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PRESSEKONFERENZ/1432: Statements von Kanzlerin Merkel und dem libanesischen Ministerpräsidenten Hariri, 04.04.2017 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift Pressekonferenz in Berlin - Dienstag, 4. April 2017
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsidenten des Libanons, Hariri

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass heute der libanesische Premierminister Saad Hariri in Berlin bei uns zu Gast ist. Herr Hariri ist im Dezember zum Vorsitzenden des libanesischen Ministerrates ernannt worden. Er hatte diese Funktion schon zwischen 2009 und 2011 inne und war in diesem Zusammenhang auch schon einmal zu Besuch in Berlin. Aber natürlich begrüßen wir ihn jetzt wieder. Denn die Tatsache, dass er heute hier steht spricht auch dafür, dass die Phase des politischen Stillstandes, die immerhin zweieinhalb Jahre gedauert hat, im Dezember 2016 überwunden werden konnte. Mit der Wahl von Herrn Aoun zum Staatspräsidenten und der Ernennung von Premierminister Hariri wurde eine Regierung der nationalen Einheit gebildet. Diese Regierung bildet die bekanntermaßen sehr vielfältigen Interessen des libanesischen Staates und der Bevölkerungsgruppen und Religionsgemeinschaften ab. Wir alle sind sehr erleichtert, dass diese Situation jetzt da ist, obwohl wir uns auch bewusst sind, dass es nach wie vor eine komplizierte Situation ist.

Wir werden heute über die Stabilität der politischen Situation sprechen. Aber wir werden vor allen Dingen auch darüber sprechen, dass der Libanon mehr als eine Million syrischer Flüchtlinge aufgenommen hat. Jeder kann sich vorstellen, dass dies bei der Einwohnerzahl des Libanons eine große humanitäre Bereitschaft zeigt, aber auch eine große Belastung des Landes ist. Ich möchte vor allen Dingen auch dem libanesischen Volk meine Anerkennung aussprechen. Es sind Menschen aus der Nachbarschaft, aber es ist einfach eine Million Menschen, die bei der fragilen und schwierigen Situation im Libanon selber eine große Aufgabe darstellen.

Wir sind der zweitgrößte Geldgeber für den Libanon mit rund 386 Millionen Euro an Hilfe im vergangenen Jahr. Wir versuchen damit, dem Libanon zu helfen, die Flüchtlingskrise zu bewältigen und zu versuchen, diese krisenhafte Situation auch zur Belebung der wirtschaftlichen Dynamik zu nutzen. Denn es geht ja nicht nur darum, den Flüchtlingen zu helfen, sondern es geht auch darum, der Bevölkerung zu helfen, die ja die Aufgabe der Beherbergung der Flüchtlinge tragen muss. Es darf also nicht der Eindruck entstehen, dass sich die internationale Staatengemeinschaft nur um die Flüchtlinge kümmere, sondern wir müssen das ganze Land im Blick haben.

Wir werden morgen die Konferenz "Supporting the Future of Syria and the Region" in Brüssel haben. Daran wird auch der Bundesaußenminister teilnehmen. Wir wollen die deutsche Hilfe natürlich weiter fortsetzen. Die Konferenz, die morgen stattfindet, steht auch in der Folge der Londoner Konferenz. Deutschland wird auch dieses Mal wie 2016 Ko-Gastgeber dieser Konferenz sein.

Syrien ist Libanons größtes Nachbarland. Deshalb sind wenige Länder so direkt betroffen wie der Libanon von dem, was in Syrien vor sich geht. Daher werden wir uns natürlich auch darüber austauschen, welche Möglichkeiten und Bemühungen es gibt, den Konflikt innerhalb Syriens politisch zu lösen. Denn wir haben ja erlebt, dass die militärischen Lösungen fürchterliches Leid hervorrufen, aber nicht wirklich zum Ziele führen.

Wir werden natürlich des Weiteren auch über die Beziehungen zu Saudi-Arabien und zum Iran sprechen, über UNIFIL, die Mission, an der Deutschland seit 2006 beteiligt ist.

Es gibt also genügend Stoff. Aber noch einmal herzlichen Dank, dass wir dieses direkte Gespräch suchen können. Ich darf hier für die ganze Bundesregierung sagen: Uns wird das Schicksal des Libanons weiter beschäftigen. Deutschland wird auch weiterhin im Rahmen seiner Möglichkeiten dem Libanon hilfreich zur Seite stehen.

MP Hariri: Herzlichen Dank. Ich freue mich sehr, dass ich heute hier in Berlin sein kann. Ich freue mich sehr auf mein Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel. Wir werden die vielfältigen Herausforderungen besprechen, denen sich der Libanon und die Region gegenübersehen.

Heute haben die vier Millionen Libanesen 1 bis 1,5 Millionen syrischer Vertriebener bei sich aufgenommen und einige Tausend syrischer Flüchtlinge. Das hat eine große Bürde für unsere Wirtschaft und für unser soziales Gefüge hervorgerufen. Um Ihnen einmal die Dimension zu zeigen: Es ist ein wenig so, als ob man von der Europäischen Union erwarten würde, ab morgen 250 Millionen Flüchtlinge aufzunehmen.

Indem wir diese 1,5 Millionen Syrer aufgenommen haben - jedenfalls solange, bis sie in Sicherheit in ihr Land zurückkehren können -, haben wir etwas für die gesamte Weltbevölkerung, für die gesamte internationale Gemeinschaft getan. Die morgige Konferenz wird, so hoffe ich, die Stabilisierung der Situation noch mehr befördern. Deutschland ist ja als Ko-Gastgeber vorgesehen.

Gestern hat es eine Explosion in Sankt Petersburg gegeben, einen Anschlag. Ich darf der russischen Bevölkerung mein tiefes Mitgefühl ausdrücken. Die Menschen, die so etwas tun, haben keine Religion. Die gesamte Weltgemeinschaft sollte gegen Extremismus und Terrorismus aufstehen.

Wir sind sehr nachhaltig engagiert, nicht nur den Flüchtlingen zu helfen, sondern auch dem Terrorismus in allen seinen Formen entgegenzutreten und ihn zu bekämpfen. Wir müssen darin unterstützt werden. Ich werde dieses Thema später auch mit der Bundeskanzlerin besprechen. Ich kann nur versichern, dass eine solche Investition in den Kampf gegen den Terrorismus auf jeden Fall aller Mühe wert ist.

Ich darf herzlich dafür danken, dass wir seit zehn Jahren Unterstützung seitens der Bundesrepublik in der UNIFIL-Mission erfahren haben. Die Männer und Frauen der Mission haben zu Frieden, Stabilität und Sicherheit in meinem Land erheblich beigetragen.

Wir versuchen, durch unser Beispiel einer friedlichen Koexistenz ein Beispiel für die Welt zu geben. Ich denke, wir sind ein Beispiel für unsere sehr volatile Region. Ich werde mit der Bundeskanzlerin später erörtern, wie wichtig es ist, dass Deutschland als Schlüsselpartner an unserer Seite steht, um unser Land sicher und stabil zu halten. Wir teilen die gleichen Werte. Wir müssen eng zusammenarbeiten, um die zahlreichen Unsicherheiten, denen wir uns gegenübersehen, meistern zu können.

Dienstag, 4. April 2017

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Quelle:
Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem
Ministerpräsidenten des Libanons, Hariri,
Pressekonferenz am 4. April 2017 in Berlin
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/04/2017-04-04-statement-bkin-hariri.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. April 2017

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