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PRESSEKONFERENZ/535: Regierungspressekonferenz vom 7. Januar 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 7. Januar 2013
Regierungspressekonferenz vom 7. Januar 2013

Themen: Besuch des griechischen Ministerpräsidenten, Umsetzung der EU-Richtlinie über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, mögliche Verschiebung des Eröffnungstermins des Flughafens Berlin Brandenburg, Gespräche über iranisches Atomprogramm, Berichte über geplanten Einstieg des chinesischen Staatsfonds CIC bei Daimler, Trennung des Ehepaars Wulff

Sprecher: StS Seibert, Geißler (BMU), Rudolph (BMVBS), Kothé (BMF), Peschke (AA), Hoch (BMWi)



Vorsitzender Hebestreit eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich wollte nur kurz etwas zu dem morgigen Termin nachreichen, dem Besuch des griechischen Ministerpräsidenten Samaras bei der Bundeskanzlerin. Was ich Ihnen am Freitag noch nicht sagen konnte, aber jetzt sagen kann, ist: Vor Beginn des Gesprächs werden beide, die Kanzlerin und der Ministerpräsident, kurze Erklärungen abgeben, und zwar um 11.30 Uhr in der Sky-Lobby im 7. Stock des Kanzleramts. Wir laden wie üblich dazu ein.

Frage: Ich habe eine Reihe von Nachfragen zu den Auskünften des Umweltministeriums am vergangenen Freitag in Sachen Atommüllexport. Herr Strube hatte am Freitag mindestens fünfmal auf § 9a des Atomgesetzes rekurriert - Herr Seibert hatte das auch getan -, und er hatte dann als wörtliches Zitat vorgelesen: "Im Inland entstandene Abfälle sind grundsätzlich an ein vom Bund zu errichtendes Endlager abzuliefern." Auf dieses Zitat, das ganz am Anfang der Befragung kam, rekurrierten alle weiteren Antworten. Ich habe dann lange in diesem sehr langen § 9a nachgesucht und habe dieses Zitat weder wörtlich noch im Wortlaut ähnlich gefunden. Deshalb stelle ich noch einmal die Nachfrage: Wo genau steht das? Wenn das nicht dort stand, wie konnte es dann als wörtliches Zitat sozusagen zur Grundlage der ganzen Befragung werden?

Geißler: Im § 9a des Atomgesetzes steht, dass in Deutschland anfallender Atommüll - ich habe das jetzt nicht hier und weiß es nicht auswendig - in einem vom Bund zu errichtenden Endlager beziehungsweise in einem von Ländern zu errichtenden Zwischenlager endzulagern sind. Das sind zwei Absätze. Das betrifft § 9 Abs. 1 und Abs. 2. Was ich konzedieren muss, ist, dass das Wort "grundsätzlich" dort nicht drin steht. Aber aus § 9 Abs. 1 und Abs. 2 des Atomgesetzes geht das hervor.

Im Übrigen befindet sich die Novelle, auf die Sie sich beziehen, im Moment noch in der Ressortabstimmung. Es gab eine Verbändeanhörung. Der Minister hatte ja eindeutig und wiederholt erklärt, dass die Lagerung hochradioaktiven Mülls im Ausland nicht in Betracht kommt, weder jetzt noch in Zukunft, und dass die letztendliche Fassung dieser Novelle des Atomgesetzes dann im Lichte der Verbändeanhörung tatsächlich umgesetzt werden wird. Insofern ist, was die Novelle angeht, wie üblich noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Zusatzfrage: Gehen wir Schritt für Schritt vor. Ich wollte einfach einmal etwas wissen. Das Zitat, das Sie als Zitat vorgetragen haben, steht so nicht in § 9a, sondern ist sozusagen eine Komposition aus verschiedenen Absätzen, die der Interpretation von Juristen anheimgestellt sind. Ist Ihnen bekannt, dass in dem gleichen und, wie gesagt, sehr langen § 9a auch eine Reihe von Absätzen mit dem Satz "Das gilt nicht, wenn" beginnt, und dass dann Ausnahmetatbestände angeführt werden, die zum Beispiel § 3a durchaus erfassen könnten?

Geißler: Es gibt vor allem in § 9 Abs. 2 eine Passage, die eine Einschränkung enthält, und zwar "sofern Verordnungen oder in dem Gesetz vorgenommene Änderungen wirksam werden"; das ist richtig.

Zuruf: Das wäre § 3a.

Geißler: Das könnte § 3a sein, und das hängt natürlich davon ab, wie § 3a aussehen wird.

Zusatzfrage: Dann möchte ich noch einmal nachfragen. Sie haben hier auch nach fünffachem Nachfragen immer wieder gesagt, es entstehe keinerlei neue Rechtslage, weil § 9a ja ausschließlich die Inlandsendlagerung vorsehe. Wenn Sie selbst sagen, es gäbe einen Ausnahmetatbestand, der nach § 3a greifen würde, dann sagen Sie im Moment das Gegenteil von dem, was Sie am Freitag gesagt haben.

Geißler: Nein. Ich sagte ja gerade, dass die Änderung der Novelle noch nicht endgültig ist.

Zusatz: Ich beziehe mich auf das, was wir am Freitag gefragt haben.

Geißler: Entscheidend ist, wie die Novelle des Atomgesetzes nachher tatsächlich aussehen wird und was darin stehen wird. Das hatte ich Ihnen gerade gesagt. Wir hatten eine Verbändeanhörung durchgeführt, und wir werden in der Novelle auf jeden Fall Klarheit schaffen.

Zusatz: Ich will den Kollegen nicht vorgreifen, aber ich habe noch eine Nachfrage, auch auf Freitag bezogen. Ich halte also fest, dass das Zitat in der wörtlichen Form, in der es am Freitag gefallen ist, nicht in § 9a enthalten ist.

Geißler: Ich kann das weder dementieren noch bestätigen, weil ich dieses wortwörtliche Zitat jetzt nicht vor mir liegen habe.

Zusatzfrage: Dann haben Sie auf die Frage, wie es denn sein könne, dass in § 3a etwas ermöglicht wird - nämlich der Export -, das in § 9a in der Deutung, die Sie vorgegeben haben, ausgeschlossen ist, gesagt, die Juristen hätten Ihnen sozusagen den juristischen Fachterminus der Unberührtheitsregelung genannt. Ich habe am Wochenende viele Juristen gefragt, und die Unberührtheitsregelung kennt keiner. Was die Juristen kennen, ist eine Unberührtheitsklausel. Das ist aber gerade nicht etwas Implizites, sondern etwas Explizites, das genau das ausdrückt, was dort nicht steht, nämlich dass § 3a nicht gilt, weil § 9a weiterhin gilt. Haben Sie also von der Unberührtheitsklausel gesprochen? Was ist die Unberührtheitsregel?

Geißler: Wir müssen dabei einmal auf den Punkt zurückkommen. Es geht ja um die Richtlinie, die umgesetzt werden muss, und darin wird festgelegt, dass es nicht um den Export von radioaktivem Müll eines Landes geht, das geeignete Endlager hatte oder haben könnte, sondern dass es dezidiert um Länder geht, in denen nach wissenschaftlicher Expertise wahrscheinlich kein Endlager entstehen kann. Das heißt, es geht nicht darum, dass Deutschland exportiert, sondern darum, dass die EU unter Umständen meinen könnte, dass radioaktive Abfälle aus Ländern, die kein geeignetes Endlager haben, in ein anderes Land - es gibt ja auch andere Länder wie Finnland, die jetzt bis 2025 Endlager errichten wollen - verbracht werden. Das ist der Sinn der EU-Richtlinie, und die wird jetzt im Laufe des Verfahrens der Änderung der Novelle angepasst werden.

Zusatzfrage: Gibt es eine Unberührtheitsregel, oder gibt es sie nicht? Das haben Sie ja ausdrücklich als Antwort auf mehrfache Nachfragen gesagt.

Geißler: Ich habe keine Antwort in Bezug auf eine Unberührtheitsregelung gegeben.

Zusatz: Doch, ich gebe Ihnen das Zitat gerne!

Geißler: Gut, das können wir dann hinterher klären.

Frage: Herr Geißler, ist es richtig, wenn man Ihre Äußerung von eben so interpretiert, dass Sie an einer Überarbeitung des Gesetzentwurfs arbeiten und in einer Neufassung des Gesetzentwurfes die Klarstellung vorhanden sein soll, dass es zu einem Export deutschen Atommülls in ausländische Endlager nicht kommen wird?

Geißler: Ich kann Ihnen jetzt nicht bestätigen, wie der Gesetzentwurf tatsächlich aussehen wird. Was ich Ihnen gesagt habe, können Sie mitnehmen: Es wird definitiv am Ende Klarheit in diesem Gesetzentwurf herrschen. Sie brauchen mich jetzt inhaltlich nicht festzunageln, aber es wird ganz klar sein, wie es um den inländisch erzeugten Atommüll steht.

Zusatzfrage: Wenn also heute Meldungen verfasst werden würden, in denen steht, dass Ihr Haus an einer Überarbeitung des Gesetzentwurfes arbeitet - - -

Geißler: Wir hatten am Freitag eine Verbändeanhörung, und jetzt gehen die Stellungnahmen dazu bei uns ein. Die werden geprüft. Im Lichte dieser Stellungnahmen wird die Novelle, die jetzt vorliegt, bearbeitet werden, und zwar mit dem Zusatz, den ich Ihnen hier jetzt nennen: Das Thema, das Sie hier jetzt ansprechen, nämlich das Thema Export, wird ganz klar geregelt sein.

Frage: Würden Sie vor diesem Hintergrund konzedieren, dass der Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" von Freitag durchaus hilfreich für die weitere Diskussion war und keineswegs der größte Unsinn war, den der Minister je gehört hat?

Geißler: Nein. Ich kommentiere jetzt prinzipiell keine Artikel und Kommentare einzelner Zeitungen.

Zusatz: Das hatte Ihr Kollege am Freitag getan!

Geißler: Ich muss es ja nicht tun. Wenn er es schon getan hat, dann hat er, denke ich einmal, das Notwendige gesagt.

Vorsitzender Hebestreit: Wollen Sie das nicht zurücknehmen oder womöglich ergänzen?

Geißler: Ich muss nichts zurücknehmen auch nichts ergänzen.

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Rudolph zum BER als Anteilseigner. Mich würde interessieren: Was sagt der Bund zu dieser sehr wahrscheinlichen erneuten Verschiebung der Eröffnung?

Rudolph: Erlauben Sie mir, kurz auszuholen, weil in den Medien ein oder zwei Dinge anklingen, die ich vielleicht nicht richtigstellen muss, aber die ich einordnen kann.

Wir haben am Wochenende davon Kenntnis erhalten, dass es einen neuen Erkenntnisstand gibt, was den Flughafen angeht. Das ist per Bote eingegangen, und das Schreiben trägt das Datum 4. Januar. Im Dezember hatten wir eine Soko-Sitzung mit Flughafenchef Schwarz, in der er gefragt worden ist, ob der Kostenrahmen steht. Das hat er bejaht. Ebenfalls im Dezember gab es vor Ort am Flughafen Gespräche, in denen vom Flughafenmanagement gesagt wurde: Ja, es gibt Probleme, insbesondere bei der Brandschutzanlage, und deswegen müssen weitere umfangreiche Tests durchgeführt werden. Diese Tests reichen bis in das Jahr 2013 hinein. Wenn diese Tests erfolgreich sind, dann ist der Termin zu halten, und wenn diese Tests eben nicht erfolgreich sind, dann bekommen wir ein großes Problem. Das hat dazu geführt, dass sich auch mein Minister geäußert hat - unter anderem in einem Interview mit der Zeitung "DIE WELT" am 27. Dezember - und gesagt hat: Es gibt Anzeichen dafür, dass der Eröffnungstermin möglicherweise nicht eingehalten werden kann.

Aber wenn man einen Strich darunter zieht: Wir haben am Wochenende Kenntnis davon bekommen, dass das Flughafenmanagement jetzt eine neue Einschätzung hat, und dieser Kenntnisstand lag im Dezember noch nicht vor. Jetzt müssen sich die Anteilseigner schnell zusammensetzen und über Inhalte und Konsequenzen sprechen.

Frage: Heißt das, Sie sind am 4. Januar erstmals darüber informiert worden, dass dieser Termin nicht einzuhalten ist, nicht vorher? Gibt es denn einen groben Zeitrahmen in Bezug darauf, wann dieser Flughafen eröffnet wird? Reden wir dabei von 2015, von einem früheren Zeitpunkt, oder ist das völlig unüberschaubar?

Rudolph: Das Schreiben trägt das Datum 4. Januar. Das ist per Bote zugestellt werden, und wir haben es am Wochenende gelesen. Insofern haben wir den Kenntnisstand über die neue Einschätzung des Flughafenmanagements, dass die Probleme doch größer sind, an diesem Wochenende erhalten, nicht früher.

Die nächste Frage ist: Inhalte, Konsequenzen - wie geht es weiter? Jetzt muss man eine Kette an Gesprächen abwarten, und denen will ich nicht vorgreifen. Das heißt, die Anteilseigner werden sich zusammensetzen und miteinander sprechen. Dann muss sich der Aufsichtsrat zusammensetzen und über das Thema sprechen. Dann wird das kommuniziert werden.

Frage: Sie haben jetzt nicht gesagt, wann im Dezember die Information erfolgt ist. Können Sie das einmal ganz kurz nachreichen? Das ist für meine Frage wichtig. Wann ist die Soko im Dezember darüber informiert worden, dass noch Tests etc. erforderlich sind?

Rudolph: Die genauen Daten müsste ich nachreichen, aber es gab eine Soko-Sitzung bei uns im Ministerium, bei der Flughafenchef Schwarz zu Gast war, und das war in der ersten Dezemberhälfte. Außerdem gab es einen Besuch der Soko vor Ort am Flughafen mit Experten, um sich unter anderem die Schienenverbindung anzuschauen, also den Bahnhof; es geht ja auch um unsere Kompetenzen. Wann dieser Termin genau stattfand, müsste ich nachreiche. Das war meines Wissens Mitte Dezember.

Zusatzfrage: Ich glaube, das war am 18. Dezember. Nun ist ja von Mitte Dezember bis zum 4. Januar außer Weihnachten nicht so ganz viel passiert. Wenn Ihnen die Flughafengesellschaft Mitte Dezember sagt "Wir sind im Kostenrahmen, und wir müssen ein paar Tests machen, die sich bis 2013 hinziehen" und Sie am 4. Januar per Bote den Bescheid bekommen "Inzwischen haben wir festgestellt, dass wir den Termin verschieben müssen", fühlen Sie sich dann veräppelt? Fühlen sich das Ministerium und der Minister von dem Vorstand der Firma, die ihnen zu 26 Prozent gehört, veräppelt? Fordern Sie weiterhin oder jetzt nachdrücklicher als vorher Konsequenzen personeller Art gegenüber dem Vorsitzenden des Vorstandes?

Rudolph: Grundsätzlich ist die Lage rund um den Flughafen BER ernst, und deswegen hat der Minister in Bezug auf das Flughafenmanagement und insbesondere auf dessen Führung im Dezember auch sehr deutliche Worte gefunden. Seine Wortwahl war, dass ein Steuermann das Ruder fest in der Hand halten muss, wenn die See stürmisch ist - und die See ist stürmisch -, und dass wir den Eindruck haben, dass dieser Steuermann das Ruder nicht fest in der Hand hält. Jetzt muss man in Ruhe über den neuen Kenntnisstand sprechen. Aber die Worte des Ministers werden sicherlich nicht zurückzunehmen sein.

Zusatzfrage: Nun werden durch die Verschiebung wahrscheinlich zusätzliche Kosten entstehen. Können Sie die schon in irgendeiner Weise kalkulieren? Wird sich der Bund an diesen Zusatzkosten beteiligen, oder wird er versuchen, die abzuschieben?

Rudolph: Mögliche Zusatzkosten kann man noch nicht kalkulieren; dafür ist es zu früh. Jetzt müssen wir erst einmal schauen, wo die Probleme liegen. Ein Problem habe ich angesprochen. Das ist die Brandschutzanlage. Da sind die Probleme sehr komplex. An dem Datum im Dezember, das Sie angesprochen haben, gab es auch ein Treffen mit Unternehmensvertretern, die maßgeblich dafür verantwortlich sind. Bei diesem Gespräch kam zum Ausdruck: Die Probleme sind vorhanden, aber diese Tests - das ist das, was ich schon gesagt habe - müssen abgewartet werden.

Warum der Kenntnisstand genau jetzt mitgeteilt wird, muss man das Flughafenmanagement fragen. Vielleicht sind die Tage über Weihnachten und Neujahr dazu genutzt worden, die Lage noch einmal zu analysieren; ich weiß es schlichtweg nicht. Was ich weiß, ist, dass wir am Wochenende Kenntnis davon erlangt haben und dass das jetzt dazu führt, dass sich die Anteilseigner schnell zusammensetzen und über Konsequenzen beraten.

Frage: Herr Rudolph, ich habe zwei Nachfragen. Können Sie uns noch einmal genau sagen, was in dem Schreiben vom Wochenende stand, also mit welcher Verzögerung man zu rechnen hat, und ob die Presseberichte dazu korrekt sind oder ob Sie uns vielleicht noch darüber hinaus Daten nennen können?

Zweitens zu Herrn Schwarz: Sie haben erwähnt, dass der Minister mit ihm über den Kostenrahmen gesprochen habe. Hat Herr Schwarz damals im Dezember von sich aus ebenfalls auf Probleme hingewiesen, die zu einer Zeitverzögerung führen können, oder war das nur in den von Ihnen genannten anderen Gesprächen, die am Flughafen stattfanden, der Fall?

Letzte Frage an das Finanzministerium: Wann hat das Finanzministerium von der möglichen Verschiebung Kenntnis erhalten?

Rudolph: Vielleicht ergänzend zur Soko-Sitzung hinzugefügt: Der Leiter der Soko ist Michael Odenwald. Als die Soko bei der vorherigen Verschiebung des Eröffnungstermins des Flughafens eingerichtet wurde, war er Leiter der Zentralabteilung und hat sozusagen die Kompetenzen im Ministerium gebündelt. Mittlerweile ist er zum Staatssekretär aufgestiegen, und er leitet die Soko. Das Gespräch mit Herrn Schwarz im Dezember fand unter seiner Leitung statt.

Auf den Kostenrahmen angesprochen: Es war zu einer Zeit, in der bekannt wurde, dass zusätzliche Kosten anfallen, rund 250 Millionen Euro. Wenn Sie das recherchieren, werden Sie die Zahlen finden. Da war eben die Frage: Wird der Kostenrahmen - es stehen Mehrkosten von rund 1,2 Milliarden Euro im Raum - dadurch gesprengt oder wird er nicht gesprengt?

Letztendlich hat Herr Schwarz zu Protokoll gegeben: Nein, der Kostendeckel steht weiterhin. Also diese Mehrkosten, die entstehen, werden innerhalb dieses Kostenrahmens abgedeckt. Das war für uns auch die Schlussfolgerung: Wenn man eine erneute Verschiebung hätte, dann würde natürlich auch der Kostenrahmen steigen. Damals war es so - wie gesagt, es war die erste Dezember-Hälfte -, dass das nicht der Fall war, und das hat der Flughafen-Chef persönlich zu Protokoll gegeben.

Weitere Gespräche fanden statt - ich spreche jetzt nur für die Bundesseite, aber Berlin und Brandenburg sind ja mehrheitlich Anteilseigner mit jeweils 37 Prozent -, und sie sind fortlaufend. Aber es gab mit unserer Beteiligung, meines Wissens, keine Sitzung, in der das Flughafenmanagement definitiv gesagt hat: Der Termin ist nicht zu halten. Wir müssen umsteuern. - Es wurde immer gesagt: Es gibt Probleme bei der Brandschutzanlage. Da müssen wir Tests durchführen. Erst wenn die Tests abgeschlossen sind, können wir ein Fazit ziehen.

Zusatzfrage: Können Sie kurz sagen, was in dem Schreiben vom 4. Januar steht, das Sie jetzt bekommen haben?

Rudolph: Das Schreiben kann ich nicht zitieren, weil ich es nicht vorliegen habe. Ich kann Ihnen nur sagen, dass dort bestimmte Problembereiche aufgelistet sind. Die Brandschutzanlage ist sicherlich das größte Problem. Ich würde Sie einfach bitten, sich an den Flughafen zu wenden, weil das Schreiben von dort kommt. Es ist ein vertrauliches Schreiben. Da ist dann der Flughafen gefragt, das einzuschätzen, zu interpretieren und vor allen Dingen zu kommunizieren.

Kothé: Vielleicht kurz ergänzend: Auch wir sind am Wochenende davon überrascht worden und haben am Wochenende davon erfahren.

Frage: Und auch per Brief?

Kothé: Die Details kann ich Ihnen nicht sagen. Der für uns zuständige Staatssekretär ist informiert worden. Es gab, glaube ich, Telefonate mit dem Verkehrsministerium.

Frage: Herr Rudolph, eines dieser Gespräche, die Sie vorhin angekündigt haben, wird ja heute schon stattfinden, nämlich das der Anteilseigner. Können Sie sagen, wann und wo das sein wird?

Rudolph: Das kann ich nicht sagen, Herr Blank, weil ich es nicht weiß.

Zusatzfrage: Ist es überhaupt noch empfehlenswert im Zusammenhang mit der Entwicklung, die wir bei dem Flughafen sehen, ein Startdatum zu nennen, oder sollte man vielleicht einen großen Zeitrahmen setzen, ein Jahr meinetwegen? Bisher ist man ja immer mit irgendwelchen Startdaten auf den Bauch gefallen.

Rudolph: Ich bitte um Verständnis, dass ich mir als Sprecher nicht anmaßen möchte, das jetzt zu Beginn der Woche einzuschätzen. Darüber werden die Anteilseigner sicherlich sprechen, auch sehr offenen Wortes. Aber ich möchte dazu von dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt nichts sagen.

Zusatzfrage: Ist denn Herr Schwarz aus Sicht des Bundesverkehrsministers noch zu halten?

Rudolph: Der Bundesverkehrsminister hat sich zuletzt am 27. Dezember deutlich zur Person Schwarz geäußert. Ich hatte vorhin Herrn Kolhoff gesagt, dass von den Worten nichts zurückzunehmen ist.

Frage: Herr Rudolph, würden Sie, um Missverständnisse zu vermeiden, noch einmal den Namen des Steuermannes nennen, den Ihr Minister in diesem Interview genannt hat, beziehungsweise wen würden Sie in der gegenwärtigen Situation als den verantwortlichen Steuermann betrachten?

Zweitens, um ein bisschen in der Zeit zurückzugehen: Was ist denn die Einschätzung der Aufsichtsratsmitglieder aus Ihrem Haus, was das grundsätzliche Problem dieser Flughafenplanung ist? Ist es sozusagen Inkompetenz auf Seiten der technischen Planer oder der Gesellschaften, die diese Brandschutzanlage oder Ähnliches zu planen haben? Jetzt ist ja noch die Rede von einer ganzen Reihe von anderen Mängeln, die sich an diesem Projekt finden. Oder gibt es von Seiten der Auftraggeber da irgendein Problem? Ist sozusagen die Auftragsvergabe oder sind die Rahmendaten, die für diese Planung genannt worden sind, mit ein Grund dafür, dass man in Schwierigkeiten gerät?

Rudolph: Zu Ihrer ersten Frage: Das Bild, das er im Dezember gezeichnet hat, war das eines Schiffes, und der Steuermann ist der Vorsitzende der Geschäftsführung, insofern Herr Schwarz.

Es gibt im Management noch Herrn Amann, den Baugeschäftsführer, der auch große Verantwortung trägt. Aber das Bild des Steuermannes war auf den Vorsitzenden der Geschäftsführung gemünzt.

Frage: Noch eine Frage zu einem anderen Steuermann, nämlich zum Regierenden Bürgermeister. Er soll ja nach Berichten schon Mitte Dezember gewusst haben, dass der Termin nicht zu halten ist. Er hat noch in seiner Neujahrsansprache, wenige Tage bevor Sie das Schreiben bekommen haben, gesagt: Wir sind mit allen Kräften dabei, diesen Flughafen zum Eröffnungstermin fertigzustellen.

Erwarten Sie auch da jetzt personelle Konsequenzen? Denn Herr Wowereit hat dieses Thema in den letzten Monaten ja in einer gewissen Wurstigkeit behandelt, auch auf allen Pressekonferenzen. Erwarten Sie, dass auch von dieser Seite das ernsthaft zur Chefsache gemacht wird?

Rudolph: Auch da bitte ich um Verständnis, dass ich nicht kommentieren kann und will, wer wann etwas gewusst hat. Ich möchte mich auf unseren Teil beschränken und Ihnen praktisch diese Informationen mitgeben. Aber ich bitte um Verständnis, das ich das jetzt nicht auf den Aufsichtsratsvorsitzenden bezogen interpretieren kann.

Frage: Können Sie bestätigen, dass, was die Struktur der Mehrkosten anbelangt, jetzt Regressforderungen, zum Beispiel von Geschäftsleuten, juristisch möglich werden, die vorher noch nicht möglich waren, weil die Frist neuerlich verschoben wurde? Und ist es in Ihrem Haus schon einmal beziffert worden, auf welche Mehrkosten sich das belaufen könnte?

Rudolph: Diese Fragen gehören zu den Themen, die jetzt besprochen werden müssen: Was bedeutet das für den zeitlichen Verzug? Wie groß sind die Probleme? Wie sehen die Konzepte aus, um sie zu beheben? - Da ist sicherlich auch das Flughafenmanagement gefordert, Lösungswege aufzuzeigen. Dann werden Anteilseigner und der Aufsichtsrat über solche Fragen Diskussionen führen und Absprachen treffen.

Aber an dieser Stelle kann ich es nicht beziffern, weil wir die neue Einschätzung des Flughafenmanagements erst am Wochenende bekommen haben. Da sind jetzt nicht über Nacht Pi mal Daumen Rechnungen angefertigt worden.

Frage: Noch eine Frage an Frau Kothé, nachdem Herr Rudolph ja auch schon sagte, durch diese nochmalige Verzögerung würde es zu Mehrkosten kommen: Der Steuerzahler denkt sich ja, das wird immer mehr zu einem Fass ohne Boden. Wird denn der Bund bereit sein, einen bestimmten Betrag nachzuschießen? Gibt es da von Seiten des Bundes vielleicht eine rote Linie, oder kann dieses Projekt nicht pleitegehen? Insofern muss eben nachgeschossen werden, was benötigt wird?

Kothé: Ich bitte jetzt wirklich um Ihr Verständnis. Herr Rudolph hat es ja gerade schon gesagt. Wir sind von dieser Entwicklung überrascht worden. Noch keiner kann die genauen finanziellen Auswirkungen beziffern. Sie haben gehört: Es gibt keinen Termin. Von daher kann ich das im Augenblick auch nicht. Ich möchte Sie da doch etwas vertrösten. Lassen Sie uns die Gespräche abwarten, die jetzt stattfinden werden. Dann werden wir uns dazu auch äußern.

Zusatzfrage: Aber grundsätzlich sind Sie auch der Ansicht, dass dieses Projekt eher nicht pleitegehen kann? Oder werden wir irgendwann einmal eine Bauruine BER haben?

Kothé: Jetzt warten wir doch erst einmal die Gespräche ab, die jetzt zu führen sein werden. Dann können wir auch zu den finanziellen Konsequenzen Stellung nehmen.

Frage: Sie brauchen dann ja einen neuen Steuermann. Hat Ihr Minister schon mit neuen Steuermännern oder -frauen Gespräche aufgenommen? Hat er unter anderem auch mit Herrn Mehdorn geredet, der eine neue Aufgabe sucht?

Rudolph: Den Witz muss ich erst einmal sacken lassen.

Okay, ganz im Ernst: Dass der Flughafen einen neuen Steuermann braucht, haben Sie gesagt. Mein Minister hat das Seine dazu gesagt. Das lässt die journalistische Schlussfolgerung zu; stattgegeben. Aber zur Interpretation über den Schritt danach, der noch nicht erfolgt ist, möchte ich nichts sagen, auch nicht, was den ehemaligen Air Berlin-Chef anbelangt.

Ich muss übrigens noch eine Sache sagen: Ich glaube, ich habe Herrn Schwarz Vorsitzender der Geschäftsführung genannt. Er ist Sprecher der Geschäftsführung - um das noch einmal der Chronistenpflicht halber zu Protokoll zu geben.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Gibt es zum Thema Atomgespräche/Iran jetzt genaue Termine und vor allem auch einen Ort, den Sie uns mitteilen können?

Peschke: Nein, dazu kann ich Ihnen noch keinen Termin mitteilen. Sie wissen, dass wir grundsätzlich bereit sind, die Gespräche fortzusetzen, und dass es in unserem Interesse liegt - das hat Außenminister Westerwelle ja auch immer wieder betont -, eine diplomatisch-politische Lösung des Atomstreites zu erreichen. Insofern haben wir auch die Äußerungen des iranischen Beauftragten für die Verhandlungen, Herrn Dschalili, in Indien sehr genau verfolgt. Einen genauen Termin kann ich Ihnen aber nicht nennen.

Frage: Dann noch eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Es gibt ja Berichte, dass der Chinesische Staatsfonds bei Daimler einsteigen möchte. Ich hätte ganz gerne gewusst, ob das irgendwelche Bedenken im Wirtschaftsministerium auslöst.

Dr. Hoch: Das ist eine unternehmerische Frage, zu der ich mich hier nicht äußern kann und möchte.

Frage: Herr Seibert, ist eine Reaktion der Bundeskanzlerin auf die Nachricht von der Trennung des Ehepaars Wulff überliefert?

StS Seibert: Nein.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 7. Januar 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/01/2013-01-07-regpk-breg.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2013