Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

PRESSEKONFERENZ/798: Regierungspressekonferenz vom 28. Mai 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 28. Mai 2014
Regierungspressekonferenz vom 28. Mai 2014

Themen: Empfang des georgischen Ministerpräsidenten durch die Bundeskanzlerin, Einigung zwischen Bund und Ländern über die zukünftige Bildungsfinanzierung, Kabinettssitzung (Vertragsgesetz zur Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption, Entwurf eines Pflegestärkungsgesetzes), Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten von Georgien, der Ukraine und der Republik Moldau, Lage in der Ukraine, Feierlichkeiten anlässlich des 70. Jahrestags der Landung der Alliierten in der Normandie, Medienberichte über eine Entscheidung des Generalbundesanwalts zur Aufnahme von Ermittlungen in Bezug auf die NSA, informeller Europäischer Rat in Brüssel, Europawahlen, Korruptionsverdacht gegen Geschäftsführer von Krauss-Maffei Wegmann, Flughafen BER, Auftauchen von an die USA exportierten Handfeuerwaffen in Kolumbien, Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen, für 2016 geplanter Abzug der US-Truppen aus Afghanistan, Medienberichte über Modernisierung der in Deutschland stationierten US-Atomwaffen

Sprecher: StS Seibert, Schäfer (AA), Roth (BMVg), Rülke (BMJV), Dünow (BMWi), Strater (BMVI), Fronczak (BMEL)



Vorsitzender Leifert eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren, auch von mir! Ich habe einen Terminhinweis für den kommenden Montag, den ich lieber schon heute mache, weil er Sie am Freitag in Probleme mit der Akkreditierung brächte. Die Kanzlerin wird am Montag, also dem 2. Juni, um 12 Uhr den georgischen Ministerpräsidenten Irakli Garibaschwili mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Es wird einen Meinungsaustausch geben - natürlich zu bilateralen Fragen und zu Fragen der Region der Ukraine nach den Präsidentschaftswahlen. Es wird gegen 13.15 Uhr eine gemeinsame Pressekonferenz geben. Das ist also ein Termin für den Montag, den ich Ihnen schon heute nenne.

Dann möchte ich kurz etwas zum Thema "Bildungs- und Forschungsmilliarden" sagen. Wie Sie ja wissen, ist die Verwendung der im Koalitionsvertrag zugesicherten zusätzlichen 9 Milliarden Euro für Kitas, Bildung, Hochschulen und Forschung jetzt geklärt. Die Bundeskanzlerin begrüßt sehr, dass Bund und Länder mit dieser wegweisenden Einigung die Weichen für eine bessere Kooperation bei Bildung und Forschung gestellt haben. Die Bundesregierung entlastet mit dieser Einigung - wie im Koalitionsvertrag zugesagt - Länder und Gemeinden in dieser laufenden Legislaturperiode um insgesamt 6 Milliarden Euro. Dazu wird die Förderung des Bundes für Kinderbetreuung in Krippen und Kitas auf 1 Milliarde Euro aufgestockt.

Ein wichtiger anderer Punkt: Der Bund übernimmt die vollständige Finanzierung des BAföG. Bisher trägt der Bund das BAföG noch zu 65 Prozent. Zum Wintersemester 2016/2017 wird es dann eine BAföG-Novelle geben, die sich an den tatsächlichen Lebensbedingungen der Studenten und der Schüler orientieren wird. Die Mittel, die dadurch in den Ländern frei werden, werden die Länder zur Stärkung ihrer Bildungsausgaben in Schulen und Hochschulen verwenden.

Ganz wichtig: Es wird die vereinbarte Grundgesetzänderung für den Bund geben. Durch diese Grundgesetzänderung des Artikels 91b gibt es die Möglichkeit, Forschung und Lehre an Hochschulen direkt zu fördern. Das ist vor allem ein großer Erfolg. Er wird weit über den heutigen Tag hinaus wirken und die Bedingungen an den Hochschulen in Deutschland nachhaltig verbessern helfen.

Über diese 6 Milliarden Euro für Bildung hinaus stellt der Bund 3 Milliarden Euro in vollem Umfang für die Forschung zur Verfügung. Er finanziert damit außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, den Hochschulpakt, den Pakt für Forschung und Innovation sowie die Exzellenzinitiative. Den Aufwuchs für die außeruniversitäre Forschung finanziert in Zukunft allein der Bund. Damit ist der Anteil von 3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt - das ist ja ein Ziel, das man sich in Europa schon vor einigen Jahren gesetzt hat - in Deutschland jetzt nahezu erreicht. Dieser Anteil ist auch in Zukunft sichergestellt. Das wollte ich Ihnen im Namen der Bundeskanzlerin noch einmal sagen.

Dann käme ich, wenn es recht wäre, zu den Themen des Kabinetts.

Zunächst ging es um das Thema "Verhinderung und Bekämpfung von Korruption". Verhinderung und Bekämpfung von Korruption in allen Ausprägungen ist eine der zentralen gesellschaftspolitischen Aufgaben der Bundesregierung. Wir haben zur Erreichung dieses Ziels in der Vergangenheit schon zahlreiche Rechtsakte erlassen. Heute hat die Bundesregierung nun ein Vertragsgesetz auf den Weg gebracht, mit dem die Voraussetzungen geschaffen werden, das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption zu ratifizieren. Dieses Übereinkommen ist weltweit das erste Regelwerk, mit dem man in- und ausländische Korruption bekämpft. Es zeichnet sich gerade durch diesen umfassenden Ansatz aus. Es enthält umfassende Regelungen, um vor allem auch die weltweite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Korruption zu verbessern.

Schon jetzt ist die Rechtslage in Deutschland so, dass wir den Vorgaben dieses UN-Übereinkommens in fast allen Teilen entsprechen. Was notwendig war, um dieses UN-Übereinkommen umzusetzen und es zu ratifizieren, ist tatsächlich geschehen, nämlich die Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung. Das hat der Deutsche Bundestag, wie Sie sicherlich wissen, erst kürzlich beschlossen. Die entsprechende Neuregelung wird am 1. September dieses Jahres in Kraft treten. Sie sieht die Strafbarkeit der Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern vor. Damit ist also nun möglich, dass auch die Bundesrepublik diesem weltweiten Regelungswerk per Ratifizierung beitritt.

Das Thema Pflege hat heute eine große Rolle in der Kabinettssitzung gespielt. Es geht um Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. Man kann auch von einem wirklichen Pflegestärkungsgesetz sprechen. Im Einzelnen betrifft das die Anpassung von Leistungen in der Pflegeversicherung und die Leistungsausweitung für Menschen, die der Pflege bedürfen, sowie für den Pflegevorsorgefonds.

Was heißt das konkret? Ab 2015 sollen die Beträge für die Leistungen der Pflegeversicherung grundsätzlich um 4 Prozent angehoben werden. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Das heißt, in der ambulanten Pflege, bei der Pflegestufe 1, steigt er von 450 Euro auf 468 Euro. In Pflegestufe 3 steigt er von 1.550 Euro auf 1.612 Euro. Es sollen verschiedene Leistungen wie Tages- und Nachtpflege, Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege in Zukunft besser miteinander kombiniert werden können. Das wird pflegende Familienangehörige entlasten, und es wird vor allem auch die häusliche Pflege wesentlich stärken. Pflegebedürftige in der ambulanten Pflege sollen einen Teil der Pflegesachleistungen flexibel für niedrigschwellige Angebote nutzen können. In stationären Pflegeeinrichtungen soll die Zahl der Betreuungskräfte steigen. Der Betreuungsschlüssel, der derzeit bei 1 zu 24 liegt, soll auf 1 zu 20 verbessert werden.

Wenn wir auf die geburtenstarken Jahrgänge blicken, also im Wesentlichen die Jahrgänge von 1959 bis 1967, dann ist der Bundesregierung klar, dass Vorsorge in Form eines Pflegevorsorgefonds, der jetzt eingerichtet wird, geleistet werden muss, natürlich mit dem Ziel, in unserer älter werdenden Gesellschaft auch für künftige Generationen den Beitragssatz möglichst stabil zu halten. Jetzt wird der Beitrag zur Pflegeversicherung mit Augenmaß angehoben, in einem ersten Schritt ab 2015 um 0,3 Prozentpunkte. Davon werden 0,2 Prozentpunkte für die Leistungsverbesserungen, die ich gerade beschrieben habe, und 0,1 Prozentpunkte für den Pflegevorsorgefonds verwendet. In einem zweiten Schritt, der voraussichtlich ab 2017 kommen wird, sollen die Beträge noch einmal um weitere 0,2 Prozentpunkte auf dann 2,55 Prozent des Bruttoeinkommens steigen.

Mit diesem heute im Kabinett beschlossenen Entwurf zum Pflegestärkungsgesetz nimmt die Bundesregierung den ersten Schritt der im Koalitionsvertrag vereinbarten Pflegereform vor. Auch dabei wird es einen zweiten Schritt geben, voraussichtlich 2017. Dann soll nämlich zügig der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eingeführt werden. Das heißt, es soll neu definiert werden, wer in welchem Umfang Pflegeleistungen erhält. - So weit mein Bericht aus dem Kabinett.

Frage: Zu heute Abend: Kommt er heute Abend nicht ins Kanzleramt und dafür nur Montag?

StS Seibert: Nein, heute Abend wird es, wie angekündigt, das Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten von Georgien, der Ukraine und der Republik Moldau geben, und zwar mit vor dem Beginn stattfindenden Statements vor der Presse.

Frage: Gibt es oder gab es schon auch ein bilaterales Treffen zwischen der Kanzlerin und dem ukrainischen Regierungschef, heute Mittag oder im Laufe des Tages?

StS Seibert: Ja, es wird heute Nachmittag ein informelles Gespräch geben.

Zusatzfrage: Zu welchen Themen, wenn ich fragen darf?

StS Seibert: Ich würde denken, dass die auf der Hand liegen: die Lage in der Ukraine nach dem aus unserer Sicht weitgehend erfreulichen Verlauf der Präsidentschaftswahl.

Frage: Wenn wir schon bei der Ukraine sind, habe ich eine Frage an das Außenministerium: Können Sie uns bezüglich Ihres Informationsstandes und der aktuellen Lage im Osten der Ukraine schlau machen - insbesondere, was die OSZE-Emissäre betrifft?

Schäfer: Ich kann das nicht tun, jedenfalls nicht über das hinaus, was auch öffentlich bekannt ist. So ähnlich wie bei dem letzten Geiselnahmefall, von dem ja auch deutsche Staatsangehörige betroffen waren, liegt es jetzt richtigerweise in den Händen der OSZE, alles dafür zu tun, dass zunächst einmal der Verbleib der vier OSZE-Beobachter aufgeklärt werden kann, und dann, wenn das erfolgt ist, dafür zu sorgen, dass sie möglichst schnell wieder in Freiheit zurückgelangen. Das unterstützen wir, soweit es im Rahmen unserer Möglichkeiten liegt. Aber das ist, wie gesagt, bei der OSZE in den allerbesten Händen, was ja auch damals durch den guten Ausgang der Geiselnahme unter Beteiligung der deutschen Staatsangehörigen gezeigt wurde.

Zur Lage im Osten der Ukraine vielleicht nur so viel: Wir sehen durchaus mit großer und auch wachsender Sorge, dass die Auseinandersetzungen - "im Osten der Ukraine" ist nicht der richtige Begriff, sondern "im Donbass, in einem Teil des Ostens der Ukraine" - an Schärfe und an Intensität gewinnen. Das liege, so glaube ich, im Wesentlichen daran, dass in den Händen der Aufständischen zunehmend Waffen sind und auch Waffen eingesetzt werden, die eine neue Qualität bedeuten. Das haben wir etwa in den letzten Tagen auf dem Flughafen von Donezk gesehen. Wir hoffen sehr, dass es der neuen ukrainischen Führung unter dem sicherlich auch bald ins Amt eingeführten Präsidenten Poroschenko gelingen wird, die Lage vor Ort wieder unter Kontrolle zu bekommen und die Hoheitsgewalt des ukrainischen Staates sicherzustellen. Dabei wird es darauf ankommen, mit Augenmaß und unter Berücksichtigung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit vorzugehen. Das wird auch die Botschaft sein, die wir mit der neuen ukrainischen Führung besprechen werden.

StS Seibert: Wenn ich dem - die Bundeskanzlerin hatte es gestern im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an Separatisten auch schon einmal erwähnt - noch etwas hinzufügen darf: Die Bundesregierung erwartet von der russischen Regierung, dass sie entlang ihrer Grenze mit der Ukraine verhindert, dass gewaltbereite Separatisten eindringen oder dass beispielsweise größere Mengen von Waffen über die Grenze transportiert werden.

Frage: Herr Seibert, Herr Schäfer, der OSZE-Sondergesandte Ischinger hat ins Gespräch gebracht, dass möglicherweise die gesamte OSZE-Mission gefährdet sei, nämlich für den Fall, dass die gewaltsamen Auseinandersetzungen weitergehen. Wie sehen Sie das? Wäre es für die OSZE eine Möglichkeit, auch kurzfristig aus dem Land herauszugehen? Gibt es darüber Gespräche mit den Schweizern?

Schäfer: Es gibt aus unserer Sicht kurzfristig keinen Anlass, die ganze Mission infrage zu stellen. Richtig ist, dass es nicht erst heute, aber heute ganz besonders in bestimmten Teilen, in denen die zivile Beobachtermission der OSZE eine ganz besondere Rolle zu spielen hat, ernste Sicherheitsprobleme gibt. Diese ernsten Sicherheitsprobleme müssen selbstverständlich unter Gesichtspunkten der Fürsorge für die Mitarbeiter dieser Beobachtermission Berücksichtigung finden; das ist völlig selbstverständlich. Das kann auch bedeuten, und ich glaube, das ist ja auch bereits entschieden worden, dass diese zivilen Missionen in den Gegenden im Osten des Landes und insbesondere im Donbass, die als sicherheitsgefährdet gelten, derzeit nicht oder nicht mehr in der gleichen Intensität durchgeführt werden. Ich kann aber nicht erkennen, weshalb man jetzt sozusagen gleich alle aus anderen Teilen des Landes abziehen müsste, in denen es ruhig ist und in denen die Beobachtermission gleichwohl ihren Sinn und ihren Zweck zu erfüllen hat.

Zusatzfrage: Ich habe noch eine Frage im Zusammenhang mit der Ukraine und dem Besuch am heutigen Abend bei der Kanzlerin. Spätestens Ende der Woche läuft ja das Ultimatum aus, wegen der Gaslieferungen 2 Milliarden Euro vonseiten der Ukraine an Russland zu zahlen. Könnten Sie bitte noch einmal die Haltung der Bundesregierung dazu umreißen, Herr Seibert? Haben Sie möglicherweise Anzeichen dafür, dass die Ukraine bereit und in der Lage ist, das Geld bis Ende der Woche zu zahlen?

StS Seibert: Ganz klar ist, dass zu einer stabilen Zukunft der Ukraine auch eine stabile Gasversorgung gehört. Deswegen ist es gut, dass sich die Europäische Kommission in Gestalt des Energiekommissars Oettinger sehr dafür einsetzt, Gespräche zwischen der Ukraine und Russland zu moderieren. Das unterstützen wir. Wir unterstützen die Europäische Kommission in diesem Bemühen, dabei eine Einigung herbeizuführen. Die haben sich am Montag in Berlin getroffen. Ich kann Ihnen hier jetzt keine Einzelheiten dieser Gespräche mitteilen - ich glaube, das wäre auch eine Frage an die Europäische Kommission -, aber klar ist, dass eine stabile Zukunft ohne eine stabile Gasversorgung und auch ohne eine Einigung in diesem Streit nur schwerlich vorstellbar sein wird.

Zusatzfrage: Die Kanzlerin hatte Anfang der Woche gesagt, dass sie sich eine Einigung noch in dieser Woche vorstellen könnte. Ist das immer noch der Stand der Dinge?

StS Seibert: Wir hoffen natürlich auf einen erfolgreichen Abschluss der Gespräche. Ich kann hier keine Zeitpläne verkünden, aber das, was die Kanzlerin Anfang der Woche gesagt hat, ist natürlich noch gültig.

Frage: Herr Seibert, ich habe noch eine Frage zu den Sanktionen. Die dritte Stufe scheint ja jetzt vorläufig vom Tisch zu sein. Heißt das, dass das, was Sie eben als Erwartung geäußert haben - also eine Unterbindung der Waffenlieferungen beziehungsweise keine bewaffneten Soldaten oder wen auch immer aus Russland in die Ukraine zu lassen -, ein Zeitfenster betrifft, und wenn Russland diesen Erwartungen nicht entspricht, dann wird die dritte Stufe der Sanktionen sozusagen wieder auf den Tisch kommen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich dazu ja auch gestern geäußert. Ich zitiere einfach noch einmal - das ist eine sehr klare Antwort -, was sie gesagt hat: "Wir sehen" - "wir" war in diesem Falle die Gesamtheit der 28 Regierungschefs im Europäischen Rat - "im Augenblick nicht die Notwendigkeit," - also nicht die Notwendigkeit, eine weitere Stufe der Sanktionen einzuleiten - "aber angesichts der Zustände in der östlichen Ukraine ist auch nicht ausgeschlossen, dass wir wieder auf unsere Beschlüsse vom 21. März" - also die generelle Bereitschaft, die wir da verkündet haben - "zurückkommen müssen". Sie sagte: "Es wird entscheidend darauf ankommen, dass Russland konstruktiv mit einem neuen Präsidenten zusammenarbeitet und auf die Separatisten moderierend einwirkt." Ich habe Ihnen den konkreten Punkt, den wir für wichtig halten, nämlich die Sicherung der Grenze, genannt.

Es ist ermutigend gewesen, was wir aus Russland im Zusammenhang mit der Respektierung der Wahl und ihres Ergebnisses gehört haben. Aber es kommt natürlich darauf an, dass das jetzt nicht nur Worte sind, sondern dass wir auch wirkliche Schritte zur Deeskalation sehen. Dazu würde unsere Hoffnung gehören, dass es auch bald zu Kontakten zwischen dem russischen Präsidenten und dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten kommt. Das ist das, was gestern die Haltung der Bundeskanzlerin, aber auch des gesamten Europäischen Rates war.

Frage: Meine Frage geht an das Außenministerium und eventuell auch an das Verteidigungsministerium: Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren wird ja nun zur Kieler Woche kein russisches Kriegsschiff kommen können. Die Stadt Kiel hatte eingeladen und hat kurzfristig absagen müssen. Die Begründung lautete, es habe keine Freigabe des Auswärtigen Amtes für ein Einlaufen einer russischen Fregatte im Kieler Hafen gegeben. Meine Frage an Sie: Wie begründet sich das?

Schäfer: Zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung anstand, bestand innerhalb der Bundesregierung und insbesondere zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt Einvernehmen darüber, dass die Teilnahme eines Schiffes der russischen Kriegsmarine an der Veranstaltung nicht opportun wäre. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Es stand das Angebot im Raum, dass von russischer Seite auch ein ziviles Schiff an den Feierlichkeiten hätte teilnehmen können. Ich bin mir nicht im Klaren darüber, ob ein solches Angebot von der russischen Seite angenommen worden ist.

Roth: Dem habe ich eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Herr Schäfer hat dazu alles gesagt.

Zusatzfrage: Können Sie "weil es nicht opportun ist" einmal erläutern? Das ist ein bisschen wie "Es gibt keine Erlaubnis, weil es keine Erlaubnis gibt".

Schäfer: Das steht natürlich im Zusammenhang mit der allgemeinen Lage, wie sie sich der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Entscheidung im Zuge der Ukraine-Krise darstellte.

Zusatzfrage: Ist diese Entscheidung denn kurzfristig gefallen?

Schäfer: Ich kann Ihnen da kein Datum nennen.

Zusatzfrage: Nach der Kieler Woche kommt die Hanse Sail in Rostock. Da werden unter anderen zwei russische Segelschulschiffe erwartet. Gilt dafür dasselbe wie für die Kieler Woche?

Schäfer: Ich bin nicht in der Lage, Ihnen zu sagen, ob es dazu vonseiten der Organisatoren oder lokalen Autoritäten bereits Anfragen an die Bundesregierung gegeben hat. Wenn es sie gegeben hätte oder wenn es sie gibt, dann werden wir uns diesen Anfragen in der gleichen Sorgfalt widmen, wie das immer der Fall ist.

Zusatzfrage: Nun gibt es Wortmeldungen von verschiedenen Bundestagsabgeordneten, die sagen, gerade in dieser Zeit wäre es im Sinne der Völkerverständigung doch wertvoll gewesen, wenn man diesem russischen Schiff - es handelt sich dabei um eine Fregatte - doch eine Genehmigung erteilt hätte, Kiel anzulaufen. Was sagen Sie denn zu diesem Einwand?

Schäfer: Ich sage dazu: Ich verweise auf die Begründung der Entscheidung, wie ich sie gerade eben gegeben habe.

Frage: Sie sagten, zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung in Bezug auf das Schiff getroffen wurde, sei das nicht opportun gewesen. Können Sie den etwas sagen, wann der Zeitpunkt war, als die Entscheidung getroffen wurde?

Schäfer: Nein. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung getroffen wurde, war die Genehmigung nicht opportun, und das steht.

Frage: Im Zusammenhang mit Opportunitätsfragen berichtet die "Bild"-Zeitung heute von einem diplomatischen Gerangel vor den D-Day-Feiern in der Normandie. Es gibt offensichtlich mehrere Staatschefs, unter anderem US-Präsident Obama, die nicht unbedingt mit Herrn Putin auf der Gästetribüne sitzen oder möglicherweise neben ihm auf einem Abschlussfoto zu sehen sein wollen. Wie sieht das die Bundeskanzlerin? Hat sie da irgendeine Form von Berührungsangst, ist ihr das völlig gleichgültig, oder würde sie ihn vielleicht sogar ganz gerne einbinden und in die Mitte nehmen?

StS Seibert: Erstens: Die Bundeskanzlerin hat ja öffentlich begrüßt, dass Präsident Putin zu diesen Feierlichkeiten in der Normandie am 6. Juni eingeladen wurde und dass er die Einladung angenommen hat und anreisen wird. Sie hat das damit begründet, dass ungeachtet der aktuellen erheblichen Meinungsverschiedenheiten, die wir mit Russland über sein Vorgehen in der Ukraine und auf der Krim haben, das gemeinsame Gedenken an die geschichtliche Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und an die ungeheuren Opfer, die dieser Krieg auf allen Seiten, aber ganz besonders auch auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion gefordert hat, von den aktuellen Streitigkeiten um Meinungsverschiedenheiten zu trennen sei und dass es immer möglich sein müsse, gemeinsam einen solchen geschichtlich wichtigen Moment zu begehen. Das ist die grundsätzliche Bemerkung.

Zweitens sind die Franzosen die Veranstalter. Das heißt, sie werden Sitz- und Stehordnungen verfügen. Die Bundeskanzlerin pflegt sich dahin zu setzen und zu stellen, wo die Gastgeber finden, dass sie sitzen und stehen sollte.

Zusatzfrage: Heißt das also, dass sie kein Problem damit hätte, neben Herrn Putin zu sitzen oder zu stehen?

StS Seibert: Ich kenne die dort vorgesehene Ordnung nicht. Aber die Bundeskanzlerin ist dabei nie ein Problem.

Frage: Herr Seibert, Herr Rülke, es gibt in verschiedenen Medien eine Berichterstattung über eine Entscheidung des Generalbundesanwalts, keine Ermittlungen in Sachen NSA aufzunehmen. Gibt es dazu eine Stellungnahme der Bundesregierung beziehungsweise des Justizministeriums?

Dann habe ich noch zwei Fragen an Herrn Rülke. Zum einen heißt es immer wieder, die Bundesregierung habe dem Generalbundesanwalt freie Hand gegeben. Können Sie das noch einmal konkretisieren?

Zum anderen fordert die Grünen-Politikern Keul eine Anweisung des Justizministers an den Generalbundesanwalt. Haben Sie dazu eine Haltung?

StS Seibert: Ich kann nur kurz antworten: Da ich eine solche Entscheidung des Generalbundesanwalts nicht kenne und der Berichterstattung auch entnehmen, dass er sie noch gar nicht geäußert hat, kann ich hier keine Stellungnahme abgeben.

Rülke: Da kann ich direkt anschließen. Es ist so, dass es derzeit zwei Beobachtungsvorgänge beim Generalbundesanwalt gibt; das ist medial auch berichtet worden. Einer betrifft das Ausspähen des Handys der Kanzlerin, und ein weiterer betrifft das vielfache Ausspähen von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Der Generalbundesanwalt hat gestern selbst dazu erklärt, dass er alsbald eine Entscheidung darüber verkünden werde, ob aus diesen Beobachtungsvorgängen möglicherweise auch ein Ermittlungsverfahren werden wird. Er hat gestern auch gesagt, dass er dann zu diesem Zeitpunkt auch mögliche Gründe für seine Entscheidung bekannt geben wird. Wir werden diese Entscheidung jetzt abwarten.

Zu Ihren weiteren Fragen: Es ist so, dass der Generalbundesanwalt allein nach Recht und Gesetz entscheidet und dass vor dem Gesetz selbstverständlich nicht mit unterschiedlichem Maß gemessen wird, sondern dass vor dem Gesetz alle gleich sind.

Zusatzfrage: Was heißt das, bezogen auf die beiden Fragen?

Rülke: Die Interpretation dessen muss ich leider Ihnen überlassen.

Frage: Da ich davon ausgehe, dass der Generalbundesanwalt Sie informieren würde, bevor er die Öffentlichkeit informiert: Hat er Ihnen mitgeteilt, was er in dieser Sache zu tun gedenkt? Zweite Frage: Wäre es denn in Ihrem Sinne, wenn es keine Ermittlungen geben würde?

Rülke: Ich würde uns allen jetzt raten, auch wenn ich Ihre professionelle Neugierde an dieser Stelle mehr als verstehe, abzuwarten, bis die konkrete Entscheidung gefallen ist, denn erst dann liegen uns auch die Gründe vor. Natürlich würden wir diese Gründe dann auch auswerten und uns anschauen. Es ist so, dass ich im Moment auch nicht weiß, wie diese Entscheidung ausfallen wird.

Frage: Ich wollte noch einmal nach dem Europäischen Rat von gestern Abend fragen, zum einen danach, ob die Kanzlerin heute im Kabinett ihren Ministerkollegen noch einmal darüber berichtet hat, was da gestern Abend wirklich Sache gewesen ist.

Zum anderen haben Sie selbst eben auf klare Äußerungen der Kanzlerin in Sachen Ukraine verwiesen. Die Äußerungen zu den anstehenden Personalentscheidungen in Europa waren für mich nicht so klar. Das heißt, ich bin etwas irritiert. Können Sie mir klar sagen, ob die Kanzlerin nach wie vor zum Kandidaten Juncker steht und für ihn werben wird, insbesondere beim britischen Regierungschef?

StS Seibert: Zur ersten Frage: Nein, im Kabinett hat dieses Thema heute keine Rolle gespielt.

Zur zweiten Frage: Die Bundeskanzlerin hat gestern - zugegebenermaßen zu später Stunde, aber das ist in Brüssel ja nicht so selten - eine ausführliche Pressekonferenz mit vielen Fragen und Antworten zu genau diesem Thema abgehalten. Die würde ich jetzt einfach ungerne noch einmal wiedergeben; besser kann ich es ohnehin nicht. Ich glaube, sie hat sehr klar gesagt, was gestern beim informellen Europäischen Rat geschehen ist. Das war unter dem Eindruck des Ergebnisses der Europawahl ein erster informeller Meinungsaustausch darüber, was daraus jetzt zu schließen ist.

Der EU-Vertrag von Lissabon sieht ja ein ganz klares Verfahren dafür vor, wie ein Präsident der Europäischen Kommission bestimmt wird. In diesem Verfahren hat das Europaparlament eine wichtige Rolle inne, weil es mit absoluter Mehrheit den Kandidaten wählen muss. In diesem Verfahren hat aber die andere große Institution innerhalb des europäischen Gefüges, nämlich der Europäische Rat, auch eine wichtige Rolle inne; er schlägt nämlich dem Europäischen Parlament nach entsprechenden Konsultationen mit dem Parlament einen Kandidaten vor.

Das heißt, es hat gestern den ersten Meinungsaustausch dazu gegeben, und man hat sich - im Übrigen einstimmig - darauf geeinigt, dass der Präsident des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, nun das Mandat hat, die Vertreter des neuen Europäischen Parlaments, das sich dann ja bald zusammenfügen wird, zu konsultieren, und zwar zu Personalfragen wie auch zu inhaltlichen Fragen, weil gestern auch besprochen wurde, dass es sehr wichtig ist, dass wir in eine Diskussion über die politischen Prioritäten der nächsten fünf Jahre in Europa eintreten, und in dieser Hinsicht hat die Bundeskanzlerin ja einige genannt. Das ist das, was gestern geschehen ist, nämlich ein erster Schritt eines Prozesses, der, so hofft sie, bis zum nächsten Europäischen Rat - also bis zum 25. und 26. Juni, glaube ich; jedenfalls bis Ende Juni - auch ein entsprechendes Ergebnis gezeitigt haben wird.

Frage: Darf ich noch einmal fragen: Wird sich die Kanzlerin nach dem, was sie auch im Vorfeld der Europawahlen gesagt hat, für Herrn Juncker einsetzen, für Herrn Juncker werben - auch, um mögliche Irritationen beim Wähler, der ja Spitzenkandidaten gesehen hat und Ankündigungen hinsichtlich deren künftiger Aufgaben vernommen hat, zu vermeiden?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat sich auch dazu gestern geäußert. Sie hat als ein Mitglied der Europäischen Volkspartei den Beschluss, Jean-Claude Juncker zum Spitzenkandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission zu machen, mitgetragen, und daran hat sich überhaupt nichts geändert. Das heißt, dies ist ihre Überzeugung. Es geht jetzt aber um die Konsultationen im Europäischen Rat, und da muss man einfach zur Kenntnis nehmen, dass es 28 Mitgliedstaaten gibt - alles durch nationale Wahlen demokratisch legitimierte Staats- und Regierungschefs -, die dazu möglicherweise unterschiedliche Gedanken haben und auch äußern - teilweise gestern geäußert haben, teilweise vielleicht auch in den kommenden Konsultationsrunden noch äußern werden. Es wird also darum gehen, dass der Kandidat die Mehrheit des Rates findet und dann später auch die Mehrheit des Europäischen Parlaments. Das ist nun einmal das Verfahren, so wie es die europäische Verfassungsrealität vorsieht. Das war im Übrigen auch jedem vorher bekannt, das ist jetzt keine Überraschung. In diesem Verfahren sind wir jetzt.

Zusatzfrage: Das Verfahren ist das eine, aber man kann ja auch aktiv werden. Wird die Kanzlerin für Herrn Juncker aktiv werden?

StS Seibert: Ich würde Sie jetzt wirklich bitten - ich glaube, wir haben es auch schon ins Netz gestellt -, einfach noch einmal das Protokoll der gestrigen Pressekonferenz nachzulesen. Darin steht zu diesem Thema all das, was zu sagen ist. Ich habe das jetzt hier weder zu verbessern noch zu kommentieren; es ist gestern gesagt worden.

Frage: Herr Seibert, weil es auch anderen Beobachtern aufgefallen ist: Täuschte der Eindruck, oder war die Kanzlerin gestern Abend bei ihrem Auftritt verschnupft? Hat sie eine Erkältung oder war sie verschnupft über den Ablauf der Beratungen?

StS Seibert: Wenn Sie diesen Eindruck hatten, dann kann ich Ihnen den nicht wegnehmen. Ich halte ihn für falsch. Es war eine ganz normale Pressekonferenz, sie hat sich doch intensiv mit den Journalisten auseinandergesetzt. In dieser Art von Beratungen, wo 28 Staats- und Regierungschefs zu einer Sache, die sie alle betrifft und die für die Europäische Union von großer Bedeutung ist - eine Weichenstellung für die nächsten Jahre, thematisch wie personell -, melden sich alle zu Wort. Das ist ein normales und im Grunde auch zu begrüßendes europäisches Verfahren. Die Bundeskanzlerin ist da gerne dabei.

Zusatzfrage: Herr Seibert, das war eher eine Frage durch die Hintertür nach dem Gesundheitszustand der Kanzlerin -

StS Seibert: Ach, Sie meinten das nicht einmal metaphorisch?

Zusatzfrage: - weil es so wirkte, als ob sie möglicherweise eine Grippe hat, oder wie auch immer. Nicht nur ich hatte diesen Eindruck.

StS Seibert: Kerngesund. - Ferndiagnosen sind immer ganz schwierig. Ich kann es nicht empfehlen, am Bildschirm Ferndiagnosen zu stellen.

Zusatzfrage: Also ist nichts?

StS Seibert: Alles gut.

Frage: Herr Seibert, in vielen Ländern Europas sind die radikalen Kräfte auf dem Vormarsch. Was glaubt die Bundesregierung? Glauben Sie immer noch, dass die strenge Austeritätspolitik richtig ist? Ich glaube, Herr Hollande und auch Herr Renzi haben dazu eine andere Meinung. Was glauben Sie?

StS Seibert: Ich kann nicht behaupten, dass ich die Meinung von Herrn Hollande und Herrn Renzi zu diesem Thema wirklich gut kenne; es gab einige Meldungen dazu. Ich glaube aber, das ist jetzt auch nicht das Entscheidende. Es ist ganz erkennbar, dass die Wahl zum Europäischen Parlament sehr unterschiedliche Ergebnisse hervorgebracht hat. In einigen Mitgliedstaaten haben auch europakritische und zum Teil sogar offen europafeindliche Parteien Achtungserfolge erzielt.

Ich habe es hier am Montag schon gesagt, dass für die Bundesregierung völlig klar ist: Unser europafreundlicher, pro-europäischer Kurs wird unvermindert fortgesetzt, weil wir glauben, dass dies der richtige Kurs ist, um diesen Kontinent und seine 500 Millionen Bürger in eine gute Zukunft zu bringen. Ich warne davor, eine einzige Überschrift über die Wahl in 28 Mitgliedstaaten zu setzen; denn die Gründe, aus denen populistische und europafeindliche Kräfte erfolgreich gewesen sein mögen, sind wahrscheinlich von Dänemark bis Griechenland - um nur einmal zwei Beispiele zu nennen - sehr unterschiedlich. Es wird also immer auch nationale Ursachen und nationale Begründungen dafür geben, dass Wahlergebnisse so ausgefallen sind.

Für die Kanzlerin - auch dazu hat sie sich gestern geäußert - und für die ganze Bundesregierung ist klar: Wir müssen bei einem Teil der Wählerschaft auch eine Verunsicherung wahrnehmen, und wir müssen unsere europäische Politik so ausrichten, dass die Bürger merken, dass wir uns ihrer Sorgen annehmen, dass es genau um die Sorgen der Bürger geht. Deswegen ja auch das Beharren darauf, in den nächsten Wochen mit dem Europäischen Parlament auch über die Themen zu reden, die die nächsten fünf Jahre prägen sollen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium: Herr Dünow, die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Geschäftsführer des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit einer Panzerlieferung an Griechenland. Ist das ein ausreichender Grund für das Wirtschaftsministerium, eine Zuverlässigkeitsprüfung des Konzerns durchzuführen?

Dünow: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Ich habe bislang, in den letzten Tagen, Spekulationen darüber gelesen, ob die Staatsanwaltschaft München Ermittlungen einleitet. Dass sie sie eingeleitet habe, ist mir nicht bekannt.

Zusatzfrage: Sie haben also nichts unternommen, weil Sie nicht wissen, ob die Münchner Staatsanwaltschaft Ermittlungen eingeleitet hat?

Dünow: Nein, ich habe nicht gesagt, dass wir nichts unternommen hätten. Ich habe Ihnen nur gesagt, dass mir bis dato nicht bekannt ist, dass die Münchner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden von Krauss-Maffei Wegmann eingeleitet habe.

Zusatzfrage: Und was haben Sie unternommen?

Dünow: Wir haben versucht, den Sachverhalt aufzuklären. Mir liegen keine Informationen darüber vor, dass die Staatsanwaltschaft das getan hat, was Sie unterstellen.

Frage: Ich möchte zur Frage des vorvorherigen Kollegen nachhaken: Dem Vernehmen nach gab es gestern bei der informellen Sitzung des Europäischen Rats in Brüssel Stimmen - gewichtige Stimmen -, die nach einer Revision der Sparpolitik verlangt haben. Die Begründung für diese Revision waren die katastrophalen Folgen, die diese Sparpolitik für die Europawahlen hatte. Die Frage ist nicht, ob Berlin seinen europafreundlichen Kurs fortsetzen will, sondern ob es diese Sparpolitik überprüfen beziehungsweise revidieren will.

StS Seibert: Die Bundesregierung steht zum Stabilitäts- und Wachstumspakt. Sie glaubt, dass das, was durch die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes möglich ist, nämlich eine schrittweise Sanierung der Haushalte, ein Abbauen von Schuldenbergen, ein wichtiges Zukunftszeichen für diesen Kontinent und vor allem für kommende Generationen auf diesem Kontinent ist. Insofern werden wir das nicht infrage stellen.

Zu den großen Themen, die die Bundeskanzlerin gestern für die nächsten fünf Jahre als Schwerpunktthemen genannt hat, gehören natürlich genau diese Fragen: Wie kann man Wettbewerbsfähigkeit steigern, wie kann man Beschäftigung schaffen, und zwar nachhaltige Beschäftigung für junge Menschen - denn die Jugendarbeitslosigkeit ist in vielen Teilen Europas bedrückend -, wie können wir Wachstum schaffen, und zwar am besten dadurch, dass wir Unternehmen die Möglichkeit geben - denn das werden Staaten alleine nicht schaffen -, so zu agieren, dass sie Arbeitsplätze schaffen können? Das sind die Themen, aber dabei bleibt für uns eine vernünftige Haushaltspolitik entsprechend dem Stabilitäts- und Wachstumspakt wichtig. Die Bundeskanzlerin hat auch noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich in Europa mehr bewährt, wenn man sich an geschlossene Verabredungen und Verträge hält, als wenn man sie bricht.

Frage: Ich möchte dazu auch noch nachfragen: Hollande hat ja noch einmal betont, dass man jetzt inhaltlich mehr über Wachstumspolitik reden sollte. Sieht die Bundesregierung jetzt denn die Möglichkeit beziehungsweise die Notwendigkeit, dass man über die bereits bestehenden Programme zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hinausgeht und weitere Wachstumsprogramme auflegt?

StS Seibert: Gestern ist beschlossen worden, dass Herman Van Rompuy für den Europäischen Rat mit dem Europäischen Parlament konsultiert - auch zu den künftigen Schwerpunkten der Arbeit. Ich werde jetzt nicht von hier aus sagen, wo genau das hinführt; ich werde nur sagen, dass Beschäftigung, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit in den nächsten fünf Jahren zentrale Punkte sind, auf die sich die Europäische Kommission und die europäischen Institutionen nach unserer Vorstellung konzentrieren sollten. So hat es die Bundeskanzlerin gestern Abend auch gesagt.

Frage: Verstehe ich es richtig, dass das, was da im Moment in Europa läuft, für Sie eher eine Nuancenverschiebung denn eine große Schwerpunktverschiebung zwischen Konsolidierungspolitik auf der einen Seite und Wachstumspolitik auf der anderen Seite ist? Das heißt, die stärkere Betonung des Wachstums ist etwas, was die Bundesregierung auch teilt?

Zweitens. Teilt die Bundesregierung eigentlich die Einschätzung von Herrn Schäuble, der die französischen Wahlsieger der Front National faschistisch und extremistisch genannt hat?

StS Seibert: Ich kommentiere die Aussage des Ministers nicht. Ich habe vorhin davon gesprochen, dass die Wahl in einigen Ländern nicht nur europakritische, sondern sogar offen europafeindliche Kräfte nach vorne gebracht hat. Ich denke, um eine solche handelt es sich hier. Dem steht unsere Politik gegenüber, die eine betone pro-europäische Politik ist. Denn wir sind ganz fest davon überzeugt, dass Europa - und das gilt für alle 28 Mitgliedstaaten - unsere gemeinsame Zukunft ist und dass wir nur gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Zeitalter der Globalisierung das schaffen können, was wir schaffen wollen: Wachstum, Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit, eine starke Stimme in der globalisierten Welt zu sein und unser europäisches Wirtschafts- und Sozialmodell wirklich auch zu einem Erfolgsmodell zu machen. Das wird heute kein Staat mehr im Alleingang national vor sich hin werkelnd erreichen. Wer Menschen das verspricht, liegt aus Sicht der Bundesregierung falsch.

Zusatzfrage: Und was sagen Sie zur Frage der politischen Nuancenverschiebung?

StS Seibert: Auch in der Vergangenheit hat sich die Europäische Union, haben sich die Mitgliedstaaten schon um Wachstum bemüht. Wachstum und Abbau der Arbeitslosigkeit sind keine neuen Worte im politischen Diskurs in Brüssel. Ich will jetzt nicht möglichen Maßnahmen, die kommen können oder auch nicht, vorgreifen. Ich will nur sagen: Für uns sind das Schwerpunkte, die in den nächsten fünf Jahren die Arbeit der europäischen Institutionen prägen sollten. Das ist ganz wichtig. Man kann dann auch - aber dafür ist hier nicht der richtige Ort - im Detail durchbuchstabieren, was das heißen könnte, aber das ist etwas, was dann tatsächlich im Gespräch mit den anderen Mitgliedstaaten erarbeitet werden muss.

Frage: Herr Seibert, was die Bundeskanzlerin über diese europäischen Wahlen gesagt hat, hatte in den letzten Tagen aber doch einen anderen Ton. Wir haben wirklich mehr gehört über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, und wir haben nicht mehr so viel gehört über Schulden, Sparmaßnahmen usw. Hat sich da insofern doch schon etwas geändert in der Meinung der Bundesregierung?

StS Seibert: Ich möchte Ihrer Wahrnehmung widersprechen. Erstens habe ich gerade etwas über den Stabilitäts- und Wachstumspakt, zu dem die Bundesregierung steht und den sie auch weiterhin wichtig findet. Um außerdem nur einmal ein Beispiel zu nennen: Es war die Bundesregierung, die vor zwei Jahren den ersten europaweiten Gipfel zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hier in Berlin zusammengebracht hat. Auch das ist für uns also kein neues Thema; wir haben es als das große Problem, das es in Europa ist, natürlich längst erkannt. Wir handeln danach, und in vielem ist die Bundesregierung unter denen, die dieses Handeln auch wirklich vorantreiben - gerade beim Thema Jugendarbeitslosigkeit.

Zusatzfrage: Ich habe eine Frage zum Ergebnis in Italien. Viele sagen heute, dass es fast eine löbliche Ausnahme war, was in Italien passiert ist, denn Renzi hat klar gewonnen und steht für eine pro-europäische Politik. Aber Grillo, der anti-europäisch ist, hat über 20 Prozent erreicht. Wie beurteilt die Bundesregierung dieses Ergebnis in Italien?

StS Seibert: Ich beurteile keine nationalen Wahlergebnisse. Es ist das, was ich vorhin gesagt habe, richtig, nämlich dass uns klar ist, dass in einigen europäischen Mitgliedstaaten verunsicherte Wähler europakritischen oder sogar offen europafeindlichen Parteien ihre Stimme gegeben haben. Das muss man zur Kenntnis nehmen und das muss natürlich auch politisch aufgenommen werden. Es muss uns zu denken geben und wir müssen überprüfen, ob das, was wir machen, richtig ist. Wir sind überzeugt, dass die Antworten auf Europas Probleme und Herausforderungen pro-europäische Antworten sind, die wir zu 28 und nicht alleine geben sollten.

Frage: Sie sagen, Sie beurteilen keine nationalen Wahlkämpfe. Nun hat in Griechenland die Partei Syriza unter der Parole "Entweder wir oder Merkel" gewonnen. Ist das nicht eines Kommentars wert?

StS Seibert: Ich beurteile keine nationalen Wahlkämpfe.

Frage: Zum ersten Mal schickt Deutschland einen Neonazi-Führer von der NPD ins Europaparlament - es ist das erste Mal nach dem Zweiten Weltkrieg, dass ein deutscher Nazi im Europaparlament ist. Haben Sie einen Kommentar dazu?

StS Seibert: Die Haltung der Bundesregierung zur NPD ist sehr klar und hier schon vielfach ausgedrückt worden. Nichtsdestotrotz ist sie zur Wahl angetreten, weil sie nicht verboten ist. Sie hat die nötige Stimmenzahl für diesen einen Sitz bekommen. Das wird jeder Demokrat bedauern, aber es ist nicht zu ändern.

Frage: Nachdem sich in Frankreich und in Großbritannien anti-europäische Kräfte stark behauptet haben: Könnte die deutsche Regierung sich jetzt anders orientieren, um einen gemeinsamen Weg in Europa zu finden? Bis jetzt waren Frankreich und England ja die wichtigsten Stützpunkte. Könnte es jetzt eine gewisse Änderung, sozusagen einen gemeinsamen Weg geben, um eine gewisse Homogenisierung in Europa zu finden?

StS Seibert: Wer bisher unser enger Partner war, wird das auch bleiben. Im Übrigen geschieht alles, was im Europäischen Rat - nur von dem kann ich hier jetzt ja sprechen - geschieht, einstimmig. Das heißt, es besteht immer die Notwendigkeit, sich mit allen ins Benehmen zu setzen.

Frage: Eine Frage an Herrn Strater zum Thema BER: Es gibt Bestechungsvorwürfe gegen einen leitenden Mitarbeiter der Flughafen-Gesellschaft, und in diesem Zusammenhang ist gefordert worden, den Geschäftsführer Mehdorn abzulösen. Meine Frage: Steht die Bundesregierung, die ja auch im Aufsichtsrat vertreten ist, weiter hinter Herrn Mehdorn, und wie beurteilt sie die Tatsache, dass mehrfach vertrauliche Informationen nicht zuerst im Aufsichtsrat bekannt werden, sondern über die Medien?

Strater: Diese Korruptionsvorwürfe, von denen Sie sprechen, richten sich ja nicht gegen Herrn Mehdorn, sondern gegen einen leitenden Angestellten.

Zusatz: Das sagte ich ja.

Strater: So ist das auch. Insofern muss man diesem Verdacht erst einmal nachgehen. Das tut die Staatsanwaltschaft mit allem Nachdruck. Die Flughafen-Gesellschaft unterstützt das auch. Sie haben vielleicht eine Pressemitteilung der Flughafen-Gesellschaft vom heutigen Vormittag dazu gesehen, in der Herr Mehdorn noch einmal eine Null-Toleranz-Linie gegenüber solchen Vorwürfen verdeutlicht. Das ist auch der richtige Weg. Solche Vorwürfe müssen von den Strafverfolgungsbehörden verfolgt werden. Ich kann das jetzt im Einzelnen nicht weiter kommentieren, weil diese staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufen.

Zu dem, was Sie zum Vertrauen in die Geschäftsführung fragten, möchte ich auf ein Interview verweisen, das der Minister vor nicht allzu langer Zeit - das ist gerade einmal eine knappe Woche her - einer Berliner Tageszeitung gegeben hat. Dort hat er gesagt: "Ich habe Vertrauen in die Geschäftsführung, aber das Vertrauen muss auch gerechtfertigt werden." Das gilt auch heute noch. Das ist also kein blindes Vertrauen; dass dieses Vertrauen in die Geschäftsführung gerechtfertigt ist, muss im Hinblick auf die Forderungen, die Ihnen bekannt sind - die Inbetriebnahme voranzutreiben, den Baufortschritt klar zu dokumentieren, die Kostenfragen zu klären und all dieses mehr - immer wieder aufs Neue bewiesen werden.

Zusatzfrage: Ist dieses Vertrauen, das, was Sie sagen, kein blindes ist, denn dadurch beeinträchtigt, dass diese Korruptionsvorwürfe - nicht gegen Herrn Mehdorn, das sagte ich ja, sondern gegen einen leitenden Mitarbeiter - erhoben werden und Herr Mehdorn ja indirekt als Arbeitgeber betroffen ist?

Strater: Betroffen, ja, aber Sie wollen Herrn Mehdorn nicht unterstellen, dass er ein solches Vorgehen unterstützt hat. Insofern richten sich die Blicke nicht auf Herrn Mehdorn, sondern auf diesen leitenden Mitarbeiter - dessen Namen Sie alle offenbar kennen, der aber in presseöffentlichen Verlautbarungen, zumindest den offiziellen, nie auftaucht -, der aber nicht Mitglied der Geschäftsführung, sondern, soweit ich das beurteilen kann, eine Ebene darunter ist. Insofern reden wir hier nicht über die Geschäftsführung, sondern über eine andere Ebene.

Frage: Herr Strater, was bedeutet denn die Beurteilung des Technikchefs für - Sie haben es angesprochen - den Baufortschritt? Man kann sich ja vorstellen, dass es, gerade wenn der Technikchef gehen muss, auch wieder Verzögerungen gibt.

Strater: Dass es der Technikchef ist, haben Sie jetzt gesagt. Die FBB muss alles dafür tun, dass es keine wesentliche Verzögerung gibt, sondern dass diese Lücke - wenn es sie denn gibt - geschlossen wird. In der Pressemitteilung, die ich eben angesprochen habe, hat sich Herr Mehdorn auch zu diesem Thema geäußert. Er hat gesagt, dass die Verantwortung hier nicht auf einer Schulter alleine ruhe - oder auf ein paar Schultern, um es besser zu sagen -, sondern auf vielen paar Schultern, und dass solche personelle Lücken auch geschlossen werden können. Daran arbeitet die Geschäftsführung.

Zusatzfrage: Herr Strater, wann ist das Ministerium, also Herr Staatssekretär Bomba, von den Korruptionsverdächtigungen beziehungsweise - ermittlungen informiert worden?

Strater: Das weiß ich nicht. Es gehen so viele Schreiben zwischen allen Beteiligten hin und her und es werden so viele Telefonate geführt, dass ich Ihnen das beim besten Willen nicht sagen kann. Das ist auch unerheblich. Wichtig ist, dass solche Vorfälle öffentlich und publik werden, dass sie verfolgt werden, dass sie ans Licht kommen und diejenigen, die sich einem solchen Korruptionsverdacht ausgesetzt sehen, letztendlich auch strafverfolgt werden.

Frage: Zum weiten Feld der Waffenexporte eine Frage an die Bundesregierung und/oder das Wirtschaftsministerium: "Süddeutsche Zeitung" und Norddeutscher Rundfunk berichten über genehmigte Waffenlieferungen der Firma Sig Sauer an die USA, die schon etwas weiter zurückliegen. Waffen aus diesen Kontingenten sollen in Kolumbien aufgetaucht sein, wo sie nach den Richtlinien natürlich nicht hingehören. Haben Sie eigene Informationen dazu? Wenn ja: Welche sind das und wie geht man damit um?

Dünow: Vielen Dank für die Frage. Wir haben gestern durch die Medienberichterstattung von den Verdächtigungen, die Sie angesprochen haben, erfahren. Der Sachverhalt ist noch nicht aufgeklärt, es sind noch eine ganze Reihe von Fragen offen. Wir haben das BAFA gebeten, den Sachverhalt aufzuklären. Das wird es jetzt machen. Für uns ist ganz klar, dass die Einhaltung der Regelungen bei den Waffenexporten natürlich eine unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, dass Exporte sinnvoll genehmigt werden können. Wir werden das mit Hochdruck aufklären.

Frage: An das Agrarministerium: Der Bundestag hat letzte Woche ja beschlossen, das nationale Verbot des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen auf EU-Ebene durchsetzen zu wollen. Herr Minister Schmidt hat dazu gesagt, er stimme nur zu, wenn das Gesetz so gestaltet wird, dass die Nationalstaaten nicht mit den Unternehmen verhandeln müssen; in dem Entwurf steht es aber so drin. Wird er jetzt in Brüssel also mit Nein stimmen?

Fronczak: Vielleicht noch einmal zum Hintergrund des sogenannten Opt-out-Entwurfs: Darin steht nicht, dass verhandelt werden muss. Dieser Entwurf besteht aus zwei Phasen. Die erste Phase sieht vor, dass man einen Antrag stellen kann, dass eine Region von einer Zulassung ausgenommen ist. Das richtet sich an das Unternehmen. Nach dem neuen Entwurf, der im Übrigen heute in Brüssel noch einmal besprochen wird, sieht es so aus, dass dann die Kommission diesen Antrag einer jeweiligen Region an das Unternehmen heranträgt. Das Unternehmen hat dann die Möglichkeit zu entscheiden, ob es dem stattgibt. Wenn es das nicht macht, greift die zweite Phase, die Anbauausnahmen und Einschränkungen im Anbau vorsieht. Diese beiden Phasen bauen aufeinander auf. Dann gibt es Begründungen und Kriterien, die für diese zweite Phase erforderlich sind.

Genau das ist im Moment Gegenstand der Abstimmungen, die erfolgen. Das läuft auf Brüsseler Ebene, das läuft innerhalb der Bundesregierung. Geplant ist - wenn der Zeitplan der griechischen Ratspräsidentschaft so eingehalten werden kann -, dass hierüber am 12. Juni im Rat beschieden werden kann. Das hängt aber davon ab, wie die entsprechenden Sitzungen, die dazu in den nächsten Wochen noch auf Rats-Arbeitsgruppenebene und im Ausschuss der Ständigen Vertreter stattfinden, ablaufen.

Vielleicht noch grundsätzlich: Die Position des Ministers und unseres Hauses zum Anbau grüner Gentechnik ist bekannt. Er ist da zurückhaltend und hat das wiederholt geäußert. Er setzt sich da für nationale Ausnahmeregelungen, Anbauverbote und Einschränkungsmöglichkeiten ein.

Frage: Ich habe den Status dieser Gespräche noch nicht richtig verstanden. Ist man da quasi schon soweit, dass ein Kompromiss im Grundsatz ausgehandelt ist, oder gibt es da noch in wesentlichen Fragen Verhandlungsnotwendigkeit oder Klärungsbedarf?

Fronczak: Es gibt deutliche Fortschritte. Sie haben die Äußerungen der vergangenen Woche sowohl aus dem Bundestag als auch aus dem Bundesrat sicherlich gehört. Auch die Kanzlerin hat sich dazu eingebracht - dazu müsste dann Herr Seibert aber noch einmal Stellung nehmen - und auch unser Minister hat sich geäußert. Die Beratungen auf nationaler Ebene laufen im Moment. Es gibt heute im Ausschuss der Ständigen Vertreter eine Beratung dazu. Man wird abwarten, was dabei herauskommt, und dann ist es nicht an uns und nicht an Deutschland, sondern an der griechischen Ratspräsidentschaft, die den Takt vorgibt und entscheidet, ob es tatsächlich im Juni zu der angesprochenen Abstimmung und Befassung im Umweltrat kommen kann.

Insofern: Es gibt eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe, die in den letzten Wochen und Monaten intensiv getagt hat. Wir haben national intensiv dazu getagt. Ich wollte dem Regierungssprecher vorhin aber nicht den Ball zuspielen; ich glaube, ich kann das stellvertretend auch für die Regierung sagen, weil wir dafür die Federführung haben: Dazu laufen die Gespräche noch, aber wir sind zuversichtlich, dass wir sehr zeitnah zu Einigungen finden.

Frage: Eine Frage an das Verteidigungsministerium: Nachdem US-Präsident Obama gestern angekündigt hat, dass bis Ende 2016 etwa 10.000 US-Soldaten in Afghanistan bleiben, dann aber fast komplett abgezogen werden: Was heißt das für den geplanten Unterstütztungseinsatz, den ja auch die Bundeswehr fest im Auge hat?

Roth: Zunächst einmal: Wir begrüßen dieses wichtige Signal aus Washington, denn es bringt für uns ein Stück Planungssicherheit. Auf dieser Grundlage werden wir jetzt auch Gespräche mit unseren Partnern, Verbündeten und der Nato führen, um unser Engagement nach 2014 im Rahmen der internationalen Ausbildungsmission "Resolute Support", die Sie ja kennen, entsprechend auszuplanen. Voraussetzung dafür ist aber natürlich, dass es ein unterschriebenes und unterzeichnetes Sicherheitsabkommen mit den Afghanen geben wird.

Zusatzfrage: Kann ich Sie so verstehen, dass Planungssicherheit heißt: Wenn die Amerikaner Ende 2016 weg sind, dann sind wir, die Deutschen, auch weg? Das würde Planungssicherheit ja bedeuten. Denn ohne die Amerikaner beziehungsweise ohne einen Großteil von Amerikanern macht es ja wahrscheinlich wenig Sinn, als Bundeswehr dort zu bleiben.

Roth: Wie gesagt, es ist eine Grundlage für weitere Gespräche, die wir jetzt führen werden. Alles Weitere wird sich dann ergeben.

Zusatzfrage: Aber über einen Endpunkt dieses Einsatzes oder dieser Nachfolgemission sagt das noch nichts aus?

Roth: Wir werden diese Gespräche jetzt auf dieser Grundlage führen, und dann werden wir dazu sicherlich auch im Rahmen der Nato und mit unseren Partnern Entscheidungen treffen.

Frage: Die "Rheinische Post" schreibt heute, dass die USA dabei seien, ihre Atomwaffen in Deutschland zu modernisieren, und zwar in dem Sinne, dass das gerade schon läuft. Hat die Bundesregierung entsprechende Erkenntnisse?

StS Seibert: Ich muss Ihnen dazu das sagen, was wir in diesem Zusammenhang schon immer gesagt haben und auch Bundesregierungen vor dieser gesagt haben: Informationen zu den Nuklearstreitkräften der USA oder der Nato unterliegen schon aus Sicherheitsgründen den Geheimhaltungsregeln des Bündnisses, und an die sieht sich die Bundesregierung wie auch Vorgänger-Bundesregierungen gebunden.

*

Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 28. Mai 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/05/2014-05-28-regpk.html;jsessionid=0FBAB2EA92E4B0392030A3DD16847315.s4t1
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-0
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2014