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PRESSEKONFERENZ/821: Regierungspressekonferenz vom 4. Juli 2014 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der - Pressekonferenz - Freitag, 4. Juli 2014
Regierungspressekonferenz vom 4. Juli 2014

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (Reise nach China, Kabinettssitzung, Ministerpräsidentenkonferenz Ost, Empfang des Ministerpräsidenten der Republik Moldau, Taufzeremonie für das Forschungsschiff "Sonne" in Rostock-Warnemünde), Pkw-Maut, Ermittlungen des Generalbundesanwalts gegen einen Deutschen wegen des Verdachts der Spionage, Situation in der Ukraine, Reise des Bundesaußenministers in die Mongolei, Äußerungen des Bundesbankpräsidenten zum europäischen Stabilitätspakt, Verschärfung von Kontrollen im Flugverkehr durch die USA, schärfere CO2-Grenzwerte für Pkw innerhalb der EU, Pläne der Bundeskanzlerin für das Spiel der Fußballnationalmannschaft

Sprecher: StS Seibert, Rudolph (BMVI), Schäfer (AA), Plate (BMI), Schroeren (BMUB)



VORS. SZENT-IVÁNYI eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ein kurzer Blick auf die öffentlichen Termine der Bundeskanzlerin in der nächsten Woche:

Sie wissen ja, weil wir hier schon ausführlich darüber informiert haben, dass die Kanzlerin am Samstag zu einem China-Besuch aufbrechen wird. Er wird sie in die beiden Städte Chengdu und Peking führen. Sie wird am Dienstagnachmittag zurückkehren. Ich werde jetzt nicht auf die Einzelheiten des Programms eingehen, denn die haben wir hier schon sehr ausführlich miteinander besprochen.

Am Mittwoch wird um 9.30 Uhr erst einmal, wie üblich, das Kabinett tagen.

Die Bundeskanzlerin wird dann von 11 Uhr bis 12.30 Uhr an der sogenannten Ministerpräsidentenkonferenz Ost teilnehmen, also der Regionalkonferenz der Regierungschefin und der Regierungschefs der ostdeutschen Bundesländer. Das wird dieses Mal im Berliner Rathaus stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem das Thema "Ostdeutschland 2020: Gemeinsames Handlungskonzept der Bundesregierung und der ostdeutschen Länder" sowie Fragen der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur. Es wird dort auch eine Pressekonferenz gegen kurz nach 12 Uhr geben.

Am Donnerstag, dem 10. Juli, wird die Bundeskanzlerin um 12 Uhr den Ministerpräsidenten der Republik Moldau, Iurie Leanca, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Dann wird ein Arbeitsmittagessens folgen. Im Mittelpunkt werden natürlich die Beziehungen Moldaus zur EU stehen. Sie wissen ja: Die EU hat gerade beim letzten Europäischen Rat am 27. Juni ein Assoziierungsabkommen mit der Republik Moldau unterzeichnet. Das ist sozusagen der Hintergrund des Gesprächs. Es wird sicherlich um die Lage in der Ukraine, um den Transnistrienkonflikt und die bilateralen Beziehungen gehen. Auch dabei wird es eine gemeinsame Pressekonferenz geben, und zwar um 13.15 Uhr.

Am Freitag, dem 11. Juli, wird die Kanzlerin dann in Rostock-Warnemünde das neugebaute Forschungsschiff "Sonne" taufen. Gegen 11.15 Uhr wird sie eine Rede halten und gegen 11.35 Uhr wird dann die Taufzeremonie stattfinden. Dieses Forschungsschiff "Sonne" ist zu 90 Prozent vom Bund und zu 10 Prozent von den Küstenländern finanziert worden. Das Haupteinsatzgebiet der "Sonne" wird die Tiefsee des Indischen und des Pazifischen Ozeans sein. Beide Weltmeere haben einen großen Einfluss auf das Weltklima; entsprechend wichtig ist es, sie zu erforschen. Dieses Schiff wird dazu beitragen, die schon jetzt sehr starke Position Deutschlands in der Meeresforschung auszubauen. Sein Heimathafen wird übrigens Wilhelmshaven sein. - So weit die Termine in der kommenden Woche.

Frage: Herr Seibert, bei dem Treffen in China soll es ja auch um das Innovationsjahr 2015 gehen, das im Rahmen der Innovationspartnerschaft vereinbart worden ist. Vielleicht können Sie einmal kurz sagen, was die Bundesregierung darunter versteht und welche Aspekte dazu gehören. Geht es nur um Forschung und Technik, oder verstehen Sie das auch weiter gefasst?

StS Seibert: Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir hier gestern eine Stunde lang über den Besuch in China informiert haben und, glaube ich, vielfältigste Fragen dazu beantwortet haben. Ich würde jetzt ungern noch einmal auf Einzelheiten eingehen.

Das Innovationsjahr bezieht sich natürlich auf die Forschung. Wir befinden uns aber mit China auch hinsichtlich ganz anderer Dinge in ständigem Dialog. Insofern ist das sicherlich ein breit zu fassender Begriff.

Frage: Herr Seibert, wird eines der Themen der Unterredung (mit dem Ministerpräsidenten der Republik Moldau) auch das Thema "Verbot von Fleischimporten aus Moldau nach Russland" sein? Wie bewertet die Bundesregierung dieses Verbot, das gleich nach der Unterzeichnung der Assoziierung mit der EU von der russischen Seite verhängt wurde?

StS Seibert: Stimmt, das ist ja eine sehr neue Entwicklung. Ich bin sicher, dass der moldauische Ministerpräsident dieses Thema auch zur Sprache bringen wird. Es hat darauf ja schon gestern Reaktionen aus der Europäischen Union gegeben, Reaktionen des Bedauerns darüber, dass sich Russland zu einem solchen Schritt genötigt zu sehen glaubte.

Frage: Ich würde gerne das beliebte Thema der Pkw-Maut ansprechen. Nach der Lektüre der heutigen Zeitungen weiß ich nun überhaupt nicht mehr, was ich vom Minister erwarten soll oder nicht. Deshalb frage ich noch einmal ganz konkret: Werden wir jetzt vor der Sommerpause ein Konzept oder Eckpunkte bekommen? Zum Dritten: Hat die Kanzlerin, wie ich in einer Zeitung gelesen habe, inzwischen den Zeitplan des Ministers quasi für obsolet erklärt und damit eine Vorlage dieses Konzeptes oder von Eckpunkten eher auf die Zeit nach der Sommerpause terminiert?

StS Seibert: Ich kann dem Bericht, auf den Sie hier anspielen, nur widersprechen. Die Bundeskanzlerin hat sich nicht zum Zeitpunkt oder zur Frist der Vorstellung der Pläne des Ministers geäußert. Der Bundesverkehrsminister wird sich zu dem Zeitpunkt, der ihm als der richtige erscheint, melden und seine Pläne öffentlich machen.

Das Projekt der Pkw-Maut steht ja klar vor uns. Es steht im Koalitionsvertrag. Im Koalitionsvertrag werden auch klar die Leitlinien genannt, die die Bundesregierung dabei beachten will. Das weitere Verfahren ist mit der Bundeskanzlerin besprochen, und das Projekt wird jetzt im Zusammenspiel der Ressorts bearbeitet.

Zusatz: Moment, ich wollte an sich von da drüben auch noch etwas hören!

Rudolph: Ich kann das gerne ergänzen. Wir hatten, glaube ich, auch am Montag schon einmal über den Zeitplan gesprochen. Da habe ich gesagt: Ich muss den Minister nicht neu interpretieren. Halten Sie sich also insofern auch hier an meine Worte. Der Minister wird bis zur Sommerpause sein Konzept vorlegen. Ich muss ihn an dieser Stelle nicht neu interpretieren und dem auch nichts hinzufügen.

Frage: Herr Rudolph, es ist ja eine schöne Sitte, dass der Regierungssprecher hier am Freitag die Termine der Kanzlerin für die nächste Woche bekannt gibt, woraus wir lernen, dass zumindest die Termine der Kanzlerin für die nächste Woche schon bekannt sind. Das müsste ja eigentlich bei Ihrem Minister auch so sein. Wenn es so ist, wovon ich ausgehe, dann könnten Sie uns doch jetzt eigentlich schon sagen, wann bis zum kommenden Freitag diese Pressekonferenz mit der Vorstellung der Eckpunkte stattfinden wird.

Rudolph: Herr Fried, ich habe in verschiedenen Zeitungen gelesen, wie die Sommerpause definiert wird. Das ist auch unser Eindruck und auch der des Ministers. Ich habe Ihnen gesagt, dass er etwas vorstellen wird. Wenn das der Fall sein wird, dann werden Sie rechtzeitig dazu eingeladen werden.

Frage: Herr Rudolph, ich wollte nur sichergehen, dass das Vorlegen eines Konzeptes nicht bedeutet, dass es in der "Bild"-Zeitung in 20 Zeilen abgedruckt wird, sondern dass man eine Frage- und Antwortgelegenheit hat, damit der Minister sein Konzept rundum begründen kann. Wird eine solche Veranstaltung also bis zum Freitag stattfinden?

Rudolph: Ich glaube, Sie erwarten nicht, dass ich diese suggestive Frage kommentiere.

Zusatz: Doch.

Rudolph: Sie können davon ausgehen, dass wir das in gebotener Form - so, wie Sie es jetzt angedeutet haben - vorstellen werden.

Zusatzfrage: Heißt "in gebotener Form" also "im Rahmen einer Pressekonferenz"? Werden das mehr als nur Eckpunkte sein? Wird das dann ein Konzept sein, das auch der Kanzleramtsminister und der Finanzminister freigegeben haben? Das ist nämlich der Grund, wenn ich es richtig verstehe, weshalb das bisher noch nicht präsentiert wurde.

Rudolph: Ich glaube, der Regierungssprecher hat es klar gesagt, und ich kann es auch in meinen Worten noch einmal sagen: Hat die Kanzlerin da ein Veto eingelegt? Nein. - Stimmt das, was im "Handelsblatt" in Bezug auf Brüssel steht? Nein, aus unserer Sicht nicht.

Alles Weitere habe ich Ihnen schon gesagt: Der Minister wird das presseöffentlich vorstellen, und Sie werden dazu eingeladen werden.

Zusatzfrage: Heißt das, der Minister hat grünes Licht vom Kanzleramt und vom Finanzminister erhalten?

Rudolph: Umgekehrt stelle ich die Frage, Herr Wonka: Stellt man ein Maut-Konzept vor, wenn man das nicht hat?

Zusatz: Manchen ist alles zuzutrauen!

Frage: Ich habe es auch noch nicht ganz verstanden, Herr Rudolph. Wird das Konzept von Herrn Kallas aus Brüssel am Mittwoch grünes Licht bekommen oder nicht? Ich frage einmal ganz schlicht.

Rudolph: Die Gespräche in Brüssel waren ausgiebig, detailliert und sehr gut. Es herrschte eine gute Atmosphäre. Die Kommission hat zugesagt, den Prozess auch weiter zu unterstützen, und gesagt, dass man weiterhin konstruktiv und auf Basis der aktuellen Überlegungen zusammenarbeitet.

Zusatzfrage: Das klingt aber so, als würde man für ein Konzept, das man in dieser Woche vorstellen müsste, noch kein grünes Licht aus Brüssel haben. Ist das richtig?

Rudolph: Auch da stelle ich die Gegenfrage, die ich Herrn Wonka schon gestellt habe. Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Rudolph, ich frage, weil Sie all diese Fragen jetzt in der Regel mit Gegenfragen beantworten und sich hier so orakelhaft verhalten. Vielleicht können Sie hier irgendwie noch einmal in klaren Sätzen sagen, was genau in der kommenden Woche vorgestellt werden soll, also welche Belastbarkeit das Papier oder das Konzept oder die Eckpunkte besitzen, und was aus Ihrer Sicht die konzeptuellen Schwierigkeiten sind. Was ist das, woran Sie jetzt arbeiten? Was ist das, woran offensichtlich irgendwie die ganze Zeit gefeilt werden muss? Wo gibt es aus Ihrer Sicht Schwierigkeiten bezüglich der Vereinbarkeit mit den drei Kriterien, die Sie genannt haben?

Rudolph: Der Minister hat ein Maut-Konzept. Er wird es bis zur Sommerpause presseöffentlich vorstellen. Ich werde an dieser Stelle keine inhaltliche Debatte führen, aber es gibt Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag, und die werden wir einhalten.

Frage: Gehen Sie denn davon aus, dass Sie bis Freitag, wenn das Konzept vorgestellt werden kann, alle Bedenken aus Brüssel behoben haben werden, oder erwarten Sie, dass die Diskussion mit Brüssel nach der Vorlage noch weitergehen wird?

Rudolph: Ich kenne es von Gesetzen so, dass die Gespräche mit Brüssel immer weitergehen, bis das Gesetz verabschiedet worden ist, und manchmal auch darüber hinaus. Wir haben sehr gute Gespräche mit Brüssel geführt und arbeiten auch weiterhin konstruktiv zusammen. Insofern wird es auch einen weiteren Gesprächsfaden und einen weiteren Fahrplan geben, der nicht nur in den Ressorts ressortiert, sondern eben auch in Bezug auf Brüssel.

Frage: Es laufend gerade Meldungen darüber auf, dass ein Spion festgenommen worden sein soll respektive jemand, der der Spionage verdächtigt wurde und der ein Mitarbeiter des BND sein soll. Herr Seibert, ich stelle Ihnen und allen anderen zuständigen Ministerien die Frage, ob Sie das in irgendeiner Form bestätigen können. Können Sie uns dazu irgendetwas mitteilen?

StS Seibert: Sie kennen ja auch die Pressemeldung, die der Generalbundesanwalt gestern herausgegeben hat, und darin ist eben von der Festnahme und dem Verdacht gegen einen 31-jährigen deutschen Staatsbürger die Rede. Ich kann über den Inhalt dieser Pressemitteilung des Generalbundesanwalts hinaus nichts sagen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gestern über alles informiert worden. Nun sind polizeiliche Ermittlungen durch das Bundeskriminalamt eingeleitet worden. Ich kann hier über die Äußerungen des Generalbundesanwalts hinaus nichts sagen.

Frage: Herr Seibert, es gab ja nach dem Bekanntwerden der NSA-Affäre eine große diplomatische und politische Gesprächsbereitschaft zwischen den USA und Deutschland, um den Schaden möglichst gering zu halten. Vor diesem Hintergrund frage ich: Halten Sie es für denkbar, dass nach dieser umfangreichen Debatte über einen No-Spy-Abkommen und nach Ministerbesuchen ein US-Geheimdienst oder ein deutscher Geheimdienst derart außer Rand und Band gerät, dass ein Doppelagent einen NSA-Bundestagsausschuss ausspioniert?

StS Seibert: Es geht hier sicherlich nicht darum, was ich für denkbar halte. Es geht darum, dass der Generalbundesanwalt einen dringenden Verdacht wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen einen 31-jährigen deutschen Staatsangehörigen hat und dass diesem in dem Haftbefehl vorgeworfen wird, für ausländische Nachrichtendienste tätig gewesen zu sein. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Mehr habe ich auch nicht an Kenntnissen. Das Parlamentarische Kontrollgremium ist gestern über den bisherigen Stand der Erkenntnisse informiert worden, und nun werde ich nicht spekulieren, um welche Geheimdienste es sich dabei handelt.

Zusatzfrage: Wann ist der Kanzleramtsminister über den Fall des Doppelagenten informiert worden? Was haben das Kanzleramt beziehungsweise die Kanzlerin jenseits der Tagung des PKGr unternommen?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin hat ebenfalls gestern von diesem Fall Kenntnis erhalten. Wir tun alles in engster Abstimmung mit dem Generalbundesanwalt, so auch die Information des Parlamentarischen Kontrollgremiums, und es sind auch die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses informiert worden.

Zusatzfrage: Unternommen hat das Amt der Kanzlerin in dieser Affäre aber nichts. Ist das richtig?

StS Seibert: Es handelt sich jetzt um eine Justizarbeit beziehungsweise um polizeiliche Ermittlungen, mit denen das Bundeskriminalamt beauftragt ist. Genau da liegt auch die Verantwortlichkeit dafür.

Frage: Herr Seibert, warum sind die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses informiert worden?

StS Seibert: Sie sind informiert worden.

Zusatzfrage: Ja, aber warum? Wenn es sich sozusagen um eine vertrauliche Angelegenheit der Geheimdienste handelt, dann ist die Information darüber, wenn ich es richtig sehe und wie Sie hier ja immer betonen, auf die Mitglieder des PKGr beschränkt. Warum sind die NSA-Untersuchungsausschuss-Obleute informiert worden?

StS Seibert: Ich kann Ihnen darauf jetzt keine inhaltliche Antwort geben. Es wurde für notwendig befunden, sie zu informieren. Ich kann Ihnen über das hinaus, was über den Generalbundesanwalt bereits öffentlich gemacht wurde, hier auch keine Auskünfte geben.

Zusatzfrage: Kann man daraus schließen, dass der NSA-Untersuchungsausschuss von diesem Vorgang betroffen ist?

StS Seibert: Ihre Schlüsse muss ich Ihnen überlassen. Ich kann es nicht sagen, weil ich mich, noch einmal gesagt, auf das beziehe, was der Generalbundesanwalt öffentlich gemacht hat und was in dieser Phase der Ermittlungen auch öffentlich gemacht werden kann. Es gibt immer Gründe dafür, dass der Generalbundesanwalt so viel öffentlich macht, wie er es eben tut. Die Ermittlungen laufen. Das Bundeskriminalamt ist damit beauftragt. Es ist nicht Sache der Bundesregierung, während jetzt laufender Ermittlungen zu informieren.

Zusatzfrage: Um noch einmal nachzufragen: Sie nageln hier ja immer die Tür zu und sagen, wenn jemand in diesen Fällen, in denen die Geheimdienste betroffen sind, informiert werde, dann sei es das PKGr. Jetzt ist dieser Kreis größer gezogen worden und sozusagen auf normale Bundestagsabgeordnete ausgeweitet worden. Dafür muss es doch für Sie irgendeinen Grund geben. Das Regierungshandeln hat sich in dieser Frage sozusagen geändert, und meine Frage ist, warum.

StS Seibert: Ich werde in meinen Informationen, die ich hier heute gebe, nicht über das hinausgehen, was der Generalbundesanwalt öffentlich gemacht hat.

Frage: Herr Seibert, Sie haben gesagt, dass die Bundeskanzlerin seit gestern von den Ermittlungen wisse. Gab es nun seit gestern ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit irgendjemandem auf amerikanischer Seite über dieses Thema, oder gab es ein Gespräch von irgendjemandem im Außenministerium oder im Justizministerium oder von irgendjemand anderem innerhalb der Regierung mit irgendjemandem auf der amerikanischen Seite?

StS Seibert: Es gab, worüber wir ja auch gestern Abend informiert haben, ein Gespräch der Bundeskanzlerin mit Präsident Obama zu außenpolitischen Themen, ganz besonders zur Situation in der Ukraine.

Zusatzfrage: Dann würde ich gerne nachfragen: Ist dieses Thema bei diesem Gespräch auch Inhalt gewesen?

StS Seibert: Es war ein Gespräch zu außenpolitischen Themen, und im Mittelpunkt stand das Thema Ukraine.

Zusatzfrage: Ist dieses Thema im Gespräch also nicht erwähnt worden?

StS Seibert: Es war ein Gespräch zu außenpolitischen Themen, und die Ukraine stand im Mittelpunkt. Ich kann Sie gerne darüber informieren, aber das haben wir gestern auch gemacht, was dabei besprochen wurde.

Frage: Herr Seibert, da muss ich noch einmal nachfragen: Fiele ein deutsch-amerikanischer Spionagefall für Sie unter "Außenpolitik"? Für mich täte er das.

Können Sie uns zweitens noch sagen, wer das PKGr und die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses informiert hat?

StS Seibert: Das müsste ich nachreichen. Das weiß ich einfach nicht, aber ich könnte nachreichen, durch wen die Information vorgenommen wurde.

Das andere ist: Ich berichte hier über vertrauliche Gespräche der Bundeskanzlerin grundsätzlich nicht, jedenfalls nicht Wort für Wort. Das war ein Gespräch über die Ukraine. Es war ein Gespräch, das aus Gründen der Situation in der Ukraine miteinander verabredet worden war, und das war der Gegenstand des Gesprächs.

Frage: Herr Seibert, ich frage einmal theoretisch: Würde die Bundesregierung gegenüber den USA protestieren, wenn sich herausstellte, dass ein US-Geheimdienst einen BND-Mitarbeiter damit beauftragt hat, den NSA-Untersuchungsausschuss auszuspionieren? Das ist die eine Frage.

Die zweite Frage: Wie kommentiert die Bundesregierung die schweren Vorwürfe des Ex-NSA-Mitarbeiters Drake gegenüber dem BND?

StS Seibert: Das ist keine theoretische, sondern eine hypothetische Frage. Die Bundesregierung wird jetzt abwarten, was bei den Ermittlungen des Generalbundesanwalts und des Bundeskriminalamts herauskommt. Wenn sich dann daraus Konsequenzen ergeben, die man ziehen muss, dann werden sie gezogen. Aber an dieser Stelle sind wir noch nicht.

Im Übrigen werde ich Äußerungen, die im NSA-Untersuchungsausschuss von Zeugen gemacht wurden, hier nicht kommentieren.

Frage: Es ist ja durchaus üblich, dass der Generalbundesanwalt bei solchen Pressemitteilungen wie gestern noch ein paar mehr Details herausgibt. Dort hat man anscheinend die Anweisung bekommen, und zwar von der Bundesregierung, nicht weitere Details herauszugeben. Darf ich fragen, warum man diese Anweisung gegeben hat?

Auch wenn Frau Merkel das Thema gestern Abend im Gespräch mit Obama nicht angesprochen hat - vielleicht hat sie es auch getan -, hat es denn auf diplomatischer Ebene gestern oder vorgestern irgendeinen Kontakt mit den Amerikanern gegeben?

StS Seibert: Sie stellen hier zunächst einmal eine Behauptung von Anweisungen auf, die es gegeben habe. Das weise ich zurück. Der Generalbundesanwalt veröffentlicht seinen Kenntnisstand genauso weit, wie er das aus seinen eigenen Überlegungen und Erwägungen heraus für richtig hält.

Zusatzfrage: Das heißt, es hat von der Bundesregierung oder vom BND keine Bitte gegeben, bestimmte Informationen zurückzuhalten?

StS Seibert: Es hat von der Bundesregierung keine solche Bitten oder Anweisungen gegeben. Das ist genau das, was ich meine.

Zusatzfrage: Herr Schäfer, können Sie das ergänzen?

Schäfer: Ich habe dem, was Herr Seibert gesagt hat, nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, Sie erwecken wieder einmal den Eindruck der demonstrativen Gelassenheit bei Fragen nach einem möglichen Skandal. Entspricht diese Einstellung der Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Vorwurf, dass ein Doppelagent den NSA-Untersuchungsausschuss ausspioniert hat? Oder ist es nur Zufall, dass Sie auf mich gelassen wirken?

StS Seibert: Ich denke nicht so viel über meine Wirkung auf Sie nach, Herr Wonka. Ich versuche, sachlich darüber zu berichten, was dazu zu sagen ist, dass der Generalbundesanwalt einen deutschen Staatsangehörigen unter einem sehr schweren Verdacht stehen lässt. Das ist ein sehr ernsthafter Vorgang, und deswegen ist der Generalbundesanwalt tätig geworden. Spionagetätigkeit für ausländische Nachrichtendienste ist nichts, was wir auf die leichte Schulter nehmen. Die Sache ist jetzt beim Generalbundesanwalt und im ermittelnden Bundeskriminalamt in genau den richtigen Händen. Es ist richtig, dass dort jetzt gründlich ermittelt wird. Was diese Ermittlungen ergeben, werden wir dann sehen und darauf werden wir dann reagieren.

Zusatzfrage: Ab wann beginnt das politische Handeln in einem solchen Fall?

StS Seibert: Ich glaube nicht, dass es Regeln gibt, ab wann das genau beginnt. Es muss jetzt ermittelt werden. Seit gestern wissen wir von diesem schweren Verdacht, unter dem ein deutscher Staatsangehöriger steht. Der Generalbundesanwalt hat sich der Sache angenommen. Er hat den Mann vorläufig festnehmen lassen, er hat das Bundeskriminalamt mit weiteren Ermittlungen beauftragt. Es ist gestern das Parlamentarische Kontrollgremium über das Thema informiert worden. Nun werden wir weitersehen. Die Sache ist ernsthaft; das ist doch klar.

Frage: Auch wenn Herr Seibert schon gesagt hat, dass er nichts zu den Zeugenaussagen im NSA-Untersuchungsausschuss sagen will, darf ich trotzdem ganz generell und ohne auf Details einzugehen fragen: Wenn bei den Zeugenaussagen ganz andere Fakten dargelegt werden als die Sachlage, die die Bundesregierung bisher dargestellt hat, wann oder wie würden Sie denn darauf antworten oder warten Sie einfach, bis jemand von der Bundesregierung dort eingeladen wird?

StS Seibert: Es ist die Sache der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, die Aussagen, die dort von Zeugen gemacht werden - es wird ja eine Fülle von Zeugenaussagen geben -, zu bewerten. Es ist nicht die Sache des Regierungssprechers, das zu bewerten.

Zusatz: Aber die Öffentlichkeit bewertet die doch auch, denn über die Aussagen wird ja berichtet.

StS Seibert: Das ist richtig. Aber die Arbeit eines Untersuchungsausschusses gehört zunächst einmal in diesen Untersuchungsausschuss. Es werden ja auch Zeugen von der Bundesregierung geladen werden und werden dann dort Auskunft geben. Unsere Haltung gegenüber dem Untersuchungsausschuss ist eine kooperative. Wir wollen ihn in seiner Arbeit unterstützen. Deswegen wird es Zeugenaussagen geben, deswegen werden Materialien zugeleitet. Wir wollen mit diesem Untersuchungsausschuss, so wie mit allen Untersuchungsausschüssen des Bundestages, gut zusammenarbeiten.

Frage: Herr Seibert, Sie haben eben selbst das Gespräch der Kanzlerin gestern mit Herrn Obama angesprochen. Mir fällt auf, dass vonseiten der USA offenbar berichtet worden ist, dass in diesem Gespräch auch das Thema "Sanktionen" und die Androhung solcher Sanktionen eine Rolle gespielt hat. In dem, was Sie gestern mitgeteilt haben, fand sich das nicht wieder. Was für eine Rolle hat das gespielt?

Ergänzend dazu gefragt: Wie sieht die Bundesregierung die aktuelle Situation in der Ukraine? Ist das eine, die nach wie vor die Hoffnung nährt, dass zum Beispiel morgen die Kontaktgruppe zusammentritt und damit die Sache - ich formuliere es einmal so - geradeaus in Richtung einer Deeskalation gehen könnte?

StS Seibert: Danke, Herr Heller. Dann gehe ich noch einmal kurz auf das Gespräch mit Präsident Obama gestern zum Thema "Ukraine" ein.

Beide, die Kanzlerin wie auch der Präsident, haben darin unterstrichen, wie wichtig und wie vorrangig für uns die Etablierung einer raschen beidseitigen Waffenruhe ist. Das ist eine Chance, die nicht noch einmal ungenutzt bleiben darf. Es ist an Russland - auch darüber gab es Einigkeit - , seinen Einfluss auf die Separatisten geltend zu machen, damit sie diesem Waffenstillstand zustimmen.

Ich glaube, ich hatte Sie schon vorher darauf hingewiesen, dass auch noch ein Telefonat zwischen der Kanzlerin und Präsident Hollande gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko geplant ist. Ich kann Ihnen mitteilen, dass das entweder gerade im Moment stattfindet oder gerade stattgefunden hat. Informationen dazu werden wir nachreichen, wenn das möglich ist.

Halten wir fest: Was die Bundesregierung, die Arbeit der Kanzlerin, die Arbeit des Außenministers, betrifft, so gehen unsere intensiven Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise weiter. Es ist zur Vereinbarung eines Waffenstillstands sehr wichtig, dass es möglichst bald ein Treffen der sogenannten Kontaktgruppe gibt, also der Kontaktgruppe aus Vertretern der ukrainischen Regierung, der russischen Regierung, der OSZE und auch Repräsentanten der Separatisten. Auch das war Gegenstand des Gesprächs mit Präsident Obama gestern.

Zur Frage der Sanktionen: Da gibt es keine unterschiedliche Einschätzung zwischen Washington und Berlin. Für uns gilt, was gerade in der vergangenen Woche zuletzt der Europäische Rat dazu gesagt hat. Wir werden bewerten, wie sich die Lage in der Ostukraine entwickelt. Wir werden auch bewerten, wie sich die Haltung Russlands entwickelt und vor allem, wie sich auch Taten Russlands entwickeln, und werden notfalls weiterhin bereit und willens sein - wir wollen das nicht, aber wir sind dazu bereit -, weitergehende restriktive Maßnahmen - nennen Sie es "Sanktionen" - zu ergreifen.

Erinnern wir noch einmal daran, dass der Europäische Rat am vergangenen Freitag vier klare Erwartungen formuliert hatte, nämlich die Erwartung, dass es eine Einigung auf einen von der OSZE überwachten Verifizierungsmechanismus für den Waffenstillstand und eine wirksame Grenzkontrolle gibt, die Erwartung, dass die ukrainischen Behörden an drei von den Separatisten während des laufenden Waffenstillstands eingenommene Grenzposten zurückkehren können, die Erwartung, dass Geiseln inklusive der OSZE-Beobachter freigelassen werden, und zuletzt noch die Erwartung, dass endlich substantielle Verhandlungen über die Umsetzung des Friedensplans von Präsident Poroschenko beginnen. Wenn wir nüchtern auf diese Liste von Erwartungen schauen, dann sehen wir, dass nur in Bezug auf die Freilassung der OSZE-Beobachter diesen Erwartungen entsprochen worden ist.

Schäfer: Ich kann dem nur zustimmen und würde einfach nur noch für das Außenministerium ergänzen, dass unsere Bemühungen darum kreisen, die gemeinsame Erklärung, die die vier Außenminister in Berlin vorgestern vereinbart haben, jetzt auch tatsächlich umgesetzt wird. Wir stehen dazu in engem Kontakt mit allen Beteiligten und Spielern vor Ort. Heute Morgen hat es direkt noch einmal ein Gespräch mit Frau Tagliavini, der stellvertretenden Vorsitzenden der OSZE, gegeben, die sich derzeit in Kiew aufhält und sich so wie andere auch nach Kräften darum bemüht, dieses Kontaktgruppentreffen hinzubekommen.

Die vier Außenminister - das wissen Sie - haben sich vorgestern darauf geeinigt, dass dieses Kontaktgruppentreffen bis morgen, also am 5. Juli, stattfinden soll. Das war dem Umstand geschuldet, dass alle vier wirklich in Sorge über die sehr eskalationsgefährdete Lage vor Ort sind und der Meinung waren: Je schneller das passiert, worauf es ankommt, nämlich dass es Gespräche zwischen den Verantwortlichen in Kiew und denen in den von den Separatisten gehaltenen Gebieten gibt, desto besser, und dass es nur dann - über den Weg einer Waffenruhe - zu Gesprächen kommen kann, die überhaupt Aussicht auf eine irgendwie geartete Verhandlungslösung bieten. Da sind wir dran, das werden wir weiter tun, und da hoffen wir, dass es - sagen wir einmal - in den nächsten 24 Stunden zu den schwierigen technischen Fragen, die allesamt aufs Engste mit politischen Fragen verknüpft sind, zu Lösungen kommt, die ein solches Treffen möglich machen.

Sie wissen: Solche Treffen hat es bereits gegeben. Die haben in Donezk stattgefunden, die haben jeweils auch mindestens kurzfristig Fortschritte in die richtige Richtung gebracht, aber es bleibt bei dem, was Herr Seibert gesagt hat: Da gibt es noch viel zu tun. Von den Punkten, die der Europäische Rat formuliert hat, von den Punkten, die auch mit den Separatisten vereinbart worden sind, gibt es noch eine ganze Menge, die ausstehen und die der Umsetzung harren.

Zusatzfrage: Nur noch einmal zur Klarstellung: Wenn wir über restriktive Maßnahmen, also Sanktionen, sprechen, dann geht es in diesem konkreten Fall und in diesem Moment quasi um die Stufe 2 a und noch nicht um Wirtschaftssanktionen derart, dass ein EU-Ratsbeschluss anstände. Ist das so?

Schäfer: Rein technisch ist es so, dass sich die EU-Botschafter im Ausschuss der Ständigen Vertreter am Montag zu dieser Frage besprochen haben. Sie haben entschieden, dass - Stand: Montag - zunächst erst einmal keine weiteren Sanktionen beschlossen werden. Die EU-Botschafter treffen sich am nächsten Montag wieder. Das ist der 7. Juli. Sie sind auf genau der Linie, wie Herr Seibert sie dargestellt hat, entscheidungs- und handlungsfähig. Sie sollten allerdings in Erinnerung behalten, dass der Europäische Rat am 6. März beschlossen hat, dass ein Übergang zur Stufe 3 eine Entscheidung ist, die von den Staats- und Regierungschefs getroffen werden muss.

Frage: Herr Seibert, können Sie sagen, ob sich die Kanzlerin und Herr Obama auch über Sanktionen der US-Seite unterhalten haben? Gibt es dort ein abgestimmtes Vorgehen. Warten die USA so lange, bis Brüssel entschieden hat? Wie ist da der Stand?

StS Seibert: Ich will da jetzt weiter keine Details aus dem Gespräch herausgeben, aber es ist so - und das ist kein geringer Wert -, dass es bisher immer gelungen ist, nicht nur in Europa gemeinsam vorzugehen, sondern auch zwischen Europa und den transatlantischen Partnern.

Frage: Herr Schäfer, ich habe eine Frage zu dieser Kontaktgruppe, und zwar zu den Vertretern der Separatisten. Einerseits sagt Kiew, man will nicht mit Leuten verhandeln, die Waffen in den Händen haben. Andererseits haben dort in der Ostukraine nur solche Leute etwas zu sagen. Wie kann man sich das vorstellen, wie soll das Problem gelöst werden? Oder sind die Ukrainer - ich meine jetzt die Kiewer - bereit, auch mit Bewaffneten zu verhandeln?

Schäfer: Also, die Kontaktgruppe, die sich zusammensetzt aus der Vertreterin der OSZE, Frau Tagliavini, aus dem Russischen Botschafter in Kiew, Herrn Surabow, und einem Vertreter der ukrainischen Regierung, der jeweils eine unterschiedliche Persönlichkeit gewesen ist - einmal war es der ehemalige Staatspräsident Leonid Kutschma -, hat sich bereits mit Separatisten getroffen, unter anderem mit Herrn Borodai und anderen, die ganz offensichtlich als diejenigen wahrgenommen werden, die in den Gebieten, über die wir sprechen, sozusagen die faktische Herrschaftsgewalt in Händen halten. Es ist zwischen diesen Herren zu konkreten Gesprächen gekommen.

Wir können nachvollziehen, dass es für die offiziellen Vertreter der Kiewer Führung schwierig ist, solche Gespräche zu führen. Das ist normal, dass das nicht einfach ist. Aber genau dafür ist dieser Weg der Kontaktgruppe - sozusagen der Weg über indirekte, auch von der OSZE vermittelte Gespräche - ins Leben gerufen worden, um auf diese Art und Weise Gesprächskanäle zu schaffen, ohne die es überhaupt keine Lösung geben kann.

Zusatzfrage: Kann man davon ausgehen, dass dann in dieser Kontaktgruppe irgendwie eine Vereinbarung getroffen werden soll, dass man - also die Separatisten und die ukrainische Armee zusammen - gegen die Feldkommandeure vorgeht, die sich verselbstständigt haben, wie es schon bei Donezk der Fall war, wo sich die Separatisten gegenseitig bekämpft haben?

Schäfer: Aus Sicht der Bundesregierung ist das erste und wichtigste Ziel, das Gespräche in der Kontaktgruppe ergeben müssen, eine Waffenruhe. Ohne die Waffenruhe ist alles nichts. Wenn die Waffen nicht schweigen, kann es nicht gelingen, Gespräche über all die anderen Fragen, die im Raum stehen, überhaupt auch nur zu beginnen. Dazu gehört der Umgang mit dem Einsickern von Waffen, Material, Personen oder Kämpfern über die russische Grenze in die Ukraine, dazu gehört der Wunsch aller Seiten, dass die OSZE eine mögliche Waffenruhe überwachen könnte. Dazu gehören Fragen der Gespräche über eine mögliche Dezentralisierung und eine Verfassungsreform im Land. All das sind ganz wichtige und entscheidende Fragen, die alle wie in einem Knäuel miteinander verwoben sind.

Aber noch einmal: Ohne eine Waffenruhe und ohne, dass die Waffen schweigen, wird das aus Sicht der Bundesregierung nicht gelingen können. Das ist auch der Grund, weshalb Herr Steinmeier mit seinen drei Außenministerkollegen vorgestern Abend so lange darüber gesprochen hat, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es einen Waffenstillstand geben kann, der überhaupt alles Weitere erst möglich machen kann.

VORS. SZENT-IVÁNYI: Ich erteile Herrn Schäfer noch das Wort für eine Ankündigung.

Schäfer: Ich kann es schnell machen: So wie es die Bundeskanzlerin morgen nach Osten zieht, so ist das auch beim Außenminister der Fall. Er wird morgen Abend auf eine zweitägige Reise in die Mongolei, nach Ulan Bator, aufbrechen. Er wird da politische Gespräche unter anderem mit dem mongolischen Staatspräsidenten, dem Ministerpräsidenten, dem Außenminister und anderen Vertretern der Mongolei führen. Anlass ist der Umstand, dass die Bundesrepublik Deutschland in dieser Zeit den 40. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Mongolei feiert und aus diesem Anlass eine ganze Reihe von gemeinsamen Veranstaltungen geplant ist.

Den Außenminister wird eine Wirtschaftsdelegation mit Vertretern der deutschen Wirtschaft begleiten. Die kommen aus den Bereichen, die für eine deutsch-mongolische Wirtschaftskooperation ganz besonders von Interesse sind. Das sind Bergbau, Verkehrsinfrastruktur, Energie, Chemie, Aluminium und manches mehr. Der Minister wird da seine Gespräche auch mit dem Ziel führen, die deutsch-mongolischen Wirtschaftsbeziehungen und die ja bereits vor einigen Jahren vereinbarte Rohstoffpartnerschaft mit der Mongolei auszubauen.

Außerdem wird der Minister von der Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts und auch von Vertretern aus dem Bereich der Kultur begleitet werden. Es geht also auf dieser Reise auch darum, die kulturellen und die wissenschaftlichen Beziehungen mit der Mongolei aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums der Aufnahme diplomatischer Beziehungen weiter zu pflegen und zu stärken.

Frage: Herr Schäfer, wird es bei dem Thema Rohstoffe aus der Mongolei von deutscher Seite auch eine Rolle spielen, dass die Ausbeutung der Bodenschätze in der Mongolei bisher schon mit schwersten Umweltschäden verbunden ist? Und wie steht die Bundesregierung dazu?

Schäfer: Richtig ist, dass die Bundesregierung vor einigen Jahren mit der Mongolei als allererstem Land eine Rohstoffpartnerschaft abgeschlossen hat. Der Hintergrund dieser Politik, die die Bundesregierung bereits auch mit anderen Ländern weiterverfolgt hat, ist, dass die Mongolei über große Bodenschätze verfügt, die der Ausbeutung harren, und dass die Regierung der Mongolei bei dem Umgang mit der Ausbeutung dieser Ressourcen unsere Auffassung teilt, dass das alles im Einklang mit dem Schutz der natürlichen Ressourcen, mit vernünftigen Arbeitsbedingungen und mit guter Regierungsführung verknüpft sein muss.

Dass es hier und da in der Mongolei - und auch anderswo - auch Umweltprobleme gibt, die im Zusammenhang mit der Bergbauindustrie auftreten, das kann man nicht bestreiten, und das tue ich natürlich auch nicht. Aber wir sind froh, dass wir mit der Regierung der Mongolei einen Partner haben, der diese Probleme ernst nimmt und der auch den Dialog mit der Bundesregierung über genau diese Fragen sucht, sodass wir auch auf dieser Reise hoffen, bei diesem Thema mit unseren Partnern in der Mongolei voranzukommen.

Zusatzfrage: Kann man davon ausgehen, dass auch das bei eventuellen Verträgen in die Verträge eingearbeitet wird, dass die deutschen Firmen dort auch Auflagen oder Durchführungen erzwingen wollen?

Schäfer: Es ist in unserem Interesse, dass all das, was auch von Vertretern der deutschen Wirtschaft in der Mongolei geschieht, auf eine Weise geschieht, die mit unseren Interessen, unseren Werten und dem, was ich Ihnen gerade vorgestellt habe, im Einklang steht. Das ist völlig selbstverständlich. So ist auch die Rohstoffpartnerschaft angelegt: nicht nur als eine Kooperation zwischen Regierungen, sondern mit einer engen Einbindung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Frage: Herr Seibert, gestern hat Jens Weidmann stark die Ergebnisse des letzten europäischen Gipfels attackiert, was den europäischen Stabilitätspakt anbelangt. Er hat wieder die Südländer vor Schulden gewarnt und hat auch wieder gesagt, dass es nicht möglich ist, aus Schulden heraus Wachstum zu schaffen. Ist die Bundesregierung mit dieser Position einverstanden?

StS Seibert: Jens Weidmann ist der Präsident der unabhängig agierenden Deutschen Bundesbank und deswegen kommentiere ich seine Äußerungen nicht.

Unsere Position zu den notwendigen Grundlagen für nachhaltiges Wachstum ist ja sehr oft gesagt worden und deswegen möchte ich hier nicht noch einmal im Detail darauf eingehen.

Zusatzfrage: Die Äußerungen von Manfred Weber in Straßburg sind in Italien als eine Rückkehr zum Spardiktat von Deutschland interpretiert worden. Ich möchte gerne wissen, ob in diesem Fall auch die Positionen abgestimmt sind oder nicht.

StS Seibert: Ich bin ja hier für die Mitglieder der Bundesregierung zuständig und dazu gehört Herr Weber nicht. Ich will jetzt auch gar nicht auf einzelne Äußerungen eingehen.

Wir haben gerade einen Europäischen Rat hinter uns, in dem wiederum einstimmig die Mitglieder des Europäischen Rates die Schwerpunkte der Arbeit für die nächsten Jahre und ihr Bekenntnis zum Stabilitäts- und Wachstumspakt niedergelegt haben. Es gibt also auch zwischen den einzelnen Mitgliedern des Europäischen Rates keine Abweichungen.

Wenn Sie auf Italien anspielen: Deutschland und Italien wollen im Kern das Gleiche: Sie wollen europäische Institutionen, die für die Menschen arbeiten, die sich im Interesse der Menschen auf das Wesentliche konzentrieren, auf die wesentlichen Herausforderungen, die wir in Europa in den kommenden Jahren haben. Eine wesentliche Herausforderung ist selbstverständlich, den Wohlstand zu sichern. Das wird nur gehen, indem wir ein Klima der Wettbewerbsfähigkeit in ganz Europa herstellen oder da, wo es vielleicht jetzt schon besteht, noch ausbauen und eine noch bessere Wettbewerbsfähigkeit herstellen. Nur aus einer solchen Situation heraus, in Verbindung mit soliden Staatsfinanzen - daher die Bedeutung des Stabilitäts- und Wachstumspakts -, wird das nachhaltige Wachstum kommen, das dann auch zu Beschäftigung führt. Da gibt es zwischen der deutschen und der italienischen Regierung meines Erachtens keine Unterschiede, da ziehen wir am gleichen Strang. So verstehe ich das Abschlussdokument des letzten Europäischen Rates.

Frage: Ich möchte das Innenministerium fragen, und zwar geht es hier um die Position zu einer Verschärfung von Kontrollen im Flugverkehr durch die USA als Folge neuer Formen von Sprengstoffen oder Ähnlichem. Wie ist da die Lage? Wie ist die Position der Bundesregierung? Ist das nötig oder wird es vielleicht sogar auf breiterer Ebene nötig sein, die Kontrollen zu verschärfen?

DR. PLATE: In der Tat hat das US-Ministerium für Innere Sicherheit angekündigt, Fluggesellschaften mit Direktflügen in die USA, die von bestimmten Flughäfen aus in die USA fliegen, in den kommenden Tagen zur Durchführung von erhöhten Luftsicherheitsmaßnahmen aufzufordern. Das soll im Rahmen der kontinuierlichen Bedrohungsanalyse und Bewertung der bestehenden Sicherheitsmaßnahmen geschehen. Das Bundesinnenministerium steht dazu in kontinuierlichem Austausch mit seinen amerikanischen Partnern. Bisher ist aber keine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen angeordnet worden. Die Entscheidung über eine Modifizierung oder Erhöhung von Luftsicherheitsmaßnahmen wird zu gegebener Zeit erfolgen. Soweit hier bekannt, haben auch andere europäische Staaten bislang noch keine derartigen Änderungen eingeführt.

Frage: Also mindestens Großbritannien und Frankreich haben das getan. Was könnten die denn wissen, was Deutschland nicht weiß?

DR. PLATE: Nach unserem Kenntnisstand gibt es auch in Großbritannien und in Frankreich - jedenfalls Stand, bevor ich hier hergekommen bin - keine solche formelle Änderung von Maßnahmen. Damit erübrigt sich jedenfalls im Moment diese Frage. Natürlich schauen wir die ganze Zeit darauf, wie sich die Lage entwickelt, und werden entsprechend reagieren.

Frage: Herr Plate, haben Sie denn Informationen über die Grundlagen, die für die Maßnahmen der USA gesehen werden? Im Hintergrund geht es ja darum, dass offensichtlich neue Bombentechniken befürchtet werden. Verfügen Sie da über eigene Erkenntnisse?

DR. PLATE: Im Moment, da wiederhole ich mich, gibt es noch keine formelle Anordnung veränderter Sicherheitsbestimmungen. Insofern stellt sich die Frage nach den Grundlagen einer solchen Veränderung im Moment natürlich noch nicht. Sicherlich ist es aber so, dass wir - das sagte ich bereits - im ständigen Austausch mit den dortigen Sicherheitsbehörden sind. Über Einzelheiten dieses Austausches kann ich aus Vertraulichkeitsgründen leider keine Angaben machen.

Frage: Ich habe noch eine Lernfrage, bei der ich nicht genau weiß, wer da die Federführung hat, das Wirtschaftsministerium oder das Umweltministerium. Und zwar geht es mir um die Diskussion in Europa über schärfere CO2-Grenzwerte für Pkw in der nächsten Dekade. Wie ist da der Diskussionsstand? Ist das ein aktueller Diskussionspunkt in der EU? Steht das in absehbarer Zeit zur Verabschiedung an? Und wie verhält sich die Bundesregierung gegebenenfalls zu Forderungen aus der Autoindustrie, die Verhandlungen beziehungsweise dieses Thema erst einmal zwei oder drei Jahre auf Eis zu legen, um dann zu entscheiden, weil man bisher die Entwicklung der Elektromobilität nicht abschätzen kann.

SCHROEREN: Das kann ich übernehmen, allerdings nicht sehr ergiebig, Herr Heller. Sie haben sicherlich recht: Das ist ein Thema, das ansteht. Die Grenzwerte werden fortgeschrieben, sie werden auch gesenkt werden müssen, allein schon deshalb, damit die EU ihre Klimaschutzverpflichtungen erfüllen kann und Deutschland ebenso. Aber wie das im Einzelnen aussieht, welche Maßnahmen und welche Grenzwerte da für tauglich gehalten werden, darüber hat sich die Bundesregierung insgesamt noch keine Meinung gebildet.

Zusatzfrage: Gibt es denn einen Zeitplan, wann das zur Verabschiedung anstände?

SCHROEREN: Nein. Er ist mir jedenfalls ad hoc nicht bekannt.

Frage: Noch eine ganz entscheidende Frage, und zwar würde ich gern wissen, wann und wo die Bundeskanzlerin heute Abend das Fußballspiel gegen Frankreich anschaut. Zum zweiten würde mich angesichts des Mangels an glaubwürdigen Orakeln interessieren, ob sie möglicherweise gar einen Tipp hat, wie das Spiel heute Abend ausgeht.

StS Seibert: Zur Frage, wann: 18 Uhr, wie der Rest der Nation. Zur Frage, wo, kann ich hier keine Auskunft geben. Natürlich wird die Kanzlerin - wie die allermeisten von uns - heute Abend das Spiel sehen, wird mitfiebern. Sie drückt Joachim Löw und seiner Mannschaft die Daumen. Ich glaube, man kann für die ganze Bundesregierung sagen, dass unsere guten Wünsche bei der deutschen Fußballnationalmannschaft sind. Gestern hat die Kanzlerin auf die Frage eines Radioreporters geantwortet, sie wünsche sich, dass die Mannschaft gewinnt - egal wie. - Das sagt alles.

Zusatzfrage: Kann man noch fragen, mit wem? Schaut sie das ganz alleine im Zimmerchen?

StS Seibert: Man kann fragen, aber darauf habe ich keine Antwort für Sie.

Frage: Wird sie auch Kolumbien gegen Brasilien gucken, um den nächsten Gegner zu studieren?

StS Seibert: Ich kenne die Abendplanung der Bundeskanzlerin über das deutsche Fußballnationalmannschaftsspiel hinaus nicht, und sie ist auch nicht Teil des Regierungshandelns.

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Quelle:
Mitschrift der Pressekonferenz vom 4. Juli 2014
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/07/2014-07-04-regpk.html;jsessionid=35E403FE9A7D9B0CAAC28B010782D653.s3t2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2014