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PRESSEKONFERENZ/1632: Regierungspressekonferenz vom 19. März 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 19. März 2018
Regierungspressekonferenz vom 19. März 2018

Themen: Paralympics in Südkorea, Präsidentschaftswahlen in Russland, Interviewaussagen des niederländischen Ministerpräsidenten zu Europa, Zuständigkeiten des neuen Bundesinnenministeriums, Interviews des Bundesinnenministers zum Islam und zu Grenzkontrollen, Syrien-Konflikt, Reise der Bundeskanzlerin nach Polen, Iranpolitik, Regierungsumbildung in den USA, Fall einer aufgrund von Terrorvorwürfen in der Türkei inhaftierten Person mit deutscher sowie türkischer Staatsangehörigkeit, Forderung der GdP nach einer bundesweiten Statistik über Messerangriffe, mögliche Subsidiaritätsrüge des Deutschen Bundestages aufgrund eines Vorschlags für eine EU-Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien, Zahl der politischen deutschen Gefangenen in Europa, mögliche Novellierung des § 219a StGB - Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft, Berufung des Co-Vorsitzenden der deutschen Sektion der Investmentfirma Goldman Sachs zum Staatssekretär im Bundesfinanzministerium

Sprecher: StS Seibert, Flosdorff (BMVg), Breul (AA), Dimroth (BMI), Steffen (BMJV), Maschke (BMG), Kolberg (BMF)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Guten Tag, meine Damen und Herren. Gestern endeten die Paralympischen Winterspiele in Pyeongchang. Ich möchte für die Bundeskanzlerin sagen, dass sie jedem deutschen Medaillengewinner, jeder Medaillengewinnerin mit einem persönlichen Glückwunschschreiben gratulieren wird. Unser Land ist durch unsere Sportler und Sportlerinnen auf wunderbare Weise vertreten worden. Das drückt sich auch, aber nicht nur in den zahlreichen Medaillen aus, die von deutschen Athleten gewonnen wurden. Wir danken alle Beteiligten, den Sportlern, aber insbesondere auch den südkoreanischen Gastgebern für harmonische und friedliche Spiele.

Frage: Gestern wurde auf der ukrainischen Halbinsel Krim trotz aller Proteste von ukrainischer Seite die russischen Präsidentschaftswahlen durchgeführt. Wie schätzen Sie das ein?

StS Seibert: Ich muss nachfragen: Ist das jetzt die Frage, wie wir das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen einschätzen, oder wie wir die Tatsache einschätzen - -

Zusatz: Nein, der Fakt, dass sie auf der Krim durchgeführt wurde.

StS Seibert: Die Haltung der Bundesregierung dazu ist eindeutig und bekannt und hat sich natürlich auch nicht verändert. Die Annexion der Krim war aus unserer Sicht ganz klar ein völkerrechtswidriger Akt. Deswegen wird die Krim von uns nicht als ein Teil Russlands betrachtet.

Die Ostukraine ist noch einmal ein eigenes Thema. Die Ostukraine ist ein Teil des ukrainischen Territoriums.

Zusatzfrage: Immer wieder reisen deutsche Politiker zur Krim. Dieses Mal sind es AfD-Bundestagsabgeordnete. Denken Sie, dass die Reisewarnung nicht genug ist?

StS Seibert: Wir haben darüber in der Vergangenheit anlässlich einer anderen Reise schon einmal gesprochen. Für Reisehinweise ist das Auswärtige Amt zuständig. Ich kann Ihnen für die Bundesregierung nur - das habe ich hoffentlich klar getan - unsere Haltung zur Krim und ihrem Status noch einmal darlegen.

Frage : Herr Seibert, ich hatte den Eindruck, dass Sie gerade einen Kommentar zu den gestrigen Wahlen abgeben wollten. Ich würde Ihnen gern die Möglichkeit dazu geben. Dazu noch zwei Fragen.

Erste Frage: Hat denn die Bundeskanzlerin dem russischen Präsidenten schon gratuliert, in welcher Form auch immer?

Zweite Frage: In der letzten Woche hat sie den Eindruck erweckt, dass sie darauf hofft, dass nach diesen Wahlen eine Bewegung in den Minsker Prozess kommt. In welcher Form denkt sie, dass es zu einer solchen Bewegung kommen könnte? Wie sind denn die Erwartungen an Moskau, jetzt nach dieser Wahl?

StS Seibert: Das Wahlergebnis in Russland hat die Bundesregierung natürlich zur Kenntnis genommen. Erwartungsgemäß bleibt Wladimir Putin für weitere sechs Jahre der Präsident der Russischen Föderation und bleibt damit auch Ansprechpartner für die Bundesregierung. Es gibt natürlich viel Gesprächsbedarf.

Zu Ihrer konkreten Frage: Die Bundeskanzlerin wird ihn, wie in solchen Fällen üblich, beglückwünschen. Sie wird ein Telegramm schreiben, und zwar sehr bald. Ich kann dem Inhalt des Glückwunsches hier nicht vorgreifen. Natürlich wird auch in einem solchen Glückwunsch, denke ich, über die Herausforderungen, denen wir im deutsch-russischen Verhältnis gegenüberstehen, zu sprechen sein.

Wir haben Meinungsverschiedenheiten mit Russland. Wir kritisieren Russlands Politik an manchen Punkten ja auch sehr klar und deutlich: Ukraine, Syrien. Gleichwohl ist uns der Kontakt, der nicht abreißende Gesprächsfaden mit der russischen Staatsführung, auch mit dem Präsidenten persönlich, immer sehr wichtig.

Zusatzfrage : Kommt das Telegramm heute noch?

StS Seibert: Recht bald. Wir sagen Bescheid, wenn es darüber etwas zu berichten gibt.

Frage : Erste Frage: Herr Seibert, plant denn die Bundeskanzlerin, da ja der Gesprächsfaden nicht abreißen darf, demnächst ein Treffen, oder wird sie vielleicht einen Vorstoß für ein neues Treffen im Normandie-Format - das letzte liegt schon sehr lange zurück - oder vielleicht für ein bilaterales Treffen mit Herrn Putin machen? Auch nach der Wahl beziehungsweise der Regierungsbildung hier in Deutschland wäre es vielleicht Zeit dafür.

Zweite Frage: Wie kommentiert denn die Bundeskanzlerin die Sanktionsforderungen gegen Herrn Schröder, ihren Vorgänger?

StS Seibert: Ich fange von hinten an: Sanktionsforderungen gegen Alt-Bundeskanzler Schröder. Die Bundesregierung, auch die Bundeskanzlerin, sieht keine Veranlassung, Überlegungen dieser Art anzustellen.

Zweitens. Ein weiteres Normandie-Treffen der Präsidenten und Regierungschefs, danach fragen Sie. Die Bundesregierung steht - das wird eigentlich auch fast wöchentlich deutlich - in permanentem Kontakt mit den Partnern, die wir in diesem Normandie-Format haben. Es ist derzeit kein konkreter Termin für ein nächstes Treffen der Präsidenten, der Regierungschefs, vereinbart, aber auf Arbeitsebene stehen alle im fortlaufenden Kontakt, und die Forderungen, die erfüllt werden müssen und an denen gearbeitet wird, sind ja auch hier oft besprochen worden. Wir brauchen endlich einen Waffenstillstand, der wirklich dauerhaft nachhaltig trägt. Dann kann man über vieles Weitere sprechen. Es gibt zahlreiche Ansätze, an denen Deutschland, Frankreich, die Ukraine und auch die russische Staatsführung intensiv arbeiten.

Zusatzfrage: Es gibt heute auch Stimmen, die im Verhältnis zu Putin durchaus als Eskalation verstanden werden können. Die Verteidigungsministerin etwa sagt, Putin sei schon lange kein Partner mehr. Herr Weber sagt aus Brüssel, Putin führe einen modernen Krieg gegen den Westen. Stehen wir denn vor einem neuen Kalten Krieg, und ist Herr Putin noch ein Partner für Deutschland?

StS Seibert: Wir wollen als Bundesregierung gute Beziehungen mit Russland, mit dem russischen Volk, auch mit der russischen Regierung, aber wir müssen auch realistisch sehen, wofür die russische Regierung international wie national ihre Mittel einsetzt. Das bringt uns zu den Meinungsverschiedenheiten, auch zu der sehr deutlichen Kritik, die wir an der russischen Rolle in einigen internationalen Konflikten immer wieder äußern. Dies bringt uns dennoch - ich habe es hoffentlich vorhin klar gesagt - immer wieder zu dem Punkt, dass wir, da, wo Meinungsverschiedenheiten sind, reden müssen. Das hat sich im Fall der Ukraine, obwohl man sicherlich nicht sagen kann, dass das Problem in irgendeiner Weise befriedigend gelöst wäre, dennoch bewährt. Denn ohne den mühsamen, detailreichen Normandie- und Minsker Prozess wäre die Situation dort - ich glaube, da braucht man nicht Prophet zu sein - deutlich schlechter, als sie jetzt ist.

Frage: Der Außenminister hat sich leicht skeptisch über die Qualität der Wahl in Russland geäußert. Beurteilt auch die Bundeskanzlerin die Wahl als nicht durchgängig sauber und fair?

StS Seibert: Um so etwas wirklich zu beurteilen, gibt es ja die internationalen Wahlbeobachter von OSZE und ODIHR. Deren abschließende Bewertung über den Ablauf der Wahlen liegt noch nicht vor. Die würde ich sehr gerne abwarten. Natürlich haben auch wir Berichte über Unregelmäßigkeiten am Wahltag zur Kenntnis genommen. Die internationale Presse war ja voll davon. Was uns Sorgen macht, ist, dass verschiedene Nichtregierungsorganisationen, die sich die Beobachtung des Wahlgangs zum Ziel gesetzt hatten, vom russischen Staat gelistet und als ausländische Agenten inkriminiert wurden. Eine solche Beschränkung der Tätigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen, die wirklich unverzichtbar sind, damit eine lebendige Demokratie entstehen kann, halten wir für nicht hinnehmbar. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung hat sich in dem Sinne auch in der Vergangenheit, also kurz vor dem Wahltag, bereits geäußert. Aber die abschließende Bewertung, denke ich, sollte man erst einmal den OSZE- und ODIR-Wahlbeobachtern überlassen und sich dann dazu äußern.

Zusatzfrage: Bedeutet das, dass Sie als Sprecher nach dem Vorliegen des Berichts von sich aus hier eine Bewertung vornehmen werden?

StS Seibert: Das bedeutet, dass sich die Bundesregierung erst einmal genau anschauen wird, was die Beobachtungen der Wahlbeobachter - es waren, soweit ich weiß, auch 60 Deutsche darunter; außerdem noch Vertreter vieler anderer Nationen -, in Summe wirklich aussagen.

Frage: Ich habe eine Antwort bekommen, aber die Frage bezog sich auf die Aussage von Ursula von der Leyen, Putin sei schon lange kein Partner mehr. Wie kommentieren Sie das? Wer ist Russlands Präsident für die deutsche Regierung? Partner, Gegner oder vielleicht Feind?

Flosdorff: Wenn Sie sich das Interview anschauen, dann können Sie auch sehen, dass auch die Frage gestellt worden ist, ob Präsident Putin denn ein Gegner sei. Das hat sie klar verneint. Sie hat gesagt: Der russische Präsident ist bei dem derzeitigen Verhalten Russlands, das wir schon einige Jahre beobachten, kein Partner. Die Vergleichsgröße ist die ganze Breite der Kooperation und Verlässlichkeit, die wir früher einmal mit Russland hatten. Auf dem Status sind wir sicherlich nicht mehr.

In unserem Weißbuch von 2016 können Sie auch nachlesen: Das ist jetzt keine neue Haltung, sondern die Politik des Kreml ist für uns schon seit vielen Jahren eine sicherheitspolitische Herausforderung. Russland bleibt aber selbstverständlich ein Dialogpartner, zum Beispiel im Nato-Russland-Rat. Die Verteidigungsministerin begrüßt immer wieder ausdrücklich, dass der Dialog wiederaufgenommen worden ist.

Das ist ein mächtiges und großes Land, ohne das viele Probleme auf der Welt nicht zu lösen sind, und es ist auch ein wichtiger Nachbar in Europa. Trotzdem: Eine partnerschaftliche Beziehung in der Tiefe und in der Verlässlichkeit, in der Weise der Kooperation, die wir einmal hatten - das ist heute nicht mehr der Fall.

Frage: Ich habe ein paar Verständnisfragen. Herr Breul, wie viele Deutsche OSZE-Wahlbeobachter waren vor Ort? Können Sie uns das sagen?

Herr Flosdorff, wenn für Frau von der Leyen Herr Putin kein Partner mehr ist, wie soll sich das denn zum Beispiel in Syrien und in der Anti-ISIS-Koalition ausdrücken? Dort arbeitet die Anti-ISIS-Koalition ja auch mit den Russen, zumindest im Luftraum, zusammen.

Plädiert sie auch dafür, die Geheimdienstzusammenarbeit zwischen deutschen und russischen Geheimdiensten einzustellen?

Flosdorff: Es wird Sie nicht überraschen, dass ich über Letztes an dieser Stelle weder Kenntnisse habe noch Ihnen Auskunft darüber geben dürfte, wenn es denn der Fall wäre. Bitte verwechseln Sie nicht das, was als Deconflicting im syrischen Luftraum und auch über dem Irak stattfindet, diese technische Zusammenarbeit, mit der man physische Kollisionen von Luftfahrzeugen verhindert, mit einer Partnerschaft in dem Sinne, dass man dort gemeinsame politische und militärische Ziele verfolgt.

Breul: Zu der Anzahl der Wahlbeobachter. Herr Seibert sagte es gerade schon: 60 Deutsche. - Ob es 61 oder 62 waren, kann ich Ihnen gern nachreichen. Insgesamt waren über 600 Wahlbeobachter in Russland.

Frage: Noch eine Frage zu Herrn Schröder. Sie sagten gerade, dass Sanktionen nicht in Rede stehen. Aber vielleicht können Sie noch zwei Sätze dazu sagen, wie die Bundesregierung denn das Engagement von Herrn Schröder in Bezug auf die deutsch-russischen Beziehungen bewertet, ob es hilfreich ist oder eher nicht.

StS Seibert: Diese Bewertung überlasse ich ganz Ihnen.

Frage: Noch eine Verständnisfrage. Vielen galt der Kandidat Nawalny als liberaler Hoffnungsträger für die russischen Wahlen. Vor allen Dingen in Russland ist er aber vielen als Nationalist und sogar als Rassist bekannt. Wie schätzt die Bundesregierung den politischen Aktivisten Nawalny eigentlich ein?

StS Seibert: Ich habe hier keine Bewertungen einzelner russischer Kandidaten abzugeben, zumal es Herr Nawalny letztlich nicht zum Präsidentschaftskandidaten gebracht hat. Die Gründe sind Ihnen bekannt. Wir haben hier mehrfach davon gesprochen, dass wir den Ausschluss von Herrn Nawalny von einer Kandidatur für ein negatives Signal hielten. Das heißt nicht, dass wir damit irgendeine Äußerung über Überzeugungen oder die ideologische Ausrichtung von Herrn Nawalny gemacht haben, auch nicht über die, die Sie hier genannt haben.

Zusatzfrage: Vielleicht können Sie mich korrigieren, aber soweit ich weiß, büßt Nawalny eine Bewährungsstrafe ab und wurde deswegen von den russischen Präsidentschaftswahlen ausgeschlossen. Ist das für Sie ein fragwürdiges Vorgehen?

StS Seibert: Über dieses Thema haben wir hier vor vielen Wochen und anlässlich der verschiedenen Verfahren, die Herr Nawalny vor russischen Gerichten durchlaufen musste, gesprochen. Heute haben wir über die Präsidentschaftswahlen zu sprechen und nicht mehr über das, was vor vielen Wochen war. Aber die Haltung der Bundesregierung ist damals sehr deutlich gemacht worden.

Breul: Wenn ich kurz ergänzen darf: Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Verfahren gegen Herrn Nawalny ausdrücklich als politisch motiviert eingestuft. Wir haben das damals mit unseren EU-Partnern auch in aller Deutlichkeit kritisiert.

Frage: Die Bundeskanzlerin wird heute in Warschau erneut die Kritik Polens und der Ukraine an Nord Stream 2 hören. Im Zusammenhang mit der Russland-Wahl ist diese jetzt auch wieder erneuert worden. Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu?

StS Seibert: Sie ist erstens bekannt, und zweitens gibt es heute Abend in Warschau eine Pressekonferenz, auf die ich Sie gern verweise.

Frage: An Herrn Flosdorff die Frage: Politische Verhältnisse werden üblicherweise in einem Vierer-Raster "Feind, Gegner, Partner, Freund" definiert. Wenn jetzt Putin nach Aussage Ihrer Ministerin weder Gegner noch Partner ist, welches ist Ihr Begriff dazwischen? Welchen Status hat Herr Putin? Nur zu sagen, er ist weder Partner noch Gegner, Feind oder Freund schon gar nicht - was ist Ihr Begriff für das Verhältnis im Moment?

Flosdorff: Ich möchte mir keines Ihrer Raster zu Eigen machen. Ich habe es eben schon einmal gesagt. Präsident Putin steht Russland vor. Russland ist ein großes, bedeutendes Land, das sehr wichtig ist für uns in Europa, das wichtig ist, um viele Konflikte in der Welt lösen zu können. Es empfiehlt sich, auf der einen Seite die Veränderung des russischen Verhaltens in den letzten Jahren kritisch zu betrachten. Es empfiehlt sich aber genauso, in einem konstanten, stetigen Dialog mit Russland zu bleiben und immer wieder auch das Verbindende zu suchen und zu versuchen, Probleme, die wir alle auf der Welt sehen und die wir gern lösen würden, gemeinsam zu lösen.

Zusatzfrage: Würden Sie mir zustimmen, dass jemand, mit dem man in einen Dialog tritt, ein Dialogpartner ist?

Flosdorff: Sie benutzen genau das Wort, das ich Ihnen eben genannt habe.

Zusatzfrage: Also Partner nein, aber Dialogpartner ja?

Flosdorff: Wenn Sie davon ausgehen, dass man alleine keinen Dialog führen kann, dann gebe ich Ihnen in dem Punkt recht.

Frage: Ich habe eine Frage zu dem Interview von Ministerpräsident Rutte aus den Niederlanden im deutschen Magazin "DER Spiegel" am Wochenende. Darin hat Ministerpräsident Rutte eigentlich sehr deutlich nee, also nein, zu vielen Reformvorschlägen aus Paris, aber auch aus Berlin gesagt. Unter anderem möchte er auf gar keinen Fall ein höheres EU-Budget haben, keine Vertragsveränderungen bezüglich der Umstrukturierung des ESM in Richtung europäischer Währungsfonds, ein Eurozonen-Budget auch nicht, keinen europäischen Finanzminister und auch keine europäische Einlagensicherung. Dazu hat er eine Allianz von acht Ländern in Europa gegründet, die das mehr oder weniger auch so sehen.

Meine Frage ist, Herr Seibert: Können Sie bezüglich dieser Punkte sagen, ob Sie davon vielleicht etwas enttäuscht sind, ob Deutschland möglicherweise in wichtigen Fragen einen wichtigen Partner verliert? Vielleicht können Sie auf die Fragen von Geld und auf diese Vorschläge eingehen.

StS Seibert: Wahrscheinlich nicht so weit, wie Sie sich das wünschen würden. Als dieses Acht-Länder-Papier herauskam - wann war das? vor zehn Tagen, würde ich sagen -, habe ich bereits für die Bundesregierung begrüßt, dass diese Länder, die Niederlande und die anderen, sich an einer wichtigen europäischen Debatte beteiligen. Das ist in der Tat eine wichtige Debatte. Wie können wir dafür sorgen, welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, dass die Wirtschafts- und Währungsunion stark und stabil ist? Wie können wir wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit in Europa noch weiter voranbringen? Das sind entscheidende Fragen. Diese Debatte sollten möglichst alle europäischen Mitgliedstaaten führen. Deswegen haben wir das Papier der acht Staaten begrüßt.

Das ist eigentlich auch meine Haltung zu dem, was Ministerpräsident Rutte jetzt gesagt hat. Ich werde darauf nicht im Einzelnen eingehen; denn genau für so etwas gibt es jetzt am Ende dieser Woche den Europäischen Rat in Brüssel, der sicherlich ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu dem dann noch wichtigeren Rat im Juni ist, auf dem die Europäer in einigen dieser Punkte dann auch wirklich Klarheit miteinander und übereinander bekommen wollen.

Deutschland und Frankreich bringen sich ein - das konnten Sie wahrscheinlich auch am Freitag in Paris beobachten -, aber immer auch im Austausch mit den anderen Partnern. Für uns sind die Niederlande, ist Ministerpräsident Rutte ein besonders wichtiger Gesprächspartner.

Frage: Ich habe eine Frage zum neuen Innenministerium, erweitert um den Begriff "Heimat". Es gibt fast 100 Mitarbeiter und eine neue Abteilung, die sich um diesen emotionalen Begriff jetzt kümmern. Wie soll denn Heimat konkret politisch umgesetzt werden?

Dimroth: Sie können sich vorstellen, dass natürlich gerade viel Arbeit im Gange ist. Aber ganz grundsätzlich: Das, was sich der neue Bundesinnenminister politisch unter dieser neuen Zuständigkeit vorstellt, unterlegt mit der, wie Sie richtig sagen, in Gründung befindlichen neuen Abteilung, hat er im Prinzip schon zum Ausdruck gebracht.

Es geht ihm einerseits insbesondere um den vorhandenen Befund, dass wir es mit einem Auseinanderdriften innerhalb unserer Gesellschaft zu tun haben, wenn man sich bestimmte Entwicklungen insbesondere an den Rändern unserer Gesellschaft anschaut, auf die er Antworten finden möchte, die er adressieren möchte und nicht sozusagen außerhalb der politischen Einflussnahme stehen lassen möchte.

Das andere ist das Thema zunehmender Unterschiede in bestimmten Räumen in Deutschland. Auf der einen Seite gibt es bestimmte ländliche Räume, wo wir erkennen können, dass es infrastrukturelle Defizite gibt - Versorgungsfragen, öffentlicher Nahverkehr, Arbeitsplätze -, gleichzeitig erkennen wir aber, dass bestimmte Ballungszentren - das muss ich Ihnen nicht sagen - im Begriff sind, sich gewissermaßen etwas zu überhitzen, was Zuzug und Attraktivität insbesondere auch für Arbeitgeber anbetrifft. Das Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse ist letztlich hier die Überschrift.

All das soll in dieser Zuständigkeit gebündelt behandelt werden. Organisatorisch ist es so vorgesehen, dass es eine Abteilung im Bundesinnenministerium geben soll und die dann drei Unterabteilungen erhalten soll. Das ist einmal die Unterabteilung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist das, was ich sozusagen als ersten Handlungsbedarf versucht habe zu erläutern. Das Zweite ist die Raumordnung. Sie war bislang im Verkehrsministerium, ist zukünftig in unserem Bundesministerium angesiedelt. Und das Dritte ist diese Abteilung "Gleichwertige Lebensverhältnisse". Worum es dabei geht, hat der Minister mehrfach gesagt. Erst einmal negativ abgegrenzt: Es geht nicht darum, Zuständigkeiten aus anderen Ressorts herüberzuziehen, sondern insbesondere darum, Strategien zu entwerfen und eine Koordinierungsfunktion auszuüben.

Das sind die drei Füße, auf denen diese neue Abteilung steht - noch einmal: - mit den politischen Inhalten, die ich gerade zu beschreiben versucht habe.

Zusatzfrage: Jetzt hat er am Freitag das Interview gegeben, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Heißt das, dass Muslime hier keine Heimat finden können?

Dimroth: Dazu habe ich am Freitag wirklich sehr ausführlich Stellung genommen, der Minister gestern auch noch einmal seinerseits. Ich bitte ein Stück weit um Verständnis, dass das, was er gesagt hat, zunächst einmal für sich steht und ich mich hier nicht berufen fühle, das im Einzelnen zu interpretieren oder zu bewerten. Das müsste ich vielmehr im Ergebnis Ihnen überlassen.

Frage: Eine kurze Lernfrage, Herr Dimroth: Gibt es spezielle Qualifizierungen, die diese neuen Mitarbeiter mitbringen müssen? Ein ausgeprägtes Heimatgefühl?

Dimroth: Das wird man sich jetzt sehr genau anschauen müssen. Tatsächlich ist ja der nächste Schritt der, dass das Parlament diese Stellen bewilligen muss. Da gibt es ja, wenn man so will, eine Hoheit, die einseitig beim Parlament liegt. Diesen Schritt - ich denke, das nötigt uns schon der Respekt vor dem Parlament ab - muss man erst einmal abwarten. Dann ist es tatsächlich so, dass man sehr rasch sehr konkret wird anschauen müssen: Welche Bedarfe gibt es hier, vor allem in dem Bereich "Gleichwertige Lebensverhältnisse"? Welche Qualifikation, welche Schlüsselqualifikation, welche Erfahrung braucht man, um diese wichtige Aufgabe angehen zu können?

Das wird dann in einen entsprechenden Ausschreibungs- und Stellenbesetzungsprozess umgemünzt werden. Ich kann Ihnen jetzt aber nicht sagen, ob man da sieben Juristen, zwei Volkswirte oder umgekehrt braucht. Das wird man sicherlich erst endgültig entscheiden können, wenn man a) weiß, ob und wie viele Stellen man wirklich bekommt, und b) dieses Gesamtkonstrukt auch organisationsrechtlich mit konkreten Zuständigkeitsbeschreibungen unterlegt, aus denen sich dann wiederum die Bedarfe an Qualifikation und Erfahrung ableiten lassen.

Frage: Herr Seibert, weil die Interviews von Herrn Seehofer noch einmal angesprochen wurden: Ist es von regierungspolitischer Relevanz, wenn die Bundeskanzlerin sagt, der Islam gehöre zu Deutschland, und wenn der Innenminister sagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland? Genießt der Bundesinnenminister noch das uneingeschränkte Vertrauen der Bundeskanzlerin?

StS Seibert: Selbstverständlich. Im Übrigen wärmen wir jetzt eine hier ausführlich geführte Diskussion vom Freitag wieder auf. Den Sinn kann ich nicht so recht erkennen. Die Haltungen sind am Freitag sehr deutlich geworden, und es ist hoffentlich auch deutlich geworden, dass diese Bundesregierung in allererster Linie daran arbeiten will, dass Integration in diesem Land gelingt, dass ein gutes, harmonisches Zusammenleben in diesem Land auf der Basis unserer Rechts- und Werteordnung gelingt.

Zusatzfrage: Die Frage war, ob es von regierungspolitischer Relevanz ist, wenn die Kanzlerin und der sich berufen und zuständig fühlende Bundesinnenminister in einer zentralen Frage völlig unterschiedlicher Meinung sind.

StS Seibert: In der Frage, die ich Ihnen gerade beschrieben habe, gibt es keine unterschiedliche Meinung, sondern ein gemeinsames Arbeiten aller Mitglieder der Bundesregierung.

Zusatzfrage: Und das heißt in der Frage der Heimat des Islam?

StS Seibert: Lesen Sie das Protokoll vom Freitag nach.

Zuruf: Das habe ich gemacht!

StS Seibert: Ich könnte es jetzt nur noch einmal vortragen. Ich glaube, das würde niemandem so recht gefallen.

Frage: Um direkt beim Thema zu bleiben und in die Aktualität zu gehen: Wie steht denn die Bundeskanzlerin zur Forderung Herrn Seehofers aus einem weiteren Interview, die Grenzkontrollen in Deutschland ohne Befristung fortzusetzen und gegebenenfalls zu verstärken?

StS Seibert: Auf dieses Interview gehe ich gerne ein, in dem doch sehr klar gesagt wurde, was wiederum die Haltung der gesamten Bundesregierung ist: Die Schengen-Freizügigkeit, also die grenzüberschreitende Freizügigkeit der Bürger, ist einer der großen Schätze der Europäischen Union. Da wird europäische Einigung für Bürger greifbar und erlebbar. Deswegen wollen wir diese Errungenschaft bewahren. Sie kann aber nur funktionieren, wenn die Europäer andererseits einen umfassenden Schutz ihrer Außengrenzen organisieren.

Dabei ist in den letzten Jahren viel geschehen. Das Thema hat heute eine Aufmerksamkeit, die es vor einigen Jahren noch nicht hatte. Es werden auch sehr viel Mittel, es wird sehr viel mehr Personal dafür eingesetzt. Deutschland wird sich dafür einsetzen, diesen Außengrenzschutz weiter zu verbessern, und zwar zügig. Das ist unser gemeinsames Ziel.

Die Bundeskanzlerin und der Innenminister haben sich darüber abgesprochen, dass eine Verlängerung der Kontrollen an der deutschen Grenze derzeit notwendig ist, weil eben der europäische Außengrenzschutz noch nicht vollkommen ist, woran wir aber zusammen mit unseren europäischen Partnern arbeiten. Das ist eine Absprache im Grundsatz, nicht in den dann noch zu beschließenden Details.

Zusatzfrage: Unter "Details" wäre dann die unbefristete Verlängerung zu verstehen? Über die wird also noch gestritten?

StS Seibert: Ich glaube, da sollte Herr Dimroth für das BMI ins Spiel kommen.

Dimroth: Sehr gerne! - Ich bitte Sie, zunächst vielleicht das in Augenschein zu nehmen, was der Bundesinnenminister tatsächlich gesagt hat. Er hat gesagt: Solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen, ist er für eine Verlängerung. Das ist keine unbefristete und keine unbegrenzte, sondern, genauso wie Herr Seibert das hier gerade vorgetragen hat, eine bedingte. Insofern kann ich an dieser Stelle null Differenz erkennen.

Es gibt einen kausalen Zusammenhang, den im Übrigen ja auch die Vorgängerregierung schon aufgemacht hat, zwischen dem Funktionieren des EU-Außengrenzschutzes und der Schlussfolgerung, dass, solange dieser nicht für hinreichend angesehen wird, Binnengrenzkontrollen erforderlich sind. Insofern ist es keine unbegrenzte oder unbedingte, die er jetzt ins Spiel bringt, sondern die auf den Zusammenhang mit den EU-Außengrenzschutzmaßnahmen reduzierte.

Frage: Der Bundesinnenminister hat ja auch erwogen, dass man möglicherweise die stationären Kontrollen ausweitet. Mich würde einmal interessieren, Herr Dimroth, wie viele stationäre es derzeit an den Grenzen Deutschlands gibt. Wo sind sie lokalisiert?

Dimroth: Sie wissen, dass wir zu polizeitaktischen operativen Maßnahmen in der Regel wenig bis gar nichts sagen können, um deren Zweck nicht zu gefährden. Es ist aber nun kein Geheimnis, dass derzeit ausschließlich an der deutsch-österreichischen Grenze, was die Landgrenzen Deutschlands betrifft, eine entsprechende rechtliche Grundlage gegeben ist und dementsprechend sich diese Maßnahmen, was Grenzkontrollen betrifft, auch auf die deutsch-österreichische Grenze beschränken.

Es ist ebenso bekannt, dass die stationären Grenzkontrollen an den grenzüberschreitenden Verkehrswegen von besonderer Bedeutung stattfinden. Das sind die drei Bundesautobahnen, die jeweils sozusagen grenzüberschreitend verlaufen.

Daneben gibt es anlass- und lageabhängig eben nicht stationäre Grenzkontrollen, zu denen ich Ihnen naturgemäß aus den vorab genannten Gründen nichts sagen kann, weil es sich eben um täglich neu zu beurteilende Frage handelt. Daneben gibt es natürlich das Instrument der Schleierfahndung, was insbesondere auch in sehr enger Abstimmung mit den Kollegen der bayerischen Landespolizei stattfindet, die ja überdies wiederum ihrerseits auch die Bundespolizei bei der Aufgabenwahrnehmung der Grenzkontrolle an der deutsch-österreichischen Grenze unterstützt.

Zusatzfrage: Herr Dimroth, die Zahlen an der deutsch-österreichischen Grenze sind meines Wissens sehr stark zurückgegangen. Wie sieht es bei den Zahlen der Flüchtlinge aus, die über Polen, Tschechien beziehungsweise Frankreich und die Beneluxstaaten kommen?

Dimroth: Es ist an den anderen genannten Grenzabschnitten so, dass dort eben keine stationären Grenzkontrollen stattfinden. Wir haben dafür - derzeit jedenfalls - keine europarechtliche Grundlage. Das aktuelle Grenzkontrollregime läuft Mitte Mai aus. Das heißt, über eine Verlängerung oder auch Veränderung wäre ca. bis Mitte, Ende April zu entscheiden, weil es bestimmte Notifizierungspflichten gibt, die einen zeitlichen Vorlauf erforderlich machen, sozusagen vor Ergreifen, Verlängerung, Ausweitung, Reduzierung - wie auch immer - der Maßnahme. Das ist ungefähr der zeitliche Horizont, über den wir sprechen.

Welche Zahl genau erfragen Sie jetzt? Die Anzahl unerlaubt eingereister Personen? Ist es das, was Sie interessiert?

Zusatz: Nein, der registrierten Personen, die über die Ostgrenze beziehungsweise über die Westgrenze kommen.

Dimroth: Ich hatte Ihnen, ehrlich gesagt, schon vorher in der E-Mail geschrieben, dass wir Ihnen mangels Grenzkontrollen natürlich an der Stelle keine Auskunft über bei Grenzkontrollen festgestellte Personen geben können. Wenn dort keine Grenzkontrollen stattfinden, gibt es auch keine Zahl der dort bei Grenzkontrollen festgestellten Personen. Das wäre ja sozusagen beinahe schon übernatürlich.

Was ich Ihnen aber sagen kann, ist die Zahl derjenigen, von denen wir aufgrund insbesondere von Schleierfahndungsmaßnahmen annehmen dürfen, dass sie über die jeweils von Ihnen angefragten Grenzen unerlaubt eingereist sind. Dafür gibt es Erkenntnisse. Das ist ja das, was wir immer wieder vortragen, dass eben mindestens in Ergänzung zu dauerhaft an bestimmten Hotspots stattfindenden Grenzkontrollen das Instrument der Schleierfahndung so wichtig ist, weil es eben einen Erkenntnisgewinn gerade zu der möglicherweise dann von Ihnen angesprochenen Frage ermöglicht.

Was den Zeitraum des Jahres 2017 angeht, waren es aus Frankreich etwas weniger als 4000 unerlaubt eingereiste Personen, genau 3946, Benelux fragten Sie, also Luxemburg 328, Niederlande 1654, Polen 2148, Tschechische Republik 4035.

Frage: Herr Dimroth, eine Verständnisfrage: Wenn Sie sagen "Solange die EU es nicht schafft, ihre Grenzen zu schützen, ist das der Wunsch des Bundesinnenministers", können Sie dann einmal definieren, an welchen Kriterien - Zahlen oder woran auch immer - Sie festmachen, dass das BMI sagen würde "Ab da ist dann dieser Schutz gelungen"?

Eine weitere Verständnisfrage zum Begriff "auf unbestimmte Zeit": Gibt es rein rechtlich irgendeine zeitliche Beschränkung oder kann das ohne ein Zeitmesser geschehen?

Dimroth: Die letzte Frage kann ich Ihnen aus dem Stand nicht ohne Weiteres abschließend beantworten, weil der Schengener Grenzkodex dafür ganz unterschiedliche rechtliche Instrumente kennt. Es gibt einmal die europarechtliche Grundlage, und dann gibt es die nationalen Möglichkeiten, die jeweils auch unterschiedliche Fristen kennen. Ich wäre dankbar, wenn Sie vielleicht zunächst einmal eine eigene Recherche anstellen.

Der geltende Schengener Grenzkodex kennt verschiedene Fristen bei verschiedenen rechtlichen Grundlagen. Die kann ich Ihnen auswendig jetzt nicht darlegen, aber die lassen sich eigentlich durch wenige Mausklicks selbst recherchieren.

Noch einmal zum Begriff "unbegrenzt": Jedenfalls in dem Sinne hat der Bundesinnenminister das nicht gefordert, sondern er hat eine Kausalität aufgestellt. Das ist ja letztlich Ihre erste Frage, auf die ich Ihnen jetzt allerdings auch nicht mit einer scharfen Zahl im Sinne von "Wenn wir im Jahr 2018 - in Anführungszeichen - X Personen feststellen, die unerlaubt eingereist sind, dann ist der Zustand erreicht, wo man davon ausgehen darf, dass das auf entsprechende Maßnahmen im EU-Außengrenzschutz zurückzuführen ist" antworten kann.

Ich glaube, das wäre verkürzt. Es geht ja vielmehr darum, dass man parallel mit Hochdruck - da ist viel geschehen, aber vielleicht eben doch noch nicht genug - die EU-Außengrenzschutzmaßnahmen fort- und weiterentwickelt. Man braucht sich nur bestimmte Grenzabschnitte anzuschauen und wird feststellen, dass das vielleicht noch nicht den Stand erreicht hat, den man sich erhofft, vielleicht auch erhofft hat, als man Schengen eingeführt hat, der es aus Sicht des Bundesinnenministers rechtfertigen würde, auf diese wichtige Kontrollmaßnahme zu verzichten. Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen: Bei der Zahl X oder der Größe Y wäre dieser Zustand eindeutig erreicht oder nicht. Das ist sicher eine Gesamtschau, die hier anzustellen ist, die man nicht auf eine Kerngröße reduzieren kann.

Dennoch: Wenn ich die Zahlen, die ich gerade genannt habe, hier in Erinnerung rufe, dann sind das durchaus nennenswerte Größen, über die wir hier sprechen, was beispielsweise die Zahl der festgestellten unerlaubten Einreisen angeht. Das ist ja sozusagen auch eine Folge dessen. Das ist spiegelbildlich mit einer nennenswerten Zahl von Zurückweisungen verbunden, die ja auch heute schon stattfindet - jedenfalls dort, wo Grenzkontrollen stattfinden.

Frage: Herr Dimroth, eine Frage zu den EU-Außengrenzen. Gestern vor zwei Jahren ist das EU-Türkei-Abkommen in Kraft getreten. Ich würde Sie bitten, einfach kurz Bilanz in Form von Zahlen zu ziehen. Wie sieht es mit den Zahlen der Rückführungen von Griechenland in die Türkei und dementsprechend die Verteilung aus der Türkei heraus aus?

Jenseits der Zahlen hört man immer wieder von desaströsen Zuständen auf den griechischen Inseln und die Problematik, dass dort nicht registriert wird und viele Leute aufgrund dieser Zustände auf das griechische Festland weiterreisen. Welche Erkenntnisse haben Sie über diese Zustände? Was gilt es, vielleicht zu tun?

Dimroth: Vielen Dank. - Ich bräuchte für Ihre angefragte Bilanz, was insbesondere die Zahlen betrifft, noch eine Minute, Herr Vorsitzender, wenn ich darf, weil ich das erst einmal hier in meinem Konvolut finden muss. Wir können vielleicht später darauf zurückkommen.

StS Seibert: Ich könnte vielleicht einmal eine politische Bewertung dieses heute vor zwei Jahren in Kraft getretenen EU-Türkei-Abkommens beziehungsweise der EU-Türkei-Erklärung, wie es ja eigentlich heißt, abgeben.

Das ist für die Bundesregierung ganz klar ein gemeinsamer Erfolg für Europa wie für die Türkei. Es ist durch dieses Abkommen gelungen, das tödliche Geschäft der Schleuser in der Ägäis wirkungsvoll zu bekämpfen. Das heißt vor allem auch, dass mit Inkrafttreten dieses Abkommens weit weniger Menschen in der Ägäis bei dem Versuch ertrunken sind, nach Griechenland zu kommen, als das vorher der Fall war.

Zweite wichtige Folge: Das Leben der Flüchtlinge, die sich in der Türkei aufhalten - das sind weit über zwei Millionen, im Wesentlichen Syrer -, ist durch die finanzielle Hilfe, die die EU der Türkei für verschiedene Projekte geleistet hat und weiter leisten wird, erheblich verbessert worden. Darum ging es, und darum geht es auch weiter.

Dimroth: Was die politische Einschätzung anbetrifft, kann ich das, was Herr Seibert gerade gesagt hat, nur eins zu eins unterschreiben. Auch aus unserer Sicht ist das ein großer Erfolg, ein wichtiger Baustein bei der politischen Bearbeitung des Migrationsthemas und auch ein ganz wesentlicher Schritt, der zur Zahl in Deutschland, die Sie ja aufgrund der monatlich veröffentlichten Zahlen aus dem BMI kennen, was Reduzierung, Kontrolle, Begrenzung von Migration angeht, seinen Anteil geleistet hat.

Was die Zahlen anbetrifft, so handelt es sich ja, Frau von Mallinckrodt, wie Sie wissen, um eine EU-Türkei-Vereinbarung. Das heißt, die Zahlen, die ich Ihnen jetzt hier vortrage, sind Zahlen der Europäischen Kommission, also nicht eigene, sondern letztlich nur wiedergegebene. Danach sind es knapp 13 Personen, die derzeit auf den griechischen Inseln aufhältig sind. Die durchschnittlichen Ankünfte im Gesamtzeitraum seit Inkrafttreten liegen ungefähr bei 80. Seit Beginn Februar dieses Jahres bis Mitte März liegt der Durchschnitt der täglich dort Ankommenden bei 40. Rückführungen unter der EU-Türkei-Erklärung von den griechischen Inseln in die Türkei hat es 1558 gegeben. Es wurden über 40 Asylanträge auf den griechischen Inseln gestellt. Was den Punkt Resettlement und humanitäre Aufnahme von Syrern aus der Türkei in Mitgliedstaaten angeht, waren es über 12 Fälle.

Zusatz: Die Frage nach den Zuständen auf den griechischen Inseln und die offensichtlichen Klagen der Behörden, dass sie etwas überfordert sind, war noch offen.

Dimroth: Das hören wir gelegentlich auch. Das ist so. Aber das wäre tatsächlich auch eine Frage, die letztlich die Europäische Kommission beantworten müsste, weil sie auch in dem entsprechenden institutionellen Austausch und Kontakt mit den griechischen Behörden steht und da auch gegebenenfalls entsprechende Bedarfe entgegennehmen müsste, um sie dann, soweit erforderlich und sinnvoll, an die Mitgliedstaaten zu transportieren. Aber der Kommunikationskanal läuft sozusagen institutionell nach Brüssel.

Frage: Zwei kurze Fragen an Herrn Seibert in dem Zusammenhang. Herr Seibert, ist es immer noch so, dass das Kanzleramt von Interviews von Ministern vorab im Groben und im Einzelnen unterrichtet wird? Gibt es da einen Aufmerksamkeitsstatus, der erreicht ist, ehe die Interviews dann in Medien erscheinen?

Ist das Stichwort "gemeinsame Profilbildung" auch ein Thema auf der Kabinettsklausur oder hat die Kanzlerin vor, die Interviews und mehr oder weniger öffentlich erregte Debatten über die eine oder die andere These von Herrn Spahn oder von Herrn Seehofer jetzt vier Jahre so weiterlaufen zu lassen?

StS Seibert: In Ihrer Frage liegt die Behauptung, es sei so. Sie können noch deutlich weiter in die Vergangenheit der Berliner Politik zurückblicken als ich, aber ich kann nicht bestätigen, dass es so ist. Die Ressorts haben ihre Ressortzuständigkeit und die Minister und Ministerinnen geben in dieser Ressortzuständigkeit natürlich auch Interviews zu ihren Fachbereichen. Von dem einen oder anderen erfährt man vorher. Das ist aber keineswegs grundsätzlich so und muss auch keineswegs so sein.

Zusatzfrage: Darauf bezog sich das. Haben Sie - -

StS Seibert: Das ist das, was ich dazu zu sagen habe. Es gibt keinen Grund, von dem, was sich in den vergangenen Legislaturperioden bewährt hat, abzuweichen.

Zusatzfrage: Die Frage zum Thema Profilbildung auf der Kabinettsklausur?

StS Seibert: Über eine Kabinettsklausur werde ich Ihnen dann berichten, wenn es eine gibt oder gegeben hat.

Zweitens. Wir haben eine neue Bundesregierung mit einer Vielzahl von neuen Ministerinnen und Ministern am Start. Das Interesse der Medien ist groß. Es ist völlig normal, dass sich diese Minister und Ministerinnen dann mit ihren Vorstellungen, ihren Überzeugungen, dem, was sie umsetzen wollen, auch in den Medien darstellen.

Frage: Zu den Grenzkontrollen: Herr Dimroth, die Zahl der unerlaubten Einreisen über Frankreich ist ja nicht unerheblich - in etwa 4000, haben Sie gesagt. Ähnliches gilt für die Zahl derjenigen, die über Tschechien kommen; die Zahlen für Polen sind mir gerade entgangen. Es sind jedenfalls keine kleinen Zahlen. Deswegen möchte ich nachfragen: Warum gibt es an der deutsch-österreichischen Grenze diese Kontrollen, aber zum Beispiel nicht an der tschechischen oder polnischen Grenze? Und wie ist es mit der Schweiz?

Dimroth: Die Antwort ist relativ einfach - ich glaube, Sie erinnern sich auch selbst noch -: Die Hauptmigrationsroute nach Deutschland war und ist auch noch heute die deutsch-österreichische Grenze, sodass man sich prioritär eben auf diesen Grenzabschnitt beschränkt hat. Das ist der schlichte Grund, und der gilt auch noch an. Die Zahl der unerlaubten festgestellten Einreisen über die deutsch-österreichische Grenze ist nach wie vor mit Abstand die größte.

Zusatzfrage: Wie hoch war die noch einmal?

Dimroth: 16 für das Jahr 2017. Für den Vergleich: Bei Frankreich waren es knapp 4000. Ich glaube, es ist relativ eindeutig, dass es da eine signifikante Spitze gibt, und insofern ist das bis jetzt der tragende Grund. Ob und inwieweit das zukünftig fortgilt, wird zu entscheiden sein, wenn es zu entscheiden ist, nämlich, wie ich gesagt hatte, Mitte April.

Zusatzfrage: Eine kurze Erkenntnisfrage: Wie hoch muss die Zahl sein - 5000, 10, 15? -, bis es quasi von einer Schleierfahndung zu einer Grenzkontrolle übergeht?

Dimroth: Ich glaube, man sollte sich Politik grundsätzlich nicht als Rechenspiel oder einfache Mathematik vorstellen; das wäre vielleicht der Sache und der Komplexität dieser in Rede stehenden Fragen auch nicht angemessen. Man wird also nicht zwei Zahlen definieren können, sodass man sagen könnte: Oberhalb dieses Zahlenraums gibt es dauerhafte Grenzkontrollen, dazwischen gibt es irgendwie lageabhängige Grenzkontrollen, und beim darunter gibt es Schleierfahndung. Die Sachverhalte, die hier politisch bewertet und entschieden werden müssen, sind vielmehr deutlich komplexer, und deren Komplexität würde man sicherlich unterschreiten, wenn man schlichtweg ein Mathespiel vornehmen würde.

Zusatzfrage: Es ist ein politisches Spiel, aber keine amtliche Festsetzung?

Dimroth: Ich habe nicht gesagt ein politisches Spiel - ich habe gesagt, das wäre ein reines Rechenbeispiel, und ein Rechenexempel wird, glaube ich, der Komplexität der hier in Rede stehenden Fragen nicht gerecht.

Frage: Herr Dimroth, ganz kurz dazu: Haben Sie in irgendeiner Form einen Zusammenhang zwischen der vermehrten Kontrollaktivität an der Grenze zu Österreich in Relation zu zum Beispiel eben Frankreich oder den Beneluxländern feststellen können? Man könnte ja auch davon ausgehen, dass dort, wo mehr kontrolliert wird, schlicht und einfach mehr festgestellt wird.

Zum Zweiten würde ich sehr gerne wissen, ob der Vorstoß von Herrn Seehofer zu dem Zeitpunkt, als er ihn unternommen hat, auf europäischer Ebene in irgendeiner Form abgestimmt war? Denn in diesem Jahr steht auf EU-Ebene ja einiges an, was auch diesen Bereich betrifft.

Dimroth: Zu Ihrer ersten Frage: Ich hatte ja auch auf den historischen Kontext hingewiesen. Ich glaube, ich muss Ihnen nicht in Erinnerung rufen, wo Hauptmigrationsströme nach Deutschland gehen; das ist, ehrlich gesagt, kein Geheimnis. Insofern, glaube ich, spricht das eigentlich für sich. Dass wir immer auch mit einer Dunkelziffer rechnen müssen, ist genauso wahr und eigentlich ein Allgemeinplatz. Ich hatte ja schon erwähnt, dass ein Indikator dafür, dass diese Maßnahme ihren Sinn hat - in dem europarechtlichen Kontext, in dem Freizügigkeitskontext, den Herr Seibert hier vorgetragen hat -, wenn man sich die Zahl der Zurückweisungen anschaut. Es hat eben beispielsweise im Jahr 2017 an der deutsch-österreichischen Grenze über 7000 solcher Zurückweisungen von Menschen gegeben, die hier keinerlei Aufenthaltsrecht geltend machen können, kein gültiges Reisedokument vortragen und keinen Schutz nachsuchen. Das ist, ehrlich gesagt, eine nennenswerte Größe; ich finde, die steht insoweit für sich.

Der Bundesinnenminister ist selbstverständlich dabei, den Kontakt - soweit nicht schon vorhanden - zu seinen europäischen Kollegen und/oder den zuständigen Kommissaren zu suchen und auszubauen. Ich bin völlig ohne Zweifel, dass bei den Gelegenheiten, die in Zukunft bestehen - und sicherlich auch in naher Zukunft bestehen -, auch solche Themen wie die hier in Rede stehenden besprochen und zu einem konsensualen Ergebnis geführt werden.

Zusatzfrage : Darf man es jetzt als Ziel des Innenministers auf europäischer Ebene betrachten, die Möglichkeit zu schaffen, dass, solange die europäische Außengrenze so ist, wie sie ist - oder vielleicht auch nur marginal besser -, reguläre Grenzkontrollen eingeführt werden? Das war ja in der Vergangenheit bezüglich Schengen eher strittig. Ist das ein Ziel von Herrn Seehofer?

Dimroth: Ich weiß jetzt nicht genau, auf was die Frage münzt. Wenn Sie sozusagen fragen wollen, ob der Bundesinnenminister eine Rechtsänderung auf europäischer, dann würde ich das jedenfalls den Interviewäußerungen, die hier jetzt in Rede stehen, nicht entnehmen; denn der geltende rechtliche Rahmen lässt ja solche Maßnahmen zu. Das mögen andere anders sehen, aber auch unsere europäischen Partner nutzen ja die gegebenen europarechtlichen Möglichkeiten jedenfalls teilweise sehr weitreichend aus. Schon daran können Sie sehen, dass eine große Zahl von Experten davon ausgeht, dass die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen hier hinreichend flexibel sind. Ich glaube, so sieht es auch der Bundesinnenminister.

Frage: Laut einem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen ist die SDF, also die Spezialeinheit der libyschen Einheitsregierung, in Syrien für allerschwerste Menschenrechtsverbrechen wie Folter, Menschenschmuggel etc. verantwortlich. Wie lässt sich auf dieser Basis die Kooperation der Bundesregierung mit der libyschen Einheitsregierung überhaupt noch rechtfertigen?

StS Seibert: Ich kenne diese Untersuchungen, die Sie ansprechen, noch nicht; das muss ich mir erst heranziehen. Das wird in der Bundesregierung dann sicherlich auch sehr aufmerksam studiert werden. Für uns gilt grundsätzlich, dass eine Zusammenarbeit nicht heißt, dass wir Menschenrechtsthemen ausklammern. Im Gegenteil: Wir sprechen mit all unseren Partnern auch über diese Themen. Aber wie gesagt, ich kenne diesen konkreten Befund nicht, insofern müsste ich mir das erst einmal anschauen.

Zusatzfrage: Vonseiten der Vereinten Nationen gab es ja schon diverse Berichte dieser Art - ich glaube, den letzten im Februar dieses Jahres -, insofern müsste Ihnen das mittlerweile sicherlich schon bekannt sein. Was für eine Einschätzung haben Sie denn eigentlich von der libyschen Einheitsregierung, die immer wieder mit solchen Vorwürfen konfrontiert wird und mit der die Bundesregierung doch sehr eng militärisch und politisch kooperiert?

StS Seibert: Das Letzte, was aus Libyen hervordrang und, ich denke, die ganze Welt empört hat, waren die Vorwürfen - gegründet auf einen CNN-Bericht -, dass es zu Handlungen gegenüber Migranten und Flüchtlingen gekommen ist, die an das unselige Erbe der Sklaverei erinnern. Das war ein großes Thema, als sich die europäischen Regierungschefs mit den afrikanischen Regierungschefs vor einigen Monaten in Abidjan trafen. Da ist die libysche Regierung sofort der Sache nachgegangen und hat sofort gesagt, sie werde alles tun, um diese Zustände abzustellen. Das ist ja auch das Notwendige. Wir wissen auch, dass es in Lagern - so muss man es wahrscheinlich nennen -, in denen Migranten in Libyen gehalten werden - und zwar nicht in Lagern, die unter Kontrolle der libyschen Einheitsregierung sind, sondern in Lagern, die unter Kontrolle diverser Milizen oder anderer krimineller Schlepperorganisationen sind -, zu entsetzlichen Zuständen gekommen ist. Deswegen war es immer unsere Forderung, allen humanitären Organisationen, insbesondere aber der IOM und dem UN-Flüchtlingswerk, Zugang zu solchen Stellen und zu solchen Stätten zu verschaffen, damit sie im Interesse der Migranten und Flüchtlinge Verbesserungen erreichen können. Das heißt, in unserer Politik gegenüber Libyen spielt die Wahrung der Menschenrechte dieser betroffenen Menschen immer eine sehr große Rolle.

Breul: Ich kann vielleicht nur kurz ergänzen: Sie beziehen sich in Ihrer Frage wahrscheinlich auf den Bericht einer Fernsehsendung in der letzten Woche, in der sich die Journalisten wiederum auf einen Expertenbericht der Vereinten Nationen beziehen, der nicht ein öffentlicher Bericht, sondern erst einmal ein interner Bericht ist. Diese internen Berichte kommentieren wir grundsätzlich nicht. Sie haben natürlich recht und haben darauf hingewiesen: Es gibt immer wieder unterschiedliche Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Libyen. Herr Seibert hat zu Recht darauf hingewiesen: Genau da liegt der Schwerpunkt unseres Handelns vor Ort. Wir wollen die Einheitsregierung ertüchtigen, Menschenrechtsstandards durchsetzen zu können, und arbeiten da aufs Engste zusammen. Wie Sie wissen, ist das Umfeld alles andere als einfach; das Herrschaftsgebiet der Regierung ist begrenzt.

Von daher: Ja, es stimmt, es kommt zu schlimmsten Menschenrechtsverletzungen. Das verurteilen wir. Wir weisen in Gesprächen mit der Regierung darauf hin, dass darauf die Priorität gelegt werden sollte, und dementsprechend sind auch unsere Projekte vor Ort ausgerichtet.

Zusatzfrage: Sie sagten jetzt gerade, dass Sie die libysche Einheitsregierung ertüchtigen wollen und dass Sie darauf hinarbeiten. Gleichzeitig wird immer wieder auch von einer wertebasierten Außenpolitik als Fundament der deutschen Außenpolitik gesprochen. Wie Sie gerade selber einräumten, ziehen sich diese Berichte über einen Zeitraum von Monaten, wenn nicht mittlerweile Jahren, hin. Wie ist es da denn um diese Ertüchtigung der Einheitsregierung bestellt? Da muss doch einmal eine Art Evaluation erfolgen. Sie können sicherlich nachvollziehen, dass das etwas dürftig klingt.

Breul: Wie immer liegt die Bewertung letztlich bei Ihnen. Wir haben noch im Dezember 120 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für solche Projekte zur Verfügung gestellt. Das ist für uns ein absoluter Schwerpunkt. Eins ist aber auch klar: Richtige Fortschritte wird man erst erzielen können, wenn es einen politischen Prozess in Libyen gibt.

Frage GMYZ: Ich möchte nach dem heutigen Besuch von Bundeskanzlerin Merkel in Warschau fragen. In Warschau gibt es ziemlich hohe Erwartungen an diesen Besuch, weil es nach dem Antrittsbesuch in Paris ihr zweiter Antrittsbesuch ist. Welche Bedeutung hat dieser Besuch und welche Schwerpunktthemen werden heute Abend mit Präsident Duda und Ministerpräsident Morawiecki besprochen?

StS Seibert: Allein die Tatsache, dass es der zweite offizielle Antrittsbesuch der Bundeskanzlerin nach der Reise nach Paris ist, zeigt Ihnen ja schon, dass die Bundeskanzlerin gerne zum Ausdruck bringen möchte, wie hoch der Stellenwert des deutsch-polnischen Verhältnisses, der deutsch-polnischen Freundschaft und Nachbarschaft, für sie ist. Darin, dass es jetzt nach Warschau geht, liegt also natürlich auch schon eine Aussage.

Ich möchte auch hier den Gesprächen nicht vorgreifen. Wir wollen alles tun, damit sowohl auf der staatlichen als vor allem auch auf der Ebene der Völker beider Länder das Zusammensein, die Nachbarschaft, so gut wie möglich, so herzlich wie möglich gelebt werden kann. Dafür gibt es viele Initiativen auf zivilgesellschaftlicher Ebene, Jugendaustausch usw. - all das wollen wir verstärken. Ansonsten gilt für das Gespräch mit Ministerpräsident Morawiecki heute natürlich auch, dass wir vor einem Europäischen Rat stehen. Das heißt, Themen sind - ich habe sie vorhin ja im Zusammenhang mit den Niederlanden angesprochen -: Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion, Wettbewerbsfähigkeit in Europa stärken. Wir haben über das Thema des Außengrenzschutzes, also das wichtige Thema, wie wir uns der Herausforderung der Migration stellen, gesprochen. Das alles sind Themen heute Abend - und natürlich auch das Bilaterale. Ich würde Sie aber trotzdem bitten, auf die Pressekonferenz zu warten, denn dann wird klar sein, was wirklich besprochen wurde. Das sind aber die Dinge, die im Raum stehen, und über allem steht als Überschrift die Wertschätzung für Polen als einem Land, mit dem wir diese enge Nachbarschaft und Freundschaft pflegen wollen, weil wir wissen, dass es vor dem Hintergrund unserer gemeinsamen Geschichte alles andere als selbstverständlich war, dass wir überhaupt an diesen Punkt kommen.

Frage: Wird in das Gespräch heute Abend möglicherweise auch das Thema der Rechtsstaatlichkeit mit einfließen? Die Europäische Union hat in den letzten Jahren 87 Milliarden Euro für Autobahnen, Züge, Bahnhöfe, Landwirtschaft und viele andere Sachen an Polen überwiesen; das war also die Solidarität der Europäischen Union mit Polen. Meine Frage ist, ob es für das nächste Mehrjahresbudget der Europäischen Union vielleicht eine Bedingung sein soll, dass auch die Rechtsstaatlichkeit eingehalten wird. Wird die Rechtsstaatlichkeit als Bedingung für die künftige Solidarität der Europäischen Union - und auch von Deutschland, das den größten Anteil an diesen Solidaritätsmaßnahmen mit Polen hat - heute Abend also ein Thema sein?

StS Seibert: Ich schließe überhaupt keine Themen für heute Abend aus.

Zusatzfrage: Aber noch einmal: Wird die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit jetzt eine Bedingung sein?

StS Seibert: Herr Savelberg, ich sage Ihnen jetzt nicht - das tue ich grundsätzlich vor Gesprächen nicht -, was die Themen sein werden, mit denen die Bundeskanzlerin und Herr Morawiecki heute ihr Gespräch bestreiten. Sie spricht im Übrigen auch noch mit Staatspräsident Duda. Da wird es internationale, europäische, bilaterale Themen geben. Dass das, was Sie ansprechen, nämlich der Dialog zwischen der Europäischen Kommission und der polnischen Regierung in Sachen Rechtsstaat, der ja nun schon einige Monate läuft, auch ein Thema wird, ist jetzt nicht sehr prophetisch. Darüber hinaus sage ich Ihnen dazu jetzt aber nichts.

Zusatzfrage: Können Sie vielleicht einmal generell die Meinung der Bundesregierung zur Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit vorformulieren? Ich glaube, es wäre doch ein relativ wichtiges Thema.

StS Seibert: Die Rechtsstaatlichkeit ist in der Tat sozusagen ein essenzielles Thema für Europa, weil Europa ein Raum des Rechts ist. Auf das Recht gründet sich die europäische Einigung.

Frage: Das Thema Iran sollte heute in Brüssel erörtert werden. Man spricht darüber, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien über neue Sanktionen nachdenken. Welche konkreten Vorschläge hat die Bundesregierung, um das ballistische Programm Irans zu stoppen? Sieht die Bundesregierung irgendeine Bereitschaft seitens des Iran, über ein Zusatzabkommen zum Wiener Abkommen zu sprechen?

Breul: Sie machen es mir ein bisschen schwer, die Sitzung läuft ja gerade in Brüssel. Von daher kann ich parallel zu den dort stattfindenden Beratungen hier eigentlich keine Stellung dazu nehmen; wir werden die Ergebnisse abwarten müssen. Klar ist aber auch, dass wir seit Monaten und Jahren fordern, dass der Iran in der Region endlich eine konstruktive Rolle einnimmt, insbesondere natürlich mit Blick auf Syrien, Libanon und den Jemen. Gleichzeitig haben wir große Sorge über den Ausbau des iranischen Raketenprogramms. Diese Themen müssen jetzt angegangen werden. Dazu reden wir mit dem Iran, das wissen Sie. Das Angebot zum Dialog steht, und es gab ja auch schon erste Gespräche am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Auf der anderen Seite finden wir, dass sich der Iran nicht bewegt und der Druck erhöht werden sollte. Über diese Frage beraten in diesem Moment die Außenminister in Brüssel.

Zusatzfrage: Heißt das, dass Sie noch eine Chance sehen, den Rücktritt Washingtons vom Wiener Abkommen in weniger als einem Monat zu verhindern?

Breul: Das habe ich jetzt nicht gesagt. Ich habe jetzt ja gezielt das Raketenprogramm und die Rolle des Iran in der Region angesprochen. Wir sind der Meinung, dass das Wiener Nuklearabkommen davon getrennt behandelt werden sollte, weil wir der festen Überzeugung sind, dass es funktioniert und dass es einen sehr wichtigen Beitrag zur Abrüstungs- und Nichtverbreitungsarchitektur in der Region leistet. Das ist unsere Position.

Frage: Was genau kritisieren Sie denn eigentlich an der Rolle des Iran in der Region, beispielsweise im Gegensatz zu der Rolle Saudi-Arabiens, also einem sehr, sehr guten Freund der Bundesrepublik in der Region?

Breul: Ich kann da keinen Gegensatz erkennen; den haben Sie jetzt gerade konstruiert.

Zusatzfrage: Deswegen frage ich ja so. Vielleicht habe ich es missverstanden. Sie sagten, Sie würden sich eine konstruktivere Rolle und Fortschritte des Irans etc. wünschen. Deswegen noch einmal die Verständnisfrage: Was genau kritisieren Sie quasi am Iran, im Gegensatz beispielsweise zu Saudi-Arabien, an dem keine hörbare Kritik laut wird?

Breul: Die Bewertung, wo Sie Kritik wahrnehmen und wo nicht, können nur Sie vornehmen. Ich denke auch nicht, dass es zielführend ist, die drei Regionalkonflikte, die ich gerade aufzählte, hier in aller Breite aufzublättern. Wir sind der Meinung, dass der Iran keine konstruktive Rolle bei der Lösung der Konflikte in Syrien, im Libanon und im Jemen spielt.

StS Seibert: Ich kann Ihnen aber gern ein Beispiel geben, wenn Sie das hören wollen. Wir hatten ja gerade die Frage des israelischen Korrespondenten. Wir fordern den Iran auf, seine aggressive Grundhaltung gegenüber dem Staat Israel aufzugeben. Wir fordern den Iran auf, sich endlich einmal verlässlich und nachhaltig zum Existenzrecht Israels zu bekennen und antizionistische und - auch das kommt gelegentlich vor - antisemitische Ausfälle zu unterlassen.

Frage: Herr Seibert, ich wollte es schon am Freitag fragen. Wie bewertet die Bundesregierung die Regierungsumbildung in den USA? Dort wurde der Außenminister entlassen. Es gibt einen neuen Außenminister und eine neue CIA-Direktorin.

StS Seibert: Die Bundesregierung bewertet sie nicht.

Zusatzfrage: Gina Haspel soll die neue CIA-Chefin werden. Sie ist nachweislich an Folter beteiligt gewesen. Sie hat ein Foltergefängnis in Thailand geleitet. Deutschland hat die Antifolterkonvention unterschrieben. Wollen Sie also auch angesichts der Verpflichtungen, die Deutschland in der Antifolterkonvention eingegangen ist, speziell diese Ernennung nicht kommentieren?

StS Seibert: Die Haltung der Bundesregierung zur Folter könnte überhaupt nicht klarer sein. Wir lehnen die Folter in jeder Form ab, und zwar gegenüber jedem Land, mit dem wir international zu tun haben, auch im Gespräch mit Ländern, die unsere Partner sind. Das ist die grundsätzliche Haltung. Ich nehme dennoch zur geplanten personellen Umbesetzung in der amerikanischen Regierung jetzt keine Stellung. Das ist nicht meine Rolle.

Zusatzfrage: Ist angesichts Ihrer klaren Haltung zur Folter davon auszugehen, dass die Bundesregierung mit dieser CIA-Chefin, mit dieser CIA ab sofort nicht mehr zusammenarbeiten wird? Wäre das nicht eine logische Schlussfolgerung aus dem, was Sie gerade gesagt haben?

Frau Steffen, ist davon auszugehen, dass die CIA-Chefin, wenn sie deutschen Boden betritt, festgenommen wird? Denn das wäre ja eine Maßnahme.

StS Seibert: Wovon Sie ausgehen können, ist, dass die Bundesregierung ihre klare Haltung gegen die Folter weiterhin vertreten wird, und zwar überall.

Zusatz: Es geht um die Folterer, um die Menschen, die Folter begangen haben.

StS Seibert: Ich habe mich jetzt so geäußert.

Steffen: Ich muss sagen, ich bin so baff über die Frage, dass ich darauf gerade keine adäquate Antwort finde.

Zusatzfrage: Können Sie sie nachreichen?

Steffen: Wenn ich die Antwort finde, werde ich sie nachreichen, ja.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Hat sich die Familie eines 73-jährigen Deutschtürken, der seit mehr als einem halben Jahr in der Türkei wegen Terrorvorwürfen inhaftiert ist, mit der Bitte um intensivere Hilfe im Verfahren gegen ihn an die Bundesregierung gewandt? Ihnen ist der Fall bekannt. Gibt es in diesem Fall eine jüngere oder jüngste Entwicklung, zum Beispiel was die konsularische Betreuung angeht? Offensichtlich ist sie im Moment nicht möglich. Bemüht man sich darum? Was kann man der Familie sagen, die intensiv nach außen an die Öffentlichkeit geht und darum bittet, in dem Fall des 73-Jährigen zu helfen?

Breul: Auch wir haben gesehen, dass sich ein Teil der Familie an die Öffentlichkeit gewandt hat. Die Botschaft in Ankara steht mit den türkischen Behörden und auch mit der Familie zu diesem Fall in Kontakt. Ein Besuch wurde uns bislang nicht genehmigt. Der Betroffene ist Doppelstaatler. Über die Doppelstaatlerproblematik haben wir uns hier schon ausreichend unterhalten.

Der Fall wird wie alle anderen Fälle von Deutschen in türkischer politischer Haft regelmäßig angesprochen. Darüber hinaus haben wir vom Betroffenen selbst keine Genehmigung, weitere Details an die Öffentlichkeit zu geben.

Frage: Eine kurze Frage an Herrn Dimroth, und zwar zum Thema der Statistik über Messerangriffe in Deutschland: Die Gewerkschaft der Polizei fordert eine bundesweite Erhebung, die es so nicht gibt. Wird es sie künftig geben? Werden Sie dem nachkommen?

Dimroth: Wir haben diese Forderung zur Kenntnis genommen. Ich kann Ihnen jetzt nicht berichten, dass es entsprechende Bemühungen oder Planungen gibt. Grundsätzlich ist es erst einmal Aufgabe der Landesbehörden, entsprechende Informationen hierüber zusammenzusammeln, wenn es nennenswerte neue Entwicklungen oder Trends gibt.

Ich kann mir aber sehr wohl vorstellen, dass das beispielsweise im Rahmen der Innenministerkonferenz einmal beraten wird, kann Ihnen aber, wie gesagt, jetzt von hier aus nicht mehr mitteilen, als dass wir die Forderung der Gewerkschaft zur Kenntnis genommen haben.

Frage: Der Bundestag wird höchstwahrscheinlich am Freitag eine Subsidiaritätsrüge wegen eines Vorschlages für eine EU-Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien aussprechen. Wie sieht die Bundesregierung diese Initiative des Bundestages? Wird die Bundesregierung versuchen, auf EU-Ebene Änderungen zu diskutieren oder über sie zu verhandeln?

Welche anderen EU-Regierungen unterstützen Deutschland in dieser Initiative?

Maschke: Ich kann leider nur sagen, dass ich gerade keine Antwort direkt parat habe. Aber wir reichen sie selbstverständlich nach. Wir können auch gern nachher noch einmal kurz miteinander sprechen.

Breul (zu den Präsidentschaftswahlen in Russland): Ich kann eine Zahl nachreichen, weil danach gefragt hatte. Konkret nehmen 61 deutsche Kurzzeitbeobachter und elf Langzeitbeobachter an der OSZE-Mission teil. Insgesamt sind es also 72.

Frage: Eine Frage an das Auswärtige Amt: Offenbar hat der Außenminister beim Außenministertreffen in Brüssel erklärt, Russland bleibe ein schwieriger Partner. Das hat er vermutlich in Kenntnis der Äußerung der Verteidigungsministerin gesagt. Das ist eine deutlich andere Position: entweder Partner oder nicht.

Setzt er sich damit bewusst ab und bezieht eine eigene Position?

Breul: Ich weiß nicht, ob es wirklich sinnvoll ist, sich an diesem einen Wort festzuklammern. Ich bin eigentlich der festen Überzeugung, dass meine beiden Vorredner und auch wir im Auswärtigen Amt letztlich genau der gleichen Meinung sind, es nur anders formulieren. Bundesminister Maas hat heute Morgen die Formulierung "schwieriger Partner" gewählt. Das soll ausdrücken, dass es durchaus Unterschiede in Einschätzungen und in Politiken und dass es Dinge gibt, über die wir zu reden haben, dass Russland aber natürlich eine wichtige Nation ist, dass Russland da ist, wo es ist, und auch nicht weggehen wird und dass wir Russland für die Lösung bestimmter Probleme brauchen. Ich denke, das haben wir in unterschiedlicher Form auszudrücken versucht.

Zusatz: Auf der anderen Seite haben Worte und Sätze aber auch Bedeutung. Das haben wir ja am Freitag im Hinblick auf das Stichwort "Islam" reichlich diskutiert. Deswegen frage ich nach. Wenn Sätze mit außerordentlich unterschiedlicher Bedeutung gesagt werden und hinterher hier erklärt wird, eigentlich meine man doch das Gleiche, dann ist das schwierig in der Kommunikation. Ein schwieriger Partner ist immer noch ein Partner. Wenn aber vorher von einer anderen Ministerin gesagt wurde, nein, das sei kein Partner, dann sind das für mich zwei unterschiedliche Positionen.

Breul: Es ist Ihr gutes Recht, diese Interpretation vorzunehmen.

Frage: Herr Breul, ich hatte vor ein paar RegPKs schon einmal nach den deutschen politischen Gefangenen in Europa gefragt. Dazu hatten Sie die Zahl von 861 deutschen Staatsangehörigen nachgereicht, die in Europa inhaftiert sind. Das war aber nicht die Antwort auf meine Frage. Können Sie heraussuchen, wie viele politische deutsche Gefangene es in Europa gibt, nicht wie viele Inhaftierte an sich? Das müssen Sie wahrscheinlich nachreichen.

Breul: Ich habe, ehrlich gesagt, die schriftliche Antwort auf Ihre Frage nicht gesehen. Das schaue ich mir gern noch an. Ich vermute fast, dass wir das europaweit nicht erfassen. Aber ich gehe dem gern nach. Das reichen wir Ihnen dann nach.

Zusatz: Sie müssten es ja erfassen, weil Sie ja jedes Mal konsularischen Zugang bekommen müssen.

Breul: Grundsätzlich hat jeder deutsche Staatsangehörige, der im Ausland in Haft gerät, die Möglichkeit, um konsularische Betreuung zu bitten.

Zusatz : Eben.

Breul: Darauf haben Sie ja eine Antwort erhalten. Aber wie gesagt, ich schaue es mir noch einmal genau an, und wir sehen, was wir Ihnen noch schicken können.

Frage: Eine Frage an das BMJV, wie ich vermute, und vielleicht auch das Gesundheitsministerium, aber über das Letzte bin ich mir noch nicht ganz im Klaren. Es geht um den Zeitplan zur Neugestaltung des 219a des Strafgesetzbuches, wenn es so etwas geben soll, respektive um Absprachen. Gibt es so etwas? Gibt es bereits Zieltermine für die Überarbeitung?

Steffen: Die Ministerin hat sich dazu am Wochenende noch einmal geäußert und gesagt, dass die gesamte Bundesregierung daran arbeiten wird, dass Rechtssicherheit für die Ärztinnen und Ärzte geschaffen wird. In der Tat werden wir zeitnah einen Vorschlag vorlegen.

Zusatzfrage: Können Sie ein bisschen eingrenzen, was "zeitnah" heißt?

Steffen: Leider nicht.

Frage: Herr Kolberg, noch eine Personalienfrage: Es wird berichtet, dass Jörg Kukies ins Finanzministerium wechselt. Wenn man hört, dass Trump in Amerika Goldman-Sachs-Leute in die Regierung holt, dann lachen alle. Warum sollten wir jetzt hier nicht lachen? Welchen Wert bringt dieser Mann mit?

Kolberg: Ich kann bestätigen, dass Herr Kukies, 50 Jahre alt, Staatssekretär für das Thema der Europa- und Finanzmarktpolitik im Bundesfinanzministerium wird. Herr Kukies war Partner und Co-Vorsitzender der deutschen Sektion der Investmentfirma Goldman Sachs. Dieser hat er in unterschiedlichen Funktionen 17 Jahre angehört. Er ist Aktienexperte und soll sich vor allem um die Fragen der Finanzmarktregulierung sowie der weiteren Absicherung des europäischen Bankensektors und die übrigen europäischen Dossiers kümmern.

Zusatzfrage: Das beantwortet nicht wirklich meine Frage. Sieht Herr Scholz es als Vorteil, dass Herr Kukies bei Goldman Sachs war?

Kolberg: Ich habe Ihnen eben geschildert, dass er Erfahrungen in dem Bereich mitbringt, für den er im BMF verantwortlich sein wird. Das kann ich Ihnen zum derzeitigen Stand mitteilen.

Frage: Mir ist aufgrund der Biografie Herrn Kukies durchaus bewusst, dass er vom Fach ist. Aber es ist ja ein Unterschied, ob man vom Fach auf der einen Seite oder ob man vom Fach auf der anderen Seite ist. Er soll ja, wenn ich es richtig verstanden habe, in erster Linie die regulatorischen Rahmenbedingungen in der EU mit bearbeiten. Hat er in dem Segment auch spezielle Expertise, die diese ministerielle Tätigkeit in irgendeiner Form rechtfertigt?

Kolberg: Ich habe Ihnen eben geschildert, welche Erfahrung er hat. Er wird im BMF in den Bereichen tätig werden, die ich geschildert habe, und dort seine Expertise einbringen.

Montag, 19. März 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 19. März 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/03/2018-03-19-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2018

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