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PRESSEKONFERENZ/915: Regierungspressekonferenz vom 7. Januar 2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut

Mitschrift Pressekonferenz - Mittwoch, 7. Januar 2015
Regierungspressekonferenz vom 7. Januar 2015

Themen: Informelles Gespräch der Bundeskanzlerin mit dem kasachischen Präsidenten Nasarbajew, Antrittsbesuch des türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu, Kabinettssitzung (Verlängerung der Beteiligung an der Operation Active Fence Turkey, Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie, Reform des Vergaberechts), Ukraine-Konflikt, Geltung des Mindestlohns für ausländische Arbeitnehmer in Deutschland, Hackerangriff auf Webseiten der Bundesregierung, Bildungspolitik der Bundesregierung, Reise der Bundeskanzlerin nach London, Besuch des ukrainischen Premierministers, angebliche Planungen der Bundesregierung für den Fall eines Euro-Austritts Griechenlands, Abkommen für Garantien für ungebundene Finanzkredite für die Ukraine, Griechenland, Preisentwicklung in der Eurozone, Maut für Wasserstraßen

Sprecher: StS Seibert, Schäfer, Scholz (BMJV), Gerhartz (BMVg), Jäger (BMF), Ehrentraut (BMAS), Plate (BMI), Mishra (BMBF), Braams (BMWi), Strater (BMVI)



Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren! Ich habe zwei kurze Terminankündigungen zu machen. Die erste betrifft diesen Freitag. Um 15.15 Uhr wird die Bundeskanzlerin den kasachischen Präsidenten Nasarbajew zu einem informellen Gespräch im Bundeskanzleramt empfangen. Es wird um die bilateralen Beziehungen, aber auch um die Situation in der Ukraine gehen. Zu Beginn dieses informellen Treffens ist ein Bildtermin vorgesehen.

Am Montag - das sage ich Ihnen wegen der Akkreditierungsfristen schon jetzt - wird der neue türkische Ministerpräsident Davutoglu seinen Antrittsbesuch im Kanzleramt machen. Er wird um 12 Uhr mit militärischen Ehren empfangen. Anschließend gibt es ein Gespräch im Rahmen eines Mittagessens und danach, gegen 13.15 Uhr, eine gemeinsame Pressebegegnung.

Ich möchte nun ganz kurz auf die Themen im Bundeskabinett eingehen.

Es hat sich zunächst mit der Operation Active Fence Turkey im Rahmen der integrierten Luftverteidigung der Nato befasst und hat heute beschlossen, dass sich Deutschland an der Nato-Luftverteidigung entlang der türkisch-syrischen Grenze für ein weiteres Jahr mit bewaffneten Streitkräften beteiligen will.

Zur Erinnerung: Schon Ende 2012 hatte die Türkei um die Stationierung des Flugabwehrsystems Patriot zum Schutz ihrer Bevölkerung und ihres Territoriums ersucht. Dieses Ersuchen ist im Oktober des gerade abgelaufenen Jahres durch die Türkei erneuert worden. Die Operation Active Fence Turkey ist ein Ausdruck verlässlicher Bündnissolidarität, zu der wir damit beitragen.

Der Konflikt in Syrien dauert, wie Sie wissen, leider unvermindert an. Die Türkei ist durch diesen Konflikt wie auch durch den Kampf gegen den IS im Irak und in Syrien sicherlich eines der am stärksten belasteten Länder der Region. Die Türkei hat über 1,5 Millionen Flüchtlingen Zuflucht gegeben. Sie werden dort versorgt und geschützt. Die Türkei leistet dort Außergewöhnliches und Anerkennenswertes.

Aus unserer Sicht ist die Türkei nach wie vor einer potenziellen Bedrohung durch den Nachbarstaat Syrien ausgesetzt und benötigt deswegen auch weiterhin die Unterstützung durch die Nato gegen das Risiko von Raketenangriffen. Dieses Mandat ist nunmehr bis zum 31. Januar 2016 befristet. Die personelle Obergrenze wird weiter bei 400 Soldatinnen und Soldaten liegen.

Ich füge noch einmal hinzu - das haben wir hier schon oft besprochen -: Die Verstärkung der integrierten Nato-Luftverteidigung in der Türkei ist eine ausschließlich defensive Maßnahme.

Anschließend hat sich das Kabinett mit einem Gesetzentwurf befasst, den das Bundesjustizministerium vorgelegt hat. Es geht um die Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie. Sie soll eins zu eins umgesetzt werden. Das führt im Wesentlichen - kurz skizziert - zu folgenden Verbesserungen: Kleinere Unternehmen werden bei der Rechnungslegung, auch beim Umfang der Erläuterungen, die sie in einem Jahresabschluss abgeben müssen, entlastet. Für größere Unternehmen wird die Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse verbessert.

Wichtig ist, dass die entsprechenden Umsatz- und Bilanzschwellenwerte so erweitert werden, dass jetzt eine größere Zahl von Unternehmen wegen ihrer geringen Größe teilweise von Berichts- und Prüfpflichten entlastet werden. Das ist also ein Beitrag zum Bürokratieabbau für zahlreiche Unternehmen.

Allerdings wird eine Berichtspflicht für bestimmte große Unternehmen des Rohstoffsektors eingeführt. Diese sollen künftig ihre Zahlungen an staatliche Stellen weltweit auf Länder- und projektbezogener Grundlage darstellen und veröffentlichen. Diese Berichte sollen dazu beitragen, dass die Einnahmen der Empfängerstaaten transparenter werden und dass damit gute Regierungsführung unterstützt wird.

Die Neuregelungen werden erstmals für im Jahr 2016 beginnende Geschäftsjahre der Unternehmen wirksam werden. Die Unternehmen können sie, wenn sie dies möchten, aber auch schon früher anwenden.

Zum Schluss die Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts, die das Bundeskabinett gebilligt hat. Das Ziel der Bundesregierung ist, dass wir ein anwenderfreundliches und modernes Vergaberecht schaffen. Es soll rechtssichere Vergaben im Wettbewerb ermöglichen. Zudem soll es ermöglichen, dass die öffentlichen Haushaltsmittel möglichst wirtschaftlich verwendet werden. Dazu heute diese Eckpunkte zur Reform des Vergaberechts.

Der Anlass ist auch hier die Umsetzung von drei neuen EU-Vergaberichtlinien in deutsches Recht. Auf der Basis der heute beschlossenen Eckpunkte werden jetzt die entsprechenden Gesetz- und Verordnungsentwürfe erarbeitet, damit die EU-Richtlinien fristgerecht umgesetzt werden können. Das wäre bis zum April 2016.

So viel dazu.

Frage: Herr Seibert, drei kurze Fragen: Erstens. Ist nach dem Treffen mit Herrn Nasarbajew eine Pressekonferenz geplant? Die zweite Frage: Wird das Normandie-Format in Astana auch Thema der Gespräche sein? Drittens. Ist zu erwarten, dass zumindest am Freitag bekannt wird, ob die Kanzlerin nach Astana zu dem Normandie-Treffen fährt?

StS Seibert: Die Antwort auf die erste Frage: Nein, eine Pressekonferenz ist nicht geplant. Das ist ein informelles Treffen.

Die Antwort auf die zweite Frage: Wenn ich sage, dass der gesamte Themenkomplex Lage in der Ukraine zur Sprache kommen wird, so kann auch das, was Sie angesprochen haben, da eine Rolle spielen.

Zu der dritten Frage: Ich kann hier keine Mutmaßungen darüber anstellen, was das Ergebnis des Gesprächs am Freitag sein wird. Es gibt keinen neuen Stand, was diesen Termin betrifft, so wie ich es bereits am Montag hier gesagt habe. Ich kann jetzt noch nicht sagen, ob und wann es zu einem solchen Termin kommt. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass bei einem solchen Termin auch handfeste Fortschritte für die Menschen in der Ostukraine erzielt werden können. Wir haben klare Vorstellungen davon, was solche Fortschritte sein könnten. Dazu habe ich keinen neuen Stand zu melden.

Zusatzfrage: Ich habe in diesem Zusammenhang noch eine Frage an das Auswärtige Amt. Am Montag fand das Treffen der politischen Direktoren statt. Dabei wurde nach meinen Kenntnissen ein Papier diskutiert, das in Astana eventuell zur Vorlage gemacht werden soll. Es gibt wohl noch unterschiedliche Ansichten dazu. Was sind denn die Knackpunkte? Was ist in diesem Papier noch streitig?

Schäfer: Richtig ist: In der Tat haben sich am Montag im Auswärtigen Amt in Berlin hochrangige Beamte aus Moskau, Kiew, Paris und dem Auswärtigen Amt getroffen. Es hat etwa fünfstündige Gespräche gegeben. Gegenstand der Gespräche waren Fragen im Zusammenhang mit der Lage in der Ostukraine.

Mit Blick auf eine mögliche politische Indossierung dessen, was da gesprochen worden ist, gibt es in der Tat noch offene Fragen. Manche Sachen sind sehr konstruktiv besprochen worden. Zu manchen Fragen gibt es auch schon Einigkeit darüber, wie man bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarung vom 5. September vorankommen kann.

Im Mittelpunkt steht zurzeit - das ist aber nur eine von vielen Fragen - die seit vielen Monaten offene Frage der "line of contact" oder der Demarkationslinie. Sie wissen, dass es in der Minsker Vereinbarung vom 5. September eine Vereinbarung über eine Waffenstillstandslinie zwischen den Separatisten und der ukrainischen Regierung gibt. Diese Vereinbarung ist bis heute nicht umgesetzt. Das ist einer der Gründe, vielleicht der wichtigste Grund dafür, dass es auch in den letzten Monaten im Grunde genommen täglich zu bewaffneten Auseinandersetzungen in und um diese Waffenstillstandslinie, die eine werden soll, gegeben hat. Aus unserer klaren Sicht ist es jetzt überfällig, diese Vereinbarung in die Tat umzusetzen, weil nur das eine Grundlage dafür sein kann, dass die Kämpfe tatsächlich eingestellt werden.

Im Zuge der Beratungen, die am Montag begonnen wurden und sich jetzt auch schriftlich fortsetzen, gibt es noch andere Themen, über die gesprochen wird, die alle irgendwie mit der Minsker Vereinbarung zu tun haben. Da geht es um Gefangenenaustausch. Da geht es um humanitären Zugang. Da geht es auch um Fragen, die für die humanitäre, wirtschaftliche und soziale Lage der Menschen im Donbass von großer Bedeutung sind, nämlich um die Zufuhr von öffentlichen Dienstleistungen, Strom, Energie, Kohle usw.

Das alles ist ein sehr kompliziertes Gemenge von vielen schwierigen, auch politisch schwierigen Fragen. Insofern kann ich Ihnen jetzt, genau wie vorgestern, nicht sagen, ob es gelingen kann, ein Paket zu schnüren, das nachhaltig belastbar ist und wirklich einen politischen Fortschritt in der Ostukraine bedeutet. Es ist zu früh, um das zu sagen.

Auf Ihre Frage an Herrn Seibert, ob dies vielleicht bereits am Freitag entschieden werden könnte: vielleicht ja, vielleicht nein.

Frage: Herr Schäfer, russische Medien haben gestern das russische Außenministerium zitiert, dass morgen und am Freitag ein Normandie-Format auf Außenministerebene stattfindet. Können Sie das bestätigen?

Schäfer: Nein. Aber die Außenminister haben am Freitag letzter Woche miteinander telefoniert und haben vereinbart, dass es im Lichte der Fortschritte der Gespräche, die ihre politischen Direktoren geführt haben, zu erneuten Gesprächen kommen soll. Ich gehe davon aus, dass dies zunächst erst einmal telefonisch erfolgen wird.

Frage: Diese Telefonkonferenz ist doch für Freitag geplant?

Schäfer: Ich hoffe, dass sie am Freitag stattfindet. Freitag - wie auch diese Tage - ist, wie Sie wissen, für die Kollegen aus Kiew und Moskau gar nicht so einfach, weil heute das orthodoxe Weihnachtsfest gefeiert wird. Das macht die Planungen schwieriger als sonst, auch deshalb, weil man mit Blick darauf, wie wir unser eigenes Weihnachtsfest feiern, nachvollziehen kann, dass es schwierig ist, die ganzen Apparate dann am Laufen zu halten. Aber ich glaube, allen Beteiligten, gerade den Außenministerien und den Regierungen in Kiew und Moskau, ist klar, dass hier Eile geboten ist.

Frage: Ich möchte gerne vom Justizministerium wissen: Im Zusammenhang mit dem Bilanzrichtliniengesetz ist von zusätzlichen Berichtspflichten für große Unternehmen aus dem Rohstoffbereich die Rede. Können Sie mir sagen, warum nur aus dem Rohstoffbereich? Denn wenn es um Korruptionsbekämpfung geht, dann könnte man sich ja vorstellen, dass auch Firmen aus dem Rüstungsbereich, aus dem Telekommunikationsbereich oder Ähnliches zu solchen Berichtspflichten für staatliche Zahlungen verpflichtet werden.

Scholz: Es wurde schon angedeutet, dass es hierbei um die Umsetzung einer EU-Richtlinie geht, nämlich die EU-Bilanzrichtlinie, die modernisiert worden ist. An diese Vorgaben hat sich der nationale Gesetzgeber hier auch gehalten. Man ist nicht darüber hinausgegangen, sondern hat das jetzt für die Unternehmen im Rohstoffsektor so vorgesehen.

Zusatzfrage: Gibt es da irgendwelche Pläne? Denn von der Logik her liegt es ja nahe, so etwas auszuweiten.

Scholz: Mir ist dazu nichts bekannt; das weiß ich nicht.

Frage: Herr Scholz, können Sie mir sagen, wie hoch das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft ist? Ich habe eine Zahl von 120 Millionen Euro gefunden. Aber es gibt ja dann auch neue Belastungen. Was bleibt also unter dem Strich?

Scholz: Was den Teil angeht, der die Vorgaben der Rechnungslegung betrifft, bei der Erleichterungen und Entlastungen für die Unternehmen durch die Verschiebung der Schwellenwerte geschaffen werden sollen, gehen wir von einer jährlichen Entlastung von 87 Millionen Euro aus.

Frage: Ich habe zwei Fragen zur Verlängerung des Türkeieinsatzes. Ich möchte die Fragen direkt an den Sprecher des Verteidigungsministeriums richten. Es ist gerade einmal drei Monate her, da hat Ihr Ministerium eingeräumt, dass die Soldaten durch diesen Einsatz an die Belastungsgrenze kämen, weil die vorgesehene Karenzzeit in der Regel gar nicht mehr eingehalten werden kann. Deswegen meine Frage an Sie: Was bedeutet diese Verlängerung für die Soldaten? Wie lange kann die Bundeswehr diesen Einsatz unter diesen Bedingungen noch durchhalten?

Mich würde auch noch interessieren - normalerweise ist dies immer aufgeführt, wenn ein Mandat verlängert wird -, wie hoch die veranschlagten Kosten für diesen Einsatz sind.

Gerhartz: Zunächst einmal ist das Mandat auf eine maximale Obergrenze von 400 Soldatinnen und Soldaten festgelegt. Derzeit haben wir ca. 250 Soldatinnen und Soldaten dort im Einsatz. Das sind zwei sogenannte Feuereinheiten Patriot. Wir machen das gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und auch mit den Niederlanden. Die Niederlande haben angekündigt, dass sie Ende Januar den Einsatz beenden werden. Sie werden nahtlos von den Spaniern abgelöst, auch mit einem Patriot-System.

Das Mandat ist, wie es der Regierungssprecher gerade schon ganz klar gesagt hat, auf ein weiteres Jahr festgelegt.

Beim nächsten "90 day review" - das ist der Zyklus alle 90 Tage - wird vom SACEUR betrachtet: Wie entwickelt sich die Bedrohung weiter? Was ist weiterhin noch sinnvoll? Welche Systeme bringt man hier zum Einsatz? Er ist für Ende Februar/Anfang März vorgesehen. Man muss schauen, was dabei herauskommt. Für uns ist der Einsatz noch leistbar.

Zu der Frage der Belastung: In allen Einsätzen - egal, ob das Active Fence in der Türkei oder Einsätze im Kosovo oder auch in Afghanistan sind - streben wir den Zyklus an, den Sie gerade schon angesprochen haben, nämlich einen Einsatz von maximal vier Monaten Länge in einem Zeitraum von zwei Jahren. Das erreichen wir auch bei dem überwiegenden Anteil des Personals. Bei über 70 Prozent des Personals, das wir dort im Einsatz haben, also bei ca. 250 Soldatinnen und Soldaten, können wir das sicherstellen.

Bei einigen Spezialverwendungen ist dies nicht möglich. Die kommen zu einer häufigeren Einsatztätigkeit. Hier können wir aber die Einsatzbelastung entscheidend dadurch verringern, dass wir den Zeitraum splitten; so nennen wir das. Weil diese Kräfte mit dem Szenario gut vertraut sind, ist es möglich, dass sie dann nicht vier Monate in den Einsatz gehen, sondern ca. die Hälfte und dann dementsprechend häufiger. Wir haben die Erfahrung, dass es für das Personal wesentlich besser ist, wenn es häufiger in den Einsatz geht, aber dann maximal acht Wochen statt des Zeitraums von vier Monaten.

Das heißt für uns: Wir sind aufgrund der Gemengelage des Personals, das wir dort im Einsatz haben, weiterhin durchhaltefähig.

Zusatzfrage : Die Kosten?

Gerhartz: Die Kosten, wie sie bis zum Januar 2016 beziffert sind, sind mit ca. 20 Millionen Euro veranschlagt.

Frage: Herr Gerhartz, Active Fence ist ja letzten Endes eine Verteidigung des Luftraums der Türkei. Wenn ich mich richtig erinnere, war die Begründung, dass man sie vor Bedrohungen aus Syrien heraus schützen möchte. Wie viele Bedrohungen haben sich denn jetzt, nach einer gewissen Zeit, aus Syrien heraus im Rahmen dieser Mission gezeigt, was den Luftraum angeht?

Gerhartz: Die Frage nach der Bedrohung zielt dahin: Gab es konkrete Vorfälle, Angriffe? Ich kann jetzt die Anzahl, weil das auch im Bereich der operativen Betrachtung liegt, nicht in allen Einzelheiten nennen. Aber letztlich ist es so wie mit der Feuerwehr: Da fragt man ja auch nicht, wenn sie da ist, wie viele Einsätze man hat, sondern allein dass sie da ist, ist schon das Signal.

Zusatzfrage: Aber ein solches Mandat kostet durchaus auch Geld. Die Frage, wenn die Größenordnung größer null ist, ist durchaus gerechtfertigt.

Gerhartz: Das ist die Bewertung, die letztlich immer wieder beim SACEUR angestellt wird. Die latente Bedrohung ist einfach noch vorhanden. Das heißt, der Schutz ist nach wie vor notwendig. Letztlich hat die Türkei gerade deshalb wieder ihr Ersuchen erneuert, diesen Schutz weiterhin zu haben.

Frage: Wenn Sie die Zahl nicht nennen können, vielleicht können Sie sagen, ob es überhaupt einmal irgendeinen Zwischenfall gegeben hat, wenigstens einen, an den man sich erinnern kann.

Gerhartz: Mir liegen jetzt keine Kenntnisse über den deutschen Anteil vor, dass wir einen direkten Beschuss gehabt hätten.

Zusatzfrage : Überhaupt irgendeinen Vorfall, irgendwann einmal eine Alarmsituation? Es hätte ja auch falscher Alarm sein können.

Schäfer: Vielleicht sollte man daran erinnern, dass die türkische Bitte an die Nato und damit auch an uns, bei möglichen Angriffen aus Syrien beizustehen, einen konkreten Hintergrund hatte. Die Grenzregion zwischen Syrien und der Türkei auf syrischem Territorium war und ist umkämpftes Gebiet. Es hat verschiedene Vorfälle gegeben, bei denen türkische Staatsangehörige ums Leben gekommen sind, dass es Angriffe von syrischer Seite gegeben hat. Das war der eigentliche Anlass und Aufhänger für die türkische Bitte, die dann auch an uns und andere gegangen ist, ihr dabei zu helfen, sich gegen solche Angriffe angemessen zur Wehr setzen zu können.

Herr Gerhartz hat das Beispiel mit der Feuerwehr gebracht. Dass es diese Systeme gibt und dass diese Systeme von Nato-Partnern installiert worden sind, hat vielleicht auch eine abschreckende Wirkung.

Gerhartz: Ich denke, beim SACEUR kommen viele Anzeigen zusammen, wenn er zu seinem Bericht kommt. Man kann dies nach wie vor nicht ausschließen. Dann wird das schon seine Gründe haben. Wenn man das nicht ausschließen kann, dann ist der Schutz auch angesagt.

Frage: Ich habe eine Frage zur Aktienrechtsnovelle; auch das war heute im Kabinett. Ich wüsste gerne vom Bundesjustizministerium, ob die Überlegung, die Hauptversammlungen stärker mit den Managergehältern zu befassen, noch aktuell ist. Das scheint mir nicht Bestandteil des Entwurfs zu sein. Es gab einmal Überlegungen des Ministers, da auf europäische Entwicklungen zu warten. Vielleicht könnten Sie dazu etwas Genaueres sagen.

Zum Gesetzgebungsverfahren wüsste ich gerne: Das Frauenquotengesetz, um es jetzt einmal untechnisch zu sagen, ändert ja auch das Aktienrecht. Werden diese Gesetze irgendwie zusammengeführt, oder haben wir dann, wenn man die Managergehälter noch dazunimmt, drei Aktienrechtsänderungen in einem Jahr?

Scholz: Um mit der letzten Frage zu beginnen: Mir ist nicht bekannt, dass da eine Zusammenführung geplant ist. Das sind zwei eigenständige Gesetzgebungsvorhaben.

Was die Managergehälter, um es einmal untechnisch auszudrücken, angeht, ist es genau der Stand, den Sie beschrieben haben. Diese Frage ist nicht Bestandteil der Aktienrechtsnovelle, die heute vom Kabinett beschlossen worden ist, sondern man wartet jetzt die europäische Entwicklung ab. Es gibt entsprechende Vorschläge auf europäischer Ebene, die zunächst weiterverfolgt werden. Auf dieser Ebene bringen wir uns entsprechend ein.

Zusatzfrage: Noch ein anderer Punkt: Die Beteiligungsstrukturen müssen klarer sein. Geht es dabei um die Inhaberaktienregelung, oder was verbirgt sich dahinter?

Scholz: Genau, es geht um Inhaberaktien. Das betrifft nicht börsennotierte Unternehmen, bei denen es bisher möglich ist, dass Änderungen im Gesellschafterbestand verborgen bleiben und die Gesellschaft nicht genau weiß, wer die Aktionäre sind. Man will jetzt mit diesem Entwurf mehr Transparenz schaffen und kommt damit einer Empfehlung der Financial Action Task Force zur Geldwäschebekämpfung nach, weil man durch mehr Transparenz über die Anteilseigner den zuständigen Ermittlungsbehörden bei Geldwäschedelikten Ermittlungsansätze liefern kann, die sie bisher nicht haben. Das ist ein Teil dieser Novelle.

Frage: Ich habe eine Frage an das Finanzministerium. Seit ein paar Tagen gibt es in Deutschland den Mindestlohn. Stimmt es, dass auch ausländische Spediteure, die Lkws nach oder durch Deutschland schicken, den Fahrern den Mindestlohn zahlen müssen?

Jäger: Das ist richtig, wir haben diese Regelung. Das Bundesfinanzministerium ist über den Zoll damit beauftragt, die Einhaltung dieses Gesetzes zu gewährleisten. Was die Einzelheiten angeht, so gebe ich diese Frage an den Kollegen vom Arbeitsministerium weiter.

Ehrentraut: Das ist korrekt. Der Mindestlohn gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer während ihrer Beschäftigung im Inland, das heißt für Inländer und auch Ausländer, solange sie sich auf Grund und Boden der Bundesrepublik Deutschland bewegen. Das Mindestlohngesetz findet daher auch im Transportsektor Anwendung. Das heißt, für jede Stunde, die auf deutschem Boden gearbeitet wird, müssen 8,50 Euro gezahlt werden.

Zusatzfrage: Wie wird kontrolliert, ob der Mindestlohn bezahlt wird oder nicht?

Jäger: Das wird so ablaufen wie auch in anderen Fällen. Es gibt Dokumentationspflichten. Es ist die Aufgabe des Zolls nachzuprüfen, ob diese Dokumentationspflichten eingehalten werden und ob das, was dort festgehalten ist, plausibel ist.

Zusatzfrage: Welche Strafen drohen, wenn dies nicht eingehalten wird?

Ehrentraut: Dazu kann ich Ihnen jetzt keinen Katalog vorlesen. Aber grundsätzlich ist es so, dass Verstöße gegen das Mindestlohngesetz in Extremfällen bis zu 500.000 Euro an Bußgeldern nach sich ziehen können.

Frage: Herr Ehrentraut, wie weitgehend ist da die Dokumentationspflicht eines ausländischen Arbeitgebers? Ich nehme jetzt einmal eine Billigairline, einen Piloten, der von Warschau über deutsches Gebiet nach Brüssel fliegt. Muss dann dokumentiert und dem Zoll klargemacht werden, dass der Pilot für 45 Minuten über deutschem Gebiet gewesen ist? Es gibt ja das Formular 033037, das dem Zoll gereicht werden muss. Ist es tatsächlich so, dass ich diese Dokumentationspflicht habe?

Ehrentraut: Noch einmal: Zu Einzelfällen kann ich hier keine Auskunft geben. Es gibt eine Dokumentationspflicht. Es müssen Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit festgelegt werden. Da vorhin der Transportbereich und auch die BMF-Verordnung angesprochen worden sind: Es gibt Erleichterungen, um das Ganze praktikabler zu handhaben. Aber im Grundsatz gilt: Die Arbeitszeit muss dokumentiert und aufgezeichnet werden.

Zusatzfrage: Der polnische Lkw-Fahrer, der unterwegs ist, hat ja einen gültigen Tarifvertrag und wird nach dem polnischen Mindestlohn bezahlt. Gibt es da keine europarechtlichen Schwierigkeiten, wenn Sie sagen: "Nein, solange du in Deutschland bist, hast du das zu zahlen, und sei es nur für zwei Stunden"?

Ehrentraut: Das ist mir nicht bekannt.

Frage: Mir ist das mit den Dokumentationspflichten noch nicht ganz klar. Inwieweit kann denn der Zoll dann in das Rechenwerk von polnischen Unternehmen oder wem auch immer hineinwirken? Kann der Zoll durch die Anfangs- und die Endzeit der Arbeitszeit feststellen, ob der Mindestlohn tatsächlich bezahlt worden ist? Dann müsste er ja in die Lohnbuchhaltung einsteigen.

Jäger: Wie das in der Praxis umgesetzt wird, kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht sagen. Aber ich darf Ihnen versichern, dass der Zoll selbstverständlich Sorge dafür tragen wird, dass er seiner Aufsichtspflicht nachkommen kann.

Zusatzfrage: Ist es nicht eine relativ wichtige Frage für polnische Unternehmen, welchen Dokumentationspflichten sie jetzt nach deutschem Recht ausgesetzt sind?

Jäger: Es ist sicherlich eine wichtige Frage - ich denke, es wird kein Hexenwerk sein -, sich dann so, wie das auch für deutsche Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt, zu informieren. Ich bin mir sicher, dass die Informationen dazu auf der Website des BMAS und auf anderen geeigneten Homepages vorrätig sind.

Frage: Gibt es keine Sorgen, dass der Mindestlohn für ausländische Fahrer einen riesigen Bürokratieaufbau verursachen wird?

Ehrentraut: Wenn Sie die Wirksamkeit eines Mindestlohns durchsetzen wollen, dann müssen Sie bestimmte gesetzliche Regelungen treffen. Grundsätzlich gilt ein flächendeckender, allgemeiner Mindestlohn. Wenn Sie Ausnahmetatbestände schaffen, dann werden Sie das nicht mehr flächendeckend durchsetzen können. Grundsätzlich gelten die Rechte von Arbeitgebern, die hier in Deutschland auch erbracht werden müssen. An diese Pflichten müssten sich natürlich auch ausländische Arbeitgeber halten.

Zusatzfrage: Gibt es vielleicht irgendwelche Pläne, diese Regelung nachzuarbeiten?

Ehrentraut: Nein.

Frage: Auch ich möchte kurz nachfragen, ob ich das richtig verstanden habe. Die Zollbeamten prüfen, ob die Zahlung des Mindestlohns eingehalten wird. Wenn ich Sie, Herr Jäger, richtig verstanden habe, würde das bedeuten, dass ein deutscher Zollbeamter in eine polnische Spedition geht und dort schaut, ob der Mindestlohn gezahlt wird. Das heißt, die deutschen Zollämter benötigen Zugriff auf den Nationalstaat Polen.

Jäger: Nein. Ich denke, es wird andersherum sein. Wenn ein polnischer Speditionsunternehmer hier in Deutschland unternehmerisch tätig ist, dann wird er sich mit den Anforderungen des Mindestlohns auseinandersetzen. Er wird dafür Sorge tragen, dass er diesen Vorschriften Rechnung trägt. Es gibt dann auch Wege, das nachzuprüfen.

Zusatzfrage: Aber bislang laufen die Zollprüfungen so ab, dass die Zollbehörden in die Unternehmen gehen. In fast allen Unternehmen ist es so. Beim Branchenmindestlohn ist es so: Die Zollbeamten gehen in die Unternehmen und prüfen dort, ob die Zahlung des Mindestlohns eingehalten worden ist. Von einer Vorabprüfung ist bislang nicht die Rede gewesen.

Jäger: Ich habe auch nicht von einer Vorabprüfung gesprochen. Das ist gar nicht möglich. Sie können immer nur ex post prüfen; denn es muss erst dokumentiert werden, und dann kann geprüft werden. Das ist sicherlich so nicht gesagt worden. Wie das am Ende umgesetzt wird, kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Ich habe mein kleines Zollhandbuch nicht dabei. Aber Sie dürfen versichert sein - denn wir sind eine Regierung, die sehr gründlich arbeitet -, dass dafür Sorge getragen ist und dass es am Ende auch praktikabel und anwendbar sein wird.

Frage: Herr Jäger, schön, dass Sie gerade "gründlich" gesagt haben. Trotzdem geht die Frage an Herrn Ehrentraut: Wenn Sie schon so gründlich waren, haben Sie sicherlich auch angeschaut, wie das mit dem Mindestlohn in anderen europäischen Ländern geregelt ist. Ich stelle mir vor, dass zwei Lkw-Fahrer aus Litauen losfahren und nach Spanien und durch diverse Mindestlohnländer fahren. Haben Sie sich da von anderen Ländern inspirieren lassen? Wenn ja, wie ist das dort geregelt?

Ehrentraut: Ich tue mich sehr schwer, alle Mindestlöhne in Europa aufzuzählen. Das kann ich an dieser Stelle nicht tun. Natürlich hat man sich angeschaut, wie das Ganze in anderen Ländern funktioniert. Aber dazu, wie grundsätzlich die konkrete Erarbeitung des Gesetzes bei unseren Fachleuten ablief, kann ich jetzt nichts sagen.

Vorsitzende Welty: Ich habe noch zwei Wortmeldungen zum Mindestlohn; ich habe Sie nicht vergessen. Aber ich möchte vorschlagen, dass wir Fragen an Herrn Seibert vorziehen, wenn sie noch virulent sind.

Frage: Herr Seibert, können Sie bestätigen, dass die Internetseite der Kanzlerin heute von ukrainischen Hackern lahmgelegt wurde?

StS Seibert: Ich kann sagen, dass seit etwa 10 Uhr heute die vom Bundespresseamt betriebenen Internetauftritte - bundeskanzlerin.de, bundesregierung.de und cvd.bundesregierung.de - zeitweise nicht erreichbar sind. Das Rechtenzentrum unseres Dienstleisters steht unter einem schweren Angriff, verursacht offensichtlich von einer Vielzahl externer Systeme. Ziel ist offenbar, das angegriffene System so zu überlasten, dass es quasi für den betreffenden Service lahmgelegt ist. Es sind wohl auch weitere Internetseiten des Rechtenzentrums betroffen: www.bundestag.de. Ich habe noch keine Einzelheiten zu diesen Angriffen. Es sind Gegenmaßnahmen eingeleitet. Vor allem ist auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik informiert. Die Analysen laufen.

Frage: Betrifft das auch die anderen Ministerien? Haben auch sie solche Angriffe registriert?

Die zweite Frage an Herrn Seibert: Ist es das erste Mal in dieser Größenordnung, in diesem Umfang, dass so etwas passiert?

StS Seibert: Ich kann das jetzt noch nicht genau einschätzen. Wir können sagen, dass wir das, was heute passiert, für einen doch ziemlich schweren Angriff halten.

Frage: Es soll sich - so lauten erste Berichte - um einen Angriff der Gruppe CyberBerkut handeln, eine prorussische Gruppierung. Gibt es bereits irgendwelche Erkenntnisse über den Ursprung dieser offensichtlich "distributed denial-of-service"-Attacke? Gibt es irgendwelche Erkenntnisse über die verwendeten Techniken? Gibt es Gegenmaßnahmen? Das würde sicherlich auch das BMI betreffen. Insofern die Frage an Herrn Seibert und Herrn Plate.

StS Seibert: Wie ich schon sagte: Einzelheiten sind noch nicht verlässlich bekannt. Gegenmaßnahmen sind getroffen.

Plate: Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage: Herr Seibert, 2008 hatte die Kanzlerin die Ministerpräsidenten zum Bildungsgipfel geladen, und man hatte sich dort für 2015 auch konkrete Zielsetzungen gegeben. Spätestens jetzt scheint ja - das legt jedenfalls eine vom DGB in Auftrag gegebene Studie nahe - klar zu sein, dass mindestens zwei wichtige Ziele nicht erreicht werden, nämlich die Zahl der jungen Menschen ohne Schulabschluss und ohne Berufsabschluss signifikant zu senken. Hatte man sich damals zu viel vorgenommen?

StS Seibert: Ich schlage vor, dass der Kollege aus dem Bildungs- und Forschungsministerium zunächst einmal die Antwort gibt, denn er hat die Fakten und die Zahlen parat, denke ich.

Mishra: Zunächst einmal ist es ja so, dass wir in eigentlich fast allen Bereichen, die beim Bildungsgipfel eine Rolle gespielt haben, deutliche Verbesserungen erreicht haben. Stichwort Schulabbrecher: Wir kommen von 8,0 Prozent in 2008 und sind jetzt bei 5,7 Prozent. Vereinbart waren 4,0 Prozent; da sind wir noch nicht, aber wir sind auf dem Weg dahin. Sie können das im Grunde bei allen Themen, die behandelt worden sind, durchbuchstabieren. In manchen Bereichen sind die Ziele, die man sich gesetzt hat, erreicht worden - ich nenne die Kindertagesbetreuung; ich nenne die Zahl der Studierenden, die auf über 40 Prozent gesteigert werden sollte und jetzt bei 57 Prozent ist. Sie werden - das können Sie auch den Grafiken in der "Süddeutschen Zeitung" entnehmen - in allen Bereichen einen klaren Aufwärtstrend feststellen. Wir können jetzt noch nicht sagen, was Ende 2015 sein wird, weil zum Teil erst die Zahlen aus den Jahren 2012 und 2013 vorliegen. Was man aber, glaube ich, auf jeden Fall sagen kann, ist, dass der Bildungsgipfel einen enormen Schub in wirklich allen Bereichen gebracht hat. Natürlich ist noch etwas zu tun, aber der Aufwärtstrend in allen Bereichen ist völlig unverkennbar.

Zusatzfrage: Das bestreitet die Studie ja auch gar nicht. Aber wenn wir uns beispielsweise einmal die Zahl der jungen Leute ohne Berufsausbildung angucken: Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass Sie in einem Jahr von 13,8 auf 8,5 Prozent kommen, oder?

Mishra: Die Zahl ist von 2013, das heißt, wir haben noch nicht die für 2014 und wir haben noch nicht die für 2015. Deswegen ist es verfrüht, da etwas anzugeben. Gerade das ist aber ein gutes Beispiel: Wir kommen da von 17 Prozent und sind jetzt bei 13,8 Prozent. Die Zahl, die erreicht werden soll, ist 8,5. Ich kann Ihnen natürlich nicht versichern, dass wir am Ende bei diesen Zahlen landen, aber dass auf dem Weg dahin jede Menge passiert ist, dass es in allen Bereichen deutliche Verbesserungen gibt und dass Bund und Länder sowohl in ihren Maßnahmen als auch finanziell im Bereich Bildung, Forschung, Hochschulen enorm draufgelegt haben, ist, finde ich, unverkennbar. Klar ist auch: Es ist noch etwas zu tun. Ich kann Ihnen aber natürlich noch nicht die Zahlen für Ende 2015 vorhersagen; dafür ist es noch zu früh.

Zusatzfrage : (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

StS Seibert: Das Thema Bildung steht natürlich im Mittelpunkt der Arbeit der Bundeskanzlerin und im Mittelpunkt der Arbeit der Bundesregierung. Die Ministerin Wanka ist eine sehr erfolgreiche Ministerin, was dieses Thema betrifft. Ich glaube auch, dass der Fortschritt in ganz vielen Indikatoren, der hier gerade dargestellt wurde, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das wird weiterhin im Mittelpunkt der Arbeit der Bundesregierung stehen. Die Finanzmittel, die das Bildungs- und Forschungsministerium zur Verfügung hat, sind in den letzten Jahren ja auch erheblich gewachsen. Auch das zeigt, dass wir nicht nur davon sprechen, sondern dass wir auch die notwendigen Mittel dafür zur Verfügung stellen.

Frage: Eine Frage zum heutigen Besuch der Bundeskanzlerin in London: Inwieweit ist die Kanzlerin bereit, den Bestrebungen des englischen Premierministers zur EU-Reform entgegenzukommen?

Eine zweite Frage zum Besuch des ukrainischen Premierministers morgen hier in Berlin: Welche Erwartungen hat die Kanzlerin an dieses Treffen.

StS Seibert: Ich möchte Sie zunächst einmal auf eine gemeinsame Erklärung hinweisen, die die Bundeskanzlerin und der britische Premierminister heute zu diesem Besuch in London herausgegeben haben. Daraus geht ja sehr klar hervor: Es ist der erste Besuch, den die Bundeskanzlerin im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft bei einem unserer G7-Partner macht. Sie macht ihn in Großbritannien, einem Land, mit dem wir ganz besonders große Übereinstimmung beispielsweise in Fragen der Wirtschafts- und Handelspolitik haben, also bei Themen, die für die G7 sehr wichtig sind. Es wird tatsächlich darum gehen, die gemeinsame Agenda rund um die G7-Präsidentschaft, aber auch rund um die Fragen von wirtschaftlicher Erholung zu erörtern. Das ist der Mittelpunkt des Gesprächs, und ich glaube, das geht aus dieser Erklärung sehr klar hervor.

Zur Ukraine-Frage: Die Bundeskanzlerin ist in engem Austausch mit der ukrainischen Regierung, und zwar sowohl mit Präsident Poroschenko als eben auch mit dem Ministerpräsidenten. Jetzt ergibt sich die Gelegenheit, anlässlich dieses Besuches zu sehen, wo wir bei dem, was uns wichtig ist, stehen - nämlich, wie hier immer wieder betont worden ist, endlich dafür zu sorgen beziehungsweise dazu beizutragen, dass die Vereinbarungen von Minsk in all ihren Punkten umgesetzt werden. Denn das ist das, was vielleicht die einzige Chance bietet, Frieden und Stabilität in die Ost-Ukraine zu bringen. Das ist sicherlich auch das Interesse von Herrn Jazenjuk, und darum wird es sicherlich erheblich gehen - wie auch um andere, bilaterale ukrainisch-deutsche Fragen.

Zusatzfrage: Wird sie sich an dem Gipfel in Kasachstan beteiligen?

StS Seibert: Ich weiß nicht, ob Sie zu Beginn der Veranstaltung oder am Montag schon hier waren - was den Termin in Astana betrifft, haben wir eigentlich schon alles besprochen.

Vorsitzende Welty: Das ist dann im Protokoll nachzulesen.

Frage: Die Bundeskanzlerin wird im Rahmen ihres London-Besuchs ja die Deutschland-Ausstellung im British Museum besuchen, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Wird sie bei der Gelegenheit den Direktor des Museums, Herrn MacGregor, treffen? Ist das die Gelegenheit, ihn als Intendanten des Humboldt-Forums in Berlin anzuwerben?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin wird - da haben Sie vollkommen Recht - diese sehr bemerkenswerte Ausstellung besuchen. Sie freut sich darauf, und sie freut sich auch darauf, den Direktor des Museums, der diese Ausstellung möglich gemacht hat und konzipiert hat, dort zu treffen. Das ist der Sinn des Besuchs im British Museum.

Zusatzfrage: Die Frage war, ob das eine Gelegenheit ist, ihm das Humboldt-Forum anzupreisen.

StS Seibert: Und ich habe Ihnen gesagt, was der Sinn des Besuchs der Bundeskanzlerin im British Museum ist.

Frage: Eine Frage an Herrn Seibert zum Griechenland-Komplex: Dazu gab es heute ja zwei vermeintlich widersprüchliche Berichte, nämlich zum einen den der "Bild"-Zeitung, die wissen will, dass es konkrete Papiere und Szenarien für einen Ausstieg gibt, und zum anderen den der "Süddeutschen Zeitung", die wissen will, dass das alles Unsinn ist. Was ist die Haltung der Bundesregierung zwischen diesen beiden Positionen?

StS Seibert: Wir haben das Thema Griechenland hier ja am Montag ausführlich besprochen, und ich habe Ihnen auch keine neue Entwicklung mitzuteilen. Wir werden uns als Bundesregierung weiterhin nicht an Spekulationen beteiligen - schon gar nicht an Spekulationen über ein mögliches Ausscheiden von Mitgliedstaaten aus dem Euro. Ich kenne solche Ausarbeitungen auch nicht. Sicher ist: Der politischen Führung des Bundeskanzleramts liegen solche Ausarbeitungen auch nicht vor.

Was zählt, ist aber auch etwas ganz anderes: Was zählt, sind doch die politischen Entscheidungen, und die sind seit Anbeginn der Krise für eine Euro-Mitgliedschaft Griechenlands, für eine Stabilisierung Griechenlands im Euro getroffen worden. Wir arbeiten jetzt über Jahre mit unseren europäischen Partnern daran, die ganze Eurozone mit all ihren Mitgliedern zu stärken. Griechenland ist in diesem Zusammenhang große Solidarität entgegengebracht worden, und Griechenland hat sich im Gegenzug zu großen eigenen Anstrengungen verpflichtet. Wir sind uns sehr bewusst, dass viele Griechen schwere Jahre durchgemacht haben, wir sind uns sehr bewusst, dass die griechische Regierung erhebliche Reformen eingeleitet hat, und beiden - sowohl den Bürgern als auch den Verantwortlichen Politikern - gebührt dafür unser Respekt. Jetzt sind ja auch erste Früchte dieser Anstrengungen zu sehen: Es zeigt sich wieder vorsichtiges Wirtschaftswachstum, es zeigt sich eine stark verbesserte Haushaltslage, eine viel bessere Leistungsbilanz, die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit. Also stellt sich jetzt für uns wie auch für unsere europäischen Partner eigentlich nur die Frage: Wie können wir es schaffen, dass unser Euro-Partner Griechenland weiterhin diese Programme erfolgreich abschließt und weiterhin den Weg zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Gesundung gehen kann?

Zusatzfrage: Wurde am Rande des Kabinetts oder im Kabinett über die Kommunikation in dieser Sache am Wochenende und am Montag geredet?

StS Seibert: Nein.

Frage: Das heißt, es gibt auch keinerlei Überlegungen, im Falle eines Wahlsieges von Herrn Tsipras die nächste Rate der Griechenland-Hilfen in Höhe von 10 Milliarden Euro zu stornieren oder nicht auszuzahlen?

StS Seibert: Ich greife auch da noch einmal auf das zurück, was ich am Montag gesagt habe: Wir respektieren den demokratischen Prozess in Griechenland. Nun ist da ein Wahlkampf zu führen, und der wird Ende des Monats zu einem Wahlergebnis führen. Lassen Sie uns das abwarten.

Frage: Gab es eine Kontaktaufnahme von Brüssel oder von Griechenland mit der Bundesregierung, sei es mit dem Bundeskanzleramt, sei es mit dem Bundesfinanzministerium? Gilt das, was Sie, Herr Seibert, gesagt haben, auch für das Finanzministerium, also dass man dort nichts von irgendwelchen Ausarbeitungen über Griechenland-Szenarien weiß?

StS Seibert: Wenn ich Ihnen etwas über Gespräche der Bundeskanzlerin zu berichten habe, dann tue ich das. Mit Sicherheit gibt es ständig Kontakte zwischen der Arbeitsebene des Bundeskanzleramtes und Einrichtungen der europäischen Institutionen, und es gibt auch sehr regelmäßige Kontakte zwischen der Bundesregierung und der griechischen Regierung. Ich kann Ihnen da jetzt aber nichts Spezifisches aus den letzten Tagen nennen.

Frage: Ich hätte auch noch eine Frage zur Kommunikation. Seit dem Wochenende wird ja kritisiert, dass die Bundesregierung mit den widersprüchlichen Meldungen, die unter Berufung auf Regierungskreise verbreitet werden, auch die Unsicherheit in der Eurozone wieder verschärft, und die Unsicherheit ist ja eigentlich auch immer das zentrale Problem in der Eurokrise. Wann sehen denn die Kanzlerin oder auch der Finanzminister die Gelegenheit gekommen, selbst für Klarheit zu sorgen und auch selbst ihre Positionen zu erläutern? Warum äußern die sich nicht persönlich?

StS Seibert: Ich sage es gerne noch einmal, weil ich glaube, dass Sie mit dem Finger auf die Falschen zeigen: Es sind nicht wir und nicht die Bundesregierung, die am Wochenende irgendeine Debatte angefangen haben. Es gab einen Magazinbericht, und wir haben bereits am Wochenende und auch am Montag ganz klar gesagt, dass die in diesem Magazinbericht behauptete Kursänderung nicht existiert. Sie haben ja auch sonst keine Probleme, das, was ich hier sage, für eine Aussage der Bundesregierung oder der Bundeskanzlerin zu nehmen. Insofern fehlt es, glaube ich, nicht an Klarheit, was unsere Haltung zum Thema Griechenland betrifft.

Frage: Es würde auch zur völligen Klarheit beitragen, wenn Sie ein klares Dementi dazu abgäben und sagen würden, dass es keine Pläne für einen eventuellen Exit Griechenlands aus dem Euroraum gibt.

StS Seibert: Ich habe jetzt doch wirklich sehr deutlich gesagt, was uns bewegt, was unsere Überzeugungen sind, woran wir seit Jahren arbeiten, und dass es in der Absicht, die wir haben, Griechenland im Euroraum zur Stabilisierung zu verhelfen, keinerlei Veränderung gibt.

Frage: Wenn Sie über die Kommunikation zwischen Berlin und Athen sprechen: Bedeutet das, dass die Bundesregierung auch Kontakte mit Syriza hat?

StS Seibert: Ich kann hier für die Bundeskanzlerin und das Bundeskanzleramt sprechen, und ich würde Ihnen berichten, wenn es Kontakte der Bundeskanzlerin zu dieser Partei gäbe. Ich gehe fest davon aus, dass es, wie es üblich ist, zwischen der deutschen diplomatischen Vertretung in Athen und allen demokratischen Parteien in dem Gastland auch Kontakte gibt.

Frage: Herr Jäger, Sie sagten, dass der Mindestlohn für Unternehmen gilt, die in Deutschland tätig sind. War das als Spezifizierung gemeint? Das heißt, dass das für jemanden, der über deutschen Boden von Polen nach Frankreich fährt, nicht zutrifft?

Ich frage mich bei dieser ganzen Debatte, was eigentlich ist, wenn einer im Stau oder in der Zollabfertigung steht? Gilt dann auch der deutsche Mindestlohn? Eine Frage aus dem praktischen Leben.

Jäger: Ich kann nur noch einmal wiederholen, was ich Ihnen vorhin gesagt habe: Ich habe mein kleines Zollhandbuch nicht dabei. Für den Staufall habe ich Ihnen keine echte Antwort anzubieten.

Ich kann noch einmal wiederholen, was die grundsätzlichen Prinzipien sind: Ein ausländischer Arbeitnehmer unterliegt in Deutschland der Auskunftspflicht über seine Vergütung. Ein ausländischer Unternehmer muss quartalsweise dem Zoll eine Erklärung abgeben. Falls der Zoll Zweifel an der Richtigkeit einer solchen Erklärung hat, besteht die Möglichkeit zur Ex-post-Kontrolle, wie ich das vorhin ausgeführt habe. Einzelheiten der Umsetzung obliegen dem Zoll.

Ehrentraut: Ich kann kurz ergänzen, da Ihre Frage vielleicht zur Verwirrung geführt hat: Grundsätzlich ist nicht maßgeblich, ob das Unternehmen ein ausländisches oder ein deutsches ist, sondern ob die Beschäftigten im Inland beschäftigt sind. Da ist es egal, ob es ein deutsches oder ein ausländisches Unternehmen ist. Wenn der Beschäftigte im Inland einer Beschäftigung nachgeht, gilt der Mindestlohn.

Zusatzfrage: Die Frage nach dem Transit war noch offen. Das heißt, er ist im Inland nicht beschäftigt, wenn er nur durchfährt?

Ehrentraut: Wenn er im Inland arbeitet, durch Deutschland fährt, das Arbeitszeit ist und er sich auf deutschem Boden bewegt - -

Zuruf: Aber er ist ja in diesem Fall bei einem polnischen Unternehmen beschäftigt.

Ehrentraut: Aber er arbeitet in Deutschland. Er ist im Inland und arbeitet auf deutschem Boden. Dann gilt der Mindestlohn.

Zusatzfrage: Also für Transit, bei einem Arbeitsverhältnis Betriebsstätte in Polen, gilt dann trotzdem der deutsche Mindestlohn?

Ehrentraut: Wenn sich der polnische Mitarbeiter auf deutschem Boden befindet und arbeitet.

Frage: Es klingt redundant, aber ich kann es auch nicht glauben. Der polnische Spediteur stellt seinen Lkw-Fahrer ein, zahlt seinen polnischen Mindestlohn, fährt von Warschau nach Paris und Brüssel, muss mal kurz über deutschen Boden, tankt nicht, brettert durch, tut nichts weiter, Steuern sind gezahlt, auch Abgaben alles klar, und er ist nur fünf Stunden auf deutschem Gebiet. Für diese Zeit muss trotz aller Regelungen in Polen der deutsche Mindestlohn äquivalent in Zloty entrichtet werden?

Ehrentraut: Noch einmal - den konkreten Einzelfall werde ich nicht bewerten -: Wenn der Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigt ist und Arbeitszeit vermerkt wird, wird der deutsche Mindestlohn von 8,50 Euro gezahlt.

Frage: Ich würde auch gerne noch etwas lernen. Das gilt dann auch bei Seetransporten? Wie wird das auf See gehandhabt?

Ehrentraut: Ich habe es, glaube ich, schon öfter gesagt: Einzelfälle kann ich hier nicht bewerten. Es gilt das, was ich gesagt habe.

Frage: Ich vermute, dass die Regelung auch andere nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer betrifft, also auch wahrscheinlich ausländische Korrespondenten.

Ehrentraut: Das würde auch für Sie gelten, auch für entsandte Arbeitnehmer. Fragen Sie einmal nach.

Frage: Eine Frage an das Wirtschafts- oder das Finanzministerium - je nachdem, wer sich zuständig fühlt. Heute soll im Wirtschaftsministerium ein Abkommen über einen Kredit von über einer halben Milliarde Euro für die Ukraine unterzeichnet werden. Mich würden die Details dieses Abkommens interessieren, also einmal die Laufzeit und ob dieser Kredit ungebunden ist, ob also die ukrainische Regierung mit diesem Geld alles machen kann, was sie will.

Braams: Vielen Dank für die Frage. Ich kann zunächst bestätigen, dass es heute im Wirtschaftsministerium eine Unterzeichnung durch Staatssekretär Machnig zu sogenannten Garantien für ungebundene Finanzkredite geben soll. Das ist ein Instrument, für das das Wirtschaftsministerium zuständig ist. Dies soll in der Vereinbarung politisch festgelegt werden. Der Umfang soll 500 Millionen Euro betragen. Es geht aber zunächst nur um eine politische Vereinbarung, dass dieses festgelegt werden soll.

Dieses Instrument "Garantien für ungebundene Finanzkredite" dient eben der Absicherung von Vorhaben, die im Ausland betrieben und als förderungswürdig angesehen werden. Das heißt, die konkreten Vorhaben müssen dann noch konkretisiert werden, sodass ich über Laufzeit und dazu, wofür das konkret eingesetzt wird, noch keine Angaben machen kann, weil erst einmal nur die politische Vereinbarung darüber geschlossen wird.

Zusatzfrage: Das heißt, noch kann man nicht sagen, dass die Ukraine diesen Kredit zum Beispiel für Waffenkäufe einsetzen kann.

Braams: Nein. Konkrete Projekte müssen noch definiert werden. Es geht darum, dass der Kredit von der Bundesregierung besichert wird, wenn das Vorhaben oder die Investition als förderungswürdig eingestuft werden kann. Es muss noch festgelegt werden, welche Bereiche oder Projekte das betreffen könnte.

Frage: Wer vergibt den Kredit? Ist das die KfW oder sind das private Banken? Es geht ja, wie Sie sagen, um Garantien für einen Kredit.

Braams: Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Das müsste ich nachreichen.

Frage: Meine Frage war noch offen, ob auch andere Ministerien von dem Cyber-Angriff betroffen sind. Oder kann ich den Antworten entnehmen, dass es sonst keinen betrifft?

Schäfer: Die Website diplo.de/auswaertiges-amt.de ist auch betroffen, aber nach dem, was man mir gerade in Bezug auf das Auswärtige Amt gesimst hat, wieder voll einsatzbar. Ich meine damit, dass sie zugänglich ist.

Frage: Zu Griechenland an das Finanzministerium: Gibt es Pläne für eine eventuelle Telefonkonferenzschaltung unter den Euro-Mitgliedstaaten vor oder nach den Wahlen?

Jäger: Es gibt geschätzt jeden Tag drei Dutzend Telefonkonferenzen zwischen Berlin und Brüssel zu allen möglichen Themen. Die Frage ist etwas unspezifisch.

Zusatzfrage: Auch, um ein Szenario eines möglichen "bank run" vorzubereiten, wenn das Ergebnis entsprechend sein könnte?

Jäger: Nein. Das sind jetzt wieder so hypothetische Geschichten. Der Regierungssprecher hat es doch hier in aller Deutlichkeit gesagt: Wir warten in aller Ruhe und in aller Demut den 25. Januar ab. Dann wird diese Wahl ein Ergebnis haben, und auf der Grundlage des Ergebnisses werden wir die Dinge dann weiter zu bewerten haben.

Frage: Ich wollte anknüpfend an das, was früher in Sachen Griechenland schon gesagt wurde, beim Finanzministerium nachfragen. Es zählt doch zu den Routineaufgaben, auf Arbeitsebene alle Szenarien, die sich bei bestimmten Problemkreisen ergeben, durchzuspielen, zu bewerten und durchzuarbeiten. Von daher gibt es auf der Arbeitsebene unterhalb der Abteilungsleiter solche Erwägungen, wie ich annehmen würde. Oder ist das falsch?

Jäger: Jetzt müssen wir hier ganz vorsichtig sein. Sie haben natürlich völlig Recht, dass die vorausschauende Auseinandersetzung mit denkbaren Entwicklungen zu den Aufgaben einer Verwaltung gehört. Damit ist aber überhaupt keine Aussage darüber getroffen, dass man hier, wie heute in einem Zeitungsbericht insinuiert, an Szenarien arbeitet.

Ich kann nur noch einmal unterstreichen, was Herr Seibert für die Bundeskanzlerin gesagt hat: Unseren Ministern liegen solche Ausarbeitungen nicht vor.

Frage: Die Frage zielt ein bisschen in Richtung Griechenland. Die Statistikbehörden haben heute ermittelt, dass die Preise im Dezember um 0,2 Prozent gesunken sind und sich damit zum ersten Mal eine Deflation andeutet. Wie beurteilt das Bundesfinanzministerium diese Entwicklung?

Jäger: Ich kann zwar keinen Bezug zu Griechenland erkennen - -

Zusatz: Es geht um die wirtschaftliche Gesundung der Eurozone, die darunter leidet.

Jäger: Der direkte Bezug zu Griechenland oder zu dem, was hier von Ihrer Seite als "Griechenland-Komplex" bezeichnet wurde, ist mir dennoch nicht offenkundig. Sei es drum.

Die Frage, wie wir die Preisentwicklung einschätzen, werden wir heute nicht anders als in der Vergangenheit beantworten. Das sind Dinge, zu denen wir uns hier nicht äußern, die wir auch nicht zu qualifizieren haben. Ich bin nicht das volkswirtschaftliche Institut der Bundesregierung. Ein solches gibt es aus gutem Grund auch nicht; das ist Ihnen bekannt. Insofern lassen wir diese Zahl unkommentiert stehen.

Frage: Ich möchte es doch noch einmal versuchen, denn Ihr Minister ist ja mit dem Thema Deflationsgefahr nicht immer so zurückhaltend umgegangen. Wenn Sie sagen, dass sich nichts an der Position geändert hat, heißt das dann letztendlich, dass dieses Nicht-Bestehen einer Deflationsgefahr, das der Minister schon früher festgestellt hat, trotz der heutigen Zahlen weiter besteht?

Jäger: Wir haben von unserer Analyse, wie sie bisher gegolten hat, nichts zurückzunehmen.

Frage: Eine Frage zu einer Vorabmeldung der "WELT", wo es um eine Maut für Wasserstraßen geht. Das Innenministerium wird federführend genannt. Ich vermute, dass das Verkehrsministerium dazu etwas sagen kann.

Strater: Vielleicht kann das Innenministerium etwas zum Bundesgebührengesetz sagen, für das das Innenministerium zuständig ist.

Was die Regelung für die Schifffahrt angeht, gilt Folgendes: Es werden auch heute schon Gebühren für die gewerbliche Schifffahrt erhoben. Auch im Sportbereich gilt Ähnliches.

Für den Bereich, der hier in diesem Artikel angesprochen ist - vor allem für die Freizeitsportbootschifffahrt -, gilt Folgendes: Das Bundesverkehrsministerium arbeitet an einem Wassertourismuskonzept mit einer ganzheitlichen Betrachtung, das im Laufe dieses Jahres vorgelegt wird. Dabei befasst man sich auch mit Finanzierungsfragen. Es gibt also demzufolge zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keinerlei Festlegungen, was irgendwelche Gebührenanpassungen oder Ähnliches angeht, wie es dort berichtet wird.

Plate: Von meiner Seite aus sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt keine Ergänzung der Aussage des Kollegen als angezeigt. Sollten Sie noch einen spezifisch-gebührenrechtlichen Überhang sehen, dann gerne.

Mittwoch, 7. Januar 2015

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 7. Januar 2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/01/2015-01-07-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
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Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2015


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