Zeitrahmen reden, oder warten wir?

SRS Streiter: Es gilt das, was vereinbart ist. Es hängt an der Troika. Die Reihenfolge ist: Erstens braucht Griechenland jetzt eine stabile und handlungsfähige Regierung; das sieht nicht schlecht aus. Zweitens wird sich die Troika, wenn die Regierung installiert ist, auf den Weg nach Athen machen und den Stand der Dinge überprüfen.

Zusatzfrage: Samaras hat vor den Wahlen versprochen, dass er Nachverhandlungen fordern werde. Solche Forderungen wird er als neuer Regierungschef in Brüssel stellen. Ist man in Europa bereit, ein solches Signal der Kooperation in dieser Hinsicht zu geben?

SRS Streiter: Ein Signal ist, dass die Bundeskanzlerin schon mehrfach darauf hingewiesen hat, dass es für sie selbstverständlich ist, dass auch Griechenland, wo es möglich ist, Nutznießer der europäischen Wachstums-Agenda sein soll, über die Ende nächster Woche beraten wird. Darüber wird dann dort gesprochen. Natürlich wird jetzt pausenlos gesprochen. Auch am Rande des G20-Gipfels in Mexiko wird das Ergebnis analysiert und besprochen. Die Bundeskanzlerin wird sich, so glaube ich, heute um 17 Uhr Mitteleuropäischer Zeit äußern. Aber klar ist: Es gilt, was vereinbart ist. Es gibt ja keine gesprächslose Atmosphäre.

Frage: Ich möchte noch ein bisschen mehr wissen. Wenn die Troika sagen würde "Okay, wir geben ein bisschen mehr Zeit", wenn es also bei der Implementierung der Sparprogramme mehr Flexibilität gäbe, hätte Berlin etwas dagegen?

SRS Streiter: Das ist wieder eine dieser berühmten Was-wäre-wenn-Fragen. Wir können uns aber nur an Tatsachen und Ereignissen orientieren. Tatsache ist, dass Griechenland gewählt hat. Tatsache ist, dass das Wahlergebnis nicht so ist, wie es zunächst befürchtet worden war. Da gilt übrigens immer die alte Regel, dass angekündigte Katastrophen nie eintreten. Griechenland wird jetzt eine Regierung bilden. Dann wird sich die Troika auf den Weg nach Griechenland machen. Anschließend wird sie zurückkehren und einen Bericht erstatten. Das alles müssen wir jetzt einfach einmal abwarten.

Zusatzfrage: Aber wer hat das letzte Wort?

SRS Streiter: Die Troika.

Frage: Ich hätte eine Frage an das Finanzministerium. Frau Kothé, könnten Sie einmal sagen das ist eine Lernfrage , welche Tranchen in den nächsten Wochen und Monaten an die Griechen ausbezahlt werden sollen und wie lange das Geld reicht, das sie im Moment haben?

Kothé: Es gilt der Auszahlungsplan, der vereinbart ist. Der Stand ist, dass aus der ersten Tranche noch ein Restbetrag von 1 Milliarde Euro offen ist. Über die Auszahlung wird kurzfristig zu entscheiden sein. Vor der Auszahlung der zweiten Tranche sind die nächste Troika-Mission, deren Bericht und eine entsprechende Entscheidung der Euro-Finanzminister beziehungsweise Beteiligungsverfahren in Deutschland erforderlich.

Sie wollten noch die genauen Zahlen wissen. - Diese muss ich nachliefern; ich finde sie jetzt so schnell nicht.

Zusatzfrage: Der Betrag von 1 Milliarde Euro ist schon zugesagt. Die Auszahlung wurde aber gestoppt, nachdem die Regierungsbildung in Griechenland stockte. Ist das richtig? Was heißt "kurzfristig"? Brauchen die Griechen das Geld übermorgen? Wann brauchen sie das Geld spätestens?

Kothé: Sie müssen die griechische Regierung fragen, wann sie das Geld braucht. Das ist ein Restbetrag aus der schon freigegebenen Tranche, der jetzt verabredungsgemäß noch zur Auszahlung freizugeben ist. Da ist jetzt nichts blockiert oder wie auch immer; das ist das ganz normale Verfahren.

Frage: Auch ich habe noch eine Frage an Frau Kothé. Nur damit wir das richtig verstehen: Herr Westerwelle hat heute schon Pläne für angebliche Euro-Bills, den kleinen Brüdern der Eurobonds, abgelehnt. Ich nehme an, das ist auch die Haltung des Finanzministeriums?

Kothé: Genau. Sie haben es schon richtig gesagt: Das sind die kleinen Brüder. Unsere Haltung zu den Euro-Bonds ist hinlänglich bekannt. Von daher sehen wir keine Notwendigkeit und keine überzeugenden Argumente, dies zu tun. Das sind kurzlaufende Papiere, die es national gibt. Einen Mehrwert, dies zu europäisieren, sehen wir im Augenblick nicht beziehungsweise sehen wir nicht.

Zusatz: Nicht nur im Augenblick.

Kothé: Ja.

Zusatzfrage: Noch eine etwas triviale Frage im Anschluss alle Welt schaut ja jetzt auf den Freitag : Gibt es möglicherweise schon Reiseplanungen der Bundeskanzlerin, die ja vorher in Rom ist, für das EM-Fußballspiel Griechenland gegen Deutschland an diesem Freitag?

SRS Streiter: Wenn ich recht orientiert bin, sitzt die Bundeskanzlerin jetzt noch in einem Flugzeug. Ich weiß nicht, ob sie sich schon jetzt Gedanken darüber gemacht hat, wann sie das nächste Mal in ein Flugzeug steigt. Ich weiß es wirklich nicht.

Frage: Eigentlich wollte ich etwas zu den Milliarden fragen, aber ich bleibe jetzt beim Fußball. Herr Streiter, gibt es politische Hinderungsgründe, die die Kanzlerin davon abhalten könnten, nach Danzig zu fahren, anders als im Vergleich zur Ukraine? Oder gilt das, was manche als Boykott bezeichnet haben das war aber nie ein Boykott, sondern man wollte einfach nicht in die Ukraine fahren , auch für Spiele in polnischen Stadien?

SRS Streiter: Das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht. Die Bundeskanzlerin ist die ganze Woche unterwegs. Ich glaube, es ist etwas verfrüht, darüber zu spekulieren, ob sie noch die Absicht hat, dorthin zu fliegen.

Zusatzfrage: Ich wollte nicht spekulieren. Ich hatte gefragt, ob es politische Gründe gibt, nicht nach Danzig zu fahren, außer dass es vielleicht zeitlich nicht klappt oder dass man keine Lust hat. Aber gibt es politische Gründe?

SRS Streiter: Ich kann da keine erkennen.

Vorsitzender Hebestreit: Wollen Sie nach dieser Frage noch die unwichtige Milliarden-Frage stellen?

Zusatzfrage: Ja. Ich wollte grundsätzlich wissen ich weiß nicht, wer mir das beantworten kann; im Zweifelsfall Herr Streiter : Liegt der Bundesregierung ein elfseitiges 120-Milliarden-Papier seitens der französischen Regierung vor, um in der Euro-Gemeinschaft mit Blick auf Griechenland in nächster Zeit auch, aber nicht nur zu Wachstums- und Investitionsimpulsen zu kommen?

SRS Streiter: Dazu möchte ich jetzt nicht Stellung nehmen.

Zusatz: Aber ich frage danach.

SRS Streiter: Ich bitte einfach um Verständnis darum, dass wir jetzt während laufender Gespräche zu einzelnen Themen nicht Stellung nehmen können. Das alles läuft auf den Freitag nächster Woche hinaus. Die Bundesregierung hat sich seit Beginn der Krise dafür eingesetzt, dass neben den notwendigen Konsolidierungsbemühungen auch Impulse für Wachstum in Europa gesetzt werden. Alle Europäischen Räte haben sich bisher auch mit dieser Frage beschäftigt. Aus diesen Räten ist eine Reihe von Aufgaben und Aufträgen entstanden. Beim nächsten Treffen wird es um die nächsten Arbeitsschritte gehen.

Zusatzfrage: Die Frage war, ob der Bundesregierung ein solches Papier vorliegt. Was sagen Sie dazu?

SRS Streiter: Nichts.

Zusatz: Nichts. Ist das ein Dementi oder kein Dementi?

SRS Streiter: Ich sage dazu nichts.

Frage: Welche Vorschläge hat die Bundesregierung, um in absehbarer Zeit weitere Schritte in Richtung einer Fiskalunion zu gehen? Mich würde interessieren, welches Ziel da erreicht werden soll und über welche Zeiträume wir da reden.

SRS Streiter: Auch darüber möchte ich nicht spekulieren; denn im Moment sind wir damit beschäftigt, erst einmal den Fiskalpakt und den ESM zu installieren. Danach kann man über andere Dinge sprechen.

Zusatz: Es gibt aber den Auftrag an die vier EU-Spitzen, Vorschläge für den nächsten Gipfel zu entwickeln, der am 28. stattfindet. Insofern wird man, wenn man einen solchen Auftrag erteilt, gewiss auch Zielvorstellungen haben.

SRS Streiter: Der Auftrag richtet sich ja an andere. Die anderen entwickeln dann etwas und werden es vorlegen. Aber es wäre jetzt wirklich verfrüht, dazu schon Stellung zu nehmen, bevor es vorgelegt wurde.

Zusatzfrage: Gibt es denn andere Vorschläge jenseits der Euro-Bills?

SRS Streiter: Das ist mir nicht bekannt. Dieser Vorschlag kam ja nicht von der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Von wem kommt er?

SRS Streiter: Das steht in der Zeitung. Ich weiß jetzt nicht, wer konkret die Euro-Bills vorgeschlagen hat.

Zusatzfrage: Frau Kothé, könnten Sie das aufklären?

Kothé: Einen offiziellen Vorschlag gibt es nicht, er ist auch mir nicht bekannt. Gedulden Sie sich noch ein wenig. Wenn die Vorschläge dann auf dem Tisch liegen und diskutiert werden, können wir sie sicherlich bewerten. Aber im Augenblick gibt es noch keine offiziellen Vorschläge dazu.

Frage: Ich möchte noch einmal auf Griechenland zurückkommen. Bisher war die Strategie der Bundesregierung, dass man im Jahr 2020 eine Perspektive hat und dass Griechenland wieder ein tragfähiges Schuldenniveau hat. Das hat man mit 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts angesetzt. Gilt diese Zielgröße noch, oder ist man jetzt bereit, auch darüber zu reden, wenn man sich jetzt flexibel auf die neue Regierung und Herausforderung anpasst?

SRS Streiter: Über eine flexible Anpassung an die neue Regierung habe ich gar nicht gesprochen. Es gilt das, was vereinbart ist.

Zusatzfrage: Das Ziel ist also weiterhin, dass Griechenland im Jahr 2020 bei 120 Prozent Schuldenniveau ist? Das muss erreicht werden?

SRS Streiter: Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Frage: Ich habe noch eine Nachfrage zu den Tranchen: Frau Kothé, Sie haben gesagt, die zweite Tranche müsse durch die Troika sozusagen untersucht und freigegeben werden. Können Sie vielleicht das Datum nennen?

Kothé: Die nächste Tranche, die vorgesehen ist ich habe die Summe gefunden, und das wird jetzt gleich nachgeliefert , umfasst insgesamt 31,3 Milliarden Euro.

Zusatzfrage: Ist das die zweite oder die erste Tranche?

Kothé: Die zweite.

Zusatzfrage: Und auf welches Datum hin?

Kothé: Es gibt da kein fixes Datum, sondern es muss erst einmal dieses Prozedere durchlaufen werden. Es hat ja schon eine gewisse zeitliche Verzögerung oder eine Verschiebung gegeben. Jetzt muss sich in Griechenland erst einmal eine Regierung bilden. Dann kann die Troika nach Griechenland reisen, Gespräche führen, einen Bericht anfertigen, und dann kann darüber entschieden werden. Es gibt jetzt kein in Stein gemeißeltes Datum.

Zusatzfrage: Daran schließt sich die Frage an: Wann braucht die griechische Regierung wieder Geld?

Kothé: Das können wir von hier aus natürlich nicht beantworten. Es ist das Programm vereinbart worden, das von einem gewissen zeitlichen Ablauf und Finanzbedarf ausgeht. An diesem Rahmen wird das jetzt weiter umgesetzt.

Zusatzfrage: Welcher zeitliche Ablauf?

Kothé: Sie haben jetzt diese zwei Jahre. Es gibt die Tranchen, die festgelegt worden sind und die nacheinander, in Schritten bewilligt werden, aber ohne konkrete Datum- oder Kalenderangaben, sondern diese Aufteilung nach Tranchen ist ein gewisser zeitlicher Ablauf.

Zusatzfrage: Der eine Punkt ist, dass vor jeder Tranche noch einmal geschaut wird, ob die Auflagen erfüllt sind, damit es dann sozusagen wieder weitergeht. Aber über das gesamte Programm muss es doch einen Plan geben, sozusagen einen Zahlungsplan, weil es ja Verpflichtungen der griechischen Regierung gibt. Den muss es ja geben.

Kothé: Ja, den gibt es auch. Der läuft quartalsweise, aber es gibt keine festen kalendermäßigen Daten. Dem ist ein gewisser Finanzbedarf zugrunde gelegt, wie er sich zum Zeitpunkt des Abschlusses dargestellt hat.

Zusatzfrage: Wäre das dann der 1. September, wenn es quartalsweise ist?

Kothé: Nein, es gibt diesen 1. September nicht; es tut mir leid. Das ist quartalsweise, in Schritten. Es gibt ein gewisses Prozedere. Es gibt keine festen Kalenderdaten, sondern dieser Auszahlungsplan, der vereinbart ist, läuft quartalsweise.

Frage: Weniger zu Griechenland, sondern mehr zum Fiskalpakt, weil Herr Streiter ihn gerade erwähnt hat, habe ich die Frage: Am Wochenende war zu lesen, dass es offenbar bei den Bundesländern erhebliche Vorbehalte gebe, die dazu geeignet seien, den Fiskalpakt zu gefährden. Nehmen auch Sie das so wahr, beziehungsweise haben Sie konkretere Hinweise darauf, welche Begehrlichkeiten es da bei den Ländern gibt?

SRS Streiter: Nein. Diese Woche finden noch Gespräche statt. Es ist vereinbart, dass Fiskalpakt und ESM bis Ende nächster Woche, am 29. Juni, im Bundestag und Bundesrat beraten worden sind. Bis dahin wird hoffentlich eine Einigung erreicht. Dazu finden in dieser Woche noch Gespräche statt, denen ich aber jetzt inhaltlich nicht vorgreifen kann.

Frage: Im Zusammenhang mit dem Euro eine Frage an Herrn Streiter: Welche Befürchtungen verbindet die Kanzlerin mit dem gestiegenen Machtzuwachs von Herrn Hollande in Frankreich?

SRS Streiter: Sie verbindet überhaupt keine Befürchtungen mit Frankreich, sondern sie verbindet Hoffnungen mit Frankreich. Diese Hoffnungen basieren darauf, dass es in der gesamten Nachkriegsgeschichte eine sehr enge, vertrauensvolle und freundschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich gibt. Daran wird sich auch jetzt nichts ändern.

Zusatzfrage: Auch nicht durch die absolute Mehrheit im Parlament, wo Herr Hollande jetzt einen sehr klaren Rückhalt in Frankreich hat, um seine Forderungen, beispielsweise nach Euro-Bonds, durchziehen?

SRS Streiter: Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sind seit Jahrzehnten so stabil, dass es letztlich egal ist, wer in welchem Land regiert. Auf die Freundschaft und Zusammenarbeit hat das keinerlei Auswirkungen.

Ich kann noch helfen, was Fußball betrifft. Ich weiß es nicht definitiv, aber oft hilft es, sich am Terminkalender zu orientieren. Wie Sie wissen, ist die Bundeskanzlerin am Freitag bei Herrn Monti in Rom. Dieses Treffen ist so angesetzt, dass es gerade endet, wenn in Danzig das Spiel beginnt. Die Bundeskanzlerin müsste sich also schon hinbeamen.

Zuruf: Das kann sie doch, oder nicht?

SRS Streiter: Sie kann viel, aber ob sie das kann, weiß ich nicht.

Frage: Frau Kothé, ich muss noch einmal auf den Griechenland-Plan zurückkommen. Wenn ich es richtig sehe, hat Griechenland im Moment überhaupt keinen Zugang zu Kapitalmärkten. Aber es gibt doch einen Rahmen, was Griechenland an Finanzbedarf hat. Ich verstehe nicht, dass Sie sagen, das sei nicht festgelegt. In diesem Zusammenhang die Frage: Wird die 1 Milliarde Euro auf jeden Fall ausgezahlt, egal, was die da in Athen an Regierungsbildung veranstalten? Zum Zweiten: Wann muss nach diesem Plan die zweite Tranche genehmigt werden, damit Griechenland nicht zahlungsunfähig wird? Wissen Sie das?

Kothé: Ich kann mich nur wiederholen: Es gibt keinen Automatismus, keinen Zeitplan, der automatisch Zahlungen auslöst, sondern es gibt das ist festgelegt eine Summe pro Quartal. Dann gibt es diese Tranchenzahlungen, die einmal bewilligt sind. Die Auszahlung erfolgt auch wieder in einzelnen Zahlungen. Das ist die Technik.

Die erste Entscheidung ist immer die politische Entscheidung nach dem Troika-Bericht, dass weitere Tranchen bewilligt werden. Eine Schritt-um-Schritt-Programmumsetzung geht mit der Auszahlung der Hilfsgelder einher. Es gibt keinen Automatismus. Das ist eben einfach so.

In dem Programm sind bestimmte Beträge vorgesehen. Die nächste Tranche, die jetzt ansteht, hat eine Höhe von insgesamt 31,3 Milliarden Euro. Damit sie zur Auszahlung kommt, sind die Troika-Mission und eine entsprechende Beschlussfassung erforderlich.

Frage: Die Milliarde wird auf jeden Fall gezahlt, egal was in Athen passiert?

Kothé: Auf jeden Fall. Die Auszahlung erfolgt nach den Regularien. Sie ist bewilligt, und sie wird zur Auszahlung kommen.

Frage: Herr Streiter, beneidet die Bundeskanzlerin Frankreichs Staatspräsidenten dafür, dass er jetzt durchregieren kann? Das hat sich auch die Kanzlerin einmal kurzzeitig erträumt und beschrieben; aber das hat sich dann geändert. Gibt es also ein gewisses deutsch-französisches Gefälle dadurch, dass Herr Hollande jetzt durchregieren kann, was Frau Merkel bekanntermaßen nicht kann?

SRS Streiter: Ohne mit ihr darüber gesprochen zu haben, kann ich nur sagen, dass Neid eine Eigenschaft ist, die Sie nicht mit der Bundeskanzlerin in Verbindung bringen sollten.

Zusatzfrage: Der SPD-Vorsitzende hat am Wochenende gesagt, es gebe 380 Milliarden griechische Gelder, die infolge von Steuerhinterziehung im EU-Ausland seien, und diese Gelder müssten so die Forderung der SPD zumindest eingefroren werden. Meine Fragen: Erstens. Verfügt die Bundesregierung über halbwegs seriöse Hinweise darauf, dass es diese 380 griechischen Steuerhinterziehungsmilliarden tatsächlich gibt? Zweitens. Gibt es eine Möglichkeit, diese Gelder, so es sie denn gibt, einzufrieren?

Kothé: Mir sind diese Zahlen nicht bekannt. Von daher kann ich das jetzt nicht kommentieren und will auch nicht darüber spekulieren. Dass es in Griechenland im Bereich der Steuerverwaltung Defizite gab beziehungsweise gibt, ist bekannt. Aber solche Zahlen kenne ich nicht.

Zusatzfrage: Wenn es solche Gelder gäbe, gäbe es dann die Möglichkeit, solche Gelder durch Maßnahmen der EU oder der Eurogruppe einzufrieren, um den Begriff von Herrn Gabriel aufzunehmen?

Kothé: Das ist rein spekulativ. Da ich nicht weiß, auf welche Zahlen sich Herr Gabriel bezieht, kann ich Ihnen dazu jetzt keine Ja- oder Nein-Antwort liefern.

Frage: Frau Kothé, Ihr Minister hat immer gesagt, die Einführung der Finanztransaktionssteuer werde Zeit benötigen. Am Wochenende ist ein Bericht bekannt geworden, wonach diese Steuer 2015 erhoben werden kann. Ist das die Erkenntnis des BMF?

Kothé: Nein. Sie alle kennen den Sachstand um die Finanztransaktionssteuer. Diese haben wir hier schon oft erläutert. Schritt zwei nach Schritt eins: Man muss sich erst einmal auf ein Modell verständigen und es beschließen. Dann können wir konkrete Aussagen machen, was die Einführung anbetrifft. Sie wissen: Wir setzen uns sehr dafür ein, dass sie schnellstmöglich kommt, und zwar auf europäischer Ebene mit möglichst vielen europäischen Partnern zusammen.

Zusatzfrage: Gibt es in Ihrem Haus Berechnungen, wann der früheste Zeitpunkt sein könnte?

Kothé: Schnellstmöglich. Auch hier gibt es kein Datum. Dazu müssten wir hellseherische Fähigkeiten haben. Wir arbeiten daran, so schnell wie möglich.

Frage: Ich möchte noch etwas zum Fiskalpakt fragen. Es soll bereits ein Angebot des Bundes an die Länder geben. Vielleicht kann Frau Kothé noch etwas dazu sagen, ob das stimmt, oder auch inhaltlich.

Kothé: Nein, im Augenblick kann ich nichts dazu sagen. Die Gespräche laufen.

Zusatzfrage: Wäre es denn eine Option für den Bund, Eingliederungshilfen für Behinderte zu übernehmen, wie dies am Wochenende gefordert worden ist, oder wie wäre es mit einem Mehrwertsteuerpunkt?

Kothé: Noch einmal: Zu den laufenden Gesprächen äußere ich mich hier im Augenblick nicht.

Frage: Der Außenminister hat gestern gesagt, er könne sich gut vorstellen, dass über den Zeitrahmen gesprochen wird. Sie, Herr Streiter, haben gesagt, es gelte das, was vereinbart worden sei. Aber dann bleibt die Frage: Könnte sich die Kanzlerin vorstellen, dass in Bezug auf Griechenland über einen Zeitrahmen gesprochen wird?

SRS Streiter: Sie möchten jetzt gerne einen Dissens herstellen, aber diesen Dissens gibt es gar nicht. Sowohl der Bundesaußenminister als auch die Bundeskanzlerin haben entschieden darauf hingewiesen, dass es jetzt darauf ankommt, dass Griechenland auch mit neuer Regierung die alten Vereinbarungen alle erfüllt. Über einen Zeitplan brauchen wir jetzt gar nicht zu spekulieren. Das hat im Übrigen auch der Bundesaußenminister gesagt. Man darf eben nicht immer nur die Überschriften lesen, sondern man sollte auch immer den ganzen Text der Interviews lesen. Über einen Zeitplan spricht gerade niemand.

Zusatzfrage: Er spricht nicht darüber? Oder was haben Sie gemeint?

SRS Streiter: Über einen Zeitplan spricht gerade niemand.

Zusatz: Dann habe ich das gestern vielleicht falsch gehört.

SRS Streiter: Falsch interpretiert oder überinterpretiert.

Frage: Herr Peschke, Ihr Minister hat gestern gesagt "Wir können über Zeit sprechen". Wir haben das alle gehört, oder?

Peschke: Es freut mich ja, dass Sie sich die Interviews des Bundesaußenministers so aufmerksam ansehen. Er hat sich heute Morgen noch einmal ausführlich im Deutschlandfunk geäußert, und er hat dort klargestellt, dass es entscheidend ist, dass es bei der Substanz des Vereinbarten bleibt. Im Übrigen ist es jetzt wichtig, dass es zur Bildung einer funktionstüchtigen Regierung in Griechenland kommt. Dann wird die Troika dorthin reisen und Gespräche führen. Alles Weitere muss dann im Lichte der Erkenntnisse der Troika besprochen werden. Mehr gibt es dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu sagen.

Frage: Herr Peschke, ich habe es auch so verstanden, dass er sagte "Man kann über den Zeitplan reden". Die Substanz bleibt bestehen klar, es wird da keine Änderungen geben , aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es beim Zeitplan Veränderungen gibt. Dementieren Sie das?

Peschke: Ich dementiere überhaupt nichts, und schon gar nicht Äußerungen meines Ministers. Aber ich weise Sie auch darauf hin, dass er genau das vor einer Stunde bei einer Gelegenheit im Auswärtigen Amt noch einmal gefragt wurde, und da hat er genau das gesagt, was ich Ihnen eben erläutert habe: Entscheidend ist, dass es bei der Substanz bleibt; dabei kann es keine Rabatte geben. Zum Zweiten sind die nächsten Schritte die Bildung einer Regierung in Athen und dann Gespräche und die Überprüfung des Sachstands durch die Troika. Im Lichte dessen wird man dann Erkenntnisse gewinnen. Er hat vor einer Stunde ergänzt: Es ist natürlich offensichtlich, wenn man sich die Lage in Griechenland ansieht, dass durch den ganzen Prozess der Wahlen, des Wahlkampfes usw. Zeit für die Umsetzung von Reformen verloren wurde. Das ist ja ganz offensichtlich. Das ist keine politische Aussage, sondern eine Tatsachenbeschreibung. Es ist natürlich offensichtlich, dass dieses Faktum des Zeitverlustes in die Analyse der Troika wird einfließen müssen und dass man sich dann natürlich auch damit auseinandersetzen muss. Aber wenn man das macht und bevor man das macht, sind die Schritte, die i ch Ihnen erläutert habe und die der Außenminister heute auch noch einmal klargestellt hat, natürlich unabdingbare Voraussetzungen.

Frage: Es tut mir leid, dass ich wieder auf das Thema Griechenland zurückkomme, aber ich habe auch den Eindruck gehabt, dass der Außenminister ausdrücklich gesagt hat, er könne sich sehr gut vorstellen, über den Zeitrahmen zu sprechen. Wenn das jetzt nicht mehr gilt, worüber kann man überhaupt noch mit der neuen Regierung in Griechenland sprechen? Die Substanz und den Zeitrahmen kann man nämlich nicht ändern. Worüber muss man dann mit der neuen Regierung diskutieren?

SRS Streiter: Wenn ich noch einmal etwas dazu sagen darf: Ich halte das im Moment für eine Gespensterdiskussion. Man kann nämlich das war auch das, was ich Ihnen eben sagen wollte nicht einfach aus einem langen Interview nur einen Satz herauspicken, denn dann könnte man auch den zweiten Satz herauspicken, in dem er gesagt hat: "Nein, darüber kann man gar nicht spekulieren, ob es überhaupt mehr Zeit braucht." Das steht jetzt also gar nicht im Zentrum. Im Zentrum steht, dass Griechenland erstens eine funktionsfähige Regierung haben muss es deutet einiges darauf hin, dass diese zustande kommen wird und dass dann die Troika dorthin fahren und alles begutachten wird. Man kann im Übrigen über Zeit auch so reden, dass man sagt "Nein, da ändern wir nichts dran!". Es gibt ja überhaupt keine Wegweisung.

Zuruf: Es ist ja doch wichtig, was man sagt. Wörter bedeuten in diesem Zusammenhang sehr viel.

SRS Streiter: Deshalb habe ich Sie ja nur darauf aufmerksam gemacht, dass in einem langen Gespräch viele Wörter gefallen sind, unter anderem eben auch der Satz: "Darüber kann man gar nicht spekulieren, ob es überhaupt mehr Zeit braucht."

Frage: Es ist doch wieder eine Frage aufgekommen. Sie sagen einerseits, an der Substanz dürfe sich nichts ändern, und andererseits heißt es, es sei klar, dass durch die Wahl und den Wahlkampf die Reformen nicht so wie geplant vorangegangen sind. Drittens heißt es, die Tranchen werden immer im Rahmen eines Prozesses ausgezahlt, wenn bestimmte Reformen durchgeführt worden sind. Bestimmte Reformen sind ja nun nicht durchgeführt worden. Heißt das, dass man dann doch die nächste Tranche ausbezahlen könnte, weil man eben berücksichtigen muss, dass es den Wahlkampf gegeben hat?

SRS Streiter: Ich würde hier jetzt gerne ein bisschen Erregungspotenzial herausnehmen. Wir haben jetzt den Montag nach der Wahl. Gestern haben die Griechen gewählt. In der letzten Woche haben alle das Schlimmste befürchtet und die schrecklichsten Szenarien an die Wand gemalt. Das ist alles nicht eingetreten. Griechenland hat gewählt, Griechenland hat sehr eindeutig gewählt, und Griechenland wird jetzt eine neue Regierung bilden. Es ist zu hoffen und auch zu vermuten, dass das nicht so quälend wie nach der letzten Wahl verlaufen wird. Dann wird diese Regierung die Troika empfangen, dann wird man alles darlegen, und dann wird die Troika zu ihren Schlüssen kommen. Es ist ja im Übrigen

Zusatzfrage: Es geht nicht um Erregung oder Nicht-Erregung. Ich möchte jetzt einfach nur irgendwie Aufschluss darüber erhalten, ob die Vereinbarung mit Griechenland nun so gilt, wie sie abgeschlossen worden ist und eben auch Bedingung für die Auszahlung der nächsten Tranche ist, oder ob sie nicht gilt, wenn man eben berücksichtigt, dass es eine Wahl und einen Wahlkampf gegeben hat und dass bestimmte Reformen nicht durchgesetzt worden sind.

SRS Streiter: Es gilt die Vereinbarung.

Zuruf: (akustisch unverständlich; ohne Mikrofon)

SRS Streiter: Ich bitte Sie jetzt wirklich, da keinen Widerspruch herzustellen, der nicht existiert. Es kann kein Zweifel daran bestehen.

Zusatz: Aber ich habe Herrn Peschke nun gerade anders verstanden.

SRS Streiter: Nein.

Peschke: Nein, nein!

SRS Streiter: Das ist jetzt wirklich Kreml-Astrologie, was Sie da betreiben!

Zuruf: Nein, das ist Bundesregierung-Astrologie!

Peschke: Sie haben völlig zu Recht Ihre Frage mit dem Motto eingeleitet "Das, was der Außenminister sagt, gilt". Dem kann ich nur zustimmen. Aber man muss natürlich schon lauschen und darauf hören, was er gesagt hat, und das habe ich hier ja gerade noch einmal wiederholt: Es hat eine Wahl gegeben. Wir haben eine Vereinbarung, an deren Substanz nicht gerüttelt werden darf. Entscheidend sind jetzt die nächsten Schritte. Das sind die Regierungsbildung in Griechenland und die anschließende Analyse und Schlussfolgerung der Troika. So ist das Verfahren auch vereinbart worden. Vor Ablauf dieses Verfahrens kann man schlechterdings einfach nicht weiter über die Sache sprechen.

Das Faktum, das ich Ihnen geschildert habe, ist ja auch wiederum nur eine analytische Beobachtung dessen, dass es eben in Griechenland einen unvorhergesehenen Wahlkampf gegeben hat. Das wird sicherlich ohne dass ich den Ergebnissen in irgendeiner Form vorgreifen kann in der Analyse, die die Experten tätigen müssen, zu berücksichtigen sein.

Zusatzfrage: Ich sehe, dass die Troika schreibt: Die vereinbarten Reformen sind nicht durchgeführt worden, weil es eben den Wahlkampf gegeben hat. Dann lautet die Frage: Was heißt das?

SRS Streiter: Das beurteilt aber die Troika.

Peschke: Warten wir doch einmal ab, was die Troika tatsächlich feststellen wird.

Frage: Herr Streiter, Ihr Stichwort Erregungspotenzial wollte ich noch einmal aufgreifen. Das ist ja auch dadurch entstanden, dass Sie uns unterstellen, wir könnten keine Interviews lesen, und uns sozusagen vorhalten, nur Überschriften wahrzunehmen. Das ist natürlich Blödsinn, wenn ich mir das einmal so erlauben darf. Ich habe das Interview bei "Berlin direkt" sehr genau gehört, und es war nicht so lang, dass man ihm nicht aufmerksam folgen konnte. Er hat von "Zeitplan" gesprochen. Wenn er heute Morgen im Deutschlandfunk einen anderen Akzent setzt, dann wäre es interessant zu erfahren, wie es zu dieser unterschiedlichen Akzentuierung kommt. Aber zu sagen, er hätte das nicht gesagt, ist natürlich falsch. Er hat es gesagt!

SRS Streiter: Mir ging es ja nur darum, daraus jetzt keine Meinungsverschiedenheit über unterschiedliche Akzente innerhalb der Regierung zu machen. Dabei zieht die gesamte Regierung an einem Strick; das müssen Sie mir einfach einmal glauben. - Was gibt es da zu lachen?

Frage: Könnte es vielleicht sein, Herr Streiter, dass die Meinung ist, dass Sie zu diesen Meinungsunterschieden beitragen, weil der Außenminister etwas anderes als Sie sagt, wenn Sie sagen "Es gibt keine Abstriche, und es bleibt alles so, wie es ist"?

SRS Streiter: Entschuldigung, das habe ich jetzt gar nicht verstanden.

Zusatzfrage: Die Meinungsunterschiede, die Sie nicht sehen, die wir aber offensichtlich doch sehen, entstehen ja dadurch, dass Sie etwas anderes sagen, als der Außenminister sagt. Sie sagen "Es bleibt alles so, wie es ist, und es gibt keine Abstriche und keine Veränderungen", und der Außenminister spricht von einem Zeitplan. Das ist ja eine offenkundig unterschiedliche Akzentuierung.

SRS Streiter: Gut, aber ich meine, dann ist das wieder die Frage nach Henne und Ei, denn von "Zeitplan" haben ursprünglich ganz andere Leute gesprochen. Man wird mit diesen Fragen konfrontiert, und natürlich ist es so, wenn man im Gespräch ist, dass man natürlich auch entsprechend antwortet. Wenn zum Beispiel die Troika zu einem Ergebnis kommt, das wir alle nicht kennen wir alle kennen es nicht, weil ja alles noch nicht stattgefunden hat , dann wird man natürlich darüber sprechen, was sie festgestellt hat. Nichts anderes wollte ich sagen. Aber man kann doch nicht etwas spekulativ bewerten, das es noch gar nicht gibt. Insofern sind sich mit unterschiedlicher Akzentuierung letztlich alle einig, dass es jetzt noch keinen Sinn hat, über einen Zeitplan zu sprechen, solange man noch gar nicht weiß, was ist. Wir kennen die neue griechische Regierung noch nicht, wir kennen die Ergebnisse der Reise der Troika noch nicht, und wir wissen ja noch gar nicht, was da der Stand ist. Dann wäre es doch sinnvoll, wenn man erst einmal abwartet, bis es eine neue Regierung gibt, bis die Troika da gewesen ist, bis die Troika zurückkehrt, bis die Troika ihre Analyse mitgeteilt hat, und dass man sich dann überlegt, was man jetzt damit macht. Das scheint irgendwie sinnvoll zu sein.

Frage: In Los Cabos wird Griechenland sowieso einer der wichtigsten Schwerpunkte sein. Griechenland mehr Zeit zu geben, um wieder in die Spur zu kommen, wird nicht die einzige Forderung sein, die aufkommen wird. Es wird um noch mehr und noch Schwerwiegenderes gehen, von Eurobonds bis hin zu anderem. Wollen Sie damit sagen, dass sich Deutschland weiterhin verweigern wird, einen Schritt in eine Richtung zu machen, die allen anderen Mitgliedern der G20 und G7 entspricht, oder gibt es irgendeine Möglichkeit, dass es zu einer Verhandlung kommt?

SRS Streiter: Sehen Sie einmal: Noch, glaube ich, befindet sich die Bundeskanzlerin ja im Flugzeug. Man wird dann in Mexiko darüber sprechen. Man wird über alles sprechen. Die Bundeskanzlerin wird doch nicht sagen: Ich spreche nicht mit den Kollegen. Natürlich wird es dort Gelegenheit geben, Gespräche zu führen. Aber das wird ja alles erst in der Zukunft stattfinden. Das kann ich Ihnen doch jetzt nicht sagen.

Zusatzfrage: Glauben Sie, dass die anderen G20-Mitglieder mit dem Versprechen, dass mehr Zeit gewonnen werden muss und dass die Entscheidung irgendwie weiter in die Zukunft verschoben wird, einverstanden sein werden? Glauben Sie vor allem, dass die Märkte irgendwie gar nicht reagieren werden?

SRS Streiter: Ich weiß es nicht. Die fangen doch erst an. Die treffen sich doch noch gar nicht. Die fliegen doch alle noch.

Die Märkte, kann ich ja nur sagen, haben heute Morgen eigentlich sehr positiv reagiert. Insofern würde ich mir da jetzt gar keine Sorgen machen. Aber es hat doch keinen Sinn, dass ich als stellvertretender Regierungssprecher jetzt den Inhalt von Gesprächen beurteile, die noch gar nicht stattgefunden haben.

Zusatzfrage: Nein, das ist klar. Aber es ist doch interessant zu wissen, ob die Haltung, mit der Deutschland in dieses Treffen geht, die ist, dass keine Verhandlungen akzeptiert werden, oder die ist, dass es doch den Punkt gibt, dass Griechenland ein bisschen mehr Zeit zu geben ist.

SRS Streiter: Ja, aber vor dem Sprechen kommt ja immer das Denken, und ich würde einfach sagen: In ungefähr 5 Stunden wird die Bundeskanzlerin etwas sagen. Soll ich das jetzt vorempfinden oder vorfühlen? Ich weiß zwar viel, aber das weiß ich nicht. Ich weiß doch nicht, was die jetzt besprechen. Um ungefähr 17 Uhr europäischer Sommerzeit wird es da unten eine Pressebegegnung geben.

Frage: Frau Kothé, gibt es denn einen Termin, zu dem Sie den Bericht der Troika erwarten?

Kothé: Nein, auch da kann ich leider nicht mit einem festen Termin dienen. Wir gehen davon aus, dass dort aber auch das erst nach der Regierungsbildung Anfang Juli eine Mission stattfinden wird. Das ist jetzt unsere Einschätzung.

Frage: Ich komme auf Griechenland und den Zeitplan zurück. Ich habe heute ein großes Problem, über die Position der Bundesregierung zu berichten. Bis jetzt habe ich immer gesagt oder berichtet, dass der Außenminister sich gut vorstellen kann, über den Zeitrahmen zu reden. Jetzt sagen Sie, Herr Streiter, über den Zeitrahmen gebe es keine Diskussion. Sie haben auch gesagt, dass wir uns in keiner gesprächslosen Atmosphäre befinden. Worüber spricht man dann in dieser gesprächsvollen Atmosphäre, wenn man nicht über den Zeitraum und nicht über die Substanz des Vertrags mit Griechenland spricht?

SRS Streiter: Über Griechenland vielleicht!

Zuruf: (akustisch unverständlich; ohne Mikrofon)

SRS Streiter: Es tut mir leid, aber ich kann doch jetzt nicht Gesprächen, Meinungsäußerungen etc. vorgreifen. Die finden in Mexiko statt, und wir sind hier. Ich weiß doch nicht, worüber die miteinander sprechen wollen, und ich kann auch nicht vorempfinden, wie dann die Antwort lauten könnte. Wir bewegen uns hier stark im Konjunktiv und in der Zukunft. Die Haltung der Bundesregierung habe ich eben schon mitgeteilt.

Frage: Herr Streiter, hat der Bundesaußenminister die Haltung der Regierung mitgeteilt, als er heute früh erklärt hat "Wir sind bereit, über den Zeitplan zu reden"?

SRS Streiter: Der Außenminister hat in seinem gesamten Interview die Haltung der Bundesregierung wiedergegeben.

Zusatzfrage: Darf ich die Frage noch einmal wiederholen? Hat er mit dem Zitat "Wir sind bereit, über den Zeitplan zu reden" die Haltung der Bundesregierung mitgeteilt, oder war das eine außenministerliche Privatmeinung?

SRS Streiter: Ich kann mich nur wiederholen: Der Außenminister hat heute Morgen ein Interview zu Griechenland gegeben, und er hat in dem Interview die Haltung der Bundesregierung wiedergegeben.

Zusatzfrage: Heißt "die Haltung der Bundesregierung wiedergegeben", dass auch Sie als Regierungssprecher sagen "Wir sind bereit, über den Zeitplan zu reden"? Dann hätten Sie sich jetzt gerade selbst dementiert, aber das ist ja in Ordnung; das kann ja passieren.

SRS Streiter: Ich muss mir doch nicht jedes Wort zu eigen machen!

Zusatzfrage: Es geht nicht um mein Wort, sondern um Ihr Wort als Regierungssprecher. Erklären Sie als Regierungssprecher "Wir sind bereit, über den Zeitplan zu reden", wie es das Mitglied der Bundesregierung, der Bundesaußenminister, erklärt hat?

SRS Streiter: Das habe ich nicht gesagt. Nehmen Sie es doch so, wie es ist.

Zusatzfrage: Sagen Sie also "Wir sind nicht bereit, über den Zeitplan zu reden"?

SRS Streiter: Ich sage dazu gar nichts. Ich habe gesagt, und das habe ich schon mehrfach gesagt das kann man auch im Protokoll nachlesen , dass es keinen Sinn hat, jetzt über Zeitpläne zu spekulieren, was ja im Übrigen auch der Außenminister gesagt hat.

Frage: Ich habe eine Frage an das Umweltministerium. Es gibt einen Zeitungsbericht, demzufolge eine Einigung im Vermittlungsausschuss in Bezug auf die Solarförderung vor der Tür steht. Ist das so?

Strube: Ich kann Ihnen keine Details über eine mögliche Einigung nennen. Es bleibt bei dem, was der Minister dazu vor seinem Abflug nach Rio gesagt hat: Er ist optimistisch, dass es am 27. im Vermittlungsausschuss eine Lösung geben wird. Details zu laufenden Verhandlungen werden aus unserem Haus vorher nicht herausgegeben.

Zusatzfrage: Aber das heißt auch nicht, dass die Details, die da genannt werden, falsch sind.

Strube: Das obliegt Ihrer Einschätzung.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Streiter und an das Außen- und das Wirtschaftsministerium, und zwar, wie in Ihren jeweiligen Häusern die Bewertung des Exports von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien aussieht.

SRS Streiter: Dazu kann ich Ihnen sagen, dass es sich hierbei um eine Fragestellung handelt, die den Bundessicherheitsrat betrifft. Dazu nehmen wir grundsätzlich keine Stellung. Ich kann Sie nur auf eine dpa-Meldung von heute früh aufmerksam machen, in der sich KraussMaffei irgendwie zu dem Thema geäußert hat.

Zusatzfrage: Wollen das Außen- und das Wirtschaftsministerium das noch ergänzen? Ich habe hier jetzt nicht nach konkreten Einzelfällen gefragt, sondern nach der allgemeinen Bewertung des Exports von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien.

Kraus: Ganz grundsätzlich kann ich für das BMWi sprechen. Für den Fall, den Sie angesprochen haben, gilt: Der BSR tagt geheim. Dazu können wir nichts sagen. Die Geheimhaltung ergibt sich insbesondere auch aus dem Schutzbedürfnis der Beziehungen Deutschlands zu möglichen Empfängerländern. Der Schutz der Interessen der Empfängerländer ist ein weiterer Grund.

In allgemeiner Form können wir sagen, dass sich der BSR mit Anträgen und Anfragen beschäftigt, die zu unterschiedlichen Phasen eines Exportfalls gestellt werden können. Unternehmen können sowohl weit im Vorgriff auf Gespräche mit einem möglichen Geschäftspartner als auch kurz vor einer geplanten Vertragsunterzeichnung Anfragen stellen. Sollte es tatsächlich zum Exportfall kommen, so unterrichtet die Bundesregierung darüber ja in ihrem jährlichen Rüstungsexportbericht, der auch dem Bundestag vorgelegt wird. In diesem Bericht wird die Umsetzung der Grundsätze der deutschen Rüstungsexportpolitik jeweils für das abgelaufene Kalenderjahr aufgezeigt sowie die von der Bundesregierung erteilten und abgelehnten Exportgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter aufgeschlüsselt. Im Allgemeinen gilt, dass die Basis aller Exportanfragen die politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstiger Rüstungsgüter aus dem Jahr 2000 sind.

Zusatzfrage: Ich will noch einmal anders fragen. Herr Pfeiffer hatte vor knapp zwei Wochen auf der Reise nach Riad sinngemäß gesagt, grundsätzlich befürworte er einen Export von Rüstungsgütern nach Saudi-Arabien, weil sich Saudi-Arabien in der Region als ein verlässlicher Partner herausgestellt habe. Sieht das die Bundesregierung auch so? Sehen dass auch das Außen- und das Wirtschaftsministerium so?

Kraus: Zu Äußerungen von Herrn Pfeiffer kann ich mich jetzt nicht äußern. Über unsere Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung jeweils im Einzelfall und auf Grundlage der politischen Grundsätze, wie ich eben erwähnt habe, sowie auf der Grundlage des gemeinsamen Standpunkts des Rates der Politischen Union. Hier gilt, dass bei jedem Antrag auch bei Ausfuhranträgen in Staaten des Maghreb und des Nahen und Mittleren Ostens die Bundesregierung sehr gründlich vor dem Hintergrund der Lage in der Region und der Lage in dem betroffenen Land prüft unter anderem, welche Bedeutung der beantragten Ausfuhr für die Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region und auch der Achtung der Menschenrechte zukommt.

Frage: Frau Kraus, hat denn der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, der am 7. Juni im Bundestag erklärt hat, der Bundesregierung liege keine Genehmigungsanfrage der spanischen Regierung oder eines spanischen Unternehmens für den Export in deutscher Lizenz in Spanien gefertigter Kampfpanzer vor, gegen die Geheimhaltungsvorschrift verstoßen? Oder können Sie hier sagen, dass nach dem 7. Juni bisher auch kein Exportantrag vorliegt?

Kraus: Der Bundesregierung liegt keine Genehmigungsanfrage der spanischen Regierung oder auch eines spanischen Unternehmens für den Export in deutscher Lizenz in Spanien produzierter Kampfpanzer vor.

Zusatzfrage: Nach wie vor?

Kraus: Das gilt weiterhin.

Zusatzfrage: Zum Bürgerentscheid in München in Sachen dritte Startbahn des Flughafens München an das Verkehrsministerium: Liegt der Entscheid für Sie in einer Reihe der Großprojekte, wo die Bürger ein Problem mit Großprojekten und Infrastrukturprojekten haben, die in Deutschland geplant werden, wo es dann aber doch in der Umsetzung Probleme gibt? Die Frage könnte auch das Wirtschaftsministerium oder die Bundesregierung in Form von Herrn Streiter betreffen.

Rudolph: Grundsätzlich, ist jedes Großprojekt in Deutschland sehr verschieden. Wenn man "Stuttgart 21" als Großprojekt, den Flughafen hier in Berlin oder die dritte Startbahn in München betrachtet, kann man, glaube ich, die Großprojekte nicht über einen Kamm scheren, sondern man muss sich sehr genau anschauen: Was liegt territorial, also regionspezifisch, vor? Welches Ausbauvorhaben liegt vor? Betrifft es sehr spezifisch nur die Region? Oder reicht es über die Region hinaus?

Beim Flughafen München ist es so, dass die dritte Startbahn ein wichtiges Infrastrukturprojekt ist, das für die Stadt München, aber auch für den Freistaat Bayern und für ganz Deutschland von Bedeutung ist. Insofern ist auch ein Bürgerentscheid, der die Stadt München betrifft und die Münchnerinnen und Münchner befragt hat, von Bundesseite aus zu bedauern, wenn er denn negativ ausfällt, weil es aus unserer Sicht schöner gewesen wäre, wenn sich die Bürger für dieses Infrastrukturprojekt entschieden hätten. Aber das gehört zu Bürgerentscheiden dazu. Sie können positiv wie negativ ausfallen. Dieser Bürgerentscheid betrifft die Stadt München, den Anteilseigner München. Insofern muss die Stadt klären, wie sie bei dem Bürgerentscheid bei diesem Infrastrukturprojekt weiter vorgeht.

Zusatzfrage: Sie würden das nicht in eine Linie mit "Stuttgart 21" oder dem Ausbau der Trassen stellen, was die Windenenergie angeht?

Rudolph: Das sind ganz unterschiedliche Projekte. Wenn man das unter das Dach "Bürgerbeteiligung" fasst, kann man sagen: Ja, wir wollen mehr Bürgerbeteiligung in diesem Land. Man muss auch Befürworter wie Gegner stärker in Projekte einbinden. Noch einmal: Wenn man dann in die Regionen schaut Sie haben auch den Trassenausbau genannt , dann kommen wir an unterschiedliche Problemfelder. Manche kann man vielleicht unter denselben Nenner fassen, andere wiederum überhaupt nicht. Insofern sehe ich auch Grenzen, wenn man jetzt Großprojekt A, Großprojekt B, Großprojekt C verallgemeinern möchte. Da sind die Herangehensweisen sehr unterschiedlich.

Frage: Herr Streiter, es gab am Wochenende eine Reihe von Berichten und Zitaten zum Stichwort Betreuungsgeld, an denen sich auch Vertreter der Regierung beteiligt haben. Zwei Fragen dazu:

Erstens. In welchem Rahmen wird über den vorliegenden Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld nachverhandelt? Ist da schon etwas bekannt?

An das Justizministerium die Frage, weil es dazu auch Meinungsäußerungen gab: Weshalb hat die Bundesjustizministerin bei der Erstellung des Gesetzentwurfs eigentlich das Nebeneiander von Betreuungsgeld und Elterngeld eingefordert?

SRS Streiter: Ich kann Ihnen zum Ablauf nur sagen, dass die Bundesregierung eine Formulierungshilfe verabschiedet hat, die von den Fraktionen von CDU/CSU und FDP in den Bundestag eingebracht wird. Das befindet sich jetzt im weitesten Sinne in der parlamentarischen Beratung. Es hat sich durch das Verhalten der Opposition am vergangenen Freitag der Zeitplan ein bisschen geändert, sodass die erste Lesung erst zu dem Zeitpunkt stattfindet, an dem ursprünglich die zweite und dritte Lesung vorgesehen war. Nicht geändert hat sich allerdings, dass die Bundesregierung dieses Gesetzesprojekt Betreuungsgeld mit Nachdruck verfolgt.

Zusatz: Die Frage bezog sich auf die Nachverhandlungen.

SRS Streiter: Das liegt ja außerhalb des Einflussbereichs der Bundesregierung. Das befindet sich jetzt im Bundestag, und im Bundestag wird es beraten.

Mertzlufft: Zu der Frage an das Justizministerium: Es ist falsch. Das Justizministerium hat zu keinem Zeitpunkt gefordert, dass Elterngeld und Betreuungsgeld parallel laufen. Es wurde hier schon einmal diskutiert, dass natürlich die Ressortabstimmung nicht öffentlich stattfindet.

Ich kann Ihnen gerne sagen, was Gegenstand der Ressortabstimmung war. Wir haben Fragen an das zuständige und federführende Familienressort gestellt. Da ging es um die Frage der Begründung, denn das zuständige Familienressort hat den Vorschlag gemacht, Betreuungsgeld und Elterngeld parallel laufen zu lassen. Es ist ja so: Als Justizressort sind wir nicht in die Ausgestaltung des Gesetzes in dem Sinne mit einbezogen, als dass wir konkrete Vorschläge für die Ausgestaltung machen. Ich kann mir das nur als Missverständnis erklären.

Zusatzfrage: Herr Steegmans, Sie waren ja Verursacher des Missverständnisses. Wie konnte es dazu kommen?

Steegmans: Ich war nicht Verursacher des Missverständnisses. Ich habe sachdienliche Hinweise gegeben.

Ich darf kurz zur Sachlage aufklären; möglicherweise ist Herr Mertzlufft darüber nicht informiert: Es gab am Donnerstag, dem 30. Mai, seitens mehrerer Häuser der Regierung wie es auch am Freitag, dem 1. Juni, hier besprochen worden war Leitungsvorbehalte gegen die bis dahin in der Ressortabstimmung vorliegende Fassung. Es gab dann am Abend des 30. Mai eine Besprechung auf Abteilungsleiterebene. Es gab auf Bitten verschiedener Häuser am Vormittag des 1. Juni eine Staatssekretärsrunde bei uns im Haus. Bei einer Staatssekretärsrunde können die Staatssekretäre selber anwesend sein oder sich auch vertreten lassen.

Manche Häuser waren nicht durch ihre Staatssekretäre vertreten. In dieser Statssekretärsrunde hatte es eine Rolle gespielt, ob der Parallelbezug von Elterngeld und Betreuungsgeld nicht besser vermieden werden sollte. Daraufhin hat auch zu unserem eigenen Verwundern das BMJ das Wort ergriffen und darauf hingewiesen, dass ein Parallelbezug von Elterngeld und Betreuungsgeld im 13. und 14. Monat aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten wäre, weil ansonsten Alleinerziehende gegenüber Paaren, bei denen beide Erziehungsberechtigte vorhanden sind, verfassungsrechtlich benachteiligt wären.

Wir haben das zur Kenntnis genommen. Dieses Thema hat noch einmal in der Staatssekretärsrunde am Montag, dem 4. Juni, eine Rolle gespielt, bei der ebenfalls noch einmal das BMJ im Anschluss an diese Staatssekretärsrunde diese Haltung bekräftigt hat.

Mertzlufft: Jetzt befinden wir uns in diesem von mir nicht so geliebten Verfahren. Zu meiner Linken sage ich es jetzt einmal so: Wenn man als Mittelstürmer oder Innenverteidiger spielt, verliert man vielleicht den Überblick. Ich würde einfach noch einmal nachfragen, Herr Steegmans. Ich würde einfach noch einmal nachfragen, und dann kann man das vielleicht an der Stelle noch einmal bei anderer Gelegenheit aufklären. Die Darstellung ist falsch. Es war ein Abteilungsleiter, der da war.

SRS Steegmans: Das ist richtig. Das habe ich auch gesagt.

Mertzlufft: Darf ich gerade kurz (zu Ende ausführen); wir wollen es doch geordnet machen.

Es ist so: Der Parallelbezug stand von vornherein im Gesetz. Wir haben, wie gesagt, die Begründung moniert. Aber der Parallelbezug stand von Anfang an im Gesetz.

Außerdem sei doch die Bemerkung gestattet: Das Gesetz hat die Regierung passiert. Das Bundeskabinett hat dieses Gesetz beschlossen. Es geht jetzt in die erste Lesung. Ich verstehe es nicht als meine Aufgabe als Ministeriumssprecher, alles, was im parlamentarischen Raum diskutiert wird, zu kommentieren.

Steegmans: Es ist richtig: Es gab eine Vertretung des BMJ; das habe ich eben auch ausdrücklich so dargestellt. Es gab auch andere Häuser, deren Staatssekretäre durch hohe Beamte vertreten waren. Soweit mir das mein Staatssekretär gesagt hat, hat ausdrücklich der Vertreter des BMJ ohne, dass er von uns dazu aufgefordert war diese Haltung als unverzichtbar so vertreten. Dementsprechend sind unsere Ausführungen absolut korrekt.

Zusatzfrage: Herr Streiter, was empfehlen Sie mir nach diesem interessanten Dialog als Oberregierungssprecher in der Runde, wann ich noch einmal nachfragen soll, wie die Nachfragen der Ministerien untereinander in der Sache Betreuungsgeld ausgegangen sind? Haben Sie die Frage verstanden? Sie schauen mich so an.

SRS Streiter: So ungefähr. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll oder üblich ist, dass ich Ihnen etwas empfehle.

Vorsitzender Hebestreit: Ich glaube, der Kollege möchte wissen, wem wir glauben sollen.

Zusatzfrage: Nachdem hier in einer von mir noch nicht erlebten Art und Weise erklärt wurde, dass der eine der Ministersprecher den anderen Ministersprecher bevor er spricht auffordert, noch einmal untereinander nachzufragen, meine Frage an den Regierungssprecher: Wann glauben Sie denn, dass die Regierung eine abgestimmte Erklärung/Stellungnahme dazu abgeben kann, wie die Parallelität von Elterngeld und Betreuungsgeld in den Gesetzentwurf hineingekommen ist? Wann gibt es eine schlüssige Mitteilung seitens der Regierung?

SRS Streiter: Ich versuche es einmal elegant: Das Schöne daran ist ja, dass sich die Verhandlung des Betreuungsgeldes nicht mehr in den Händen der Bundesregierung befindet, sondern in den Händen des Deutschen Bundestages.

Zusatzfrage: Es geht aber in dem Fall um Regierungshandeln, weil der Bundestag nicht die Parallelität mit hineingenommen hat, sondern ein Teil der Regierung dafür gesorgt hat oder auch nicht. Das ist die Frage. Meine Frage: Wann kann die Regierung denn in der Lage sein, eine abgestimmte, störungsfreie Erklärung dazu abzugeben?

SRS Streiter: Eine abgestimmte Erklärung liegt ja insofern vor, als dass es eine Formulierungshilfe gibt, die in den Bundestag eingebracht wird. Wie das zustande gekommen ist oder nicht, entzieht sich jetzt meiner Kenntnis.

Zusatz: Genau darum geht es ja, Herr Streiter, wie das zustande gekommen ist.

SRS Streiter: Nein. Dass muss ich gar nicht (erläutern). Es gibt eine Formulierungshilfe. Diese Formulierungshilfe ist gedruckt. Das ist eine Bundestagsdrucksache, die sich jetzt im Bundestag befindet. Da bin ich jetzt, glaube ich, ganz fein raus.

Frage: Eine Frage an das Bundesinnenministerium. Es war am Wochenende zu lesen, Herr Teschke, dass bei der Razzia gegen Salafisten Hinweise gefunden worden sind ich glaube, es war von einem Konto die Rede , die wiederum Verbindungen zur Sauerland-Zelle herstellen ließen. Inwiefern können Sie das bestätigen? Was bedeutet das für Ihr weiteres Vorgehen?

Teschke: Ich kann Ihnen das insofern bestätigen, als man dort entwertete Sparbücher der Gelowicz-Brüder gefunden hat. Wobei man unterscheiden muss: Die Sauerland-Gruppe ist 2009 gewesen, der verbotene Millatu-Verein hat sich erst 2011 gegründet. Insofern gibt es keine direkte Verbindung.

Für die Beantwortung der Frage, was das jetzt für den weiteren Verlauf oder die weiteren Bewertungen ergibt, müsste ich ein bisschen um Zeit bitten. Es gibt in insgesamt 100 Objekten Funde, sodass das alles erst ausgewertet werden muss. Wir haben Festplatten beschlagnahmt, die auch erst einmal elektronisch ausgewertet werden müssen. Da wird noch ein bisschen Zeit vergehen.

Zusatzfrage: Was die Bewertung angeht, sind Sie also noch nicht so weit, dass Sie sagen können, was das bedeutet?

Teschke: Nein. Es ist bekannt, dass der Millatu-Ibrahim-Verein, der verboten wurde, eine Art Gefangenenbetreuung mit den Gelowicz-Brüdern vorgenommen hat. Insofern erklärt sich vielleicht, dass diese letztlich entwerteten Sparbücher gefunden wurden, die aber an sich erst einmal keinen Wert darstellen. Es sind lediglich Dokumente.

Frage: Meine Frage richtet sich an das Auswärtige Amt. Herr Peschke, der palästinensische Fußballnationalspieler Mahmud Sarsak ist seit drei Jahren ohne Anklage in israelischer Haft. Seit 92 Tagen befindet er sich im Hungerstreik. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass er entweder freigelassen wird oder dass Anklage gegen ihn erhoben wird?

Peschke: Wir hatten hier in der Bundespressekonferenz schon einige Male die Gelegenheit, das Schicksal palästinensischer Gefangener zu thematisieren. Ich habe ausgeführt, dass dieses Thema palästinensischer Gefangener in israelischer Gefangenschaft ein Thema ist, das wir mit der israelischen Regierung besprechen, und zwar in allgemeiner Form. Es gibt über den Fall hinaus, den Sie geschildert haben, weitere palästinensische Gefangene, die sich in israelischer Gefangenschaft befinden. Das ist ein Thema, das zwischen der Bundesregierung und der israelischen Regierung erörtert wird. Es wird auch zwischen der Europäischen Union und der israelischen Regierung erörtert; so geschehen zuletzt beim europäisch-israelischen Dialog im Mai.

In diesen Gesprächen wirken wir und auch die europäischen Vertreter daraufhin, dass diese Fälle sobald wie möglich gelöst werden können und dass sich auch die humanitäre Situation dieser Menschen verbessert.

Zusatzfrage: Ist denn dieser spezielle Fall 92 Tage Hungerstreik, der Mann ist dem Tod nahe ein Thema?

Peschke: Zu konkreten Einzelfällen kann ich keine Stellung nehmen. Sie wissen, dass die Tatsache Hungerstreik auch für viele andere Fälle galt, die wir allesamt angesprochen haben.

Frage: Ich habe eine Frage zum ESM. Es gibt Berichte, dass Herr Regling vom EFSF zum ESM wechseln soll. Können Sie dazu etwas sagen? Was bedeutet das möglicherweise für den Vorsitz der Eurogruppe? Die Frage richtet sich an Herrn Streiter und Frau Kothé.

SRS Streiter: Ich kann es kurz machen: Da gilt die alte Regel, dass wir zu solchen Personalien keine Stellung nehmen.

Kothé: Auch von unserer Seite keinen neuen Stand dazu.

Frage: Wird das Thema beim Gipfel besprochen? Das ist ja ein ganzes Personalpaket.

SRS Streiter: Geht die Frage an mich?

Zusatz: Wenn Sie antworten möchten, gerne.

SRS Streiter: Ich weiß es nicht. Ich glaube, wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen auch nicht sagen.

Zusatz: Dann frage ich vielleicht einmal jemand anderen, vielleicht Frau Kothé.

Kothé: Die Themen stehen auf der Agenda. Das sind Themen, die entschieden werden. Das ist ja ein ganzes Paket von Fragen. Wir können davon ausgehen, dass das demnächst auf der Agenda stehen wird.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 18. Juni 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/06/2012-06-18-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2012