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PRESSEKONFERENZ/594: Regierungspressekonferenz vom 3. Mai 2013 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 3. Mai 2013
Regierungspressekonferenz vom 3. Mai 2013

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (4. Petersberger Klimadialog, Besuch des Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Berlin-Lichtenberg anlässlich des EU-Projekttags, Einladung von Frauen in Führungspositionen ins Bundeskanzleramt, Jahresempfang der IHK zu Rostock, Empfang des Staatspräsidenten der Republik Niger, Kinovorführung im Rahmen der Reihe "Mein Film" der Deutschen Filmakademie, Kabinettssitzung)
weitere Themen: Treffen der Bundeskanzlerin mit den Angehörigen der NSU-Opfer, Reise des Bundesaußenministers nach Ungarn, Finanzierungsprogramm für kleine und mittlere Unternehmen in Spanien, geplante Berufung von Prof. Schellnhuber in den Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen, mögliche Reise der Bundeskanzlerin zum Champions-League-Finale nach London, Finanzierung von Aussteigerinitiativen für Rechtsextreme, deutsch-schweizerisches Steuerabkommen, Antrittsbesuch des italienischen Ministerpräsidenten in Berlin, Einsatz von Chemiewaffen in Syrien, Haushaltsdefizit in Spanien und Frankreich, Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank, Kauf von Staatstrojanern durch die Bundesregierung, anstehende Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzung

Sprecher: StS Seibert, Schwartz (BMWi), Schäfer (AA), Kotthaus (BMF), Rouenhoff (BMWi), Stamer (BMU), Teschke (BMI), Albin (BMJ)



Vors. Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Schwartz: Vielen Dank für die Möglichkeit, dass ich mich vorstellen kann. Mein Name ist Julia Schwartz. Ich bin seit Kurzem in der Pressestelle des BMWi tätig. Ich war vorher ca. viereinhalb Jahren in verschiedenen Fachreferaten im Haus und zwischendurch auch einmal bei der Europäischen Kommission tätig. Jetzt bin ich mit der Presse beschäftigt. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen!

Ich werde diesen Platz heute erst noch einmal meinem Kollegen überlassen, aber Sie werden mich demnächst öfter sehen. Vielen Dank!

StS Seibert: Guten Tag! Zu den öffentlichen Terminen der Bundeskanzlerin in der kommenden Woche: Es geht los am Montag, dem 6. Mai. Am Vormittag wird die Bundeskanzlerin beim 4. Petersberger Klimadialog eine Rede halten. Dieser Petersberger Klimadialog ist ja eine informelle Konferenz, die die jeweils im Dezember stattfindende UN-Klimakonferenz mit vorbereiten soll. Gastgeber sind das ausrichtende Land der UN-Klimakonferenz - das ist Polen - und die Bundesrepublik Deutschland. Insofern wird auch Bundesumweltminister Altmaier mit seinem polnischen Amtskollegen Korolec diese Konferenz eröffnen. Die Bundeskanzlerin wird gegen 9.50 Uhr am Montagvormittag sprechen. Das Ganze wird übrigens live auf der Webseite des Bundesumweltministeriums gestreamt werden.

Am Montag wird die Bundeskanzlerin von 11 Uhr bis 12.30 Uhr das Johann-Gottfried-Herder-Gymnasium in Berlin-Lichtenberg besuchen. Das ist der EU-Projekttag; wir hatten Ihnen das in der vergangenen Woche schon vorgestellt. Im Rahmen dieses EU-Projekttags wird sie mit den Schülerinnen und Schülern diskutieren und auch deren EU-Projekte besichtigen. Sie finden auf der Webseite der Bundesregierung eine Liste mit allen Schulen und allen Politikern, die sich in Deutschland an diesem Projekttag beteiligen.

Für Dienstag, den 7. Mai, hat die Bundeskanzlerin ab 11 Uhr Frauen in Führungspositionen ins Bundeskanzleramt eingeladen. Sie will mit ihnen über die Erfahrungen im Berufsleben sprechen. Es geht um die Bedingungen beruflichen Erfolgs von Frauen. Es geht auch darum, was sich in der Gesellschaft, in den Unternehmen und in der Politik ändern muss, damit noch mehr Frauen Führungspositionen erreichen. Es werden etwa 100 Teilnehmerinnen erwartet. Die meisten davon, 75, haben Führungspositionen in unterschiedlichen Bereichen inne. Darunter sind Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen, Unternehmerinnen, Frauen in Spitzenpositionen der Medien, der Kultur, der Wissenschaft, des öffentlichen und öffentlich-rechtlichen Bereichs, der Justiz, der Kirchen und der Kommunen. Hinzu kommen etwa 30 Nachwuchskräfte: Auszubildende, Studentinnen, Doktorandinnen und junge Wissenschaftlerinnen, vor allem aus den sogenannten MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Wir werden heute eine Pressemitteilung veröffentlichen, der Sie dann die Details der Anmeldung für Pressevertreter entnehmen können.

Am Dienstagnachmittag wird die Kanzlerin ab 15 Uhr am Jahresempfang der IHK zu Rostock am Flughafen Rostock-Laage teilnehmen. Sie wird dort gegen 15.40 Uhr eine Rede halten.

Am Mittwoch, dem 8. Mai, wird die Bundeskanzlerin um 12 Uhr den Staatspräsidenten der Republik Niger, Herrn Mahamadou Issoufou, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Dann wird es ein Arbeitsmittagessen geben. Dabei wird es um die bilateralen deutsch-nigerianischen Beziehungen sowie um die gesamte Sicherheitsproblematik in Mali, in der Sahelregion und rund um afrikanische Friedens- und Sicherheitsstrukturen gehen. Nach dem Gespräch ist für 13.30 Uhr eine gemeinsame Pressebegegnung vorgesehen.

Am Sonntag, 12. Mai, wird die Bundeskanzlerin ab 19 Uhr eine Kinovorführung im Rahmen der Reihe "Mein Film" der Deutschen Filmakademie besuchen. Das Ganze findet im Kino "Filmkunst 66" in der Bleibtreustraße in Berlin statt. Die Bundeskanzlerin hat unter diesem Motto "Mein Film" den Film "Die Legende von Paul und Paula" ausgesucht. Nach dem Film ist ein Filmgespräch geplant. - Das war's!

Frage: Herr Staatssekretär, es geht mir nicht um die Termine, die Sie genannt haben, aber ich wollte fragen: Gibt es denn schon einen Termin für das lange geplante Treffen der Bundeskanzlerin mit den Angehörigen der NSU-Opfer?

StS Seibert: Nein, einen Termin kann ich Ihnen noch nicht nennen. Dieser Termin wird gesucht. Es wird auch einen geben. Er wird kommen, dieser Termin. Aber ich werde Ihnen dann Bescheid sagen, wenn es so weit ist.

Schäfer: Ich würde Ihnen gerne eine Reise des Außenministers ankündigen, der am Sonntag für einen Besuch über Nacht, also Sonntag und Montag, nach Budapest, nach Ungarn, reisen wird. Er wird auf dieser Reise politische Gespräche führen, unter anderem mit dem Ministerpräsidenten Ungarns, Herrn Viktor Orbán, sowie auch mit seinem ungarischen Amtskollegen, Außenminister János Martonyi. Themen, die im Mittelpunkt dieser Gespräche stehen, sind die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn, sind Fragen im Zusammenhang mit der Zukunft der Europäischen Union und natürlich auch die innenpolitische Entwicklung in Ungarn.

Sie wissen vielleicht, dass in Kürze in Budapest auch der Kongress des World Jewish Congress beginnen wird. Auf diesem Kongress wird Außenminister Westerwelle auf Einladung des Präsidenten Ronald Lauder auch eine Grundsatzrede halten.

Frage: Herr Schäfer, wie beurteilt der Außenminister denn die innenpolitische Lage in Ungarn? Macht er sich Sorgen um die Demokratie?

Schäfer: Es ist nicht an mir, den Gesprächen in Ungarn jetzt vorzugreifen. Alles, was ich jetzt sage, würde natürlich im Lichte der anstehenden Gespräche am Sonntag und Montag gesehen werden.

Richtig ist, dass es aus Sicht der Bundesregierung Anlass dazu gibt, gegenüber der ungarischen Regierung zahlreiche Fragen und Probleme anzusprechen. Dazu gehören auch diejenigen Themen, hinsichtlich der die Europäische Kommission bereits Kontakt mit der ungarischen Regierung aufgenommen hat.

Zusatzfrage: Gibt es, da er auf diesem Kongresse auch sprechen wird, denn aus Sicht des Außenministers ein Antisemitismusproblem in Ungarn?

Schäfer: Ich würde vorschlagen: Warten Sie die Pressekonferenz ab, die der Außenminister am Montag mit seinem ungarischen Amtskollegen in Budapest abhalten wird. Warten Sie den Text seiner Rede ab, die er am Montagmorgen in Budapest halten wird.

Klar ist, dass der Außenminister und die gesamte Bundesregierung überall dort, wo es Antisemitismus gibt, in aller Deutlichkeit und mit lauter Stimme dagegen sprechen und die Stimme erheben werden. Wo immer es das in Deutschland, in Europa oder anderswo gibt, findet das nicht die Zustimmung der Bundesregierung. Ganz im Gegenteil: Dagegen gehen wir aktiv vor. Das gilt im Grunde für jedes Land der Welt.

StS Seibert: Ich habe bei den öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin etwas vorzutragen vergessen: Am Mittwoch wird, wie immer, selbstverständlich die Sitzung des Bundeskabinetts stattfinden. Ich habe mich schon gewundert, dass keiner fragt!

Frage: In Bezug auf den Besuch des nigerianischen Präsidenten: Letzte Woche hat die Uno eine Resolution in Bezug auf eine neue Truppe für die Sicherheit Malis beschlossen. Ist bekannt, ob sich Deutschland an dieser Truppe beteiligen wird?

StS Seibert: Danke für die Frage! Wir hatten hierüber schon in einer der letzten Regierungspressekonferenzen gesprochen. Ich gebe das Wort an den Sprecher des Auswärtigen Amtes weiter.

Schäfer: In der Tat haben wir darüber gesprochen, ich glaube, am Montag oder am vergangenen Freitag. Der Außenminister hat am vergangenen Samstag während seines Aufenthalts in der Hauptstadt von Ghana, in Accra, gesagt, dass er sich vorstellen könne, dass sich die Bundesregierung an einer solchen neuen VN-Mission für Mali beteiligen wird. Sie wissen, dass der Beginn dieser Mission frühestens Anfang Juli sein wird. Deshalb ist jetzt auch noch ausreichend Zeit, um die notwendigen Gespräche zwischen dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Verteidigung sowie natürlich auch mit dem Deutschen Bundestag über die genauen und konkreten Planungen in Bezug darauf zu führen, in welcher Weise sich Deutschland an dieser Mission beteiligen wird. Es ist zu früh, um Ihnen dazu konkrete Details zu nennen.

Frage: Es ist jetzt fast eine Woche her, dass der Finanzminister gemeinsam mit seinem spanischen Kollegen etwas angekündigt hat, nämlich einen Fonds, mit dem man kleine und mittlere Unternehmen in Spanien gemeinsam unterstützen möchte. Gibt es inzwischen das eine oder andere Detail zu dieser Überschrift, die die beiden Minister verkündet haben, zum Beispiel hinsichtlich des Umfangs dieses Fonds und hinsichtlich der Finanzbeiträge?

Zum Zweiten würde mich interessieren, vielleicht auch von Herrn Seibert, ob dieses Gebilde ein Vorbild für Hilfen auch für andere Krisenländer innerhalb der EU sein könnte.

Kotthaus: Vielen Dank für die Frage. Sie wissen, dass den Finanzminister insbesondere das Thema der hohen Jugendarbeitslosigkeit umtreibt. Er hat mehrfach gesagt, dass ihm das sehr große Sorgen bereite und dass es für Europa schwierig sei, Zustimmung gerade unter der Jugend zu erhalten, wenn wir die hohe Jugendarbeitslosigkeit nicht offensiv angehen. Sicherlich gibt es dazu schon entsprechende Initiativen auf europäischer Ebene. Ich erwähne nur - das ist wahrscheinlich am populärsten und am bekanntesten - die 6 Milliarden Euro, die der Europäische Rat gerade besonders der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gewidmet hat. Es gibt aber auch die anderen Maßnahmen aus den Strukturfonds und Ähnliches mehr.

Bei dem gemeinsamen bilateralen Treffen der Minister in Spanien wurde auch die Möglichkeit diskutiert, inwieweit man auf dem Weg bilateraler Initiativen vorangehen kann, also sozusagen ergänzend zu den europäischen Prozeduren, um zu schauen, ob man nicht gerade die Finanzierungsbasis von kleineren und mittleren Unternehmen stärken kann, damit diese dann dementsprechend Arbeitsplätze schaffen können, Investitionen tätigen können und Ähnliches mehr tun können. Das wurde auch anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz in Loja in der Region Andalucía so vorgestellt, aber auch mit der klaren Ansage, dass die Details dieser gemeinsamen bilateralen Initiativen jetzt auf der Arbeitsebene erarbeitet werden sollen. Das tun wir zurzeit noch, Herr Heller. Das muss ja etwas Solides sein. Wir wollen damit dann auch die Privaten an Bord holen, und das dauert länger als fünf Tage.

Deswegen gilt: Sobald die Details hinreichend feststehen, werden wir sie sicherlich auch öffentlich machen. Es hat ja keinen Sinn, etwas im Verborgenen zu machen. Aber, nein, hier und jetzt habe ich keine Zahlen und Daten, die ich Ihnen anbieten kann.

Zusatzfrage: Die Frage nach der Vorbildfunktion ist noch offen.

StS Seibert: Ich habe dem, was Herr Kotthaus gerade gesagt hat, im Grunde nichts hinzuzufügen. Es ist klar, dass in Europa längst erkannt worden ist, dass für kleine und mittlere Unternehmen sowie für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit europäische Anstrengungen unternommen werden müssen. Deswegen ist zum Beispiel im Pakt für Wachstum und Beschäftigung auch genau dafür vorgesorgt worden. Das schließt natürlich gemeinsame bilaterale kreative Überlegungen nicht aus, und solche hat der Bundesfinanzminister mit seinem spanischen Kollegen angestellt.

Frage: Wann können wir diese kleinen Details erwarten, etwa in einem Monat? Die Lage in Spanien ist nämlich sehr dramatisch.

Wenn es dieses bilaterale Gespräch zwischen Deutschland und Spanien geben wird, heißt das, dass die Europäische Union nicht genug ist? Gibt es kein Instrument innerhalb der Europäischen Union, um das zu machen?

Kotthaus: Ich glaube, es gibt zahlreiche Instrumente in der Europäischen Union, die sich darum kümmern, wie in Spanien wieder Wachstum geschaffen werden kann. Sie wissen von den Geldern aus den Strukturfonds, hinsichtlich derer die Europäische Kommission auch sehr bemüht ist, sie noch zielgerichteter und noch präziser einzusetzen. Sie wissen auch, dass das Kapital der EIB, der Europäischen Investitionsbank, erhöht worden ist, um entsprechend mehr Kredite an die Wirtschaft ausschütten zu können und das Wachstum anzukurbeln.

Nichtsdestotrotz ringt der Minister sehr (mit dieser Sache), und es ist ihm sehr wichtig, dass wir eben alle denkbaren Möglichkeiten ausschöpfen und alle denkbaren Wege gehen, um zu schauen, wie man gerade das Thema der Jugendarbeitslosigkeit angeht. Ich glaube, in dieser Hinsicht gibt es auch einen großen Konsens mit seinen Kollegen, gerade auch mit seinem spanischen Kollegen.

Aber noch einmal: Die inhaltliche Klärung findet jetzt statt. Ich kann jetzt kein konkretes Datum angeben. Das werden wir sorgfältig machen. Wir wollen ja, wie gesagt, auch versuchen, das auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Ich kann Ihnen heute kein Datum nennen, aber Sie können versichert sein: Wir machen so etwas nicht, um es dann auf die lange Bank zu schieben. Wir sind da sehr ernsthaft dran, mit hoher Geschwindigkeit, aber ich kann jetzt kein konkretes Datum nennen.

Frage: Herr Kotthaus, welche Vorteile hätten denn bilaterale Maßnahmen gegenüber den europäischen?

Kotthaus: Das war jetzt eine Initiative, die besonders auf die kleinen und mittleren Unternehmen gezielt hat und bei der man eben auch schauen möchte, inwieweit man auch privates Kapital mit an Bord bringen kann. Das ist eine Ergänzung. Das ist vielleicht manchmal ein "shortcut", um bestimmte Dinge schneller zu machen, zielgerichteter zu machen.

Ich glaube, wir müssen hier nicht in den Kanon bezüglich der Frage "Wo ist was wie besser?" einsteigen, sondern ich glaube, das Anliegen ist, dass wir über möglichst viele intelligente und zum Teil auch kreative Wege versuchen, neben den erforderlichen Reformmaßnahmen - die ja weitergehen müssen, damit die Länder nachhaltig gesunden und damit wir nachhaltiges Wachstum produzieren - zu schauen, wie wir bestimmte Probleme besonders gezielt angehen können. Diese Initiative betrifft jetzt vor allen Dingen die kleinen und mittleren Unternehmen und deren Finanzierungsschwierigkeiten. Das ist ein ergänzender Stein dafür, um in dem großen Mosaik der wirtschaftlichen Gesundung der verschiedenen Staaten innerhalb der Eurozone etwas zu ergänzen, um auch bestimmte besondere Härten abzufedern.

StS Seibert: Ich möchte das auch sagen: Dies ist natürlich keine Entweder-Oder-Situation. Es ist eine Sowohl-als-auch-Situation. Ich erinnere nur daran, dass die Bundeskanzlerin vor geraumer Zeit bei einer Konferenz mit Unternehmern und Vertretern von Gewerkschaften in Spanien war. Dabei ging es genau darum, was Unternehmen in Sachen Ausbildung tun können und was sie tun können, um Jugendlichen eine Chance zu bieten. Dabei ist es zu einer Zusammenarbeit zwischen dem DIHK und der entsprechenden spanischen Organisation gekommen. Dies alles sind Bemühungen, die natürlich zusätzlich zu dem laufen, was wir zu Recht in Europa unternehmen und wofür sich Deutschland besonders einsetzt.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Es ist berichtet worden, dass es am Widerstand des Wirtschaftsministeriums scheitert, Herrn Schellnhuber wieder in den Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen zu berufen. Ich würde gerne wissen, ob das zutrifft und was die Gründe dafür sind.

Rouenhoff: Zu einzelnen Personalien werde ich mich hier als Sprecher des Wirtschaftsministeriums sicherlich nicht äußern. Was ich sagen kann, ist, dass die Gespräche zur Besetzung des Wissenschaftlichen Beirats Globale Umweltveränderungen derzeit laufen. Das BMWi hat auf Fachebene in Bezug auf zwei Personalien unterschiedliche Auffassungen geäußert. Wir hoffen aber und gehen auch davon aus, dass wir darüber schnell zu einer Verständigung kommen werden.

Vielleicht als Ergänzung: Dem BMWi geht es darum, dass die Debatten innerhalb des Gremiums konstruktiv belebt werden. Deshalb ist ein international anerkannter ökonomischer Sachverstand auch wichtig.

Zusatzfrage: Herr Seibert, Herr Schellnhuber ist ja Klimaberater der Bundeskanzlerin, und sie hat sich auch einmal eine Weile lang als Klimakanzlerin feiern lassen. Wie findet denn die Bundeskanzlerin die Tatsache, dass das Wirtschaftsministerium Herrn Schellnhuber offenbar nicht mehr für geeignet hält, genügend Sachverstand einzubringen?

Die zweite Frage an Frau Stamer ist, ob der Umweltminister an dem Schellnhuber-Vorschlag festhält.

StS Seibert: Kurze Vorbemerkung: Die Bundeskanzlerin lässt sich nicht feiern, sondern sie hält die Klimapolitik für eine der großen globalen Herausforderungen, denen sich eine Bundesregierung natürlich auch mit aller Kraft widmen muss.

Professor Schellnhuber ist einer der weltweit renommiertesten Klimaforscher. Sie sagen es zu Recht: Er berät die Bundesregierung in Klimafragen seit vielen Jahren, vor allem auch während der G8- und EU-Ratspräsidentschaft im Jahre 2007. Nun steht routinemäßig die Neuberufung für den Beirat an. Das BMU und das BMBF haben ihren Besetzungsvorschlag vorgelegt, der nun zwischen den Ressorts abgestimmt wird.

Zusatzfrage: Das ist der Stand der Dinge. Den hatte ich ja selbst auch schon referiert. Wie findet denn die Bundeskanzlerin die Tatsache, dass das Wirtschaftsministerium diesen Vorschlag blockiert?

StS Seibert: Ich werde mich nicht zu laufenden Ressortabstimmungen äußern.

Stamer: Unsere Position ist bekannt: Wir halten Herrn Schellnhuber für einen sehr guten Kandidaten, und wir halten an unserem Vorschlag fest.

Frage: Herr Seibert, Sie haben auf geschickte Weise unsere Aufmerksamkeit auf die Kabinettssitzung des nächsten Mittwochs gerichtet. Wenn ich mich recht erinnere, war das ja einer dieser Termine, den man erreichen können wollen müsste, um ein Gesetzgebungsverfahren noch in dieser Legislaturperiode oder jedenfalls in diesem zeitlichen Bereich abzuschließen. Lange Rede, kurzer Sinn: Gibt es denn irgendwelche richtungsweisenden Beschlüsse, die von der kommenden Kabinettssitzung zu erwarten sind?

StS Seibert: Am Freitagvormittag kann ich Ihnen die Tagesordnung der Kabinettssitzung am Mittwoch noch nicht bekannt geben. Wie immer wird die Staatssekretärsrunde tagen. Die legt das fest. Wir werden gerne vorher Bescheid geben.

Frage: Herr Seibert, noch eine Terminfrage: Plant die Kanzlerin eine Reise zum Champions-League-Finale nach London?

StS Seibert: Sie fragen etwas zu früh danach. Diese Entscheidung ist noch nicht gefallen.

Zusatzfrage: Wenn sie führe, hätte die Bundeskanzlerin dann ein Problem damit, sich dort mit Herrn Hoeneß zu zeigen?

StS Seibert: Noch einmal: Es ist noch nicht entschieden, ob die Bundeskanzlerin in London sein wird. Also stellt sich auch noch nicht die Frage, wem sie dort begegnen könnte. Sie kennen die Bundeskanzlerin als einen höflichen und freundlichen Menschen, der seiner Umgebung auch so begegnet. So ist das auch in Fußballstadien. Die Frage, die Sie gestellt haben, spielt bei der Entscheidung, ob die Bundeskanzlerin das Champions-League-Finale besuchen wird, keine Rolle.

Frage: Herr Seibert, woran liegt denn das? An möglichen Terminkollisionen oder an der grundsätzlichen Entscheidung, ob man dabei sein will und nicht für den einen oder anderen laut jubeln darf oder möchte?

StS Seibert: Diese Entscheidung ist noch nicht gefallen, muss auch noch nicht am 3. Mai gefallen sein, wenn das Ereignis am 25. Mai ist. Da stellt sich wie immer die Frage, ob die Bundeskanzlerin überhaupt Zeit hat, ob sich das Ganze in ihre Termine als Regierungschefin einfügt. Deswegen warten Sie es ab. Wenn eine Entscheidung gefallen ist, werden Sie es mit Sicherheit hören.

Frage: Weil der Name Hoeneß gerade schon fiel: Herr Hoeneß hat ja im Interview mit der "ZEIT" den Wunsch geäußert, eines Tages mit der Kanzlerin sprechen und ihr "den ganzen Mist" erklären zu können. Gibt es seitens der Bundeskanzlerin ein Interesse an einem solchen Gespräch oder eine Bereitschaft, dieses Gespräch zu einem möglicherweise späteren Zeitpunkt tatsächlich einmal zu führen?

StS Seibert: Es gibt keine Pläne für solch ein Gespräch. Aber das mag sich einmal ergeben.

Frage: Herr Seibert, kurz vor dem NSU-Prozess eine Frage zu Aussteigerprogrammen für Rechtsextreme. Im März hat die Bundesregierung für das Neonazi-Aussteigerprogramm EXIT nach großen Diskussionen eine dauerhafte Finanzierung gewährleistet. Ein weiteres, auch von der Bundesregierung hoch gelobtes Projekt in Berlin - das heißt Violence Prevention Network - steht jetzt vor dem Aus, weil die Fördermittel enden. Warum schafft die Bundesregierung es nicht, für solche Projekte gegen Rechts eine dauerhafte Finanzierung sicherzustellen?

StS Seibert: Ich bin derzeit nicht mit dem Fakten zum Thema "Violence Prevention Network" ausgestattet. Das Innenministerium scheint da besser Bescheid zu wissen.

Teschke: Dem kann ich gerne etwas hinzufügen. - Es handelt sich in der Tat um einen ähnlichen Fall wie bei EXIT. Es gab eine Modellprojektförderung vonseiten der EU. Bis vor zwei Jahren lag die Finanzierung auch noch mit beim Familienministerium. Zum Schluss wurde das Projekt in diesem Jahr auch noch aus Mitteln des BMI beziehungsweise der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Arbeitsministerium gefördert. Haushaltsrechtlich ist es nicht zulässig, dass die Förderung eines Modells unendlich weitergeht, weil es sich dann verstetigt. Deswegen steht das Haushaltsrecht dagegen.

Der Bundesinnenminister hat bereits im Dezember bei der letzten IMK das Thema bei seinen Innenministerkollegen aus den Ländern angesprochen und hat dort darauf aufmerksam gemacht, dass sich bitte auch die Länderinnenminister an einer zukünftigen Finanzierung beteiligen mögen.

Uns sind die Deradikalisierungsprojekte wie das Projekt Violence Prevention Network sehr wichtig. Der Minister wird sicherlich auch bei der kommenden IMK noch einmal das Thema zur Sprache bringen. Wir sind zuversichtlich, dass es dort eine Lösung geben wird.

Zusatzfrage: Das Haushaltsrecht stehe dagegen, sagen Sie. Deswegen wird dieses Programm - und möglicherweise auch andere - eingestellt werden. Kann man sich damit zufrieden geben?

Teschke: Deswegen sagte ich ja, dass dem Innenminister solche Deradikalisierungsprojekte sehr wichtig sind. Wir werden das mit den Innenministern besprechen. Allerdings ist auch aus unserer Sicht teilweise die Justiz dafür zuständig. Ich glaube, der Kollege aus dem Bundesjustizministerium möchte ja auch ergänzen.

Weil es sich um ein Projekt handelt, das sowohl bereits im Gefängnis als auch noch bis zu neun Monate nach der Haft wirkt, sind beide Ressorts davon betroffen - vor allen Dingen auch in den Ländern. Wie gesagt: Der Innenminister wird das Thema auf der kommenden IMK am 23. Mai ansprechen.

Albin: Ergänzend würde ich darauf hinweisen, dass hier bislang in der Tat die Landesjustizministerien gefragt sind. Die Bundesjustizministerin hat in einem Interview mit der Zeitung "DIE WELT" darauf hingewiesen, dass es sehr viele einzelne Programme auf Bundes- und Landesebene gibt, die in ihrer Gesamtheit aber nicht ausreichend effektiv sind. Sie hat sich deshalb für eine Bündelung aller Programme gegen Rechtsextremismus stark gemacht, möglicherweise eben auch in Form einer Position eines Beauftragten der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Herr Teschke, Thüringen hat eine Bundesratsinitiative zur dauerhaften Förderung solcher Programme angekündigt. Hat die Bundesregierung, hat der Bundesinnenminister dazu eine Haltung?

Teschke: Das ist zunächst einmal, wie Sie sagen, eine Initiative aus den Ländern. Wir wollen den Vorschlägen und Initiativen aus den Ländern nicht vorgreifen. Es gilt das, was ich gerade eben gesagt habe: Der Innenminister schätzt die Arbeit von Deradikalisierungsprojekten sehr hoch und als sehr wichtig ein.

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium. Ich bin etwas verwirrt über die Diskussion in Sachen Schweiz. Von daher würde mich interessieren, ob die Bundesregierung plant, auf die Schweiz zuzugehen, um noch einmal über das bilaterale Abkommen und mögliche Nachbesserungen zu sprechen.

Mich würde zum Zweiten interessieren, ob es eine abgestimmte Haltung zwischen dem Finanzministerium und dem Außenministerium gibt, wie man da vorgeht, wer vorgeht und wer Gespräche führt.

Kotthaus: Es tut mir leid, dass Sie verwirrt sind. Vielleicht kann man Ihnen da helfen.

Der Gesprächsfaden zwischen den zuständigen Finanzministerien ist ja nie abgerissen. Nach der Blockade im Bundesrat für das bilaterale Abkommen mit der Schweiz sind wir natürlich weiterhin im engen Dialog geblieben. Der Finanzminister hat seine Kollegin, Frau Widmer-Schlumpf, an verschiedener Ort und Stelle getroffen. Es gab bilaterale und multilaterale Treffen. Es gibt Telefonate. Die Staatssekretäre sind im engen Kontakt geblieben. Grund ist, dass sich das Problem, das wir mit dem Abkommen hätten erfolgreich lösen können - also die Tatsache, dass es weiterhin deutsche Steuerpflichtige in der Schweiz gibt, die dort Vermögen haben, aber ihren Steuerpflichten nicht nachkommen -, nicht in Luft aufgelöst hat.

Sie können sich vorstellen, dass dieser Finanzminister, dem gerade das Thema Steuerhinterziehung und die Bekämpfung derselben sehr am Herzen liegt, nicht die Hände in den Schoß gelegt hat - ganz im Gegenteil.

Man muss noch einmal festhalten, wo wir jetzt stehen: Es gab aufgrund unserer umfassenden Gespräche mit allen Beteiligten und auch gerade der Erfolge im internationalen Bereich - sowohl auf der internationalen Ebene im Rahmen der G20 als auch im EU-Bereich - in den letzten Tagen und Wochen durchaus wichtige Schritte und Veränderungen bei dem Thema automatischer Informationsaustausch. Sie wissen, dass wir in der Vergangenheit in Europa nicht weitergekommen sind, weil einzelne Staaten Schwierigkeiten mit dem automatischen Informationsaustausch hatten - nicht nur damit, ihn auf sich selber anzuwenden, sondern auch der Kommission ein Mandat zu erteilen, darüber mit Drittstaaten, also außerhalb der Europäischen Union - das heißt auch der Schweiz -, zu diskutieren.

Diese Vorbehalte schmelzen zurzeit dahin wie der Schnee im Frühling. Das ist ja auch ganz positiv. Soll heißen: Wir sind zurzeit dabei, in den zuständigen Ratsarbeitsgruppen in Brüssel zu diskutieren, wie wir die EU-Zinsrichtlinie - nicht nur Zinserträge, sondern alle Kapitalerträge - sowohl inhaltlich als auch geografisch, also einen überall in der EU wirksamen automatischen Informationsaustausch, als auch mit Drittstaaten - Erteilung von Mandaten an die Kommission mit Drittstaaten- umsetzen.

Ich gehe davon aus, dass wir in einem sehr überschaubaren Zeitraum im Rat der Finanzminister da voranmarschieren werden und dann dementsprechend handeln können. Durch einen automatischen Informationsaustausch wäre gewährleistet, dass wir in Zukunft die Information bekämen, wer wo wie welche Gelder hat und dementsprechend steuerpflichtig ist.

Das sind alles Lösungen für die Zukunft. Das Bedauerliche bleibt - das war der große Vorteil des bilateralen Abkommens mit der Schweiz -, dass wir auch eine Lösung für die Vergangenheit hatten, die soweit ging, wie die Schweiz nach ihrem Verfassungsrecht gehen konnte. Das ist der gleiche Fall, wie es in Deutschland wäre. Sie können rückwirkend Steuergesetze nicht verschärfen. Sie können rückwirkend das Bankgeheimnis nicht aufheben. Sie können rückwirkend Verjährungsfristen nicht verlängern. Wer das behauptet, ignoriert einfach die Tatsache, dass es so etwas wie das Verfassungsrecht gibt. Das betrifft Deutschland in gleicher Form wie die Schweiz.

Die Schweiz hat deswegen einer Lösung für die Vergangenheit zugestimmt, die eine pauschale Nachversteuerung in einer sehr substanziellen Höhe - bis zu 40 Prozent auf das Kapital - vorsah. Dadurch hätten wir sehr substanzielle Summen einnehmen können. Das war die maximale Möglichkeit für die Schweiz zu gehen, da es für sie, wie gesagt, aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben unmöglich ist, rückwärtig und retroaktiv das Steuerrecht zu ändern. Wenn jetzt die Opposition meinen würde, das wäre alles gut und schön, dann sage ich: Herrlich! Dann können wir noch einmal darüber reden, wie wir diese Regelung umsetzen können. - Das sehe ich momentan nicht, wenn ich mir die Diskussion anschaue und lese und höre, was da gesagt wird.

Also gehen wir jetzt auf dem Weg der internationalen Abkommen gerade auch in der EU und in den G20 vorwärts. Da gab es die richtigen Signale. Es gibt die Initiative aus Dublin. Es gibt die Initiative in Moskau. Es gibt die Initiative in den G20. Da marschieren wir sehr gut vorwärts. Wir können durchaus festhalten, dass wir zurzeit eigentlich die Früchte dessen ernten, was wir in den letzten Wochen, Monaten und Jahren vorbereitet haben. In dieser großen internationalen Bewegung ist richtig Momentum drin, da ist richtig Geschwindigkeit drin. Wir ernten jetzt die Früchte. Das ist zu begrüßen. Nichtsdestotrotz: Eine Lösung für die Vergangenheit kann laut Aussagen der Schweiz nur so aussehen, wie wir sie auf dem Tisch hatten. Das ist, wie Sie wissen, von Rot-Grün leider im Bundesrat verhindert worden. Damit sind Deutschland für die Vergangenheit substanzielle Einnahmen entgangen.

Schäfer: Weil Sie, auch das Auswärtige Amt, den Außenminister und seine Schweiz-Reise vor einigen Tagen angesprochen haben, will ich nur ergänzen, dass es absolutes Einvernehmen, große Übereinstimmung und enge Abstimmung zwischen dem federführenden Finanzministerium und dem beteiligten Auswärtigen Amt in allen diesen Fragen gibt.

Ich ergänze: Es ist ja nicht nur die Aufgabe und das Recht des Außenministers, sondern geradezu seine Pflicht, sich in den Fällen, in denen es mit anderen Staaten Irritationen gibt, diesen Irritationen zuzuwenden und einen Beitrag dazu zu leisten, sie zu überwinden. Genau das ist vorgestern in Bern bei den Begegnungen mit dem schweizerischen Außenminister passiert. Dieser hatte, wie Sie vielleicht wissen, am Tag der Begegnung in einer großen deutschen Zeitung, der einzigen nationalen Zeitung, die an dem Tag verbreitet wurde, ein von Ihnen und Ihren Kollegen sehr aufmerksam wahrgenommenes Interview gegeben, in dem er Gesprächsbereitschaft in dieser Frage signalisiert hatte. Das ist vom Außenminister in Bern gegenüber seinem schweizerischen Amtskollegen und auch in der Öffentlichkeit als eine wichtige und gute Geste gewürdigt worden.

Jetzt hoffen wir, dass es trotz der Blockade der Opposition im Bundesrat - ich kann mich dem, was der Kollege Kotthaus gerade gesagt hat, nur anschließen - irgendwann zu einer vernünftigen Lösung im bilateralen Verhältnis auf europäischer Ebene und hoffentlich weltweit kommt, um das Problem der Steuerflucht damit ein für alle Mal zu lösen.

Zusatzfrage: Ich mag etwas begriffsstutzig sein. Vonseiten der Schweiz ist gesagt worden, man sei gesprächsbereit und offen, wenn die deutsche Seite auf sie zukomme. Ganz konkret bezogen auf den bilateral zu regelnden Teil, im Kern also die Vergangenheit: Wird es da einen deutschen Ansatz geben, noch einmal auf die Schweiz zuzugehen und zu sagen: Lasst uns noch einmal reden?

Kotthaus: Was mich stört, ist diese Unterstellung, dass wir nicht im laufenden Dialog wären. Der Dialog ist nie abgerissen. Lassen Sie mich das unterstreichen und mit Ausrufezeichen und fettgeruckt betonen. Das läuft jetzt nicht nach dem Motto "Das wundersame Fenster, das sich öffnet", sondern wir haben den Dialog die ganze Zeit über konsequent fortgeführt. Sie erinnern sich auch daran, Herr Heller, weil Sie in Washington selbst dabei waren, dass Finanzministerin Widmer-Schlumpf in Washington vor der Presse gesagt hat, dass sie einem automatischen Informationsaustausch offen gegenübersteht.

Noch einmal: Wir haben mit der Schweiz das Abkommen, das die Vergangenheit betrifft, so weit ausgereizt, wie die Schweiz gehen kann. Die Schweiz hat uns damals sehr klar signalisiert, dass aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben und der Unmöglichkeit, rückwirkend das Steuerrecht zu ändern, also rückwirkend das Bankgeheimnis aufzugeben, die Lösung so aussehen kann, wie sie aussieht. Ich glaube nicht, dass in dieser Bundesregierung irgendjemand etwas dagegen hätte, diesen Teil sofort umzusetzen.

Noch einmal: Wenn ich mir die Äußerungen anhöre, die vonseiten der Opposition kommen, dann sehe ich weiterhin nicht, dass diese Blockade aufgehoben wird. Ganz klar: Der Gesprächsfaden ist nie abgerissen. Wir waren im laufenden Dialog.

Wir sind wirklich entschlossen, mit der Schweiz gemeinsam die Probleme zu lösen und anzugehen. Aber zur Zeit scheint der vielversprechendste - im Sinne von: der am schnellsten zu erreichende - Lösungsweg zu sein, das über die EU zu machen. Denn da haben wir schon wichtige Schritte erreicht, nämlich keine Blockade mehr im Rat der Finanzminister, was die Frage der Zinsrichtlinie, des automatischen Informationsaustausches, betrifft.

Wir arbeiten in diesem Moment daran, dass wir diese Zinsrichtlinie erweitern, geografisch als auch inhaltlich. Diesen Weg beschreiten wir jetzt sehr konsequent und sehr hartnäckig.

Aber noch einmal: Das ist jetzt keine wundersame neue Entwicklung, sondern das dauert schon die ganze Zeit an. Deswegen können wir gerade die Ergebnisse ernten. Das kommt nicht vom Himmel gefallen. Das sind die Ergebnisse harter Arbeit und intensiver Diskussionen und Verhandlungen der letzten Wochen und Monate.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert zum Besuch des italienischen Ministerpräsidenten Letta in Berlin: Ich möchte gern wissen, ob Ministerpräsident Letta in dem Gespräch mit der Bundeskanzlerin nach der Pressekonferenz gesagt hat, dass Italien Ausnahmen oder Abweichungen von europäischen Regeln braucht, zum Beispiel bezüglich der Defizitgrenze?

StS Seibert: Vergessen Sie nicht: Das war ein erstes Treffen, eine erste Begegnung mit dem neuen italienischen Ministerpräsidenten. Das heißt, es ging erst einmal darum, dass man Grundüberzeugungen miteinander austauscht. Genau das ist geschehen.

Der italienische Ministerpräsident hat - wie auch in der Pressekonferenz schon - seine Grundüberzeugungen dargelegt. Er hat die ersten Schritte seiner neuen Regierung skizziert. Es war ein gutes erstes Treffen, ein guter Auftakt zu einer Zusammenarbeit, die sich beide Seiten eng und vertrauensvoll vorstellen.

Zusatzfrage: Es ging also nicht um Ausnahmen oder Abweichungen, auch vorübergehende, wie im Fall Spanien zum Beispiel?

StS Seibert: Wenn Sie den italienischen Ministerpräsidenten auf den weiteren Stationen seiner Europareise verfolgt haben - und das haben Sie sicherlich getan -, dann haben Sie ja gehört, dass Italien nach seiner Aussage zu den Konsolidierungsbemühungen steht, zu denen es sich verpflichtet hat. Der Ministerpräsident sieht natürlich auch die Notwendigkeit, zu Wachstum zurückzukehren. Er sieht die große Notwendigkeit, das Land durch Strukturreformen voranzubringen. Er hat dabei die Unterstützung der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Präsident Hollande und Ministerpräsident Letta haben in Paris gesagt, dass Frankreich und Italien Europa und Deutschland helfen wollen. Damit meinten sie natürlich, den strikten Sparkurs zu verlassen. Was hat die Bundeskanzlerin dazu gesagt? Wie hat sie reagiert?

StS Seibert: Das war eine Aussage, die Sie in Paris gehört haben. Hier hat es eine solche Aussage nicht gegeben. Sie haben die Pressekonferenz mit der Bundeskanzlerin miterlebt.

Noch einmal: Das war ein guter Auftakt, ein gutes erstes Kennenlernen. Es gibt eine große Übereinstimmung, dass wir in Europa keinen Gegensatz zwischen der dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung und der Notwendigkeit kreieren dürfen, zum Wachstum zurückzukehren.

Wie schaffen wir das? Wir schaffen das und andere Länder schaffen es - auch Italien schafft es -, indem sie Strukturreformen ergreifen, indem sie das tun, was die Wirtschaft befähigt, ihrer Aufgabe nachzukommen, nämlich nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen. Da hat Ministerpräsident Letta zahlreiche Vorstellungen. Es wird dann an ihm sein, sie den Italienern vorzustellen.

Frage: Herr Schäfer, fühlt sich der Bundesaußenminister mittlerweile ausreichend über Erkenntnisse der USA informiert, was den Chemiewaffen-Einsatz in Syrien angeht?

Schäfer: Wir finden es wichtig - der Außenminister findet es wichtig -, dass all diejenigen, die Informationen, Erkenntnisse und Analysen über den Gebrauch von Chemiewaffen in Syrien haben, diese offenlegen. Das hat er zuletzt heute beim Gespräch mit der Tageszeitung "Welt" gesagt.

Es geht ja nicht nur darum zu klären, was da verwandt worden ist, sondern es geht auch darum zu klären, wie, wann und von wem diese Waffen womöglich eingesetzt worden sind. Es ist völlig offensichtlich - und zwar nicht nur aus Sicht des Außenministers, aber auch aus Sicht des Außenministers -, dass es in diesem Zusammenhang zahlreiche Informationen gibt, die jedenfalls der Bundesregierung und der Öffentlichkeit nicht vorliegen.

Zusatzfrage: Man nimmt also an, dass es in den USA Informationen gibt, die der Bundesregierung noch nicht vorliegen?

Schäfer: Nein, ich glaube, dass es Informationen beziehungsweise Sachverhaltselemente über den mutmaßlichen Gebrauch von Chemiewaffen gibt, die noch nicht in der Breite öffentlich bekannt sind.

Seien Sie versichert, dass sich die Bundesregierung in den Gesprächen mit seinen Partnern, aber auch mit der syrischen Opposition - da hat es etwa gestern Gespräche mit hochrangigen Vertretern der nationalen Koalition gegeben, in denen es auch um diese Frage ging -, weiter sehr engagiert darum bemühen wird, dass diese Informationen zugänglich werden. Dazu gehört aus Sicht der Bundesregierung in allererster Linie, dass das Assad-Regime, die syrische Regierung, nun endlich die vom Generalsekretär der Vereinten Nationen aufgestellte Untersuchungskommission der Vereinten Nationen ins Land lässt. Denn nur so ist eine unabhängige Untersuchung der wirklich weitreichenden Vorwürfe möglich.

Zusatzfrage: Wenn diese Erkenntnisse besagen würden - so sie denn irgendwann da wären -, dass es einen bedeutsamen Einsatz von Chemiewaffen von Seiten des Regimes gibt, welche Konsequenz ergäben sich daraus für die Bundesregierung? - Das ist vielleicht auch eine Frage an Herrn Seibert.

Schäfer: Ich würde Sie gern auf eine Aussage des Außenministers in einem heute publizierten Interview mit der "Welt" verweisen. Dort heißt es in der letzten Frage: "Sie haben den Einsatz von Chemiewaffen wie Obama als rote Linie bezeichnet. Könnte so ein Vorgehen Assads also folgenlos bleiben?" - Das ist ja Ihre Frage.

Die Antwort des Außenministers - wie gesagt, das Interview steht heute in der "Welt" - lautet wie folgt:

"Die internationale Gemeinschaft hat das geschlossen so formuliert, auch Russland. Insofern würde ich es begrüßen, wenn Moskau seinen Einfluss auf das Regime in Damaskus nutzt, damit die Inspektoren der Vereinten Nationen ins Land kommen und den Vorwürfen mit unabhängigen Untersuchungen nachgehen können."

Ich möchte ergänzen: Da schließen wir uns den Äußerungen an, die der amerikanische Präsident gestern bei seinem Besuch in Mexiko getätigt hat. Herr Obama hat nämlich gesagt: Wir müssen sehr gut und sehr reiflich überlegen, was wir jetzt tun. Es bringt überhaupt nichts "kurz zu springen" - das hat er, glaube ich, in einer Übersetzung gesagt -, sondern es ist jetzt ganz wichtig auf breiter Front und in Abstimmung mit den regionalen Partnern zu überlegen, wie es in Syrien und mit Syrien weitergehen kann.

Die Haltung der Bundesregierung ist unverändert so, dass wir alles, und zwar alle gemeinsam, tun müssen, um darauf hinzuwirken, dass es endlich einen Einstieg in eine politische Lösung geben kann. Eine politische Lösung bedeutet, dass ein Dialog zwischen denjenigen Kräften in der syrischen Regierung und der Opposition losgehen kann, die eben kein Blut an den Händen kleben haben. Auch da gibt es zurzeit in New York und in den Vereinten Nationen mit unserer Unterstützung Bemühungen, den Prozess, den es bereits im letzten Jahr in Genf gab, wiederzubeleben und da gemeinsam mit Russland und China - das ist aus unserer Sicht ganz wichtig - einen Neuanlauf zu starten.

Sie wissen vielleicht, dass der amerikanische Präsident seinen Außenminister gebeten hat, in Kürze nach Moskau zu reisen. Wir gehen davon aus, dass genau dieses Thema ein ganz wichtiger Gegenstand der Gespräche zwischen den beiden, Außenminister Kerry und Lawrow, in Moskau sein wird.

Frage: Ich habe Fragen zu anderen Themen und möchte mit "Europa" anfangen.

Herr Seibert, ich lese, dass die Europäische Kommission Frankreich und Spanien zwei Jahre länger geben will, das Defizit abzubauen. Mich würde einmal interessieren, ob die Bundesregierung diesen Schritt unterstützt.

Mich würde zum zweiten - bei aller Sensibilität des Themas - interessieren, ob die Bundeskanzlerin den Schritt der Europäischen Zentralbank nachvollziehen kann, die Zinsen zu senken? Sie hat sich ja in der Vergangenheit durchaus schon zur EZB geäußert, wenn ich mich erinnere.

StS Seibert: Sie hat sich auf dem Deutschen Sparkassentag über die unterschiedlichen Gegebenheiten in verschiedenen europäischen Ländern geäußert, die es für die EZB gar nicht so leicht machen, zu einer Position zu kommen, die für alle gut ist.

Das ist das Ausmaß der Äußerung gewesen. Mehr war da nicht. Das war nicht als irgendein Hinweis zu verstehen, wie die EZB handeln sollte. Das hat ja auch EZB-Präsident Draghi gestern noch einmal wiederholt.

Also, wir haben jetzt die Frühjahrsprognose der Kommission. Sie hat damit eine wichtige Grundlage für die Bewertung der finanz- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen in den Mitgliedstaaten gelegt. Welche Folgerungen sich daraus ableiten, das wird man dann - vor dem Hintergrund der Vorgaben des Stabilitätspaktes - sehen.

Also wir sind im europäischen Semester. Grundsätzlich kommt der Kommission dabei die besondere Verantwortung zu dafür zu sorgen, dass die europäischen Regeln auch glaubwürdig angewendet werden, dass wir also eine glaubwürdige Konsolidierungs- und Reformstrategie haben. Wir gehen davon aus, dass die Kommission sich dieser Verantwortung auch bewusst ist.

Grundsätzlich erlaubt es der Stabilitäts- und Wachstumspakt in bestimmten Fällen, dass die Fristen für die Rückkehr zu einem Defizit unter 3 Prozent des BIP verlängert werden können. Das muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Das setzt vor allem voraus, dass der betroffene Mitgliedstaat konjunkturbereinigt die geforderten Konsolidierungsmaßnahmen getroffen hat.

So ist die Lage. - Insofern kommentiere ich das nicht. Das ist das europäische Verfahren, in dem wir sind. Das ist also ein ganz normaler Vorgang.

Frage: Eine Frage an das BMI zum Stand der Dinge in Sachen Staatstrojaner: Es gibt Berichte, dass eine entsprechende Software für das BKA gekauft worden sei. Gibt es eine solche Software? Ist sie einsatzfähig, und wird sie schon eingesetzt?

Teschke: Gestern war dazu ein längerer Bericht in der "ZEIT". Der Bericht ist zutreffend. Es gibt zehn Lizenzen, die für das BKA gekauft worden sind. Aber die Lizenzen kommen noch nicht zum Einsatz, weil das Programm noch modifiziert und an die standardisierende Leistungsbeschreibung angepasst werden muss.

Das heißt, wir haben bestimmte Vorstellungen, was das Programm können darf und können soll, aber auch, was es eben auf keinen Fall darf. Dieses Programm der Firma Eleman muss eben noch angepasst werden.

Zusatzfrage: Es gab ja auch einmal Bemühungen des Bundeskriminalamtes, ein eigenes Kompetenzzentrum aufzubauen. Sind sie damit obsolet?

Teschke: Sie sind nicht obsolet. Wie Sie dem Artikel auch entnehmen konnten, ist das Kompetenzzentrum beim BKA noch nicht vollständig personell besetzt. Das zeigt, dass es schwierig ist, gute erfahrene Leute zu gewinnen. Nach wie vor sind wir sehr daran interessiert, das Kompetenzzentrum beim BKA vollständig zu besetzen. Aber das wird noch Zeit brauchen.

Frage: Mich würden seitens des Finanzministeriums noch ein paar Sätze zur anstehenden Steuerschätzung von Montag bis Mittwoch interessieren. Es gibt jetzt Berichte, dass die Erwartungen an die Steuereinnahmen erstmals seit längerer Zeit etwas zurückgenommen werden dürften. Trifft sich das mit Ihrer Einschätzung der Lage, zumindest in der Tendenz?

Kotthaus: Es ist gute Sitte, dass es einen Kreis von Steuerschätzern gibt, der sich zusammensetzt und schaut, wie die unterschiedlichen Wahrnehmungen zu bewerten sind. Dieser muss sicherlich immer die Gesamtentwicklung in Deutschland, Europa und der Welt im Auge haben.

Am Mittwoch um 14.30 Uhr wird der Bundesfinanzminister die Ergebnisse der Steuerschätzung vorstellen. Ich freue mich schon, Sie da zu sehen. Ich grüße Sie schon vorab. Wie gesagt: Am Mittwoch um 14.30 Uhr im Bundesfinanzministerium. Es sind alle herzlich willkommen.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 3. Mai 2013
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/05/2013-05-03-regpk.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2013