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PRESSEKONFERENZ/498: Regierungspressekonferenz vom 24. Oktober 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 24. Oktober 2012
Regierungspressekonferenz vom 24. Oktober 2012

Themen: Kabinettssitzung (Gesetz zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft, Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechtes, 10. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung, Bericht zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport), Beteiligung Deutschlands an einer geplanten internationalen Einsatztruppe in Mali, Umsetzung des griechischen Reformprogramms, geplante steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden, kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen, Aufsichtsratssitzung des Flughafens BER, deutsch-russische Konsultationen, Kandidatur Deutschlands für den Vorsitz im Uno-Menschenrechtsrat, Betreuungsgeld, Entlastung von gesetzlich Krankenversicherten

Sprecher: StS Seibert, Peschke (AA), Burck (BMZ), Kotthaus (BMF), Stamer (BMU), Rudolph (BMVBS), Angeli (BMFSFJ), Albin (BMJ)



Vorsitzender Fichtner eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert und die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Im Kabinett ging es um den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft. Nur einmal zur Klärung der Begriffe: Bestandsdaten sind Angaben wie der Name und die Anschrift eines Anschlussinhabers, die Rufnummern, die ihm zugeteilt sind, und andere Anschlusskennungen. Bestandsdaten sind ausdrücklich nicht Daten der konkreten Verbindungen, die von einem Anschluss aus gewählt worden sind.

Das Bundesverfassungsgericht hatte, wie Sie sicherlich wissen, die derzeitige Regelung für die Bestandsdatenauskunft nur noch übergangsweise bis zum 30. Juni 2013 für anwendbar erklärt. Insofern war jetzt eine Neuregelung erforderlich. Es werden mit dieser Neuregelung keine neuen Befugnisse für die Strafverfolgungs- und die Sicherheitsbehörden geschaffen. Die Behörden benötigen nunmehr zwei Gesetze, um solche Bestandsdaten abzufragen: zum einen ein Gesetz, das Auskunftserteilung durch Dienste-Anbieter, zum Beispiel Telefongesellschaften, regelt, und zum anderen eine Regelung, die die Sicherheitsbehörden ermächtigt, Bestandsdaten abzurufen.

Dann hat sich das Bundeskabinett mit der Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechtes befasst. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf das ehrenamtliche Engagement der Bürger. Es sind glücklicherweise Millionen, die sich so betätigen. Das ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Die Bundesregierung möchte das ausdrücklich würdigen. Sie möchte das auch unterstützen, und deswegen hat sie heute diesen Gesetzentwurf beschlossen, der also die wertvolle Arbeit der Ehrenamtlichen und ihrer Organisationen ein Stück weit erleichtert.

Vielleicht ist es interessant für Sie zu wissen, dass dies auch ein Thema war, das beim Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin immer wieder aufgebracht wurde, sowohl im Gespräch mit den Experten als auch bei den drei Bürgergesprächen. Einige der Vorschläge sind in diesen Gesetzentwurf nun auch aufgegriffen und umgesetzt worden.

Zunächst einmal sollen gemeinnützige Organisationen, also Vereine oder Stiftungen, in Zukunft mehr zeitliche Flexibilität bei der Verwendung ihrer Mittel erhalten. Es wird außerdem die Rücklagenbildung für Ersatzbeschaffungen gesetzlich geregelt, wenn es zum Beispiel darum geht, einen neuen Vereinsbus oder so etwas anzuschaffen. Das erhöht die Rechtssicherheit. Der Gesetzentwurf sieht außerdem vor, die steuer- und sozialabgabenfreie Übungsleiterpauschale heraufzusetzen, und zwar um 300 Euro auf 2.400 Euro. Die allgemeine Ehrenamtspauschale soll um 220 Euro auf künftig 720 Euro steigen. Ein konkreter Vorschlag, nämlich die Entschärfung der Haftungsregeln - das ist etwas, das tatsächlich beim Bürgergespräch der Bundeskanzlerin in Erfurt von einem Bürger oder einer Bürgerin vorgebracht worden war -, ist auch in den Empfehlungen der Experten des Zukunftsdialogs enthalten.

Die Millionen Menschen, die sich hierzulande ehrenamtlich engagieren und damit dazu beitragen, dass wir hier in einer lebenswerten Gesellschaft gut miteinander umgehen, sollen ermutigt werden. Ihnen sollen Steine aus dem Weg geräumt werden. Dazu ist dieser Gesetzentwurf ein guter und wichtiger Schritt.

Anschließend hat der Bundesaußenminister dem Kabinett den 10. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik vorgelegt. Dieser Bericht stellt die zentralen Entwicklungen auf dem Gebiet der Menschenrechtspolitik sowohl international als auch national zwischen März 2010 und Ende Februar 2012 dar. Er zeigt anhand vieler Beispiele, dass sich die Bundesregierung kontinuierlich für die Umsetzung der Menschenrechte in Deutschland und in der Welt einsetzt. Menschenrechtspolitik ist nach unserer festen Überzeugung eine Querschnittsaufgabe. Sie durchzieht alle Politikfelder.

Ich nenne nur einige Beispiele aus diesem sehr interessanten Bericht: Darin wird beispielsweise dargelegt, wie sich der Arabische Frühling auf die Menschenrechtslage in den betroffenen Staaten ausgewirkt hat. Darin wird das deutsche Engagement im Rahmen des Vorsitzes in der Arbeitsgruppe des UN-Sicherheitsrats "Kinder und bewaffnete Konflikte" dargestellt. Es wird noch einmal daran erinnert, dass Deutschland eine Kampagne für die Schaffung eines Menschenrechtslogos initiiert hat, die also für Aktionen rund um die Menschenrechte eine größere Erkennbarkeit und damit eine größere Öffentlichkeitswirksamkeit schaffen möchte.

Dieser Aktionsplan stellt auch für die kommenden zwei Jahre, also bis Februar 2014, die Prioritäten der Bundesregierung auf wichtigen Aktionsfeldern des Menschenrechtsschutzes dar, national wie international. Nach unserer Überzeugung ist dies eine gute Grundlage, auf der Deutschland seine Kandidatur für den UN-Menschenrechtsrat für den Zeitraum 2013 bis 2015 betreiben kann. Die Wahl der neuen Mitglieder des Menschenrechtsrats wird im November dieses Jahres in der UN-Generalversammlung in New York stattfinden. Wenn Sie das interessiert, dann empfehle ich die Internetseite des Auswärtigen Amtes. Dort ist der Bericht eingestellt worden. Er ist auch als Broschüre veröffentlicht worden.

Zu guter Letzt hat sich das Kabinett mit sicherem Sinn für das Timing mit einem Bericht zur Evaluation des Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung des Dopings im Sport befasst. Sie wissen, dass 2007 ein Anti-Doping-Gesetz in Kraft getreten ist, das den Behörden weiter gehende Befugnisse gegeben hat, gegen organisierten, ungesetzlichen Handel mit Dopingmitteln vorzugehen. Seitdem ist unter bestimmten Umständen schon der Besitz verbotener, besonders gefährlicher Dopingmittel strafbar.

Die Evaluation kommt zu dem Schluss, dass sich dieses Gesetz, das seit 2007 in Kraft ist, grundsätzlich bewährt hat. Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist angestiegen. Die Strafverfolgung wurde intensiver. Sie wurde auch wirksamer. Ich will das nur noch einmal ganz kurz mit Zahlen unterlegen: 2007/2008 haben die Staatsanwaltschaften etwa 280 Verfahren zu in diesen Bereich fallende Taten durchgeführt. Diese Zahl ist kontinuierlich angestiegen. Im Jahr 2011 waren es 1.592 Verfahren. Der Bericht gibt weiterhin auch Empfehlungen dazu ab, was noch verbessert werden könnte. Nach diesen Empfehlungen soll künftig beispielsweise auch der Erwerb von Dopingmitteln eine strafbare Handlung darstellen. Es ist die Rede von Fortbildungsmaßnahmen bei den Staatsanwaltschaften und von der Bildung neuer Schwerpunktstaatsanwaltschaften für dieses Gebiet. - Das war es aus dem Kabinett!

Frage: Zu einem Thema, das Herr Seibert nicht genannt hatte: Spielte das Thema Mali-Mission eine Rolle, die die Bundeskanzlerin ja am Montag in Strausberg grundsätzlich avisiert hat? Können Sie mir sagen, ob es nach Ansicht der Bundeskanzlerin einen Zeitplan dazu gibt, bis zu welchem Punkt des kabinettsreif sein wird, bevor oder nachdem es in den Bundestag kommt?

StS Seibert: Danke für die Frage. Ich glaube, wir sollten dabei genau sein. Die Bundeskanzlerin hat in Strausberg davon gesprochen, dass Deutschland bereit sein könnte, sich an einer Unterstützungsmission zu beteiligen, wenn die Voraussetzungen dafür geklärt und gegeben sind. Das ist natürlich ein entscheidender Halbsatz. Genau das ist jetzt zu tun, nämlich die Voraussetzungen dafür zu klären.

Es gibt eine UN-Resolution vom 12. Oktober. In der hat der UN-Generalsekretär 45 Tage Zeit bekommen, um nun seine Vorstellungen dazu vorzulegen, wie eine internationale Einsatztruppe in Mali tätig werden könnte. Auch die EU prüft, wie sie der afrikanischen Regionalorganisation ECOWAS dabei helfen könnte. Das alles wird Mitte November - ich glaube, am 19. November - dem Rat der Außen- und Verteidigungsminister in Europa vorgelegt werden. Auf der Basis dieser Fakten kann sich dann herausstellen, wer sich wie woran beteiligen könnte.

Die Kanzlerin hat also gesagt, was denkbar ist, und nicht etwa etwas genannt, das schon beschlossen worden wäre. Ich glaube, dieser Unterschied muss beachtet werden. Das Denkbare muss überprüft werden. Erst dann wird daraus möglicherweise ein konkreter Vorschlag.

Zusatzfrage: Aber wurde heute im Kabinett nicht darüber gesprochen, ob das denn friedlich, bewaffnet oder unbewaffnet sein sollte? Gibt es dazu die einmütige Haltung der Bundesregierung, dass diese Mission, falls es überhaupt dazu kommen sollte, eine unbewaffnete Mission sein soll?

StS Seibert: Bevor eine solche Diskussion stattfinden kann, benötigt man doch die Fakten, und die Fakten werden gerade in der Region gesammelt. Auf der Basis der Fakten kann man dann darüber sprechen, wie eine Mission überhaupt ausgestaltet sein müsste. Dann kann man besprechen, wer in welcher Form daran teilnehmen würde. Zu dieser Besprechung wird es dann kommen, wenn es soweit sein wird. Aber noch sind wir nicht so weit. Ich weiß nicht, ob das Auswärtige Amt das ergänzen möchte.

Zusatzfrage: Herr Peschke, weil das auch an Sie geht: Ich hatte Ihren Außenminister gestern, glaube ich, so verstanden, dass er schon auf jeden Fall von einer unbewaffneten Mission gesprochen hat. Wenn das alles noch gar nicht geklärt ist, wie Herr Seibert jetzt gerade sagte, wie kann der Außenminister dann sagen, das werde auf jeden Fall eine unbewaffnete Mission sein?

Peschke: Das, was der Regierungssprecher gerade gesagt hat, ist voll zutreffend und stimmt auch hundertprozentig mit dem überein, was der Außenminister gestern vorgetragen hat. Wir müssen hierbei, glaube ich, einfach die Zeitpläne berücksichtigen und nicht den dritten oder vierten Schritt tun, ehe überhaupt der erste Schritt gemacht ist.

Es ist genau so, wie Herr Seibert es dargestellt hat: Es gibt, was die Situation in Mali und den internationalen Umgang mit der Situation betrifft, eine VN-Schiene, die sich in New York abspielt. Es gibt eine gültige Resolution des Sicherheitsrats, die den VN-Generalsekretär beauftragt, innerhalb von 45 Tagen einen Bericht mit Vorschlägen zur Lösung der Mali-Krise vorzulegen. Schließlich gibt es eine europäische Schiene, die gerade in Brüssel beraten wird. Die besteht darin, dass die Europäische Union in der letzten Woche entschieden hat, zu prüfen, inwiefern die Ausbildung malischer Streitkräfte und Sicherheitskräfte unterstützt werden kann. Der Europäische Auswärtige Dienst sitzt derzeit daran, ein Konzept dafür zu erarbeiten, wie das geschehen könnte. Diese Dinge müssen entsprechend ausgearbeitet werden, ehe sie dann überhaupt europäisch entscheidungsreif sind. Das wird voraussichtlich Mitte November der Fall sein. Bevor das nicht der Fall ist, kann man sich auch schlechterdings nicht über Details dessen auslassen, wie Deutschland diesen Schritt dann politisch unterstützt und wie Deutschland konkret eine europäische Unterstützung für Mali in Ausbildungsfragen leisten kann. Das ist der Stand.

Weil Sie von "bewaffnet" und "unbewaffnet" gesprochen haben: Das sind alles Fragen, die sich dann stellen werden, wenn denn tatsächlich die Details auf dem Tisch liegen und wenn der Europäische Auswärtige Dienst die nötigen Vorarbeiten geleistet hat. Aber es geht ausschließlich - so ist der europäische Entscheidungsstand bisher - um eine Ausbildung und einen Kapazitätsaufbau der malischen Streitkräfte. Das ist europäisch so beschlossen worden. Dafür arbeitet der Europäische Auswärtige Dienst derzeit Optionen aus. Das ist das, worüber wir sprechen und hinsichtlich dessen Deutschland auch die Bereitschaft erklärt hat, sich dann gegebenenfalls unterstützend zu beteiligen. Das ist der Punkt.

Weil das Thema Mali hier aufgerufen worden ist, möchte ich vielleicht noch ganz kurz ergänzen, dass das natürlich nur ein ganz kleiner Teil unseres Engagements und der Gesamtproblemlage ist, die eine Sicherheitskomponente hat, die aber genauso eine politische Komponente hat und die eine humanitäre Komponente hat. Mit allen drei Komponenten beschäftigen wir uns gleich intensiv. Sie wissen, dass Mali, nicht nur Nord-Mali, derzeit eine schwere politische Krise durchläuft. Unser allererstes Bemühen und auch das Bemühen der Vereinten Nationen zielen natürlich darauf, Schritte für eine politische Lösung der gegenwärtigen Krise in Mali zu finden. Das ist auch der primäre Auftrag des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, nämlich nach Möglichkeiten einer politischen Lösung zu suchen. Deswegen ist auch der VN-Sonderbeauftragte Romano Prodi, der gestern in Berlin war und mit dem Außenminister gesprochen hat, damit beauftragt worden, entsprechende Sondierungen vorzunehmen.

Der zweite Aspekt - auch das möchte ich in Erinnerung rufen - ist die humanitäre Krise in der Region durch den Konflikt in Mali. In Mali und in den Nachbarländern Malis gibt es derzeit schätzungsweise 400.000 Flüchtlinge. Es ist natürlich nicht nur regional, sondern auch international eine wichtige Aufgabe, diese Flüchtlinge humanitär zu unterstützen. Deutschland eines der Länder, das auch dabei eines der führenden unterstützenden Länder ist. Wir haben im Jahr 2012 bisher 57 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für die Sahelzone zur Verfügung gestellt, davon allein 12,5 Millionen Euro für Mali, und zwar aufgrund der großen Zahl von Binnenvertriebenen.

Der dritte Aspekt betrifft die Sicherheitsfragen. Da sind sich alle einig, dass die Sicherheitsunterstützung einer politischen Lösung natürlich und zuallererst sozusagen ein afrikanisches Gesicht tragen muss und dass die Übergangsregierung in Mali selbst, aber auch die afrikanischen Regionalorganisationen EWOWAS und Afrikanische Union in der primären Verantwortung stehen.

Frage: Ich würde gerne noch einmal zwei Aspekte aufgreifen, die Sie, Herr Peschke, eben genannt haben, zum einen den Aspekt der Bundeswehr. Gibt es vielleicht schon Vorfestlegungen auf europäischer Ebene oder des Beauftragten einer Ausbildungsaktion? Müsste die zwingend in Mali stattfinden, oder könnte sie auch in einem Nachbarland untergebracht werden? Für Somalia sind ja zum Beispiel deutsche Soldaten in Uganda.

Der zweite Aspekt betrifft die Entwicklungshilfe. Bis vor Kurzem war dabei ja sehr viel ausgesetzt. Nun ist die Frage: Denken die Bundesregierung und das Entwicklungsministerium vielleicht darüber nach, Entwicklungshilfeprojekte wieder aufzunehmen?

Peschke: Was die Frage betrifft, wo eine solche Ausbildung stattfinden kann: Die Beantwortung der Frage, wo das am sinnvollsten möglich ist, ist jetzt natürlich auch Teil des Auftrags an den Europäischen Auswärtigen Dienst bei der Ausarbeitung eines Konzeptes. Es gibt die Möglichkeit, die Sie beschrieben haben, dass das wie im Falle Somalias außerhalb der Landesgrenzen erfolgt. Im Falle Malis wird das erwogen, aber auch die Option, dass man innerhalb Malis - und zwar im Süden Malis, wo die Übergangsregierung Malis nach wie vor die Gewalt innehat - tätig werden könnte, wenn die Sicherheitsbedingungen es zulassen. Das zum ersten Teil der Frage.

Zum zweiten Teil: Die Entwicklungszusammenarbeit wurde ausgesetzt. Das kann das Entwicklungsministerium gleich noch ergänzen. Sie wurde übrigens auch europäisch ausgesetzt, und zwar nicht aufgrund der jüngsten Ereignisse in Nord-Mali, sondern aufgrund der Tatsache - das verschärft ja das politische Problem, das wir in Mali haben -, dass in Bamako, Mali, im letzten Jahr ein Putsch stattgefunden hat, der die Krise in Nord-Mali ursächlich verursacht hat. Wir sind jetzt in einer Phase, in der in Mali eine Übergangsregierung gebildet wurde, die auch diese politische Krise in ganz Mali in den Griff bekommen soll. Das zeigt Ihnen, dass die politischen Lösungsbemühungen in Mali natürlich auch ganz im Zentrum unserer Aufmerksamkeit stehen müssen.

Burck: Ich habe den Ausführungen von Herrn Peschke eigentlich nichts hinzuzufügen. Das, was er sagt, ist genau richtig, und ich kann das unterstreichen. Die Entwicklungszusammenarbeit ist ausgesetzt worden, und jetzt müssen erst einmal die politischen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass eine Zusammenarbeit mit diesem Land möglich ist. Das werden wir weiterhin sehr genau beobachten.

Zusatzfrage: Herr Peschke, ich habe eine ganz kurze Zusatzfrage. Zur humanitären Hilfe haben Sie schon einiges gesagt. Ist vorgesehen, die in nächster Zeit noch einmal aufzustocken?

Peschke: Ich habe Ihnen den Ist-Zustand schon geschildert. Natürlich sind wir konstant dabei, die Sache selbst zu beobachten und mit unseren internationalen Partnern zu besprechen, was noch mehr getan werden kann. Falls es sinnvoll ist und auch hinsichtlich der Möglichkeiten der Nutzung des Geldes durch die internationalen Organisationen möglich ist, werden wir natürlich auch über eine weitere Aufstockung der Hilfe nachdenken.

Frage: Herr Seibert, Herr Peschke, können Sie denn sagen, was aus Sicht der Bundesregierung das politische Ziel dieses Ausbildungs- und Ertüchtigungsprogramms sein soll? Konkreter gefragt: Soll die Regierung im Süden in den Zustand versetzt werden, die militärische Kontrolle über den Norden wieder zurückzugewinnen?

StS Seibert: Ich halte es gar nicht sinnvoll, jetzt, bevor die notwendigen Prüfungen vor Ort durchgeführt worden sind, darüber zu spekulieren, und ich werde mich daran auch nicht beteiligen. Es ist erkennbar, dass die Situation in Mali Malis Nachbarstaaten, aber auch uns in Europa erhebliche Sorge bereitet, und aufgrund dieser Sorge sind jetzt diese Aktionen in Gang gesetzt worden, von denen wir hier gerade berichtet haben.

Zusatz: Aber Sie müssen doch irgendein politisches Ziel damit verbinden!

Peschke: In der Tat wollen wir hier nicht spekulieren. Aber die Sachstandanalyse liegt ja auf der Hand. Sie ist nämlich, dass die staatlichen Institutionen in Mali - auch aufgrund der politischen Entwicklung, die ich Ihnen geschildert habe, nämlich des Putsches in Mali -, aber auch die Sicherheitskräfte in Mali nicht in der Lage waren und derzeit nicht in der Lage sind, die einheitliche Sicherheit des Landes zu gewährleisten. Ziel dessen, was zur Unterstützung der malischen Sicherheitskräfte besprochen wird, ist natürlich das letztendliche Ziel, die malischen Sicherheitskräfte, die in einem schlechten Zustand sind, in die Lage zu versetzen, die Sicherheit im ganzen Lande zu gewährleisten.

Zusatzfrage: Ich habe eine Frage an den Regierungssprecher: Können Sie bestätigen oder dementieren, dass die Entscheidung gefallen ist, das Griechenland zwei Jahre mehr Zeit für die Reformen bekommen soll?

Zweite Frage, eventuell auch an Herrn Kotthaus: Liegt Ihnen der Entwurf für eine Absichtserklärung der Griechen und ihrer Geldgeber vor, der auf jeden Fall in Athen schon vorhanden ist?

StS Seibert: Ich kann Ihnen namens der Bundesregierung nur sagen, dass es bisher keinen Troika-Report gibt. Er liegt nicht vor. Deswegen haben wir auch keine Grundlage dafür, diese Diskussion zu führen. Deswegen führen wir sie auch nicht und sagen das Gleiche wie nun schon seit relativ vielen Wochen, nämlich dass wir auf den Troika-Report mit allem, was er uns an Zahlenbasis und Erkenntnisbasis liefern wird, warten, um dann darauf unsere Beschlüsse und Entscheidungen aufzubauen.

Zusatzfrage: Die zweite Frage betraf den Entwurf der Absichtserklärung. Es gibt bestimmt viele Entwürfe, die immer wieder überarbeitet werden. Aber hat die Bundesregierung so etwas vorliegen?

Kotthaus: Die Troika diskutiert die Fragen mit Griechenland. Wenn in Griechenland irgendetwas vorliegt, dann kann ich das nicht beurteilen. Aber bei uns ist der Stand genau der, den Herr Seibert eben geschildert hat. Ich bilde mir auch ein, heute Morgen in Tickermeldungen gesehen zu haben, dass ein Teil der Troika beziehungsweise die EZB all diese Sachen relativ klar zurückgewiesen hat. Aber wie gesagt, für uns gilt einfach nur: Wir warten auf den Troika-Bericht.

Zusatzfrage: Ich möchte noch eine Anschlussfrage stellen, und zwar im Zusammenhang mit dem Auftritt von Herrn Draghi heute Nachmittag im Bundestag: Wird die Kanzlerin an der Veranstaltung für die Abgeordneten teilnehmen? Falls nein: Ist das sozusagen ein Zeichen dafür, dass sie absolutes Vertrauen in die Arbeit von Herrn Draghi hat?

StS Seibert: Sie wird an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Das ist in diesem Fall ein Zeichen für ihren sehr gedrängten Terminkalender und ein Ausdruck der Tatsache, dass sie erst vor Kurzem - ich kann Ihnen den genauen Tag nicht sagen, aber ich würde sagen, es ist nicht länger als 14 Tage her - mit Herrn Draghi im Kanzleramt ein interessantes Gespräch geführt hat.

Frage: Herr Kotthaus, der Chefverhandler der Koalitionsparteien der griechischen Regierung behauptet, dass Ende letzter Woche ein Schreiben des Bundesfinanzministers an die griechische Regierung geschickt worden sei, in dem detailliert aufgelistet wird, wie das Sperrkonto für die Raten der Hilfe an Griechenland einzurichten ist und welche Mittel auf diesem Konto aus dem nationalen Haushalt einzuzahlen sind. Können Sie so ein Schreiben bestätigen oder dementieren?

Kotthaus: Ich kann es nicht bestätigen.

Zusatzfrage: Also dementieren Sie es? Denn es kursiert auch die Meldung, dass dieses Schreiben vom Staatssekretär Steffen geschickt worden sei.

Kotthaus: Ich weiß nicht, welche E-Mails zwischen wem, wo, wie jederzeit ausgetauscht werden. Ich kann Ihnen dieses Schreiben nicht bestätigen - es ist mir einfach nicht bekannt.

Frage: Herr Kotthaus, über diesen Zwei-Jahres-Zeitraum wird ja nun schon länger diskutiert; das ist ja eine alte Forderung der griechischen Regierung. Was würde das Deutschland denn kosten? Das haben Sie doch bestimmt schon einmal durchgerechnet.

Kotthaus: Ich werde auch um fünf Ecken herum jetzt nicht spekulieren, was, wann, wo, wie in welchem Troika-Bericht drinsteht und welche Ideen und Vorschläge da kommen. Wir harren der Vorschläge, wir werden sie dann berechnen, wir werden sie dann diskutieren, und dann werden wir entscheiden.

Zusatzfrage: Ich habe ja auch nicht nach dem Troika-Bericht gefragt, sondern ich habe nach den zwei Jahren gefragt.

Kotthaus: Noch einmal: Es macht keinen Sinn, auch um fünf Ecken herum die immer gleiche Frage zu stellen. Ich verstehe das journalistische Anliegen, ich verstehe das Interesse; es macht aber, wie gesagt, keinen Sinn, die laufenden Zwischenstände, Unterformulierungen, Nebenideen und sonstigen Dokumenten zu kommentieren. Wir sind da relativ schlicht gestrickt und sagen: Wir warten auf den Bericht. Den werden wir dann mit Begeisterung diskutieren, hinterfragen und berechnen und werden Ihnen dann auch Auskunft geben.

Frage: Abgesehen davon, ob Herr Steffen am 20. Oktober den Brief an die griechische Regierung geschickt hat: Der Inhalt des Briefs - er liegt vor - ist eine aktualisierte Fassung des Beschlusses in der Eurogruppe vom Februar über das sogenannte Sperrkonto. Nun hat ein griechischer Oppositionspolitiker gesagt, dass im Falle der Umsetzung dessen, was in diesem Brief steht, Griechenland zu einem ökonomischen Protektorat umgewandelt würde. Meine Frage ist - abgesehen davon, ob der Brief nun geschickt wurde oder nicht -: Bestätigt die Bundesregierung den Inhalt dieses Briefes? Die Idee des Sperrkontos gibt es ja; sie ist auch offiziell von der Eurogruppe abgesegnet. Ist das auch nach wie vor die aktuelle Politik der Bundesregierung?

Kotthaus: Noch einmal: Ich kann hier irgendwelche E-Mails, Briefe oder was auch immer, die irgendwie zwischen Leuten ausgetauscht werden, nicht bestätigen - und zwar, weil mir das schlicht und ergreifend nicht bekannt ist.

Zweitens. Das Sperrkonto per se ist ja, wie wir beide wissen, eingerichtet, das gibt es ja in Griechenland; das war ein Teil des zweiten Griechenland-Paketes. Die Frage, wie weit die Reformen umgesetzt worden sind, wie weit das Programm umgesetzt worden und inwieweit die Schuldentragfähigkeit gegeben ist, muss die Troika beantworten. Dementsprechend muss sie auch schauen, welche Ideen, Vorstellungen und Instrumente es im Zusammenhang mit dem grundsätzlichen Thema, das hinter allem herrscht - nämlich dem Thema "Vertrauen schaffen und Vertrauen zurückgewinnen" -, geben kann. Das kann ich jetzt nicht kommentieren und das werde ich jetzt nicht kommentieren. Da warten wir schlicht und ergreifend darauf, was die Troika vorschlägt und macht, und dann werden wir das hier auch besprechen.

Frage: Welchen Stellenwert hat ein Mail-Wechsel für die Ausführung der Politik des Bundesfinanzministeriums? Ist das eine offizielle Stellungnahme?

Kotthaus: Ein Mail-Wechsel kann von "Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!" über eine Mittagessensverabredung bis zum Austausch irgendwelcher Papiere reichen. Sie kennen das ja selber; Sie sind selber E-Mail-Benutzer und wissen selber, dass eine E-Mail alles Mögliche abdecken kann. Was Sie mir da sagen, kenne ich nicht, insofern kann ich es hier auch nicht beurteilen oder kommentieren.

Zusatzfrage: Aber kann ich denn eine Mail eines Staatssekretärs als eine offizielle Stellungnahme ansehen? Das ist eine generelle Frage.

Kotthaus: Ein Staatssekretär kann auch offiziell sagen "Ich gratuliere zum Geburtstag", er kann auch sagen "Wie geht es deiner Frau?" und er kann auch irgendwelche anderen Sachen austauschen - ich weiß es nicht. E-Mail-Verkehr ist so breit gestreut, wie Sie es sich vorstellen können. Sie können auch Postkarten verschicken oder telefonieren. Mir sagt das nichts, insofern kann ich Ihnen nicht erklären, was eine einzelne E-Mail bedeutet, die ich nicht kenne.

Frage: Herr Kotthaus, dem Prozess können wir ja nachhelfen, deswegen sitzen wir hier ja zusammen. Könnten Sie denn netterweise, wenn Sie wieder zur Kommunikation fähig sind, nachgucken, ob aus Ihrem Haus beziehungsweise vom Staatssekretär ein Schreiben - das die Kollegen offenbar kennen - herausgegangen ist und welchen Charakter das hat? Wenn Sie uns das allen dann netterweise mitteilen könnten, könnten wir dieses Spiel, dass Sie etwas nicht kennen, was andere kennen - was ich verstehen kann -, insofern beenden, als Sie zur Erkenntnisfindung beitrügen.

Kotthaus: Das kann ich Ihnen nicht garantieren, denn ich weiß nicht, ob das ein informeller Austausch war - den würde ich sicherlich nicht in der Öffentlichkeit kommentieren - oder ob es etwas anderes war. Ich kann mich natürlich gerne kundig machen. Gegebenenfalls kann ich einfach nur sagen: Einen E-Mail-Austausch informeller Art kommentieren und begleiten wir nicht. Ich weiß es im Moment nicht, daher kann ich Ihnen auch nicht garantieren, dass ich Sie da voll informieren kann.

Zusatz: Das habe ich mir gedacht.

Frage: Gemäß der PASOK-Partei ist dieser Brief offiziell abgeschickt worden.

Ich wollte aber etwas anderes fragen - es geht um den ominösen Troika-Bericht. Wenn es stimmt, dass die Entscheidungen über den Verbleib Griechenlands bereits gefällt worden sind - es gibt eine Menge von Anzeichen dafür und auch von entsprechenden Erklärungen -, ist es dann nicht eine Irreführung der Öffentlichkeit, dauernd auf diesen Bericht zu pochen, wenn man sogar nicht erwarten kann, dass dieser Bericht tatsächlich etwas Neues bringen kann? Der Bericht wird ja im Gegenteil eher mehr Verwirrung stiften, eben weil auch in der Troika Verwirrung vorherrscht.

StS Seibert: Auf diesen Bericht zu pochen ist nichts anderes als unsere eigenen Arbeitsmethoden ernst zu nehmen und auch ernst zu nehmen, worauf wir uns mit den Griechen verständigt haben. Die Troika ist in Griechenland, um zu überprüfen, wie die Umsetzung der Vereinbarungen läuft. Der Troika-Bericht hat eine essenzielle Funktion, weil er das - und zwar in einer einheitlichen Einschätzung von IWF, EZB und Europäischer Kommission - mit allem notwendigen Zahlenwerk schriftlich niederlegen wird. Des Weiteren wird er, falls an einigen Punkten die Programmziele noch nicht erreicht worden sind, klare Maßnahmen aufzeigen, die ergriffen werden müssen, und uns sagen, was empfohlen wird, damit die Programmziele erreicht werden. Das ist die Arbeitsmethode, die im Übrigen nicht nur mit Griechenland, sondern auch mit anderen Ländern, die sich unter einem Programm befinden, besteht. Diese Arbeitsmethode ernst zu nehmen heißt, auf den Troika-Bericht zu warten. Wenn Sie das anders interpretieren, kann ich Ihnen das nicht nehmen. Das ist aber unsere Interpretation und sogar unsere Überzeugung.

Frage: Dieser Sperrkonto-Brief ist also kein Brief, keine E-Mail, sondern ein offizielles Nonpaper von Herr Steffens vom 20. Oktober 2012 an das griechische Finanzministerium. Es gab vor wenigen Minuten sozusagen einen Kommentar von Herrn Samaras, der sagt, dass die griechische Regierung kein Sperrkonto akzeptiert. Haben Sie einen Kommentar dazu?

Kotthaus: Noch einmal - "with all due respect" -: Ich habe mich dazu jetzt schon ausgiebig eingelassen. Ich kann das nicht kommentieren und ich kann das nicht begleiten, weil ich es nicht kenne. Allein der Begriff "offizielles Nonpaper" ist schon etwas kurios, denn das schließt sich eigentlich aus. Noch einmal: Ich kann das hier nicht kommentieren, mir ist es persönlich nicht bekannt, deswegen werde ich es hier auch nicht kommentieren.

Frage: Frau Stamer, die "Financial Times Deutschland" berichtet, dass die geplante steuerliche Förderung der Gebäudesanierung vom Tisch sei und berichtet zugleich, dass es eine Alternativlösung geben soll. Ist das richtig?

Stamer: Ich würde diese Frage zunächst einmal an die zuständigen Ressorts oder an Herrn Seibert weiterleiten.

StS Seibert: Dann würde ich das gerne aufnehmen und würde sagen: Das Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden ist Gegenstand eines Vermittlungsverfahrens im Vermittlungsausschuss. Das Ergebnis steht noch aus, ist also abzuwarten. Für die Bundesregierung ist klar: Wir machen uns weiter für diese Einigung stark, weil wir von ihrem Sinn und Nutzen überzeugt sind.

Frage: Ich habe eine Frage zum Thema kontaminierte Kabinenluft in Flugzeugen: Es gab in den letzten Tagen und Wochen ja einige Vorfälle, wo Flugzeuge schneller landen mussten, weil seltsame Gerüche an Bord aufgetreten sind. Deswegen meine Frage an Herrn Rudolph: Sieht das Ministerium in dieser Frage jetzt wieder größeren Handlungsbedarf, gibt es da irgendwelche Initiativen?

Rudolph: Grundsätzlich ist es so, dass die Sicherheit im Luftverkehr für die Bundesregierung insgesamt allerhöchste Priorität hat und dass es in diesem gesonderten Fall - kontaminierte Kabinenluft - ein Meldewesen in Deutschland gibt, das wiederum bei der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung mündet. Das heißt also: Wenn Vorfälle eintreten, können/sollen/müssen das Piloten oder Luftfahrtgesellschaften melden; dann wird diesen Fällen nachgegangen, und zwar transparent und mit der größtmöglichen Sorgfalt. Das ist auch bei dem Fall von Germanwings in Köln im Jahre 2010 geschehen. Der entsprechende Bericht wurde auch vor einigen Wochen veröffentlicht.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Minister Ramsauer nimmt das Thema ernst, ohne es zu dramatisieren. Man muss den Vorfällen nachgehen und man muss ihnen vor allen Dingen auf europäischer Ebene nachgehen. Da ist das Thema nicht neu, denn auch die europäische Seite hat sich schon länger damit befasst. Wenn es aber weitere Vorfälle gibt, dann muss das Thema praktisch immer wieder auf die Tagesordnung gehoben werden. Das heißt im Klartext: Beim nächsten EU-Verkehrsministerrat wird Minister Ramsauer dieses Thema aktiv ansprechen. Er hat im Vorfeld auch schon Gespräche dazu geführt. Das zielt praktisch darauf hin, dass sich die Europäische Union und die EASA, also die Europäische Agentur für Flugsicherheit, dieses Themas noch einmal annehmen. Der Luftverkehr ist international; insofern kann man hier nicht sozusagen im luftleeren deutschen Raum denken, sondern muss das Thema auf die Bühne heben, auf die es gehört, und das ist die europäische. Deswegen wird der Minister das mit der Sorgfalt, die dem Thema geboten ist, auch ansprechen.

Zusatzfrage: Die EASA hatte das Thema schon einmal behandelt und hat es im Prinzip ein bisschen auf die nationale Ebene zurückgespielt, indem sie gesagt hat, dass das die Arbeitssicherheit betrifft. Damit sind die Einzelstaaten gefragt. Das heißt, es wird jetzt wieder zurück auf die europäische Ebene gespielt.

Rudolph: Beides ist richtig. Erstens sind natürlich Einzelstaaten gefragt. Deutschland hat ein Meldewesen. Wir haben auch über das Luftfahrtbundesamt, das eine unserer nachgeordneten Behörden ist, nochmals die Luftfahrtgesellschaften aufgefordert - das ist nicht neu; das war schon im Jahr 2010 der Fall - und haben auf dieses Meldewesen hingewiesen.

Ich weiß nicht, wie es in anderen europäischen Staaten praktisch abläuft. Man kann auch beim EU-Verkehrsministerrat über die Fragen reden: Welche Abläufe hat Deutschland? Welche Erfahrungen haben wir gewonnen? Welche Erfahrungen haben andere europäische Länder?

Eines ist, glaube ich, eher unwahrscheinlich, nämlich dass es ein rein deutsches Problem ist, weil die Luftfahrzeuge von Deutschland Grenzen überwinden und insofern diese Probleme, wenn sie grundsätzlicher Natur sind, auch international auftreten müssten. Damals - im Mai 2011 - hat die EASA gesagt: Es ist kein grundsätzliches Problem und deswegen sollen die Nationalstaaten weiter daran bleiben. Aber wenn es weitere Verdachtsfälle gibt, gehört es trotzdem wieder auf die europäische Ebene. Insofern sind beide Sachverhalte richtig.

Zusatzfrage: Was erwarten Sie konkret, was auf der europäischen Ebene passieren soll? Was ist quasi der Arbeitsauftrag?

Rudolph: Der Arbeitsauftrag für den nächsten EU-Verkehrsministerrat ist erstens, dass es auf der Tagesordnung steht. Da stand es ursprünglich nicht. Verkehrsminister Ramsauer hat es auf die Tagesordnung gesetzt. Arbeitsauftrag ist außerdem, dass sich die europäischen Staaten darüber austauschen, wie die Erfahrungswerte 2012, also in jüngerer Vergangenheit, sind. Der dritte Arbeitsauftrag wäre, zu schauen, ob man an der einen oder anderen Schraube nachdrehen muss. Ich sage noch einmal: Für Deutschland gibt es ein funktionierendes Meldewesen. Es gibt eine Flugunfalluntersuchung, die jedem Verdachtsfall mit der gebotenen Sorgfalt nachgeht und transparent aufarbeitet.

Frage: Im Zusammenhang mit dem Thema Luftverkehr eine Frage an Rudolph: Nächste Woche findet die nächste Aufsichtsratssitzung des Hauptstadtflughafens statt. Es gibt Berichte, dass der Vertreter der Bundesregierung in dieser Sitzung den Rückzug von Herrn Schwarz beantragen will. Ist das richtig?

Rudolph: Die Berichte gibt es. Das sind Gerüchte, auf die man sich stützt. Diese kann und werde ich nicht kommentieren.

Richtig ist aber, dass die Soko Flughafen BER bei uns im Haus unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Verschiebung der Eröffnung des Flughafens eingesetzt wurde. Nachdem der Termin 3. Juni dieses Jahres nicht zu halten war, hatte der Minister diese Soko eingesetzt. Der Vorsitzende ist Michael Odenwald. Er ist seit dieser Woche auch Staatssekretär, aber nach wie vor Leiter dieser Soko Flughafen BER. Nach seinen Erkenntnissen gibt es einen Sachverhalt, den man im Aufsichtsrat besprechen muss.

Dieser Sachverhalt ist, dass der Aufsichtsrat im Vorfeld dieser Verschiebung nicht umfassend und nicht richtig von Herrn Schwarz informiert worden ist. Die Soko BER empfiehlt auch, mögliche haftungsrechtliche Konsequenzen durch externen juristischen Sachverstand zu prüfen, um dem auf den Grund zu gehen. Dieses Soko-Protokoll werden wir im Vorfeld, wenn sie es nicht schon haben, auch den Gesellschaftern zukommen lassen. Dann wird das Thema besprochen.

Zusatzfrage: Dazu die Nachfrage: Wie tief ist denn das Vertrauen des Ministers in Herrn Schwarz erschüttert? Oder besteht das weiterhin fort?

Rudolph: Ich kann das jetzt nicht in Prozentzahlen wiedergeben, weil es schwierig wäre zu sagen, wie groß es erschüttert ist. Grundsätzlich ist es so: Man muss die Erkenntnisse der Soko ernst nehmen. Das tun wir, das tut auch der Minister. Deswegen muss das im Aufsichtsrat unter den Gesellschaftern besprochen werden. Wie ernst sind die Vorwürfe? Kann man sie weiter erhärten? Wenn ja, welche Konsequenzen sind zu ziehen? Ich kann und will dem Gremium nicht vorgreifen. Die Sitzung ist nicht öffentlich. Das ist die Diskussion, die sich darum rankt.

Zusatzfrage: Auch wenn Sie eine Prozentzahl nicht angeben können, so ist das Vertrauen schon erschüttert?

Rudolph: "Erschüttert" ist ein wertender Begriff. Deswegen habe ich gesagt: Er nimmt die Ergebnisse der Soko sehr ernst. Man muss diesen Erkenntnissen im Gesellschafterkreis nachgehen. Das werden wir tun.

Frage: Herr Seibert, gibt es schon einen Termin für die deutsch-russischen Konsultationen? In welchem Format werden sie stattfinden? Ist auch geplant, dass Herr Schockenhoff mitfährt?

StS Seibert: Ich müsste nachschauen, wann der Termin stattfindet. Der Termin ist zwischen Deutschland und Russland schon besprochen worden. Da Herr Schockenhoff der Beauftragte der Bundesregierung für den zivilgesellschaftlichen Dialog zwischen Deutschland und Russland ist, wird er sicherlich am Petersburger Dialog, der parallel dazu stattfindet, teilnehmen. Ich kann schauen, ob ich Ihnen den Termin, den wir wie immer erst kurz vorher ankündigen, sagen kann. Ich weiß ihn nicht auswendig.

Frage: Herr Seibert, dazu noch einmal die Frage an Sie: Sie hatten bei Ihren Darlegungen wohl von einer - so hatten Sie es wohl genannt - wahrscheinlich erfolgreichen Kandidatur Deutschlands für den Vorsitz im Uno-Menschenrechtsrat gesprochen. Wenn ich das richtig verstanden habe, schätzen Sie die Chancen als groß ein. Russland ist zwar nur ein Mitglied in der Uno-Mitgliederversammlung, aber doch ein wirkungsmächtiges und einflussreiches. Erwarten Sie dadurch nicht eine Minderung der Chancen für die Kandidatur Deutschlands?

StS Seibert: Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich versucht zu erklären, dass wir auf der Basis unserer sowohl national als auch international überzeugenden Menschenrechtspolitik glauben, diese Kandidatur sozusagen gut betreiben zu können. Ich werde hier keine Erfolgsaussichten einschätzen. Natürlich hoffen wir, dass wir die nötigen Stimmen bekommen. Aber ich habe keine Erfolgsaussichten eingeschätzt. Das Schielen auf Erfolgsaussichten bei solchen Abstimmungen wird auch unsere Menschenrechtspolitik nie beeinflussen können, denn das ist eine Wertepolitik - und diese führen wir durch.

Zusatzfrage: Aber ist nicht eine Minderung der Chancen zu erwarten?

StS Seibert: Ich möchte das nicht einschätzen. Ich weiß es nicht. Ich glaube, im Menschenrechtsausschuss sollte zählen, wie stark ein Land und wie überzeugt ein Land sich national wie auch international für die Menschen einsetzt. Wir tun das. Wir hoffen, dass das genügend andere überzeugt.

Zusatz: Das wird Russland wahrscheinlich anders sehen.

StS Seibert: Das wäre allerdings eine Frage an den russischen Regierungssprecher.

Peschke: Ich kann das ergänzen. Aus unserer Sicht ist, was die Kandidatur für eine Mitgliedschaft im UN-Menschenrechtsrat betrifft, unser Hauptkriterium und unser Hauptpfund eine glaubwürdige Politik im Bereich Menschenrechte. Darauf konzentrieren wir uns. Alle übrigen Fragen stehen damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang. Wir betreiben eine glaubwürdige Politik im Bereich der Menschenrechte. Damit werben wir für unsere Kandidatur.

Zusatzfrage: Das wird bei den jetzigen Konsultationen auch kein Thema sein?

StS Seibert: Die Menschenrechte?

Zusatz: Nein, die Kandidatur.

StS Seibert: Ich kann Ihnen das nicht sagen.

Peschke: Ich glaube, da ist sogar terminlich ein Zusammenhang ausgeschlossen. Die Abstimmung findet meines Erachtens vor den Konsultationen statt. Selbst wenn - die Kandidatur für den Menschenrechtsrat ist ein ständiges Thema mit allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, wo wir natürlich für unsere Kandidatur werben. Das wird in allen Gesprächen berücksichtigt. Das wird in den entsprechenden Gremien in Genf und in New York vorgetragen. Das ist ein ständiges Thema. Das kann man nicht speziell auf einen Anlass beschränken. Das wird angesprochen. Wir verweisen auf unsere Menschenrechtspolitik und nennen unsere Argumente, warum wir glauben, eine gute Rolle im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen spielen zu können. Wir hoffen, dass das andere Länder entsprechend unterstützen.

Frage: Eine Frage an das Bundesbetreuungsgeldministerium. Ich wüsste gerne, ob es einen Stichtag für das Inkrafttreten des gewünschten Betreuungsgeldes zum 1. Januar 2013 gibt, der schon überschritten ist? Oder gibt es im Laufe des ganzen geplanten gesetzlichen Ablaufs noch einen zeitlichen Spielraum? Wenn ja, wann läuft der ab, wenn er noch nicht erreicht ist?

Angeli: Da darf ich Sie direkt an die Fraktionen des Deutschen Bundestages verweisen. Das Betreuungsgeldgesetz ist im parlamentarischen Verfahren. Das heißt, für all diese Fragen sind die Fraktionen zuständig.

Zusatzfrage: Ich habe ja nur die Frage gestellt, ob es aus Sicht des Ministeriums noch einen Zeitraum zu erreichen gibt, damit das Gesetz zum 1. Januar 2013 in Kraft treten kann. Ist das denkbar? Ist das aus Sicht des Ministeriums machbar? Sie sind doch Expertin. Sie können das doch beurteilen.

Angeli: Wie gesagt: Die Fraktionen sind für das Gesetz Ansprechpartner. Das Gesetzgebungsverfahren läuft im Deutschen Bundestag. Deswegen wenden Sie sich bitte dorthin.

Zusatzfrage: Gehen Sie davon aus, dass das Betreuungsgeld zum 1. Januar 2013 in Kraft treten kann?

Angeli: Das kommt auf den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens an. Noch einmal die Bitte, sich an die Fraktionen zu wenden.

Frage: Eine Frage an das Justizministerium. Gibt es irgendwelche Erfahrungswerte, wie viel Zeit man braucht, um sozusagen eine neue Sozialabgabe zu implementieren, um das alles rechtlich sicher zu machen?

Albin: Es handelt sich um ganz übliche Abläufe, die Ihnen und mir auch bekannt sind. Diese muss ich nicht noch einmal erörtern. Es kommt wirklich darauf an, wie die Fraktionen die Arbeiten im Bundestag voranbringen. Das hat die Kollegin alles schon gesagt.

Zuruf: Was hat sie gesagt?

Albin: Die Kollegin hat gesagt, dass es darauf ankommt, wie die Einigung zustande kommt, welche Gespräche dort geführt werden und wann die zweite und dritte Lesung stattfinden. Davon ist es abhängig.

Frage: Frau Angeli, im Gesetz stehen diese 300 Millionen Euro für nächstes Jahr. Ist das der Betrag für die zweite Jahreshälfte oder ist das der Betrag, der für ein ganzes Jahr geplant ist?

Angeli: Bei all diesen Detailfragen möchte ich Sie an die Fraktionen verweisen. Die Details werden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geklärt. Deswegen ist nicht mehr das Bundesfamilienministerium der richtige Ansprechpartner, sondern die Fraktionen des Deutschen Bundestages.

Frage: Herr Kotthaus, ist das Betreuungsgeld für das ganze Jahr 2013 im Haushaltsentwurf abgesichert? Hätte man plötzlich zusätzliches Geld, wenn das erst zum 1. April in Kraft träte?

Kotthaus: Es ist im Entwurf so abgesichert, wie es in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wurde.

Zusatzfrage: Nämlich als ganzjährig wirkend?

Kotthaus: "Off the cuff": Soviel ich weiß, spiegelt der Haushalt die Eingabe des Gesetzgebungsverfahrens wider.

Frage: Herr Seibert, Herr Brüderle hat heute gesagt, die Koalition sei sich einig in Sachen Entlastung der Kassenpatienten. Er sagte: " Wir sind uns einig, dass es eine Entlastung geben soll." Ist das auch Meinung der Bundeskanzlerin? Ist das Meinung der gesamten Koalition?

StS Seibert: Sie wissen, dass es in nicht allzu ferner Zeit ein Treffen der Spitzen der Koalition geben wird, an dessen Ende all diese Fragen sicherlich auch als gelöst betrachtet werden können. Auf dem Weg dahin werde ich einzelne Wortmeldungen aus den Parteien nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Sie werden auch nichts dazu sagen, dass diese Entlastung der Kassenpatienten entweder über eine Abschaffung der Praxisgebühr oder eine Senkung des Beitrags zur Krankenversicherung passieren könnte? Sind das denkbare Wege?

StS Seibert: Es ist richtig, dass ich dazu jetzt nichts sagen werde.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 24. Oktober 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/10/2012-10-24-regpk.html?nn=391778
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2012