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PRESSEKONFERENZ/1730: Regierungspressekonferenz vom 22. August 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 22. August 2018
Regierungspressekonferenz vom 22. August 2018

Themen: Kabinettssitzung (Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 2016 für Strafverfahren in Deutschland, Bericht über die Wirkungen der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes, Bericht über die Auswirkungen der extremen Trockenheit und Ernteschäden, Vorstellung des Digitalrats), Festnahme eines Russen in Berlin wegen Terrorplänen, Forderung des Bundesaußenministers nach mehr finanzieller Unabhängigkeit von den USA, Vorschlag der SPD-Vorsitzenden zur Streichung von Sanktionen für unter 25-Jährige Hartz-IV-Empfänger, Rentenpakt, Rückgang der Zahl der Anschläge auf Moscheen und Muslime, Vorschlag der EU-Kommission zur Anhebung der für 2030 angestrebten CO2-Reduzierung, Reise der Bundeskanzlerin nach Aserbaidschan, US-Sanktionen gegenüber Russland, Todesstrafe in Saudi-Arabien

Sprecher: StS Seibert, Lenz (BMEL), Kübler (BMU), Korff (BMI), Adebahr (AA), Fehling (BMF), Wagner (BMWi), Jäger (BMAS)


Vorsitzende Maier eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

StS Seibert: Schönen guten Tag auch von mir! Das Kabinett hat sich heute mit einer Reihe von Themen befasst.

Als Erstes hat das Kabinett den Entwurf eines Gesetzes beschlossen, mit dem im Wesentlichen die EU-Datenschutzrichtlinie von 2016 für die Strafverfahren in Deutschland umgesetzt werden soll. Außerdem werden in diesem Gesetzentwurf verschiedene gesetzliche Regelungen im Bereich der Justiz an die EU-Datenschutz-Grundverordnung angepasst. Dieser Gesetzentwurf dient zum Schutz personenbezogener Daten in Strafverfahren. Damit werden in dem Sinne auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil zum Bundeskriminalamtsgesetz aufgegriffen. Zudem soll im Bereich der deutschen Justiz auch außerhalb von Strafverfahren das europaweit einheitliche Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleistet werden. Das betrifft zum Beispiel die Grundbücher, das Handelsregister usw. Der Gesetzentwurf bedarf der Zustimmung des Bundesrats.

Das zweite Thema waren die Auswirkungen der Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes, wozu ein Berichtvorzulegen war. Er stand heute auf der Tagesordnung des Kabinetts. Sie werden sich sicherlich erinnern: Vor einem Jahr ist die Reform des Unterhaltsvorschussgesetzes in Kraft getreten. Zuvor war der Unterhaltsvorschuss auf sechs Jahre befristet. Seit der Reform endet dieser Unterhaltsvorschuss nun spätestens mit dem 18. Lebensjahr. Er kann also sechs Jahre länger ausgezahlt werden. Dies hat in der Wirkung dazu geführt, dass 300 weitere Kinder durch das Inkrafttreten dieser Reform leistungsberechtigt geworden sind. Dies zeigt, wie wichtig der Unterhaltsvorschuss für die betroffenen Familien ist, in denen einer der beiden Elternteile seiner Pflicht zum Unterhalt nicht nachkommen kann oder nicht nachkommen will.

Der Unterhaltsvorschuss dient aber nicht dazu, die unterhaltspflichtigen Elternteile zu entlasten, sondern der Staat tritt im Grunde nur in Vorleistung. Wenn und soweit ein Unterhaltsanspruch besteht, geht er bis zur Höhe des gezahlten Vorschusses auf den Staat über. Der Staat nimmt dann, wie es juristisch so schön heißt, gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil Rückgriff.

Der Bericht zeigt, dass nach dieser Reform, also innerhalb des Jahres, erst einmal die gestiegene Zahl der Anträge bewältigt werden musste. Ich hatte es gesagt: 300 zusätzliche Kinder und Jugendliche sind in den Genuss dieser Leistung gekommen beziehungsweise haben den Anspruch auf diese Leistung; so muss man es sagen. Das musste erst einmal bewältigt werden. Das ist mit großem Engagement der Unterhaltsvorschussstellen zum großen Teil gelungen. Nun gilt es, das zweite Ziel der Reform ins Auge und in Angriff zu nehmen, nämlich die Verbesserung des Rückgriffs. Da bleibt noch einiges zu tun.

Anschließend hat die Bundeslandwirtschaftsministerin, Frau Klöckner, dem Kabinett über Auswirkungen der extremen Trockenheit und Ernteschäden berichtet. Wozu das dann den Bund führt, das hat sie ja bereits in einer Pressekonferenz heute Vormittag genau erklärt. Dazu werde ich jetzt nichts sagen.

Dann hat das Kabinett heute noch die Mitglieder des Digitalrats der Bundesregierung berufen und damit ein weiteres Vorhaben zum Thema Digitalisierung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Im Anschluss an die Kabinettssitzung folgte eine erste - wenn Sie so wollen: konstituierende - Sitzung des Digitalrats mit der Bundeskanzlerin und weiteren Mitgliedern der Bundesregierung. Wenn Sie erlauben, will ich ein ganz Klein bisschen dazu ausholen.

Die Digitalisierung ist - das wird ja hier in fast jeder Pressekonferenz angesprochen - eine der großen Herausforderungen für den Staat, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft insgesamt. Diese Regierungskoalition hat sich gerade im Bereich der Digitalisierung viel vorgenommen. Es stehen große Projekte vor uns: eine Strategie zur künstlichen Intelligenz, der DigitalPakt Schule, die Einführung eines Bürgerportals und die Digitalisierung der Verwaltung, um nur einige Stichworte zu nennen.

Wir wissen bei alledem: Wir müssen unsere Vorhaben schneller umsetzen. Wir müssen sie so umsetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger deren Ergebnisse in ihrem täglichen Leben wirklich erfahren können.

Wir wissen auch, dass andere Länder in einzelnen Bereichen schon weiter sind als wir und dass die Entwicklung natürlich nicht auf Deutschland wartet. Die Digitalisierung legt ein rasantes Tempo vor. Es gibt ständig neue technologische Möglichkeiten. Das macht jeden von uns, aber auch jede Regierung zu Lernenden. Das heißt, wir werden diese Herausforderungen nur meistern, wenn wir uns immer wieder diesem Lernprozess aussetzen. Dafür ist fachlicher Rat - das ist die Begründung für die Existenz des Digitalrats - von außen extrem wichtig.

Der Digitalrat soll ein Kleines, ein wirksames Gremium sein. Für den Digitalrat sind zehn Personen aus Deutschland und anderen Ländern gewonnen worden, die ganz unterschiedliche Hintergründe, ganz unterschiedliche Expertise mitbringen, die aber allesamt für Praxis und Innovation stehen. Wir haben die Namen der Mitglieder - es sind zehn Personen, sechs Männer und vier Frauen, unter dem Vorsitz der früheren Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium, Frau Katrin Suder - in einem Video auf sämtlichen sozialen Netzwerken heute bekannt gegeben. Deswegen werde ich sie Ihnen jetzt nicht vortragen, es sei denn, es bestünde großer Bedarf danach.

Dieses Gremium soll der Regierung - unabhängig, wie es ist - die richtigen Fragen stellen. Es soll sie fachlich unterstützen. Da, wo es sein muss, soll es sie auch antreiben.

Damit wäre ich am Ende des Berichts aus dem Kabinett.

Frage: Ich habe mehrere Fragen. Können Sie uns erklären, wie das zehnköpfige Gremium ausgewählt wurde? Ich habe darin keinen Vertreter der Zivilgesellschaft gefunden, also Menschen und Initiativen, die den technologischen Fortschritt, den Sie auch beschreiben, ganz praktisch in den Dienst von Emanzipation, Solidarität, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl stellen. Warum fehlen diese Leute?

StS Seibert: Ich finde in diesem Gremium unter den zehn Namen ausschließlich Vertreter der Zivilgesellschaft. Ich weiß also nicht ganz, was da Ihre Definition ist. Das Gremium wurde vom federführenden Kanzleramt in Absprache mit dem Vizekanzler ausgewählt.

Zusatzfrage: Dann würde ich noch gerne wissen: Was bekommen die Leute dafür? Bekommen sie Geld, oder ist das ehrenamtlich?

StS Seibert: Das ist ehrenamtlich.

Zusatzfrage: Können Sie uns etwas zur Arbeitsweise und zu dem Tagungsrhythmus sagen?

StS Seibert: Dieser Rat ist unabhängig und wird sich deswegen seine Arbeitsweise, seinen Tagungsrhythmus selbst geben. Es ist zunächst einmal vorgesehen - so weit kann ich das sagen, weil so wurde es heute auch angekündigt -, dass sich der Digitalrat zweimal jährlich mit Mitgliedern der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin trifft. Diese Treffen sind aber sicherlich nicht seine einzige Arbeitsform, sondern das gemeinsame Arbeiten wird sicherlich im Sinne der Vernetzung im Laufe des Jahres stattfinden. Aber da würde ich Sie bitten, sich an den Digitalrat zu wenden. Er arbeitet zwar im Auftrag der Bundesregierung - sie hat ihn eingesetzt und ihn sich gewünscht -, aber er arbeitet unabhängig. Das bezieht sich nicht nur auf die Themen, denen er sich zuwendet, sondern auch auf die Arbeitsweise, die er sich selbst gibt.

Frage(zu den Auswirkungen der extremen Trockenheit und Ernteschäden): Falls die Ministerin in ihrer Pressekonferenz das schon beantwortet hat, entschuldige ich mich. Aber ich habe nichts davon gehört, ob nun auch der Forderung nach einer steuerlich begünstigten Rücklage für Landwirte in irgendeiner Form nähergetreten worden ist, die möglicherweise schon beschlossen worden ist.

Lenz: Das ist immer wieder Thema gewesen, wenn die Ministerin dazu gefragt wurde. Ich kann jetzt nicht abschließend beantworten, ob sie in der Pressekonferenz etwas dazu gesagt hat, weil sich das zum Teil auch überschnitten hat. Aber das ist nicht aktiver Teil der Pressekonferenz gewesen. Das ist ein Thema, aber dazu gibt es keine aktuelle Entscheidung.

Sie wissen wahrscheinlich, dass es beim Thema Gewinnglättung um die Betrachtung der Gewinne von drei Jahren geht, um da die Betriebe möglicherweise zu entlasten. Das wird Thema sein bei der Agrarministerkonferenz im Herbst dieses Jahres.

Frage: Ich hätte meine Frage der Ministerin vorhin gerne gestellt, aber sie musste zum Flughafen eilen.

Es geht um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft und um die Konsequenzen, die man vielleicht daraus ziehen muss. Wie Sie wissen, braucht man, um ein Kilo Fleisch zu produzieren, ein Vielfaches an Wasser und anderen Ressourcen als zum Beispiel für ein Kilo Getreide. Mich würde interessieren, ob die Massentierhaltung - so, wie sie in Deutschland praktiziert wird - aus der Sicht der Bundesregierung mittel- bis langfristig tragbar ist oder ob man den Bauern und Konsumenten irgendwann einmal sagen muss, dass vielleicht auf das eine oder andere Schnitzel verzichtet werden müsste.

Lenz: Das ist tatsächlich eine Frage, die die Ministerin schon in der einen oder anderen Form beantwortet hat. Sie war, wie Sie vielleicht wissen, am Sonntag bei "Anne Will". Da ging es bei dem Thema Klimawandel genau um die Frage: Was hat die Landwirtschaft dabei für eine Rolle? - Das ist natürlich ein Thema, das sehr weit führt und, ich glaube, auch den Rahmen meiner Antwort sprengen würde. Aber ich kann Ihnen gerne ein paar Stichpunkte dazu geben.

Die Ministerin betont immer, dass die Landwirtschaft nicht nur Teil des Problems - das ist sie - ist, sondern auch Teil der Lösung. Man muss einmal sagen, dass die Landwirtschaft überhaupt nur für 7 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Damit ist sie ganz weit vom ersten Platz entfernt. Sie ist deshalb Teil der Lösung, weil die landwirtschaftlich bewirtschafteten Böden und auch die Wälder CO2-Speicher sind, und zwar die größten CO2-Speicher. Das ist der eine Aspekt.

Das heißt aber natürlich nicht, dass man nicht noch mehr tun kann, um die Landwirtschaft nachhaltiger aufzustellen. Da ist schon eine ganze Menge passiert. Ich verweise beispielsweise auf die Düngeverordnung. Die Ministerin wird im kommenden Jahr eine Ackerbaustrategie vorlegen, die sie auch mit ihren Amtskollegen bei G20 in Argentinien im Juli vorgestellt hat. Daran wird im kommenden Jahr bei G20 in Japan angeknüpft werden. Sie wird dies als globales Problem anerkennen und ihre Kollegen entsprechend einbinden. Bei der Nutztierhaltungsstrategie geht es darum, was man bei der Tierhaltung tun kann. Insofern ist da schon sehr viel auf den Weg gebracht worden und wird auch weiter auf den Weg gebracht, um die Landwirtschaft in genau dieser Richtung noch nachhaltiger zu machen.

Zusatzfrage: Beinhaltet die Nutztierhaltungsstrategie irgendein Ziel für eine Reduzierung der Fleischkonsummenge in Deutschland?

Lenz: Ich zäume das Pferd einmal von hinten auf. Es gibt auch eine Strategie Ökolandbau, um mehr für den Ökolandbau zu tun. Was die Ministerin auch immer wieder betont, ist: Wir müssen auch bedenken, dass wir in den nächsten Jahrzehnten 2 Milliarden mehr Menschen ernähren müssen. Das gehört natürlich auch zur Wahrheit dazu. Insofern ist mir aktuell nicht bekannt, dass eine Begrenzung Teil der Strategie ist.

Frage: Können Sie kurz erklären, was der weltweite Bevölkerungszuwachs mit den Tierbeständen in Deutschland zu tun hat?

Lenz: Das war eine globale Gesamtbetrachtung. Da der Klimawandel ja auch global betrachtet werden muss, können wir nicht nur nach Deutschland schauen, sondern sollten schon auch über die Ländergrenzen hinwegschauen.

Zusatzfrage: Aber die Frage des Kollegen bezog sich auf die Tierbestände in Deutschland. Da sind sich ja alle Umweltverbände und das Umweltministerium einig, dass es weniger Tiere braucht. Vielleicht kann das Umweltministerium erläutern, warum es weniger Tiere braucht.

Vorsitzende Maier: Vielleicht können Sie eine Frage stellen.

Zusatzfrage: Können Sie bitte erläutern, warum es in Deutschland weniger Tiere braucht?

Kübler: Sie stellen die These auf, dass es weniger Tiere braucht.

Zusatz: Das habe ich von der Ministerin letztens so verstanden.

Kübler: Wir sagen, wie das Landwirtschaftsministerium, dass die Landwirtinnen und Landwirte nicht nur ein Teil des Problems, sondern auch der Lösung sind. Die Ministerin hat sich vergangene Woche mit den Landwirten zum Praktikerdialog getroffen. Dort wurde eine Vielzahl von Maßnahmen besprochen, wie die Landwirtschaft selbst dazu beitragen kann.

Die Massentierhaltung ist eines der größten Probleme. Da haben wir zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium schon einiges getan. Beispielsweise haben wir die Düngeverordnung geändert und die Nitratbelastung der Böden minimiert.

Die Massentierhaltung, wenn sie in dem Sinne weiter fortgeht, wie es der Fall jetzt ist, verursacht Probleme, zum Beispiel indem immer mehr ökologisch beackerte Böden verschwinden und indem immer mehr Nutzstreifen verschwinden, die auch für Insekten gut sind. Dann werden wir das wie einen Bumerang erleben; denn ohne Insekten werden wir bald kein Obst mehr haben. Das heißt, jeder hat verstanden, wo das Problem liegt.

Die Landwirte waren beim Praktikerdialog sehr offen und haben selbst ein Klimakonzept vorgestellt, das auf der Seite des Landwirtschaftsverbands online steht. Das können Sie einmal nachlesen. Die sind sehr aktiv.

Wir als Umweltministerium fordern aber auch - da wissen Sie -, dass die Gemeinsame Agrarpolitik dahin gehend geändert werden muss. Das, was jetzt als Vorschlag aus Brüssel kommt, ist eine Katastrophe. Da werden keine Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen gefördert, sondern die konventionelle Agrarlandschaft wird manifestiert. Hier müssen wir dringend umsteuern. Dafür werden wir uns auch einsetzen. Wir sind auch in engem Gespräch mit dem Landwirtschaftsministerium. Es kann nicht sein, dass Mittel für eine umweltschonende Landwirtschaft zulasten der umweltschonenden Landwirtschaft gekürzt werden. Deshalb wird sich die Bundesregierung darauf verständigen und sich dann in Brüssel dafür einsetzen, dass mehr Mittel hierfür zur Verfügung stehen.

Zusatzfrage: Frau Lenz, ist das auch die Position des Landwirtschaftsministeriums, dass die Vorschläge aus Brüssel eine Katastrophe sind?

Lenz: Dieses Wording habe ich jetzt in diesem Zusammenhang noch nicht gehört. Die Ministerin hat gesagt: Bei diesen Vorschlägen gibt es Licht und Schatten. - Sie liegen ja schon eine ganze Weile vor. Auch für sie ist es natürlich sehr wichtig, dass die Direktzahlungen an Umweltleistungen gekoppelt sind. Das hat sie auch in diesem Zusammenhang immer wieder betont.

Wir haben letzte Woche, glaube ich, schon über die ökologischen Vorrangflächen gesprochen. Wenn ein Landwirt zum Beispiel die kompletten Zahlungen bekommen möchte, muss er 5 Prozent seiner Ackerfläche - das ist schon eine ganze Menge - für ökologische Vorrangflächen zur Verfügung stellen, also bestimmte Umweltleistungen erbringen. Insofern ist natürlich auch das ein wichtiger Aspekt für die Bundeslandwirtschaftsministerin, den sie immer wieder betont.

Frage: Wie kommentiert das Innenministerium die heutige Festnahme des 31-jährigen russischen Staatsangehörigen, der einen Bombenanschlag geplant haben soll? Wie weit waren diese Pläne schon gediehen? Was können Sie dazu sagen?

Korff: Der Generalbundesanwalt hat heute schon dazu Stellung genommen. Aufgrund des nach wie vor laufenden Ermittlungsverfahrens beim Generalbundesanwalt kann ich über die Angaben, die dort gemacht wurden, hinaus nichts sagen. Das BKA und die Bundespolizei waren beteiligt. Aber das ist das Verfahren des Generalbundesanwalts. Er hat insofern die Hoheit über die Angaben, die gemacht werden.

Zusatzfrage: Wie läuft das jetzt? Wann könnten wir vielleicht nähere Angaben darüber bekommen?

Korff: Wenden Sie sich bitte an den Generalbundesanwalt. Das ist das übliche Verfahren bei solchen Festnahmen und Ermittlungsverfahren. Zu gegebener Zeit, wenn er sozusagen ein Informationsbedürfnis hat.

Frage: Ich habe noch eine Frage dazu, die Sie vielleicht beantworten können. Wie erklärt sich denn, dass die Polizei diesen jetzt festgenommenen Islamisten im Jahr 2016 schon einmal in einer polizeipräventiven Maßnahme aufgestöbert hat? Daraufhin hat sich einer nach Frankreich abgesetzt. Das sind ja polizeitaktische Maßnahmen, auf die Sie sicherlich eingehen können. Warum hat man das gemacht, und was muss man sich unter dieser Maßnahme vorstellen?

Korff: Das kann ich nicht; denn dann würde ich ja weitere Auskünfte über das Ermittlungsverfahren geben, bei dem, wie gesagt, der Generalbundesanwalt die Hoheit hat. Wenn ich das richtig sehe, war das eine Maßnahme der Landespolizei, zu der ich sowieso nicht sprechen kann.

Frage: Herr Seibert, ich würde zunächst gerne Sie fragen, ob das Interview beziehungsweise der Namensbeitrag des Bundesaußenministers über die Konzeption, sich unabhängiger von den USA zu machen, in Gänze die Position der Bundesregierung widerspiegelt.

Ich würde zum Zweiten gerne vom Außenamt wissen, was sich der Minister darunter vorstellt, wenn er davon spricht, den Zahlungsverkehr unabhängiger von den USA und das Zahlungssystem SWIFT unabhängiger zu machen. Hat er da konkrete Vorstellungen? Ich bin auch gerne bereit, solche Erläuterungen vom Bundesfinanzministerium oder vom Bundeswirtschaftsministerium entgegenzunehmen, weil ich mir sehr wenig darunter vorstellen kann.

StS Seibert: Der Artikel von Minister Maas hat vieles von dem beschrieben, was die gemeinsame Haltung der Bundesregierung gegenüber den USA ausmacht. Er hat in seinem persönlichen Beitrag Überlegungen angestellt, die uns alle in der Bundesregierung und auch die Bundeskanzlerin beschäftigen und über die auch sie schon gesprochen hat, also konkret die Frage einer stärkeren Einheit im europäischen Handeln und die Frage nach mehr europäischer Verantwortung. Insofern gibt es da in den Grundgedanken viel Übereinstimmung. Jenseits dieser Überlegungen gilt für die Bundeskanzlerin immer, dass eine enge transatlantische Partnerschaft für uns in Deutschland von vitalem Interesse ist.

Adebahr: Ich kann gerne sagen, dass der Bundesaußenminister in der Analyse, wie die doch grundlegende Frage Deutschlands, nämlich die Gestaltung der transatlantischen Beziehungen, zu gestalten ist, beschrieben hat, welche Folgen das für die deutsche Außenpolitik haben und welche Wege die deutsche Außenpolitik gehen könnte. Insofern ist das eine Meinung, ein Anstoß. Das sind Vorschläge darüber, in welchen Themenfeldern man Außenpolitik auf europäischer, auf nationaler Ebene neu gestaltet, wo man ein Gegengewicht zu den USA bilden oder wo Deutschland in Lücken oder in ein Vakuum, das die USA auf internationaler Ebene hinterlassen, vielleicht stärker hineingehen muss.

Ich will jetzt von diesem Podium einzelne Vorschläge gar nicht weiter aufdröseln. Das sind Gespräche, die man führt. Das ist ein Anstoß, eine Meinung des Bundesaußenministers, die er in dieses weite Feld hineingibt.

Zusatzfrage: Zu den zwei Punkten, die ich angesprochen habe - unabhängiges Zahlungssystem und unabhängiges SWIFT-System -, würde mich schon interessieren: Was schwebt dem Minister da vor?

Auch noch einmal das Finanzministerium und das Wirtschaftsministerium gefragt: Haben Sie irgendeinen Text unter der Überschrift von Maas?

Fehling: Ich kann mich eigentlich nur dem anschließen, was die Kollegin vom Außenministerium gesagt hat. Ich glaube, es ist jetzt nicht unsere Aufgabe, von hier aus die Vorschläge des Außenministers in diesem Namensbeitrag näher zu erläutern. Das ist ein Diskussionsbeitrag des Außenministers. Dabei würde ich es jetzt aus meiner Sicht erst einmal belassen.

Frage: Ich probiere es einmal aus der anderen Richtung. Wir haben hier schon mehrfach danach gefragt, wie die Zahlungswege mit dem Iran aufrechterhalten werden können. Das ist ja auch etwas, was die Bundesregierung hier mehrfach gesagt hat. Sie hat auch darauf verwiesen, dass Gespräche auf europäischer Ebene dazu laufen.

Deshalb wäre die erste Frage: Ist Herr Maas nicht darüber informiert, dass diese Gespräche laufen, oder warum ist das jetzt ein Gedankenanstoß für etwas, was offenkundig schon läuft, wie das Wirtschaftsministerium hier mehrfach verkündet hat?

Gehen ihm die Gespräche nicht schnell genug? Das ist ja eine ältere Aussage des Wirtschaftsministeriums.

Vielleicht können Sie uns noch sagen, welcher Qualität die Gespräche sind, die auf europäischer Ebene dazu laufen, und wie der Stand im Moment ist.

Adebahr: Wenn ich kurz anfangen darf: Herr Maas ist sehr viel mit dem Iran-Dossier befasst und trifft sich dazu im Kreise seiner Außenministerkollegen. Auch unsere Politische Direktorin ist damit in Gesprächen befasst. Insofern gibt es, wie wir auch von verschiedenen Seiten her verschiedentlich dargestellt haben, auf europäischer Ebene und im Gespräch mit unseren französischen und britischen Partnern, mit der EU und auch mit den amerikanischen Partnern auf Expertenebene, zuletzt noch vor wenigen Tagen, Gespräche darüber, wie die verschiedenen Positionen zum JCPoA sind und wie wir Europäer uns dafür einsetzen können, dass der Vertrag erhalten bleibt.

Natürlich ist der Erhalt einer wirtschaftlichen Aktivität für den Iran und von Finanzierungskanälen dafür eine ganz vitale Frage. Das hat der Außenminister auch schon vorher verschiedentlich betont. Über diese Fragen gibt es diplomatische und vertrauliche Gespräche, und diese laufen fort.

Wagner: Für das Wirtschaftsministerium kann ich den Gastbeitrag nicht konkret kommentieren. Das hat die Kollegin ja schon getan.

Zu der allgemeinen Frage, wie das Thema der Prüfung von Zahlungskanälen läuft, haben wir hier schon mehrfach ausgeführt, dass dazu Prüfungen laufen. Aber Details kann ich Ihnen dazu nicht berichten. Ich kann Ihnen dazu von keinem neuen Stand berichten.

Zusatzfrage: Aber vielleicht können Sie den alten Stand berichten. Denn Sie sagen immer: Prüfungen laufen. - Das ist aber relativ unkonkret. Was wird geprüft?

Sprechen Sie etwa mit der Kreditwirtschaft darüber? Das wäre ja eine zentrale Frage. Wenn man in der Kreditwirtschaft nachfragt und recherchiert, dann stellt man fest, dass sehr viele Institute das Iran-Geschäft eingestellt haben.

Wagner: Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene werden einzelne Maßnahmen geprüft, die die Kanäle für die Finanzströme weiter offenhalten können. Das ist kein Thema, das nur das BMWi betrifft, sondern daran sind auch die Kollegen in den anderen Ressorts beteiligt. Natürlich wird dazu mit allen Beteiligten gesprochen. Deren Erfahrungen und deren Interessen werden eingeholt. Aber zu Einzelheiten kann ich hier, wie gesagt, keine Stellung nehmen.

Zusatzfrage: Kann denn jemand sagen, ob dieses Zahlungsverkehrssystem, das jetzt möglicherweise errichtet werden soll, ein staatlich organisiertes oder ein privat organisiertes, aber staatlich gefördertes ist oder wie es aussehen könnte?

Wagner: Wenn Sie den Vorschlag von Außenminister Maas meinen, dann müsste ich an die Kollegin abgeben.

Adebahr: Ich denke, ich habe heute nach dem Erscheinen des Namensbeitrages dazu ausgeführt, was ich von dieser Stelle ausführen wollte. Vielen Dank.

Frage: Herr Seibert, Frau Adebahr, gab es schon eine Reaktion aus Washington dazu? Wurde der Beitrag auf Englisch verfasst, damit sie es dort verstehen?

Frau Adebahr, was meint der Außenminister mit dem Überschreiten von roten Linien der Amerikaner? Welche roten Linien meint er damit? Meint er die Iran-Politik, also die Sanktionen, die Klimapolitik, die Drohneneinsätze von deutschem Boden, völkerrechtswidrige Interventionen? Was meint er?

Adebahr: Ich glaube, der Beitrag wird ins Englische übersetzt. Das müsste jetzt fertig sein. Die Amerikaner sind, glaube ich, sechs Stunden zurück. Sie wachen gerade auf. Schauen wir einmal.

Insofern ist das der Stand. Dass wir mit unseren amerikanischen Partnern über Fragen, in denen wir verschiedener Meinung sind, oft im Gespräch sind - das spricht Ihre zweite Frage nach den roten Linien an; so verstehe ich Sie zumindest -, das ist sowieso der Fall. Insofern sind die Themen, die angesprochen wurden, und auch die Grundaussage, dass Amerika ein ganz wichtiger Partner für uns bleiben wird und dass wir uns überlegen müssen, wie wir diese Partnerschaft neu vermessen und wie wir auch neu ins Gespräch kommen, glaube ich, den amerikanischen Partnern und Freunden sehr wohl bekannt.

Der Außenminister hat Themenfelder ansprechen wollen, die wir sehen, wie etwa den Iran und den Klimaschutz. Das haben Sie auch gesagt. Wir müssen ja auch in die Zukunft schauen und uns fragen, wie wir grundsätzlich aufgestellt sind, wenn wir sehen, dass es Felder gibt, auf denen wir mit den amerikanischen Partnern unterschiedlicher Meinung sind und vielleicht auch in Zukunft sein werden. Insofern kann man hier keine abschließende Aufzählung geben. Beispiele sind im Text.

Dabei möchte ich es jetzt belassen.

Zusatzfrage: Wird der englische Beitrag noch in irgendeiner zum Beispiel amerikanischen Zeitung veröffentlicht werden? Das gab es von deutschen Ministern ja auch schon.

Sehen Sie die Beispiele der Drohneneinsätze und der völkerrechtswidrigen Interventionen nicht als rote Linie an?

Adebahr: Ich lasse mich jetzt von Ihnen nicht auf verschiedene Aufzählungen festnageln, zu denen ich hopp oder topp sagen soll. Das ist, denke ich, nicht die Art, in der wir hier miteinander sprechen.

Ich denke, das "Handelsblatt" hat eine englische Ausgabe. Da wird man ihn, glaube ich, wenn er nicht schon darauf ist, demnächst sehen.

Frage: Frau Adebahr, wenn die Zielperspektive eine balancierte Partnerschaft ist, können Sie zwei, drei Beispiele dafür nennen, wo im Ist-Zustand die Partnerschaft außer Balance ist?

Adebahr: Ein Beispiel ist Iran. Das haben wir hier ja oft besprochen. Das ist ein Teil der Frage, wie wir mit dem Nahen und Mittleren Osten umgehen. Welche Gefahren drohen da? Sehen wir das Nuklearabkommen mit dem Iran als einen Teil, der einen Teil der Beziehungen zum Iran regelt, auch wenn wir andere Probleme mit dem Iran in der regionalen Rolle und auf anderen Feldern haben? Dieses Abkommen wurde im Übrigen auch von russischer und chinesischer Seite geschlossen. Wir reden immer sehr viel über uns Europäer.

Wir denken, dass es gut ist, dieses Abkommen zu erhalten oder dies zumindest zu versuchen. Die amerikanische Seite sieht das im Moment nicht und ist auf dem Wege, neue Sanktionen zu verhängen, auch Sanktionen, die extraterritoriale Wirkung haben. Das ist ein Instrument, das wir ablehnen.

Das ist ein Beispiel für ein Thema, bei dem wir im Moment einfach unterschiedlicher Meinung sind.

Zusatzfrage: Bedeutet also der Begriff der balancierten Partnerschaft sozusagen Balance allein im Verhältnis zu den USA, oder bedeutet das auch eine Form von Ausbalancierung gegenüber anderen, vor allem globalen Playern, was im Fall Iran ja eine Perspektive wäre?

Adebahr: Das eine bedingt, denke ich, immer das andere. Wenn Deutschland und Europa - - - Das ist auch ein Kernteil dieses Beitrages, nämlich dass sich Europa stärken und zusammenfinden muss. Wenn man das Verhältnis zu den USA justiert und vermisst, dann tut man das natürlich immer mit den Interessen im Hinterkopf, die man selbst auch in anderen Weltregionen hat und vertritt, gegenüber Asien, gegenüber China, gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten.

Insofern besteht ein Netz von Gewichten in der internationalen Politik. Man kann, denke ich, nicht das eine losgelöst von vielen anderen Dingen betrachten.

Frage: Einer der Gründe, weshalb die Amerikaner das SWIFT-System überwachen wollen, ist der, internationale Terrorfinanzierung zu unterbinden. Könnte denn ein unabhängiges Zahlungssystem, wie es der Außenminister vorschlägt, eine ausreichende Überwachung der Zahlung mit Blick auch auf Terrorgelder gewährleisten?

Adebahr: Diese Frage bewegt sich sehr im Konjunktivischen. Der Außenminister hat einen Vorschlag gemacht. "Needless to say", dass die Bundesregierung natürlich ein Interesse daran hat, Finanzierung von Terrorismus zu unterbinden, und daran auch im Rahmen der Global Coalition to Counter ISIL in verschiedenen Arbeits- und Expertengruppen mitarbeitet. Dieses Politikziel teilen wir.

Zusatzfrage: Wäre man denn bereit, den USA zumindest Zugang zu den Daten zu geben? Denn das wäre ja nötig, um auch auf die Terrorbekämpfungsexpertise der USA zurückgreifen zu können.

Adebahr: Sie stellen Detailfragen. Ich habe zu den grundsätzlichen Vorschlägen und zu dem, was ich dazu heute hier an diesem Punkt der Diskussion sagen kann und möchte, das gesagt, was ich sagen wollte.

Frage: Ich habe eine Frage an das Arbeitsministerium. Es geht um Hartz IV. Seit dem Wochenende gibt es verschiedene Äußerungen von Andrea Nahles zu den Sanktionen für Jugendliche, die sich unterschiedlich auslegen lassen: komplette Abschaffung oder Abschaffung der verschärften Sanktionen. Ich hätte dazu gern die Position des Arbeitsministeriums und möchte anschließend auch wissen, ob an solchen Gesetzesänderungen gearbeitet wird.

Jäger: Die Äußerungen der Parteivorsitzenden der SPD können wir in der Form natürlich nicht kommentieren.

Was den Gedanken der Abschaffung von verschärften Sanktionen für Jugendliche beziehungsweise für unter 25-Jährige anbelangt, steht der Minister dem grundsätzlich offen gegenüber. Allerdings ist das nichts, was derzeit konkret angegangen wird.

Zusatzfrage: Heißt das, dass die gänzliche Abschaffung von Sanktionen gegen Jugendliche ausgeschlossen ist?

Jäger: Darum geht es nicht, sondern es geht nur darum, dass die speziellen Sanktionen, die bei Menschen unter 25 Jahren viel schneller und viel schärfer greifen, nicht mehr gelten sollten.

Frage: Frau Jäger, können Sie uns sagen, wie hoch der Prozentsatz von Jugendlichen und jungen Menschen ist, die Hartz IV beziehen und sanktioniert wurden?

Jäger: Es tut mir leid, diese Zahlen habe ich leider nicht parat. Ich müsste sie nachliefern.

Frage: Auch eine Frage an das Arbeitsministerium: Warum war das Rentenpaket heute nicht, wie geplant, im Kabinett? Gibt es womöglich schon einen neuen Termin? Wann müsste der Termin spätestens sein, damit es zum 1. Januar in Kraft treten kann?

Jäger: Es gab und gibt keinen festen Termin dafür. Es war auch heute keineswegs so, dass das schon fix feststand als ein Tag, an dem das ins Kabinett sollte. Wir rechnen damit, dass es in Bälde im Kabinett sein wird. Wie sich der Minister selbst auch schon äußerte, ist alles fertig ausverhandelt, was das Rentenpaket beziehungsweise den Rentenpakt anbelangt. Es wäre leichter, wenn es bald im Kabinett wäre, aber noch ist nicht gefährdet, dass der 1. Januar erreicht wird.

Zusatzfrage: Können Sie bestätigen, dass es dazu noch Unstimmigkeiten innerhalb der Koalition gibt?

Jäger: Bezüglich des Rentenpakts an sich: Nein.

Frage: Können Sie etwas über den Umfang des Gesetzes sagen, das irgendwann ins Kabinett kommt?

Jäger: Beziehen Sie sich darauf, welche Details darin enthalten sein werden? - Ich dachte, sie wären alle bereits bekannt. Aber ich wiederhole das gern. Es geht um eine Ausweitung der Mütterrente. Es geht um die Erwerbsminderungsrente, die verbessert werden soll. Es geht um eine Reduzierung der Sozialbeiträge für Menschen mit geringem Einkommen. - Das sind die Hauptpunkte.

Zusatzfrage: Geht es also nicht um die Senkung des
Arbeitslosenversicherungsbeitrages?

Jäger: Das ist nicht Teil des Rentenpakts.

Zusatzfrage: Das ist nicht Teil des Rentenpakts. Ist es aber vielleicht Teil der Gesetzgebung?

Jäger: Die Absenkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge ist demnächst dran. Ob das mit dem Rentenpakt in ein Gesetz gepackt wird oder woandershin, ist noch nicht geklärt.

Frage: Die Höhe der Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags ist auch einer der Punkte, in denen es in der Regierung noch Meinungsverschiedenheiten gibt. Ist das richtig?

Lässt sich eingrenzen, in welche Richtung es im Moment geht? Mehr als 0,3 Prozentpunkte? Weniger als 0,6 Prozentpunkte? Lässt sich dazu irgendein Korridor, in dem sich die Meinungsbildung im Kabinett im Moment bewegt, angeben?

Jäger: Über die Meinungsbildung im Kabinett kann ich nichts sagen. Der Minister hat bereits geäußert, dass er sich vorstellen könnte, eine Senkung um mehr als 0,3 Prozentpunkte durchzuführen, sofern es auf anderen Gebieten eine Art Entgegenkommen gibt, gerade was die Nutzung der BA als Instanz für Fortbildung und Qualifizierung anbelangt.

StS Seibert: Vielleicht kann ich dazu einfach sagen: Es gibt noch Abstimmungsbedarf. Neben der Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung geht es auch um eine stärkere Förderung der beruflichen Weiterbildung. Dazu werden noch Gespräche geführt, die wir wie üblich nicht kommentieren.

Frage: Ich habe eine Frage an das BMI. Heute ist bekannt geworden, dass die Zahl der Anschläge auf Moscheen und Muslime zurückgegangen ist. Kann man das als Zeichen dafür interpretieren, dass die Aggressionen gegen Muslime abnehmen und eine gewisse Befriedung einkehrt, die man ja vielleicht auch bekräftigen könnte? Wie interpretieren Sie das?

Korff: Erst einmal ist es erfreulich, dass die Zahlen zurückgegangen sind. Aber eine abschließende Bewertung für einen Trend können wir, denke ich, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vornehmen.

Zusatzfrage: Wie erklären Sie sich den Rückgang?

Korff: Eine abschließende Bewertung der Zahlen, die jetzt wie immer als Halbjahreszahlen vorgelegt wurden, haben wir damit, wie gesagt, noch nicht vorgenommen. Wir tun das in der Regel dann, wenn die Jahreszahlen vorliegen.

Zusatz: Man kann sich ja einmal Gedanken machen.

Korff: Wir machen uns Gedanken, und wenn wir auf Grundlage der Zahlen dazu kommen, dass wir eine Bewertung auf ausreichender Tatsachengrundlage vornehmen können, dann tun wir das.

Frage: Meine Frage geht an das Umweltministerium. Die EU-Kommission schlägt den Mitgliedsstaaten vor, die CO2-Reduzierung auf europäischer Ebene für das Jahr 2030 von derzeit 40 Prozent auf 45 Prozent anzuheben. Wie steht die Bundesregierung zu diesem Vorschlag, und hält sie ihn für ausreichend? Umweltverbände hatten ausgerechnet, dass es eigentlich 55 Prozent sein müssten, um die im Paris-Abkommen enthaltenen Zielzahlen zu erreichen.

Kübler: Zunächst einmal kann ich die Position der Bundesregierung nicht wiedergeben, weil der Vorschlag von Herrn Cañete erst gestern öffentlich wurde und wir ihn innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt haben. Aber die Ressorts werden sich im Laufe des Septembers darüber abstimmen. Denn Herr Cañete hat angekündigt, im Oktober zu einem Beschluss zu kommen.

Insgesamt ist dieser Vorschlag aber in unserem Hause schon so weit betrachtet worden, dass wir sagen können, dass es sinnvoll und konsequent ist, die Emissionsminderungsziele anzupassen.

Das bedeutet nicht, dass wir in Europa neu verhandeln müssen. Wir haben jetzt den Fall, dass wir vor einigen Wochen die Ziele bei der Energieeffizienz und bei den erneuerbaren Energien deutlich angehoben haben. Schon allein die Anhebung in diesen beiden Feldern bedingt, dass eine Steigerung der Minderung von 40 Prozent auf 45 Prozent erfolgt. Sie müssen sich diesen Fall einmal vor Augen führen. Normalerweise formulieren wir Klimaziele und prüfen dann Maßnahmen, wie wir diese Ziele erreichen können. Nun wurden im Juni bereits Maßnahmen beschlossen, die zu einem höheren Ziel führen, also konkret: Erneuerbare Energien und Energieeffizienz waren auf 27 Prozent berechnet für das Ziel einer Minderung um 40 Prozent bis 2030. Nun haben die EU-Mitgliedsstaaten wesentlich ambitioniertere Ziele von rund 32 Prozent beziehungsweise 32,5 Prozent beschlossen. Die Steigerungen in diesen beiden Zielvereinbarungen bei der Energieeffizienz und den erneuerbaren Energien bringt es mit sich, dass wir ein Ziel von 45 Prozent erreichen. Das heißt, es bedarf im Grunde gar keines neuen Beschlusses und auch keiner neuen Beratschlagung darüber. Wir erreichen dieses Ziel schon mit den bereits beschlossenen Maßnahmen.

Zusatzfrage: Das würde bedeuten, dass der EU-Klimakommissar etwas vorschlägt, was gar nicht vorgeschlagen werden muss, weil es sich sowieso einstellt.

Wie passt das aber mit der Einschätzung des Bundeswirtschaftsministers zusammen, der die Heraufsetzung der Zielzahlen auf über 30 Prozent in den einzelnen Bereichen, die Herr Kübler eben zitiert hat, bezweifelt? Er hat ja gesagt, er glaube nicht, dass das auf zum Beispiel 32 Prozent angehoben werden könne. Das, was vonseiten des Umweltressorts als Voraussetzung für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes genannt wird, wird vom Wirtschaftsminister also in der Machbarkeit bestritten.

Wagner: Ich würde jetzt nicht bestätigen, dass er das bestritten hat. Als damals die Diskussion geführt wurde, wie hoch die Ziele sein würden, lagen die Vorschläge, die für die Energieeffizienz und die Ausbauziele der Erneuerbaren genannt wurden, teilweise deutlich über dem, worauf sich die EU am Schluss geeinigt hat. Insofern sind die Äußerungen des Ministers immer auch in diesem Zusammenhang zu sehen.

Er hat in diesem Zusammenhang immer dafür plädiert, dass wir ambitionierte Ziele brauchen. Aber wir brauchen auch realisierbare Ziele. Denn am Ende nützt es nichts, sich ganz ambitionierte Ziele zu setzen, wenn man sie gar nicht erreichen kann. Es war ihm immer wichtig, dass das Augenmerk auch darauf gerichtet wird, ob wir die Ziele erreichen können, auch wenn sie ambitioniert sind, also auf die Realisierbarkeit. Das hat der Minister in der Diskussion jedenfalls immer betont.

Zu dem konkreten Vorschlag des Kommissars Cañete kann ich Ihnen jetzt keine konkrete Stellungnahme des BMWi abgeben. Wir würden wir jetzt auch erst einmal abwarten, bis tatsächlich der Vorschlag der EU-Kommission im Oktober vorgelegt wird und dann würden wir das zusammen mit den anderen Kollegen im Ressortkreis prüfen und anschließend dazu Stellung nehmen.

Frage: Ich habe eine Frage zum Teil der bevorstehenden Reise der Bundeskanzlerin, die sie nach Aserbaidschan führt. Herr Seibert, der CDU-Abgeordnete Albert Weiler hat in der "Saarbrücker Zeitung" Stellung dazu genommen, und ich würde gerne wissen, ob das stimmt. Er meinte, dass der aserbaidschanische Botschafter hier in Berlin am Montag in einem Gespräch mit Vertretern des Kanzleramtes mitgeteilt habe, dass der Abgeordnete Weiler in Baku am Flughafen festgenommen werden würde, falls er mitfliegt. Stimmt diese Aussage bezüglich dieses Treffens im Kanzleramt?

Er sagt außerdem, dass die Kanzlerin einen Tag später angeboten habe, auf diese Reise zu verzichten. Stimmt das?

StS Seibert: Ich habe mich zu dieser ganzen Frage ja gestern schon geäußert, und diese Äußerungen könnte ich hier nur wiederholen.

Vorsitzende Maier: Es gab gestern ein Briefing.

Zusatz: Ist das öffentlich? Das wusste ich gar nicht.

StS Seibert: Ja, das war eine öffentliche Stellungnahme, die heute auch in drei Dutzend Artikeln aufgetaucht ist. Ich könnte es also nur wiederholen. Das mache ich gerne. Soll ich?

Zusatz : Ja.

StS Seibert: Gut.

Vorsitzende Maier: Ach nein, jetzt wirklich! - Entschuldigung.

StS Seibert: Sie gucken vielleicht einfach in das Protokoll.

Vorsitzende Maier: Auf der BPK-Seite - das ist für Mitglieder zugänglich - finden Sie genau diese Einlassung des Regierungssprechers gestern. - Entschuldigung, Herr Seibert, wenn Sie das gerne wiederholen möchten, dann machen Sie das, aber ich finde - -

Zusatz: Sie entscheiden, was die Regierungssprecher hier antworten, oder wie?

StS Seibert: Nein, ich habe ja bereits geantwortet, das ist ja in allen Zeitungen heute.

Vorsitzende Maier: Entschuldigung, er hat geantwortet und wir haben eine Nachlieferung veranlasst. Die ist gestern im Mitgliederbereich gelaufen; ich habe sie selbst dort gesehen, und zwar kurz nach dem Briefing.

Zusatz: Es ist aber trotzdem nicht Ihre Aufgabe, hier irgendwelche Antworten nicht vermitteln zu lassen.

Vorsitzende Maier: Das können wir ja noch intern besprechen. Jedenfalls ist diese Sache gestern wirklich erklärt worden, und zwar "unter eins".

Frage: Zu Aserbaidschan - in der Hoffnung, dass das nicht auch gestern schon gefragt worden ist - -

Vorsitzende Maier: Tja, mal sehen.

Frage: Es ist gelegentlich so, dass man nicht alles mitbekommt, da bitte ich um Entschuldigung. Das soll aber anderen auch so gehen.

Zuruf: Es gibt ein Protokoll, das kann man doch nachlesen!

Frage: Diese Debatte müssen wir hier doch gar nicht führen. Wenn es schon beantwortet wurde, dann reicht ein kurzer Hinweis und ich lese das nach. - Die Frage geht an Herrn Seibert: "Reporter ohne Grenzen" kritisiert, dass in der Vereinbarung über Prioritäten der wirtschaftlichen Partnerschaft zwischen Aserbaidschan und der EU nicht die Voraussetzung von Menschenrechten betont worden sei, obwohl das EU-Parlament dies in einem Beschluss kurz zuvor betont hat. Nun ist das zwar die EU, aber Deutschland ist insofern mit im Boot, als es erhebliche Bundesgarantien - 1,5 Milliarden US-Dollar - für ein Pipelineprojekt gewährt. Wird diese Frage der Menschenrechte eine prioritäre Rolle in den Gesprächen spielen? Können Sie etwas zu der Kritik sagen, die da vonseiten von "Reporter ohne Grenzen" vorgebracht wurde?

StS Seibert: Die Bundesregierung setzt sich weltweit für Menschenrechtsfälle ein, insbesondere auch für das Recht von Journalisten und Journalistinnen auf freie, ungehinderte Berichterstattung. Das spielt bei vielen Reisen der Bundeskanzlerin eine Rolle, und ich bin mir sicher - ohne dass ich den Gesprächen jetzt etwas vorwegnehmen möchte -, dass die Frage von Menschenrechten und den Möglichkeiten der Zivilgesellschaft und der freien Presse - oder der Presse, sollte ich vielleicht sagen - auch in Aserbaidschan eine Rolle spielen wird.

Frage: An das Wirtschaftsministerium und das Justizministerium: Ist die Bundesregierung vielleicht von den USA über anstehende neue Sanktionen gegen Russland informiert worden? Werden diese Sanktionen - so Sie davon informiert wird - auch wieder eine exterritoriale Wirkung, also eine Wirkung auch für deutsche Firmen haben?

An das Justizministerium ganz grundsätzlich: Ich habe im Ohr, dass die Bundesregierung immer sagt, sie kritisiere exterritoriale Sanktionen als völkerrechtswidrig. Was macht man dann, wenn etwas völkerrechtswidrig ist, was unternimmt man, um das zu klären? Oder ist das immer nur eine feststehende Formel, die aber keine weitergehenden Aktionen erwarten lässt? Wer wäre also dafür zuständig, diese Völkerrechtswidrigkeit festzustellen, und tut die Bundesregierung etwas, um dies zu tun?

Wagner: Zu den von Ihnen angesprochenen Sanktionen: Neue Sanktionen sind mir jetzt nicht bekannt. Ich würde sonst gegebenenfalls noch einmal auf Sie zukommen.

Malachowski: Ich muss Sie leider enttäuschen: Für das Völkerrecht sind innerhalb der Bundesregierung nicht wir zuständig, sondern die Kollegen aus dem Auswärtigen Amt.

Adebahr: Vor einer vertieften Antwort würde ich mir da natürlich auch gerne die Expertise unserer Rechtsabteilung einholen. - Ich glaube, die Position der Bundesregierung haben Sie korrekt beschrieben, und das ist in vielfachen Gesprächen mit den amerikanischen Partnern - das ist ja eine länger währende Diskussion - auch vielfach besprochen worden. Wir tragen unsere Haltung politisch vor, wir tragen sie in Brüssel vor und wir agieren im Fall des JCPOA und des Iran so, wie sich die Europäische Union diesbezüglich jetzt in ihren Gesprächen aufstellen will.

Es gibt, glaube ich, auch verschiedene internationale Gremien, in denen grundsätzlich Fragen von Sanktionen diskutiert werden. Da müsste ich aber um Nachsicht bitten: Ich kann Ihnen nicht sagen, welche Gespräche es dort zu grundsätzlichen Völkerrechtsfragen im Zusammenhang mit Sanktionen derzeit genau gibt.

Frage: Ich möchte noch zum Thema Saudi-Arabien kommen. Frau Adebahr, da droht Aktivisten die Todesstrafe. Unter anderem droht einer jungen Frau, Israa al-Ghomgham - das wurde gerade weltweit von vielen Menschenrechtsorganisationen angesprochen -, die Köpfung, weil sie an Demonstrationen beteiligt war. Welche Haltung hat die Bundesregierung dazu und wie werden Sie sich für diese junge Frau einsetzen?

Adebahr: Da muss ich um Nachsicht bitten, mir ist dieser konkrete Fall noch nicht bekannt. Ich glaube, die Haltung der Bundesregierung und der Europäischen Union zur Todesstrafe weltweit und grundsätzlich ist sehr bekannt: Wir lehnen die Todesstrafe ab. Ich denke, wir haben hier verschiedentlich auch zu Fragen ausgeführt, dass wir uns weltweit - und das schließt natürlich Saudi-Arabien ein - für Fragen der Menschenrechte einsetzen und dies in Gesprächen thematisieren; das ist natürlich der Fall.

Mittwoch, 22. August 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 22. August 2018
https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2018/08/2018-08-22-regpk.html
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2018

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