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PRESSEKONFERENZ/1064: Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten Woidke und Haseloff, 15.09.2015 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz im Bundeskanzleramt - Dienstag, 15. September 2015
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Ministerpräsident Woidke und Ministerpräsident Haseloff


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, danke, dass Sie eine Weile gewartet haben.

Wir hatten eine sehr sachorientierte und zum Teil auch sehr detaillierte Diskussion, wie es dem Sachverhalt auch angemessen ist. Wir haben diese außerordentliche Zusammenkunft verabredet, weil die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in den letzten Wochen und Tagen sehr dynamisch war und wir deshalb zum Schultern dieser Aufgabe noch einmal neue Absprachen - zusätzlich zu denen, die wir schon getroffen haben und die natürlich weitergelten - treffen mussten.

Es ging also heute nicht um die Tagesordnung der nächsten Woche, in der wir über die Gesetzgebung und auch über die Finanzhilfen und Finanzströme sprechen werden, sondern es ging heute vor allen Dingen darum, wie wir auf diese gesamtstaatliche Herausforderung reagieren können.

Ich habe mich sehr gefreut, dass die Ministerpräsidenten den Bund einhellig dabei unterstützen, vor allen Dingen in den Ländern, in denen sich die Flüchtlinge aufhalten oder in denen Fluchtursachen auftreten, stärker zu helfen. Das wird der Bund auf der nationalen Ebene tun, aber wir erwarten auch von der Europäischen Union ein gemeinsames Signal, das deutlich macht: Wir setzen uns für menschenwürdige Bedingungen in den Flüchtlingslagern zum Beispiel in Jordanien, im Libanon und im Irak ein, wo im Augenblick bei den internationalen Hilfsorganisationen, zum Beispiel beim World Food Programme oder dem UNHCR, beträchtliche Finanzierungslücken klaffen. Es ist sehr wichtig, dass wir hier agieren.

Die Länder unterstützen den Bund auch dabei, dass wir eine faire Lastenverteilung in Europa erreichen. Das hat etwas mit dem Gesamtverständnis der Europäischen Union zu tun. Deshalb ist es eine gute Botschaft, dass am nächsten Dienstag der Justiz- und Innenministerrat tagen und sich auch noch einmal damit beschäftigen wird und dass auch eine Diskussion darüber stattfindet, ob es einen europäischen Sonderrat gibt. Ich habe mich dazu ja heute schon geäußert.

Dann haben wir uns mit der nationalen Aufgabe befasst. Es geht jetzt darum, wieder einen geordneten und nachzuverfolgenden Umgang mit der großen Zahl von Flüchtlingen zu schaffen. Wir haben über die Beschleunigung der Verfahren gesprochen. Hierzu wird es in der nächsten Woche noch einmal sehr detaillierte Angaben auch des Bundes geben. Die Länder unternehmen hier auch erhebliche Anstrengungen, um zum Beispiel bei den Verwaltungsgerichten die Verfahren zu beschleunigen.

Wir haben dann über die Logistik der Unterbringung der Flüchtlinge gesprochen. Ich freue mich sehr, dass es heute gelungen ist, dass die Angebote da sind - die Ministerpräsidenten werden dazu noch etwas sagen -, Verteilzentren, also Drehkreuze, zu schaffen. Wir haben die Dinge noch einmal diskutiert. Solche Drehkreuze sind notwendig.

Der Bund wird in Zukunft gemeinsam mit den Ländern die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel managen. Das setzt voraus - das ist heute auch geschehen -, dass sich alle Länder zu diesem Königsteiner Schlüssel bekennen. Wir haben seitens des Bundes Angebote unterbreitet - der Bundesinnenminister, Thomas de Maizière, hat das gemacht -, wie der Bund die Länder bei der Zurverfügungstellung von Plätzen noch entlasten kann. Hierzu ist ein Angebot von bis zu 40.000 Plätzen unterbreitet worden. Die Details werden in den nächsten Tagen geklärt.

Die Bundeswehr hat auch noch einmal deutlich gemacht, dass sie bereit ist, bezüglich der Frage, wie wir die gesamten logistischen Herausforderungen zum Beispiel in den neu zu schaffenden Verteilzentren regeln können, verstärkt Personal zur Verfügung zu stellen.

Alles in allem bestand große Einigkeit darüber, dass wir den Menschen, die Schutz brauchen, Schutz geben wollen und dafür alles Menschenmögliche tun. Auf der anderen Seite war aber auch klar, dass die, die keine Bleibeperspektive haben, nicht in unserem Land bleiben können. Dies ist der gemeinsame Wunsch von Ländern und Bund. Auch das ist eine Botschaft gewesen, die von allen sehr eindrücklich unterbreitet wurde.

Es ist eine riesige Kraftanstrengung, die wir zu bewältigen haben, aber mich hat das Gespräch heute Abend darin bestärkt, dass wir sehr detailliert und auch sehr klar gesprochen haben, aber dass wir alle willens sind, diese Herausforderung auch zu bestehen.

MP Woidke: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin erst einmal sehr froh, dass wir uns heute hier in Berlin getroffen haben und sehr intensiv miteinander über die verschiedenen Entwicklungen der letzten Tage und Wochen, die ja von einer großen Dynamik geprägt waren, geredet haben. Die Länder haben die Herausforderung angenommen, und das schon seit vielen Monaten. Allerdings stellt uns die Entwicklung speziell der letzten zwei Wochen vor enorme Herausforderungen. Ich glaube, dass wir deshalb weiterhin mit der Bundesebene eine enge Abstimmung brauchen.

Ich bin auch sehr froh - es gab da ja im Vorfeld ein bisschen Irritation -, dass der heutige Termin den Termin am 24. September eben nicht ersetzt, sondern dass wir uns in der nächsten Woche mit der Frau Bundeskanzlerin wieder treffen werden und dann über die Dinge - sie sind im Fluss - weiter reden müssen. Es ist eine große internationale Herausforderung, auch was die Abstimmungsfragen betrifft - die Frau Bundeskanzlerin ist darauf eingegangen. Speziell die Verbesserung der Situation in den Herkunftsländern vieler Flüchtlinge wird eine Langfristaufgabe sein. Die europäische Situation muss ich jetzt nicht kommentieren; Sie haben alle schon am heutigen Tag über die gestrige Zusammenkunft geschrieben. Aber auch da wird es weitere Abstimmungen brauchen, um Europa als solidarisches Europa weiter leben zu lassen.

Aber die dritte Frage ist natürlich die nationale Herausforderung, vor der vor allen Dingen die kommunale Ebene und die Länder stehen. Deswegen bin ich der Frau Bundeskanzlerin auch sehr dankbar, dass wir hier heute zusammen auch über die Probleme, die es gibt, geredet haben. Ich glaube, dass wir weiteren Verbesserungsbedarf - und das ist ja auch keine Neuigkeit - speziell bei der Dauer der Verfahren haben, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geführt werden. Darüber gab es auch am heutigen Abend eine lange Diskussion. Wir müssen alles versuchen, um diese Verfahrensdauern zu verkürzen. Das hat erstens etwas damit zu tun, dass Menschen, die hier ein Bleiberecht haben und die ein Asylrecht bekommen, möglichst schnell wissen müssen, dass sie dieses haben. Wir wollen in Brandenburg erreichen, dass sie schon vor der Verteilung auf die Kommunen diesen Asylbescheid in der Hand haben, damit die Kommune dann auch in Fragen der Integration weiß, wie sie mit diesen Menschen umgehen kann und sie voll integrieren kann. Wir wollen aber auch erreichen, dass Menschen, auf die das Asylrecht nicht zutreffend ist, dies wissen und dann möglichst freiwillig zu einer Rückreise in die Herkunftsländer gebracht werden.

Das sind Herausforderungen, vor denen wir stehen. Die erste große Herausforderung ist momentan natürlich - das ist ja auch etwas, was Sie jeden Tag sehen - die Frage der Unterkunft, der Verpflegung und der sozialen Betreuung. Aber die große Herausforderung für die kommenden Monate und Jahre wird es sein, die Integration zu organisieren. Diese Integration wird zusätzliches Geld kosten, wenn Kinder aus Flüchtlingsfamilien in eine Kita gehen sollen; wenn Kinder aus Flüchtlingsfamilien in die Schule gehen sollen, werden zusätzliche Lehrer gebraucht, und diese Lehrer müssen bezahlt werden; wenn junge Erwachsene in Ausbildung kommen sollen, müssen sie vorher gut Deutsch gelernt haben. Auch darum müssen wir uns kümmern, denn ich glaube nach wie vor, dass diese riesengroße nationale, aber auch europäische Herausforderung, vor der wir stehen, auch zu einem Gewinn für unser Land werden kann, wenn wir diese Chance der Integration richtig nutzen. Das ist die Herausforderung für die kommenden Monate und Jahre. Ich glaube, wir sind da auch in der Diskussion miteinander auf einem guten Weg, und ich glaube, dass wir das miteinander auch schaffen werden, Frau Bundeskanzlerin.

MP Haseloff: Ich möchte einige Sachen kurz ergänzen. Für mich macht sich das an drei Punkten fest: begrenzen, beschleunigen und rückführen bei den Fällen, die abgelehnt wurden - und das sind nicht wenige.

Die Begrenzung ist aktuell aufgrund der Situation erfolgt. Es ist keine Abschottung, es ist keine Schließung, aber es ist ein Steuern des Vorgangs, um das, was die Frau Bundeskanzlerin sagte, auch zu ermöglichen, nämlich geordnete Verfahren wieder herbeizuführen.

Das andere ist natürlich die Beschleunigung der Verfahren. Wir haben heute auch sehr technisch im Detail besprochen, wie das mit dem BAMF und all den anderen mit einbeziehbaren Behörden möglich ist. Da gibt es Wege; das werden wir in den nächsten Tagen bis zum 24. September noch ausdifferenzieren, sodass es dann durch entsprechende mobile Teams beziehungsweise auch durch Verstärkung durch Abordnung aus anderen Bundes- und Landesbehörden ermöglicht wird, die Rückstände, die derzeit ständig wachsen, abzuarbeiten.

Es ist auch ganz klar: Ein nicht unerheblicher Teil der Abgelehnten sind derzeit nicht zurückgeführt und binden Unterbringungskapazität sowie auch Finanzen. Dadurch wird es derzeit nicht ermöglicht, diejenigen, die jetzt noch in Zelten wohnen beziehungsweise jetzt noch untergebracht werden müssen, entsprechend in festen Unterkünften unterzubringen. Das heißt, wir brauchen hier ein einheitliches Vorgehen - darauf haben sich die Länder verständigt -, wir müssen hier gemeinsam mit dem Bund ein konzertiertes Agieren praktizieren - auch unter Einbeziehung der Bundespolizei, was Flüge anbelangt und auch was die Außenkontakte zu den entsprechenden Ländern anbelangt -, sodass es ermöglicht wird, dass wir Kapazitäten, die wir aktuell dringend brauchen, auch frei werden.

Darauf müssen wir jetzt auch einen ganz wesentlichen Schwerpunkt legen, damit wir die Ressourcen, die wir haben, auch wirklich effizient einsetzen können. Denn das Asylrecht stellt wirklich eines der komplexesten Grundrechte dar, und bei den Zahlen, die wir derzeit zu bewältigen haben, sind wir ganz klar an der Kante. Die Frage ist, inwieweit wir es trotzdem schaffen, es voll zu praktizieren. Das geht nur, indem wir deutlich flexibilisieren und beschleunigen, aber auch das geltende Recht anwenden, und dazu gehört eben auch die Rückführung - in einer ersten Stufe freiwillig und in einer zweiten Stufe dann mit Hilfen, gegebenenfalls auch mit Anreizen, die finanzieller Natur sein können.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich habe zwei Fragen.

Ich würde gerne noch einmal an die 40.000 anknüpfen, die Sie erwähnt haben - auch wenn Sie gesagt haben, dass die Details noch festgelegt werden. Sind das klassische Erstaufnahmeplätze, die geschaffen werden, oder eine Zwischenform?

Vielleicht können Sie auch alle drei sagen, ob darüber gesprochen wurde, wie man denn in den nächsten Tagen mit möglicherweise neuen humanitären Notlagen zum Beispiel an der Grenze Serbien-Ungarn umgeht. Gibt es da eine Verabredung zwischen Bund und Ländern, ob man dann noch einmal eine größere Zahl von Flüchtlingen aufnimmt oder durch die Länder durchreisen lässt?

BK'in Merkel: Über das Zweite haben wir heute nicht gesprochen, da gibt es auch keine Planungen.

Was das Erste betrifft, so wird jetzt zwischen Bund und Ländern noch einmal über die Frage gesprochen: Sind es besondere Erstaufnahmeeinrichtungen sein, die sozusagen auch einen gewissen Puffer darstellen, oder sind es klassische? Das ist heute Abend noch nicht abschließend geklärt worden. Auch über die einzelnen Liegenschaften muss noch gesprochen werden. Das wird bis nächste Woche geklärt sein.

MP Haseloff: Aber die Bereitschaft der Länder, die angesprochen wurden, ist auf jeden Fall da, diese Warteräume mit organisieren zu helfen und diese Plätze dann auch in ihren Landesgrenzen zu sichern; denn da sind ja auch eine ganze Reihe von organisatorischen Dingen zu praktizieren, und wir brauchen sowohl die Verteilzentren als auch diese Warteräume in den Grenzbereichen zu den Ländern, die mehr oder weniger auf dem Weg der Flüchtlinge liegen, beziehungsweise Warteräume, die dann auch so in der Bundesrepublik verteilt sind, dass sie existente Liegenschaften, die verfügbar sind, nutzen, und trotzdem auch einen fairen Vergleich beziehungsweise auch eine faire Verteilung auf alle 16 Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel ermöglichen.

Frage: Ich würde gern noch einmal zu der Verkürzung der Verfahrensdauer nachfragen. Der Wunsch danach ist ja nicht neu, das wird ja schon länger versucht. Was gibt Ihnen die Hoffnung, dass es diesmal klappt?

BK'in Merkel: Es gibt ja Dinge, die auch eine gewisse Vorbereitung brauchen. Wir haben im Juni verabredet, dass wir vier Entscheidungszentren schaffen, in denen auch die Altfälle - wenn ich das einmal so sagen darf - abgearbeitet werden. Heute konnte der Präsident des Bundesamtes mitteilen, dass diese Zentren jetzt ab dem 1. oder 4. Oktober ihre Arbeit aufnehmen werden.

Zweitens hat man jetzt die technischen Voraussetzungen geschaffen, um mobile Teams herumschicken zu können. Dazu ist heute auch eine Aussage gemacht worden. Da war natürlich der Wunsch der Länder - das ist ja klar -, zu wissen: Wo kommen die denn nun genau hin? Das werden wir nächste Woche auch noch einmal in einem Bericht darstellen. Es gibt jetzt in Bayern zumindest die erste Einrichtung, die sich auf Flüchtlinge aus Ländern mit einer geringen Bleibeperspektive konzentriert und in der sozusagen vom Verwaltungsgericht bis zum BAMF gleich alle in der Einrichtung sind.

Es gibt also einige Signale, aber angesichts der Steigerungsrate der Flüchtlingszahlen in den letzten Wochen ist natürlich vieles sozusagen schon in dem Moment überholt, in dem man die Anstrengungen unternimmt.

Es gibt die Zusage der Bundeswehr, innerhalb der nächsten Tage 800 Mitarbeiter der Bundeswehr für die Arbeit im BAMF zur Verfügung zu stellen. Es gibt eine Zusage des Zolls, und zwar nicht für irgendwann, sondern für jetzt, sehr schnell. Insofern gibt es da schon eine ganze Reihe von Aktivitäten.

Die Länder haben ihrerseits auch noch einmal gesagt, dass sie bereit wären, dies zu unterstützen, weil das eben das allgemeine Anliegen ist, und vor allen Dingen auch gesagt, dass sie ihre Verwaltungsgerichtskapazitäten unterstützen. Man muss nämlich wissen - das wurde vorhin vom BAMF gesagt -, dass allein in diesem Jahr für Menschen aus Ländern, die wir als sichere Herkunftsländer bezeichnen könnten, 62.000 Bescheide erteilt worden sind, aber 50 Prozent davon gehen in ein gerichtliches Verfahren, um da noch einmal eine Klärung herbeizuführen. Daran sehen Sie also die Komplexität, und das wird auch von allen Seiten beachtet.

MP Haseloff: Es lassen sich nicht alle Verfahren gleichzeitig beschleunigen. Es wird also in den nächsten Tagen auch eine Abstimmung mit dem Bundesinnenminister darüber geben, auf welche konkrete Zielgruppe man sich erst einmal konzentriert und ob das Altfälle sind, die man mehr oder weniger freizuarbeiten versucht - ich will es einmal vorsichtig ausdrücken - , oder ob es um Neuankömmlinge oder um spezielle Herkunftsländer geht, aus denen Flüchtlinge eine sehr hohe Verbleibsprognose haben, also bei einer Anerkennungsquote von 100 Prozent zu liegen kommen, damit man also mit diesen Schwerpunkten dort auf jeden Fall erst einmal die Rückstände deutlich zu minimieren versucht.

MP Woidke: Dabei geht es darum, dass die Kapazitäten für die Menschen geschaffen werden, denen man helfen muss und die hier eine Bleibeperspektive haben, und auf diese Menschen auch die Mittel, die zur Verfügung stehen - das, was ich vorhin gesagt habe, gilt ja genauso für die Mittel für die Integration -, zu konzentrieren, um hier diese Bleibeperspektive zu haben. Deswegen ist es sehr gut nachvollziehbar - das hat Herr Schmidt vom BAMF heute auch vorgetragen -, dass sich das BAMF momentan vor allen Dingen auf die Länder konzentriert, aus denen Flüchtlinge eine geringe Perspektive auf eine Bleibeperspektive haben. Das heißt, die Flüchtlinge aus Westbalkanländern mit einer Ablehnungsquote der Asylanträge von 99 Prozent sind momentan ein Schwerpunkt.

Frage: Könnten Sie bitte noch einmal diese Verteilzentren von diesen 40.000 Erstaufnahmeplätzen abgrenzen? Ich habe noch nicht ganz verstanden, wo diese Verteilzentren entstehen sollen. Wer soll sie betreiben? Bis wann?

Zweitens: Wie viele dieser mobilen Teams mit wie vielen Mitarbeitern sind denn bis jetzt klar oder geplant? Könnten Sie das vielleicht noch ein bisschen quantifizieren?

BK'in Merkel: Das können wir Ihnen in der nächsten Woche ganz genau sagen. Ehe ich mich jetzt irgendwie in einer Zahl vertue: Nächste Woche wird es einen schriftlichen Bericht dazu geben, und der wird Ihnen dann auch zur Verfügung gestellt werden.

MP Haseloff: Die Aufnahmeplätze sollen in verschiedenen Liegenschaften, auf Bundesländer verteilt, zum Einsatz kommen, um einfach auch als Puffer zu wirken, um dann erst anschließend - nach der Erstbewertung beziehungsweise Schnellbewertung dieser Verfahren - eine entsprechende Verteilung auf die Länder vorzunehmen, während die Verteilzentren mehr logistische Funktionen haben, die dann mehr oder weniger in bestimmten Regionen nach dem Königsteiner Schlüssel die Flüchtlinge auf die Bundesländer zu verteilen helfen.

Momentan ist es ja so: Die kommen zum Beispiel über die österreichisch-bayerische Grenze, werden aufgrund dessen, dass München ja eben limitiert ist, durchgewunken, die Züge kommen relativ unkontrolliert in den entsprechenden Bundesländern an oder plötzlich wird - wie heute in Sachsen-Anhalt - zweimal die Notbremse gezogen, und dann stehen 70 Leute mitten auf dem Acker und versuchen, sich zu verteilen und sich auf den Weg nach Schweden zu machen. Das ist natürlich ein Problem, dass wir dann dadurch abfangen, dass das über diese Verteilzentren - auch alles mit Bussen und Bahnen koordiniert - entsprechend so laufen wird, dass man wieder von einem wirklich geordneten Verfahren sprechen kann.

MP Woidke: Ganz simpel geht es darum, die Züge dann nicht alle in München ankommen zu lassen, sondern zu sagen, wenn Züge losfahren, dass man dann auch andere Bahnhöfe und entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung hat, um von dort aus wiederum auf Erstaufnahmeeinrichtungen verteilen zu können; deswegen Verteilzentrum. Aber über die Örtlichkeiten werden wir, wie gesagt, in der nächsten Woche noch genauer reden.

BK'in Merkel: Aber es ist die Bereitschaft gezeigt worden! Gestern gab es ja Berichte nach dem Motto "Eine Einigung kommt nicht zustande". Diesen Eindruck hatte ich hier überhaupt nicht. Das wird sich in den nächsten Tagen sehr gut klären.

MP Haseloff: Es muss eine Einigung geben, sonst funktioniert das System nicht!

MP Woidke: Für gute Vorschläge sind die Bundesländer zu haben, Frau Bundeskanzlerin!

MP Haseloff: Alles klar! Damit gehen wir heute ins Bett.

BK'in Merkel: Manchmal sind wir uns sogar einig darüber, was gut ist.

MP Woidke: So ist es! So harmonisch beenden wir den Abend.

Dienstag, 15. September 2015

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Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Ministerpräsident Woidke und Ministerpräsident Haseloff, 15.09.2015
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2015/09/2015-09-16-pk-merkel-woidke-haseloff.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. September 2015

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