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PRESSEKONFERENZ/531: Regierungspressekonferenz vom 19. Dezember 2012 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 19. Dezember 2012 Regierungspressekonferenz vom 19. Dezember 2012

Themen: Kabinettssitzung (Bundesbedarfsplangesetz, Monitoring-Bericht zur Energiewende, Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, Programm zur Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden, Gesetzentwurf zur Honoraranlageberatung, Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen, Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags, Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter 3 Jahren, Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung von Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates, Bilanz der zu Ende gehenden Mitgliedschaft der Bundesrepublik im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen), EU-Russland-Gipfel, Empfehlung der Promotionskommission der Universität Düsseldorf in Sachen Doktorarbeit von BM Schavan, Wahlkampf in Italien, Raketenabwehrsystem MEADS

Sprecher: StS Seibert, Fischer (AA), Beyer-Pollock (BMI), Schlienkamp (BMWi), Ballensiefen (BMBF), Dienst (BMVg)



Vorsitzender Freitag eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Es könnte ein bisschen ausführlicher werden, obwohl ich versuche, mich kurz zu fassen. Die Ressorts waren vorweihnachtlich emsig, und das hat zu einer ausgesprochen vollen Tagesordnung der Kabinettssitzung geführt.

Sie begann mit einer Reihe von Tagesordnungspunkten, mit denen die Bundesregierung ihre Entschlossenheit zeigt, die Energiewende voranzutreiben. Das war sozusagen der passende Abschluss eines Jahres, in dem gerade im Bereich der Energiewende in dieser Hinsicht schon wichtige Ergebnisse erzielt worden sind.

Es hat begonnen mit weiteren Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der Stromnetze. Es geht dabei im Kern um einen Gesetzentwurf, der Bundesbedarfsplangesetz heißt. Es geht also um den Bundesbedarfsplan. Der enthält 36 Vorhaben, die energiewirtschaftlich notwendig und besonders vordringlich sind. Die sind nun in diesem Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben. Das heißt, Planungs- und Genehmigungsverfahren für Netzausbauvorhaben in diesen Fällen können beschleunigt werden. Es ist, glaube ich, auch schon von den Ministern darüber berichtet worden, die hier vorhin gesessen haben. Deswegen mache ich es an diesem Punkt einigermaßen kurz.

Jetzt komme ich zu dem schon halb angesprochenen Monitoring-Bericht zur Energiewende. Er heißt "Energie der Zukunft". Auch damit hat sich das Bundeskabinett heute befasst und ihn zur Kenntnis genommen. Auch der ist Ihnen heute vorgestellt worden; ich mache es deswegen kurz. Er gibt einen ersten Einblick in den Umbau der Energieversorgung. Er beruft sich im Wesentlichen auf Daten aus dem Jahr 2011. Man kann also sagen: Dieser Bericht ist eine Art Eröffnungsbilanz. Er zeigt nichtsdestotrotz, dass die Energiewende im vollen Gange ist und dass die Bundesregierung bei der Umsetzung dieser Energiewende auch ein gutes Stück vorangekommen ist.

Ich nenne nur wesentliche Kernaussagen: Der Energieverbrauch ist rückläufig. Die erneuerbaren Energien tragen immer stärker zur Versorgung bei. Die Treibhausgasemissionen sinken. Eine zuverlässige Stromversorgung ist trotz der Abschaltung von acht Kernkraftwerken gewährleistet. Die Grundlagen für einen beschleunigten Ausbau der Stromnetze sind gelegt.

Es bleiben selbstverständlich - darin ist dieser Bericht auch relativ klar - Herausforderungen bestehen. Die steigende Energiekostenbelastung ist eine wesentliche Herausforderung. Sie ist in vielen Fällen und im Wesentlichen auch auf steigende Weltmarktpreise für fossile Energien zurückzuführen, also steigende Preise für Erdöl, Erdgas und Steinkohle. Sie ist aber im Bereich des Stroms zweifellos auch auf die steigende EEG-Umlage zurückzuführen. Für die Bundesregierung bleibt es Maxime ihres Handelns, dass sie mit allem Nachdruck dafür sorgen wird, dass die Kosten der Energieversorgung im Rahmen bleiben, sowohl für Bürger als auch für die Wirtschaft.

Dies ist also ein Bericht, der neben Fortschritten auch Handlungsbedarf aufzeigt. Die Bundesregierung nimmt diese Hinweise, diese Anregungen sehr ernst und dankt der Kommission für die bisherigen Impulse.

Das Bundeskabinett hat - wir sind immer noch beim großen Thema Energie - heute den ersten Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz beschlossen. Dieses Gesetz ist jetzt drei Jahre alt. Es ist also ein erster Bericht über Erfahrungen mit diesem Gesetz und über Handlungsempfehlungen dazu, wie damit weiter umgegangen werden soll und wie das Gesetz möglicherweise auch weiterentwickelt werden soll. Ich will auch das kurz machen: Nicht nur beim Gebäudeneubau, sondern auch beim Gebäudebestand konnte also die Nutzung erneuerbarer Energie zur Wärme- und zur Kälteherstellung weiter vorangetrieben werden. Im Wärmesektor sind die erneuerbaren Energien jetzt für 11 Prozent des Endenergieverbrauchs zuständig. Im Wärme- und Kältesektor sind es zusammen etwas über 10 Prozent. Das Ziel der Bundesregierung ist es, bis 2014 den Anteil der erneuerbaren Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte auf 14 Prozent zu erhöhen.

Jetzt wird es sehr praktisch: Das Kabinett hat heute die von Verkehrsminister - in diesem Fall Bauminister - Ramsauer vorgelegten Eckpunkte für ein Programm zur Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden beschlossen. Sie wissen, dass der Vorschlag der Bundesregierung für eine steuerliche Förderung solcher Maßnahmen auch nach mehreren Einigungsversuchen im Vermittlungsausschuss am Widerstand der Bundesländer gescheitert ist. Trotzdem verliert die Bundesregierung ihre Energie- und Klimaschutzziele nicht aus dem Auge und will vor allem auch die vielen Sanierungswilligen nicht im Stich lassen. Sie hat also geprüft, wie der Bund auch ohne Mitwirkung der Länder die Gebäudesanierung finanziell zusätzlich fördern kann. Nun liegt ein Alternativvorschlag vor, nämlich in Form einer verbesserten Zuschussförderung der KfW für Sanierungsmaßnahmen, im Wesentlichen im Bereich des selbstgenutzten Wohneigentums. Die Bundesregierung steht damit zu ihrer Verantwortung. Sie stellt weitere Mittel aus dem Energie- und Klimafonds in Höhe von insgesamt 2,4 Milliarden Euro über acht Jahre zur Verfügung. Es geht also um Jahrestranchen in Höhe von 300 Millionen Euro, die dafür zur Zufügung stehen werden. Dieses Programm kann im Januar 2013, also in ganz kurzer Zeit, starten, sobald der Gesetzgeber die Mittel zur Verfügung gestellt hat.

Wir kommen zu einem anderen Schwerpunktthema der Bundesregierung in diesem Jahr, nämlich der Finanzmarktregulierung. Es ist ein weiterer Baustein beschlossen worden, der diesmal vor allem beim Schutz der Verbraucher und Anleger ansetzt. Die Verbraucher in Deutschland sollen künftig wissen, welche Art von Anlageberater sie vor sich haben: Ist es ein Vermittler, der über eine Provision selbst vom Verkauf von Finanzprodukten profitiert, oder ist es ein unabhängiger Berater, dessen Dienste der Kunde selbst per Honorar bezahlt? Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Honoraranlageberatung führt nun eine geschützte Berufsbezeichnung ein, die des Honoraranlageberaters. Das ist etwas, das es im Versicherungswesen auch schon gibt, nämlich den Honorarversicherungsberater. So wird also der Unterschied deutlich: Der unabhängige Berater lebt per Honorar von seinen Beratungsleistungen und nicht vom Verkauf ganz bestimmter Finanzprodukte. Das ist etwas, das vielen Kunden heute nicht so ganz bewusst ist. Man schätzt, es gibt etwa 300.000 provisionsabhängige Berater in Deutschland und nur etwa 1.500 Honorarberater.

Außerdem richtet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, also die BaFin, ein Register über Honoraranlageberater ein, das auf der Website öffentlich einsehbar ist. Auch das ist nach unserer Überzeugung im Sinne der Verbraucher und damit ein weiterer Baustein für den neuen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte und für mehr Verbraucherschutz. Deutschland ist in diesem Punkt übrigens auch Vorreiter in Europa.

Wir kommen zum Entflechtungsänderungsgesetz. Im Rahmen der Verständigung zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags - man muss dabei etwas ausholen - waren auch die Kompensationsleistungen nach dem sogenannten Entflechtungsgesetz Verhandlungsgegenstand. Es hat keine Einigung mit den A-Ländern gegeben. Daher gab es jetzt im Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Entflechtung von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen.

Ich muss noch einmal ein bisschen ausholen. Sie haben das vielleicht alle parat. Für den Fall, dass nicht: Die Föderalismusreform I hat 2007 verschiedene Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern, die auch mischfinanziert waren, abgeschafft. Dadurch entfielen Finanzierungsanteile des Bundes. Als Ersatz für diese Finanzierungsanteile zahlt der Bund den Ländern bis 2019 jährliche Beiträge aus seinem Haushalt. Das ist in Art. 143c des Grundgesetzes so festgelegt. Diese Entflechtungsmittel, denn darum handelt es sich, sind bis 2013 auf jährlich ca. 2,6 Milliarden Euro festgeschrieben.

Nun müssen - wiederum nach dem Grundgesetz - Bund und Länder bis Ende 2013 prüfen, in welcher Höhe die Entflechtungsmittel dann bis 2019 noch angemessen und erforderlich sind und weiter geleistet werden müssen. Gespräche darüber sind trotz mehrfacher Bereitschaft zur Verständigung, die der Bund geäußert hat, gescheitert oder es konnte - so sollte ich es sagen - bisher keine Einigung erzielt werden. Um nun aber gegenüber den Kommunen und den Ländern Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen, die anstehen, legt die Bundesregierung jetzt diesen Gesetzentwurf vor. Mit ihm schreibt sie also für das Jahr 2014 die Entflechtungsmittelzahlung noch einmal in Höhe der bisher schon jährlich geleisteten Beträge fort, also in Höhe dieser etwa 2,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig bekräftigt die Bundesregierung ihren Willen, auch für die bis 2019 verbleibenden Jahre mit den Ländern zu einer kurzfristigen Einigung zu kommen.

Ich habe gerade schon das Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags angesprochen. Hinsichtlich dieses Gesetzes hat es keine Einigung im Vermittlungsausschuss gegeben. Nun wird das Gesetz in zwei verschiedene Tagesordnungspunkte aufgespalten, die das Kabinett heute beschlossen hat. Das eine ist also das Gesetz zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalvertrags. Der Fiskalvertrag verpflichtet alle Vertragsstaaten - das wissen Sie -, seine Vorgaben in nationale Fiskalregeln umzusetzen. Das müssen wir eben auch hier in Deutschland tun. Das heißt insbesondere: Die Defizitobergrenze in Höhe von 0,5 Prozent muss im nationalen Recht verankert werden. Deutschland hat nun mit der schon 2009 ins Grundgesetz geschriebenen Schuldengrenze und mit dem 2010 gegründeten Stabilitätsrat sehr weitgehende Regelungen geschaffen. Der vorliegende Gesetzentwurf wird nun also die gesamtstaatliche Defizitobergrenze in Höhe von 0,5 Prozent im Haushaltsgrundsätzegesetz festschreiben.

Der Stabilitätsrat ist damit beauftragt, die Einhaltung dieser Defizitgrenze zu überwachen. Er bekommt zur Unterstützung einen unabhängigen Beirat eingerichtet. Es wird auch festgeschrieben, wie eventuelle Sanktionen gegen Deutschland innerstaatlich aufzuteilen sind. Im Zuge der Bund-Länder-Verhandlungen - das ist, glaube ich, der wesentliche Satz, vor allem für die Länder - hat sich der Bund bereit erklärt, etwaige Sanktionszahlungen bis Ende 2019 im Regelfall allein zu übernehmen.

Der andere Teil dieses aufgespaltenen Gesetzes betrifft den Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahre. Der Bund wird gemeinsam mit den Ländern die Investitions- und Betriebskosten für 30.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren finanzieren. Das war immer unsere Absicht. Dazu hat jetzt das Kabinett eine sogenannte Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen im Bundestag beschlossen.

Beim Krippengipfel im Jahr 2007 - Kinderförderungsgesetz - hatte man ein Ausbauziel von 750.000 Plätzen festgelegt. Dieses wird jetzt auf 780.000 Plätze erhöht. Damit das umgesetzt werden kann, gibt der Bund den Ländern und Kommunen weitere Finanzhilfen über das schon Geleistete hinaus in Höhe von 580,5 Millionen Euro. Daneben wird es eine dauerhafte Zahlung - jedes Jahr aufs Neue - für die Unterstützung bei den Betriebskosten der jetzt zusätzlich zu errichteten Plätze geben. Damit stellen wir sicher, dass kurzfristig die Mittel für den Ausbaubedarf vor Ort bereitstehen. Wir schaffen Planungssicherheit für die Kommunen und die Träger der Einrichtungen. Die Bundesregierung erwartet, dass die Länder diese Mittel nun auch kurzfristig und gemeinsam mit dem von ihnen entrichteten Anteil den Kommunen und Trägern zur Verfügung stellen.

Es gibt noch eine ergänzende Erklärung, die das Kabinett ebenfalls beschlossen hat, mit der die Bundesregierung deutlich macht, dass die Finanzhilfen des Bundes rückwirkend für Bewilligungen von Investitionsvorhaben bereitstehen, die ab dem 1. Juli dieses Jahres 2012 begonnen wurden und die der Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze dienen. Damit bekräftigt die Bundesregierung ein weiteres Mal, wie wichtig ihr dieses Ziel ist, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen für Kinder bis drei Jahren zügig voranzutreiben.

Der Außenminister hat dem Bundeskabinett einen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung von Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates vorgelegt. Diese Resolution 1325, die durch folgende Resolutionen noch bekräftigt wurde, sagt im Wesentlichen, dass man die Rolle von Frauen bei Maßnahmen für Krisenprävention, Konfliktbewältigung und Friedensstabilisierung stärken will. Es gibt verschiedene Berichte des UN-Generalsekretärs, die auf sehr nachdrückliche Weise zeigen, dass man da, wo man Frauen an solchen Maßnahmen beteiligt, zu besseren und nachhaltigeren Ergebnissen kommt. Die Resolution weist im Übrigen darauf hin, dass Frauen - junge Frauen und Mädchen - oft auf andere und in besonderer Weise als Männer von bewaffneten Konflikten bedroht sind und sie besonderen Schutz benötigen.

Deutschland hat diese Ziele von Anfang an unterstützt und sich auch während seiner Mitgliedschaft im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, auf die ich gleich komme, verstärkt dafür eingesetzt. Nun liegt also ein Aktionsplan vor, mit dem die Bundesregierung die Umsetzung dieser Maßnahmen innerhalb ihrer Möglichkeiten bündelt. Das ist etwas, was potenziell alle Ressorts betrifft - eine Querschnittsaufgabe. Dieser Aktionsplan nimmt Anregungen aus dem Deutschen Bundestag dankbar auf, ebenso Anregungen aus der Wissenschaft und von Nichtregierungsorganisationen.

Zum Abschluss hat Bundesaußenminister Westerwelle eine Bilanz der in diesen Tagen zu Ende gehenden Mitgliedschaft der Bundesrepublik im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gezogen. Sie wissen, 2011 und 2012 war Deutschland ein nichtständiges Mitglied. Im Juli 2011 sowie im September dieses Jahres hatte es einen Monat lang die jeweils rotierende Präsidentschaft des Sicherheitsrates inne. Die Bilanz des Außenministers ist ausgesprochen positiv. Er hebt den besonderen Einsatz hervor, den Deutschland in diesen Sitzungen für Kinder in bewaffneten Konflikten gezeigt hat. Das war eine Schwerpunktaufgabe unserer Arbeit dort. Die Bundeskanzlerin hat das bestätigt und dem Team der UN-Botschaft und Botschafter Wittig dafür Dank ausgedrückt.

Das war es.

Frage: Herr Seibert, ich habe drei Fragen zum bevorstehenden EU-Russland-Gipfel.

Einmal zum Thema Visa: Deutschland gilt in der EU als der Bremser in der Visa-Liberalisierung. Gedenkt Deutschland bei diesem Gipfel seinen Widerstand aufzugeben oder aufzuweichen? Werden Sie irgendwelche neuen Vorschläge machen? Ich würde es begrüßen, wenn das Innen- und Außenressort dazu etwas sagen könnten.

Die zweite Frage betrifft das dritte Energiepaket, gegen das Russland besonders aktiv wettert. Gibt es Chancen, dass dieses dritte Paket geändert wird?

Die dritte Frage: Wie geht es weiter mit der Modernisierungspartnerschaft zwischen der EU und Russland?

StS Seibert: Ich denke, dass die Ressorts über die einzelnen Themen etwas sagen können. Das sind alles Themen, die auch Gegenstand der letzten deutsch-russischen Konsultationen waren. Darüber hat die Bundeskanzlerin auch bei der Pressekonferenz mit Präsident Putin in Moskau Auskunft gegeben.

Zum Thema Visa weise ich zurück, dass die Bundesregierung ein Bremser sei, und möchte darauf hinzuweisen, dass Deutschland gerade in den letzten anderthalb Jahren konkrete Verbesserungen vorgenommen hat.

Ich nenne hier nur die verstärkte Ausgabe von Mehrfachvisa oder die erleichterte Beantragung von Visa. Menschen können die Visa jetzt auch online beantragen. Das ist in einem Land mit neun Zeitzonen nicht ganz unerheblich, wenn man zur Visa-Beantragung nicht mehr persönlich anreisen muss. Also es hat da Vereinfachungen gegeben.

Ich denke, dass Sie das vielleicht noch besser ausführen können.

Fischer: Grundsätzlich kann ich mich den Ausführungen des Herrn Regierungssprechers anschließen. Russland ist ein wichtiger Partner für Deutschland. Das wird auch so bleiben. Ich glaube, die wichtigsten Dinge sind in der Vergangenheit auch schon häufig geäußert worden. - Ich weiß nicht, vielleicht will der Kollege aus dem BMI das noch ergänzen.

Beyer-Pollok: Keine Ergänzung von uns.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Frage zu der Visa-Problematik. Die Frage der Dienstpässe war ja jetzt im Oktober ein Streitpunkt. Es drohte, glaube ich, sogar die Gefahr, dass europäische Piloten jetzt ein Visum brauchen, um nach Russland zu fliegen. Warum gibt es Vorbehalte gegenüber einer Visa-Freiheit für Inhaber der russischen Dienstpässe?

Fischer: Ich kann ganz grundsätzlich etwas dazu sagen, nämlich dass wir uns zu gemeinsamen Schritten bekennen, deren Ziel die Visa-Freiheit ist. Diese Schritte müssen jetzt umgesetzt werden.

Was die spezielle Problematik angeht, müssten wir noch einmal bilateral miteinander sprechen.

StS Seibert: Zu Ihrer Frage in Bezug auf die Partnerschaft: Auch das ist von Präsident Putin, aber ganz besonders auch von der Bundeskanzlerin sehr deutlich gesagt worden. Das Interesse Deutschlands an einer Partnerschaft mit Russland ist unverändert groß. Es handelt sich nach unserer Überzeugung nicht nur um eine wirtschaftliche Partnerschaft - diese ist Gott sei Dank eng und wird immer enger -, sondern es handelt sich auch um eine Partnerschaft beispielsweise im Bereich von Forschung und Wissenschaft. Wir wollen den Jugendaustauch noch verbessern. Wir sind allerdings auch überzeugt, dass zu einer Modernisierung auch eine Modernisierung der Zivilgesellschaft gehört und dass zu einer lebendigen Demokratie eben auch eine lebendige Zivilgesellschaft, die die entsprechenden Rahmenbedingungen für politische Betätigung und freie Meinungsäußerung vorfindet, gehört.

Zusatz: Die Frage in Bezug auf das Energiepaket ist noch offen.

Vorsitzender Freitag: An wen richtete sich die Frage?

Zusatz: An Herrn Seibert oder an den Sprecher des Wirtschaftsministeriums.

Schlienkamp: Um welche Frage geht es konkret?

Zusatz: Es geht um das dritte Energiepaket der EU, gegen das sich Russland aktiv beschwert hat, weil es zum Beispiel die Position von Gazprom in Europa schwächt.

Schlienkamp: Mir ist diese Position, die Sie beschreiben, im Augenblick nicht bekannt. Wir müssten die Hintergründe recherchieren. Das ist sehr detailliert.

StS Seibert: Die russische Unzufriedenheit mit diesem Energiepaket ist bekannt und gerade auch von Präsident Putin öffentlich mehrfach geäußert worden. Wir haben es in Brüssel nicht mit bilateralen Gesprächen zwischen der Bundesregierung und der russischen Regierung zu tun, sondern mit einem EU-Russland-Gipfel. Deswegen glaube ich, dass das eine Frage ist, die sich an europäische Stellen zu richten hat. Das Energiepaket existiert. Es ist nicht an uns, das als nationale Regierung auszuhebeln. Ich denke, das muss von den Russen auf europäischer Ebene angesprochen werden. Sie werden dazu eine europäische Antwort bekommen.

Frage: Eine Frage an das Bildungsministerium. Wie kommentiert Ministerin Schavan die Empfehlung des Promotionsausschusses der Universität Düsseldorf, ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels einzuleiten?

Ballensiefen: Vielen Dank für die Frage. - Es bleibt bei dem, was wir in den letzten Wochen und Monaten gesagt haben, nämlich dass wir uns zu dem laufenden Verfahren der Universität Düsseldorf nicht äußern.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Seibert und Herrn Fischer. Silvio Berlusconi hat in den letzten Tagen eine starke Offensive für die nächsten Wahlen begonnen. Er hat gestern gesagt, wenn die EZB ihren Job als Zentralbank nicht mache und die italienischen Zinsen nicht gesenkt würden, dann müsse Italien die Eurozone verlassen. Ist die deutsche Regierung besorgt über diese Entwicklung im politischen Wahlkampf in Italien?

StS Seibert: Ich will grundsätzlich sagen, dass ich sehr ungern von heute bis zum eventuellen Wahlzeitpunkt täglich Meldungen aus dem italienischen Wahlkampf vorgelegt bekäme, um sie dann für die Bundesregierung zu kommentieren. Da muss ich Sie schon jetzt enttäuschen, denn das werden wir sehr zurückhaltend tun - so wie auch in diesem Fall.

Es ist ja ein - im negativen Sinne - fantastischer Gedanke, dass Italien aus dem Euro austreten könnte. Ich glaube, es muss nicht noch einmal betont werden, dass die Bundesregierung an einer solchen Entwicklung überhaupt kein Interesse hat. Wir haben allerdings auch überhaupt keine Anzeichen, dass verantwortungsvolle Kräfte in Italien an einen solchen Schritt denken.

Fischer: Der Bundesaußenminister hat sich ja heute Morgen in einem Interview mit dem "Corriere della Sera" geäußert und noch einmal unterstrichen, dass Deutschland und die deutsche Bundesregierung nicht Teil des italienischen Wahlkampfs sind, wir aber mit großem Nachdruck für die Fortsetzung der eingeleiteten Reformpolitik werben.

Frage: Herr Kapitän Dienst, es ist ja nun absehbar, dass die USA aus der Entwicklung des Raketenabwehrsystems MEADS aussteigen werden. Welche Auswirkungen hat das für Deutschland - auch finanziell - und für den Abschluss der Entwicklung dieses Projektes?

Dienst: Die Diskussion in den USA um die Fortführung der Finanzierung des MEADS-Programms ist uns bewusst. Wir nehmen auch zur Kenntnis, was Reuters heute gemeldet hat. Wir prüfen nun die Konsequenzen, die sich daraus ergeben.

Zusatzfrage: Können Sie denn die Erkenntnisse, die bei der Entwicklung dieses Raketenabwehrsystems gewonnen wurden, in irgendeiner anderen Weise für bestehende Waffensysteme der Bundeswehr einsetzen?

Dienst: Nach der Entscheidung, dass MEADS als System nicht eingeführt wird - diese Entscheidung ist ja schon im letzten Jahr getroffen worden -, haben wir ja Wert darauf gelegt beziehungsweise ist unser Fokus darauf gerichtet, die Ergebnisse aus der Entwicklungsphase zu sichern, um sie unter Umständen in Folgeprojekten weiterverwenden zu können. Das ist das, was im Moment infrage steht. Ob das noch möglich ist oder ob es nicht möglich sein wird, muss geprüft werden.

Zusatzfrage: Können Sie mich noch ganz kurz auf den Stand der Dinge bringen: Wie viel Geld hat Deutschland bisher in die Entwicklung dieses Projektes investiert?

Dienst: Da fragen Sie mich jetzt zu viel. Wenn ich Ihnen eine ungefähre Zahl nenne, dann mag sie auch leicht falsch liegen. Insofern würde ich Sie bitten, sich an unser Haus zu wenden. Der zuständige Fachsprecher wird Ihnen die Zahl auch sofort geben.

Vorsitzender Freitag: Herr Dienst, könnten Sie uns die Zahlen dann auch per E-Mail zur Verfügung stellen? Denn möglicherweise haben auch andere Kollegen Interesse daran.

Dienst: Selbstverständlich, Frau Vorsitzende.

Vorsitzender Freitag: Danke schön!

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 19. Dezember 2012
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2012/12/2012-12-19-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2012