Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


PRESSEKONFERENZ/1871: Regierungspressekonferenz vom 14. Juni 2019 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Freitag, 14. Juni 2019
Regierungspressekonferenz vom 14. Juni 2019

Themen: Termine der Bundeskanzlerin (10. Zukunftsgespräch in Schloss Meseberg, Empfang des ukrainischen Staatspräsidenten, Kabinettssitzung, Besuch der Stadt Goslar, Konferenz "Morals and Machines", Europäischer Rat in Brüssel, Deutscher Evangelischer Kirchentag in Dortmund), Lage im Iran/Angriffe auf Tanker im Golf von Oman, Kerosinsteuer, Kauf russischer Abwehrraketen durch die Türkei, mögliche Pläne der Entsendung eines Schiffes der Bundesmarine in die Straße zwischen Taiwan und China, Aussetzung des INF-Vertrags durch Russland, Reform der Grundsteuer, Untersuchungen der Deutsche Bahn AG zu Beraterverträgen

Sprecher: SRSin Demmer, Burger (AA), Kalwey (BMF), Fähnrich (BMVg), Friedrich (BMVI)


Vors. Buschow eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt SRSin Demmer sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

SRSin Demmer: Die Bundeskanzlerin hat die Sozialpartner für Montag, den 17. Juni, zum 10. Zukunftsgespräch nach Schloss Meseberg eingeladen. Thema des diesjährigen Zukunftsgesprächs ist die künstliche Intelligenz und die Auswirkungen auf Unternehmens- und Arbeitsprozesse. KI-Anwendungen haben großes Potenzial für die Wertschöpfung in Deutschland sowie die Gestaltung von Arbeitsorganisation und Arbeitsbeziehungen. Ziel der KI-Strategie der Bundesregierung ist es, "KI made in Germany" zu einem internationalen Gütezeichen für moderne, wettbewerbsfähige, sichere und gemeinwohlorientierte KI-Anwendungen auf Basis unseres europäischen Wertekanons zu machen.

Seitens der Bundesregierung werden neben der Bundeskanzlerin die Bundesministerinnen und -minister Scholz, Seehofer, Altmaier, Barley, Heil, Spahn, Karliczek und Braun teilnehmen. Seitens der Sozialpartner werden die Präsidenten von BDI, DIHK und ZDH dabei sein sowie die Vorsitzenden der Gewerkschaften DGB, IG Metall, ver.di und dbb.

Die Veranstaltung wird um 15.30 Uhr mit einem Pressestatement der Bundeskanzlerin und des Bundesfinanzministers beginnen. Um 18.40 Uhr gibt es dann eine abschließende Pressekonferenz der Bundeskanzlerin, des Bundesfinanzministers, des DGB-Vorsitzenden Hoffmann und des DIHK-Präsidenten Schweitzer.

Am Dienstag, den 18. Juni, um 12.30 Uhr empfängt die Bundeskanzlerin den neuen Staatspräsidenten der Ukraine, Selensky, mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. Bei einem Arbeitsmittagessen wollen sich die beiden Politiker über die bilateralen Beziehungen, den Stand der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur Beilegung des Konflikts in der Ostukraine und über den ukrainischen Reformprozess austauschen. Im Anschluss an das Gespräch gibt es dann eine Pressekonferenz um 13.45 Uhr.

Am Mittwoch um 9.30 Uhr tagt, wie üblich, das Kabinett unter der Leitung der Bundeskanzlerin.

Am Mittwochnachmittag besucht die Kanzlerin ab 14 Uhr die Stadt Goslar. Sie wird dort begrüßt durch den Oberbürgermeister der Stadt, Oliver Junk, den Leiter des Museums Weltkulturerbe Rammelsberg sowie Bundesminister a.D. Sigmar Gabriel, der Ehrenbürger der Stadt Goslar ist.

Bei einem gemeinsamen Rundgang wird die Kanzlerin die Museumsanlage des ehemaligen Bergwerks und heutigen Weltkulturerbes besichtigen sowie anschließend Gelegenheit haben, in der Werkstatt beziehungsweise Schlosserei die Generalprobe des Theaterstücks "The Addams Family" anzusehen

Im Anschluss geht es zur Kaiserpfalz. Dort ist für 15.15 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Schülerinnen und Schülern aus Goslar geplant. Dabei wird es um die Themen Umwelt, Klimaschutz, digitale Infrastruktur, Urheberrechte, öffentliche Verkehrsanbindung im ländlichen Raum und Migration gehen.

Nach einem Stadtrundgang durch Goslar wird die Bundeskanzlerin an einem Empfang der Stadt teilnehmen und sich dann in das Goldene Buch eintragen. Die Abreise ist für 17.34 Uhr geplant.

Das Magazin "ada" lädt am Abend des 19. Juni zur Konferenz "Morals and Machines" in die Frauenkirche in Dresden ein. Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutieren auf der Konferenz über die ethischen Aspekte des technologischen Wandels. Die Bundeskanzlerin nimmt dort gegen 19.30 Uhr an einem Gespräch mit der Herausgeberin der "Wirtschaftswoche", Miriam Meckel, teil. Die Veranstaltung steht in diesem Jahr unter dem Motto "Brücken bauen - Kann KI die Menschheit retten?". Im letzten Jahr fand die erste Konferenz dieser Art in Berlin statt.

Am Donnerstag, den 20., und Freitag, den 21. Juni, treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel zum Europäischen Rat. Der Europäische Rat startet, wie üblich, am Donnerstagnachmittag mit einem Zusammentreffen der Mitglieder des Europäischen Rates und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Tajani.

Am Donnerstag geht es beim Europäischen Rat darum, wichtige Weichen für den nächsten institutionellen Zyklus der EU zu stellen. Die Staats- und Regierungschefs werden zunächst die strategische Agenda für den Zeitraum 2019 bis 2024 diskutieren, die die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten der EU für die nächsten fünf Jahre festlegen soll.

Zudem befasst sich der Europäische Rat erneut mit dem Zeitplan für den mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027. Dabei geht es um die Finanzausstattung des EU-Haushalts und seiner einzelnen Politikfelder für die nächsten sieben Jahre ab 2021. Der Rat hatte sich im Dezember darauf verständigt, bis zum Herbst 2019 zu einer Einigung zu kommen. In diesem Rat stehen also noch keine Ergebnisse an, aber man befasst sich mit dem Thema.

Darüber hinaus befassen sich die Staats- und Regierungschefs mit dem Klimawandel, und zwar vor allem mit dem weiteren Vorgehen, um die Klimalangfriststrategie der EU bis Anfang 2020 zu verabschieden.

Im Rückblick auf die Europawahlen wird der Rat zudem den Bericht des rumänischen Vorsitzes, der Europäischen Kommission und der Hohen Vertreterin zu Desinformation und Wahlen zur Kenntnis nehmen.

Man wird sich auch mit spezifisch außenpolitischen Fragen befassen, unter anderem mit der Lage in der Ukraine und den Sanktionen gegen Russland.

Ein wichtiges Thema dieses Europäischen Rates wird natürlich auch die die Frage der Besetzung der Spitzenposten in den EU-Institutionen sein. Die Staats- und Regierungschefs werden diese Frage besprechen.

Am Freitag treffen sich die Staats- und Regierungschefs von 27 Mitgliedstaaten ohne Großbritannien noch zu einem Eurogipfel. Anlass ist das Mandat vom Dezember 2018, an die Eurogruppe bis Juni Eckpunkte für ein Eurozonen-Haushaltsinstrument auszubreiten, die Umsetzung der ESM-Eckpunkte in die Vertragstexte vorzunehmen und zur Bankenunion zu berichten. Dazu wird Eurogruppenpräsident Centeno zum Stand der Arbeiten nach der gestrigen Eurogruppe berichten.

Wir bieten am Mittwoch nächster Woche im Anschluss an die Regierungspressekonferenz hier das übliche Briefing zum Europäischen Rat mit Herrn Corsepius an.

Am Samstag, den 22. Juni, wird die Bundeskanzlerin von 11 bis 13 Uhr am Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund teilnehmen. Die Bundeskanzlerin wird eine Rede halten und anschließend ein Podiumsgespräch zum Thema "Vertrauen als Grundlage internationaler Politik?" führen. Gesprächspartnerin wird die ehemalige Staatspräsidentin Liberias und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson-Sirleaf sein. Die Bundeskanzlerin und Ellen Johnson-Sirleaf werden auch Fragen aus dem Publikum beantworten.

Frage (zum Empfang des ukrainischen Staatspräsidenten): Der ukrainische Präsident Selensky möchte, dass man wieder im Normandie-Format tagt. Er erhofft sich demnächst eine Sitzung. Wie sieht Berlin da die Aussichten?

SRSin Demmer: Sie wissen ja, wie wichtig uns der Minsk-Prozess ist. Im Rahmen des Normandie-Formats gibt es auf Arbeitsebene ohnehin eine ständige Zusammenarbeit. Über konkrete Termine auf Spitzenebene kann ich Ihnen hier und jetzt noch nichts berichten.

Zusatzfrage: Außenminister Maas war bereits in der Ukraine. Damals hat er gesagt, dass Nord Stream 2 bei seinem Gespräch mit Selensky kein Thema gewesen sei. Wird die Bundeskanzlerin das vielleicht mit dem neuen ukrainischen Präsidenten besprechen?

SRSin Demmer: Ich kann jetzt naturgemäß dem Gespräch nicht vorgreifen. Sie kennen unsere Haltung zu Nord Stream und zu der Rolle, die auch die Ukraine da spielt. Daran hat sich nichts geändert. Über das, was in dem Gespräch zwischen Selensky und der Kanzlerin besprochen werden wird, kann ich Ihnen hier jetzt keine Auskunft geben.

Zusatzfrage: Wie reagiert die Bundesregierung auf Vorschläge gegenüber Deutschland, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben?

SRSin Demmer: Auch dazu kennen Sie unsere Haltung, und auch daran hat sich nichts verändert. Die von der EU gegen Russland verhängten Maßnahmen wurden einstimmig beschlossen. Die können natürlich situativ angepasst werden, aber auch nur einstimmig. So ist das zuletzt nach dem eskalierenden Vorgehen Russlands in der Meerenge von Kertsch passiert. Die Sanktionen gegen Russland sind Konsequenz aus dem außenpolitischen Verhalten Russlands. Russland hat mit der Annexion der Krim 2014 Völkerrecht gebrochen. Gleichzeitig unterstützt Russland den Kampf der mit russischer Hilfe schwer bewaffneten Separatisten gegen die Ukraine. Seitdem hat sich das russische Vorgehen nicht wirklich zum Positiven verändert. Trotzdem gilt für uns natürlich, dass wir im Übrigen im Dialog mit Russland stehen und jenseits der sanktionsbewehrten Geschäftsfelder auch Wirtschaftskooperationen wollen und fördern.

Frage (zum Europäischen Rat in Brüssel): Frau Demmer, Sie sagten eben etwas zu den Sanktionen. Ihre Position ist einleuchtend. Soweit ich weiß, haben sich die EU-Staaten bereits auf die Verlängerung der Sanktionen um ein Jahr verständigt. Wird es dazu noch eine Aussprache bei dem Gipfel geben, oder wird das einfach kommentarlos beschlossen?

SRSin Demmer: Die nächste Verlängerung steht im Juli an. Das wird, wie ich hier vorgetragen habe, Thema auf dem anstehenden Gipfel sein. Aber in welcher Form genau, das kann ich Ihnen nicht sagen.

Frage: Frau Demmer, Sie hatten gesagt, dass man auch über die EU-Posten sprechen wird. Sehen Sie denn Chancen, dass man schon bei dem kommenden Gipfel Fortschritte macht oder sogar zu einer Einigung kommt, oder würden Sie sagen, das zieht sich doch noch über die Sommerpause hinweg?

SRSin Demmer: Ich kann Ihnen jetzt über Zeitpläne nichts sagen. Aber wie die Kanzlerin auch gesagt hat: Es kommt jetzt darauf an, Handlungsfähigkeit zu beweisen.

Frage: Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung die Lage im Iran einschätzt und ob sie selbst aktiv wird, gerade was die Aufklärung dieses Falles, nämlich der Angriffe von Tankern im Golf von Oman, angeht.

SRSin Demmer: Der Außenminister hat sich ja schon geäußert. Das sind außerordentlich besorgniserregende Nachrichten. Es gilt, jede Entwicklung, welche die ohnehin schon angespannte Lage in der Region jetzt noch weiter zuspitzt, zu vermeiden. Wir dürfen auf keinen Fall in eine Eskalationsspirale hineingeraten. Sabotageakte gegen oder Angriffe auf Handelsschiffe stellen eine Bedrohung für die internationale Schifffahrt sowie insgesamt für die regionale Sicherheit vor Ort dar. Darüber hinaus können die wirtschaftlichen und auch ökologischen Folgen gravierend sein. Wichtig ist jetzt, die Hintergründe der Vorfälle weiter eingehend zu untersuchen. Wir brauchen Aufklärung. Dazu stehen wir mit allen unseren Partnern im Kontakt.

Burger: Ich darf noch ergänzen, dass die Lage in der Region gestern auch Gegenstand einer offenen Aussprache im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen war, in der sich eine überwiegende Mehrheit der Mitglieder in dem Sinne geäußert hat, dass es in dieser angespannten Lage Deeskalation und Dialog braucht. In diesem Sinne hat sich auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen gestern in New York geäußert.

Frage: Frau Demmer oder Herr Burger, hat die Bundesregierung irgendwelche eigenen Erkenntnisse über die Urheber dieser mutmaßlichen Angriffe? Wird der Angriff auf das Schiff einer deutschen Reederei als Angriff auf ein deutsches Schiff - ich glaube, der Besitz ist ein bisschen verschachtelt - gewertet?

SRSin Demmer: Ich kann nur wiederholen: Die Bundesregierung verurteilt die Anschläge auf den freien Schiffsverkehr im Golf von Oman auf das Schärfste. Wir bemühen uns um Aufklärung und stehen dazu in Kontakt mit allen unseren Partnern.

Zusatzfrage: Haben Sie oder haben Sie nicht eigene Informationen? War das ein Angriff auf ein deutsches Schiff?

SRSin Demmer: Ich kann mich jetzt hier nicht zum internationalen Seerecht äußern. Die Sachlage, der Sachverhalt ist ja bekannt. Ich werde den jetzt darüber hinausgehend nicht interpretieren. Aber wir verurteilen selbstverständlich einen Angriff auf alle Handelsschiffe. Was den Stand der Aufklärung betrifft, habe ich dazu jetzt das gesagt, was ich dazu sagen kann. Der Sachverhalt ist komplex.

Burger: Ich kann auch nur bestätigen, dass wir in Kontakt mit unseren Partnern sind, sowohl was die Bewertung der Lage als auch was mögliche Schritte zur Deeskalation angeht. Sie wissen, Außenminister Maas war in den vergangenen Tagen selbst in der Region. Er hat heute Morgen auch mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian darüber telefonisch beraten. Diesen Austausch führen wir natürlich auch in New York und Brüssel weiter. Sicherlich wird sich auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen weiter mit dieser Lage befassen. Aber auch ich kann Ihnen zum derzeitigen Zeitpunkt und von dieser Stelle jetzt keine weiteren Erkenntnisse berichten.

SRSin Demmer: Was ich sagen kann, ist: Wir haben über die Urheberschaft keine eigenen Erkenntnisse.

Frage: Sind denn vielleicht irgendwelche diplomatischen Initiativen geplant, um die Situation zu entschärfen? Sie haben ja gesagt, Sie stünden im Kontakt mit Ihren Partnern, und haben auch das Telefonat von Herrn Außenminister Maas mit seinem französischen Amtskollegen erwähnt. Gab es denn auch einen Kontakt zu Pompeo in den USA beziehungsweise zum iranischen Außenminister? Herr Burger oder Frau Demmer, hatte Frau Merkel in dieser Krise bereits Kontakt zu Präsident Trump oder zum iranischen Staatschef?

Burger: Natürlich gehen die Bemühungen für eine Deeskalation, die Außenminister Maas persönlich letzte Woche in der Region vor Ort unternommen hat, jetzt weiter. Sie haben vielleicht gehört, dass der Politische Direktor des Auswärtigen Amtes nach der Reise von Außenminister Maas nach Teheran im Anschluss in Washington zu Gesprächen war. Es gibt weiterhin einen engen Austausch auch mit den amerikanischen Partnern.

SRSin Demmer: Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe eine Frage an Frau Demmer oder Herrn Burger. In Bezug auf die einseitige Aussage der USA durch Präsident Trump hat Ajatollah Khamenei gestern eine Vermittlung abgelehnt. Er hat gesagt, der Iran vertraue den USA nicht. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Haltung Irans und die Aussage von Ajatollah Khamenei?

SRSin Demmer: Ich möchte jetzt einzelne Aussagen nicht kommentieren, kann aber gerne noch einmal die Haltung der Bundesregierung bekräftigen, die ganz eindeutig ist. Die Bundeskanzlerin hat diese auch noch einmal am Rande des informellen Rates in Sibiu ausführlich dargelegt. Sie hat darauf hingewiesen, dass es natürlich eine ganze Reihe von problematischen Feldern gibt, in denen wir im Gegensatz zum Iran stehen. Aber sie hat auch bekräftigt, dass ein Erhalt des Nuklearabkommens weiter in unserem europäischen Interesse ist.

Zusatzfrage: Kann das Außenministerium in Bezug auf die Vermittlungsrolle von Japan noch etwas sagen?

Burger: Ich kann nur das bekräftigen, was Frau Demmer gerade gesagt hat. Ich möchte gerne das wiederholen, was wir hier letzte Woche gesagt haben, auch zu der Reise des Außenministers nach Teheran: Unsere Rolle ist nicht die eines Vermittlers, sondern wir stehen ganz klar auf einer Seite, nämlich auf der Seite der Nuklearvereinbarung. Wir möchten gerne, dass sie erhalten bleibt. Dafür setzen wir uns ein. Das ist auch das, was wir von Iran erwarten.

Frage: Ich würde gerne die Frage des Kollegen aufgreifen. Es muss doch für die Bundesregierung einen Unterschied machen, wenn ein Schiff attackiert wird, das einer deutschen Reederei gehört. Macht das überhaupt keinen Unterschied? Sie sprechen allgemein von einer komplexen Situation. Ich finde, das ist eine sehr harmlose Reaktion.

SRSin Demmer: Das ist jetzt Ihre Interpretation. Wir haben hier ja sehr deutliche Worte für die Situation gefunden. Ich habe davon gesprochen, dass es um außerordentlich besorgniserregende Nachrichten geht und dass es uns sehr wichtig ist, dass die Anschläge auf Schiffe im Persischen Golf aufgeklärt werden. Natürlich geht es hier um die Aufklärung aller Anschläge. Ich werde jetzt hier keine Bewertung einzelner Schiffe vornehmen.

Burger: Ich kann vielleicht noch ergänzen. Der Kollege hatte ja schon darauf hingewiesen, dass die nationale Zuordnung etwas kompliziert ist. Nichtsdestotrotz sind wir auch in Kontakt mit der Reederei. Das ändert aber überhaupt nichts an der politischen Bewertung, wie Frau Demmer dies eben vorgetragen hat. Jeder Angriff auf Schiffe stellt eine Gefahr für die internationale Schifffahrt und auch eine Gefährdung des Friedens dar.

SRSin Demmer: Dem, wie Sie das jetzt interpretiert haben, möchte ich wirklich massiv entgegentreten.

Frage: Frau Demmer, Sie haben jetzt mehrfach von Anschlägen gesprochen. Steht denn das fest? Es gibt nämlich jetzt auch schon andere Interpretationen. Sind das also nach den Erkenntnissen der Bundesregierung tatsächlich Anschläge auf dieses Schiff?

Burger: Sehen Sie es uns nach: Ich habe von dieser Stelle zu diesem Zeitpunkt wirklich keine Erkenntnisse über das bisher bekannt Gewordene hinaus.

Zusatzfrage: Ist das ein Anschlag, ja oder nein? Wissen Sie es, oder wissen Sie es auch nicht?

SRSin Demmer: Ich stehe jetzt zu den Formulierungen, die ich hier gewählt habe.

Burger: Sie können ja nachlesen, was der Außenminister gestern geäußert hat. Er hat von Berichten über Angriffe auf zwei Tanker im Golf von Oman gesprochen.

Frage: Nächste Woche findet in Den Haag eine Konferenz zum Thema Kerosinsteuer, Flugsteuer generell, also auch Mehrwertsteuer auf Flugtickets innerhalb Europas, statt. Ich würde ganz gerne von der Bundesregierung wissen, welche Position sie zu diesem Thema hat. Befürwortet man solche Besteuerungen, wie es sie in anderen Ländern - wie in den USA - auch gibt?

SRSin Demmer: Wie Sie wissen, ist die Bundesregierung zum Thema Klima, Klimaschutzgesetz insgesamt im Gespräch; das ist sicherlich ein Teil davon. Die Kerosinsteuer wird gerade auf europäischer Ebene verhandelt. Mir ist da der jüngste Stand nicht bekannt. Aber vielleicht kann da das Finanzministerium einspringen.

Kalwey: Ich kann Ihnen jetzt keinen aktuellen Sachstand zu den Verhandlungen geben. Ich kann aber gerne einmal bei den Kollegen nachhören. Wenn es etwas gibt, dann liefere ich es gerne nach.

Ansonsten kann ich mich dem Gesagten nur anschließen. Es gibt verschiedene Vorschläge zum Bereich Klimaschutz. Das ist ein wichtiges Thema der Bundesregierung. Die verschiedenen Vorschläge, wie man die Klimaziele einhalten kann, werden zurzeit im Klimaschutzkabinett diskutiert. Dabei hat man das Ziel, ein klares und wirksames Gesamtpaket zu erarbeiten.

Zusatzfrage: Mich interessiert das wirklich. Ich weiß, dass innerhalb der Bundesregierung verhandelt wird. Aber es muss ja im Moment eine Position zu diesem Thema geben.

Kalwey: Wie gesagt: Man tauscht sich über alle möglichen Vorschläge im Klimakabinett aus. Mehr kann ich Ihnen jetzt von dieser Stelle aus nicht dazu sagen.

Frage: Frau Demmer beziehungsweise Herr Burger, es geht um den Kauf russischer Abwehrraketen durch die Türkei. Der türkische Staatspräsident spricht ja von einem abgeschlossenen Deal. Inwieweit beobachtet die Bundesregierung diese Entwicklung, beziehungsweise wie bewerten Sie, dass ein Nato-Partner quasi Material aus Russland kauft und dabei auf Widerspruch der USA stößt?

SRSin Demmer: Wir verfolgen diese Frage sehr aufmerksam. Herr Seibert hat sich an dieser Stelle auch schon zu diesem Thema geäußert. Die Absicht der türkischen Regierung, ein russisches Flugabwehrsystem anzuschaffen, ist innerhalb der Allianz ein fortlaufend und sehr kontrovers diskutiertes Thema. Für die Nato ist die Interoperabilität der Streitkräfte aller Alliierten natürlich von großer Bedeutung. Daher stellen sich bei der Anschaffung eines russischen Systems schwierige Fragen, die in den zuständigen Gremien intensiv diskutiert werden. Hinzu kommt, dass aufgrund der USA-Sanktionsgesetzgebung gegen Russland die Einführung dieses Systems in der Türkei auch entsprechende Sanktionen der USA auslösen kann. Dies kann weder im Interesse der Türkei noch im Interesse der Nato sein.

Burger: Ich kann noch hinzufügen, dass das auch Thema bei einem Gespräch war, das Außenminister Maas mit seinem türkischen Amtskollegen auf dem Nato-Außenministertreffen Anfang April in Washington geführt hat.

Zusatzfrage: Aber jetzt ist ja quasi Vollzug von der türkischen Seite gemeldet worden und nicht die Absicht.

SRSin Demmer: Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn die Türkei ihre Entscheidung vor dem Hintergrund ihrer Stellung im transatlantischen Bündnis noch einmal erneut überprüfen würde.

Frage: Ich weiß nicht, ob das Außenministerium oder das Verteidigungsministerium dazu etwas weiß. Es gibt Berichte darüber, dass es angeblich Pläne gebe, ein Schiff der Bundesmarine in die Straße zwischen Taiwan und China zu entsenden. Ist an diesen Berichten irgendetwas dran und, wenn ja, in welchem Zusammenhang?

Burger: Ich habe dazu keine aktuellen Erkenntnisse.

Fähnrich: Die Berichterstattung basiert, glaube ich, auf einem Bericht von der letzten Woche. Die haben wir zur Kenntnis genommen. Was wir dazu sagen können, ist: Derzeit gibt es weder konkrete Pläne bezüglich einer Entsendung eines Marineschiffs in diese Weltgegend, geschweige denn eine Entscheidung über ein solches Vorhaben.

Zusatzfrage: Das wäre ja etwas nach dem Muster, was die US-Marine respektive auch die französische Marine gemacht hat. Das wird dann natürlich von chinesischer Seite stets als Provokation empfunden. Ist das vor diesem Hintergrund überhaupt eine Diskussion, oder kommt diese ganze Vorstellung aus dem luftleeren Raum?

Fähnrich: Ich weiß nicht, vor welchem Hintergrund oder mit welcher Intention diese Diskussion kommt. Ich habe den aktuellen Stand mitgeteilt, den wir haben. Wichtig ist uns - das hat auch schon in dem Weißbuch der Bundesregierung seinen Niederschlag gefunden -, dass die Nutzung der Handelswege, die unbeschränkte Nutzung der hohen See ein hohes und wichtiges Gut ist und dass daran auch die Marine ihren Anteil leistet. Aber den derzeitigen Stand zu Ihrer Frage habe ich Ihnen gesagt.

Burger: Ich kann noch ergänzen, dass wir ganz grundsätzlich, auch bezogen auf die Situation im Südchinesischen Meer, von allen Anrainerstaaten die Einhaltung des internationalen Rechts und die Einhaltung der dazu bestehenden Abkommen fordern.

Frage : Ich hätte gerne einen Kommentar der Bundesregierung zu der Entscheidung des russischen Präsidenten, jetzt auch ganz offiziell aus dem INF-Vertrag auszusteigen, also sogar vor dem 2. August, an dem, glaube ich, die Frist endete.

Burger: Ich bin mir jetzt, ehrlich gesagt, nicht sicher, auf welche Kommunikation Sie sich genau beziehen.

Zusatz: Ich beziehe mich auf den Gesetzentwurf des Präsidenten, der nächste Woche durch das Parlament geht.

Burger: Ich glaube, unsere grundsätzliche Haltung zum INF-Vertrag haben wir hier immer wieder sehr deutlich gemacht. Wir sind der Meinung, dass der INF-Vertrag eine ganz wichtige Errungenschaft der europäischen Rüstungskontrollarchitektur ist. Wir haben sehr bedauert, dass Russland bisher keine Schritte unternommen hat, um die aus unserer Sicht begründeten Zweifel an seiner Vertragstreue auszuräumen. Wie gesagt: Wir haben sehr dafür geworben und plädiert, dass Russland das Notwendige tut, um den INF-Vertrag zu erhalten. Vor dieser Haltung beurteilen wir auch alle weiteren Schritte.

Zusatzfrage: Gibt es im Auswärtigen Amt oder wo auch immer in der Bundesregierung einen Plan, was nach dem Ende des Vertrages zu machen ist? Sie hatten ja mindestens ein halbes Jahr Zeit.

Burger: Der Außenminister hat im Prinzip seit Ende des letzten Jahres eine ganze Reihe von Initiativen gestartet, um das Thema Rüstungskontrolle und Abrüstung wieder auf die internationale Agenda zu setzen, sowohl im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als auch im Rahmen einer Konferenz hier in Berlin im Auswärtigen Amt, bei der es insbesondere um das Thema neuartiger Waffentechnologien ging. Insofern ist unser Interesse und unser Anliegen, alles zu tun, um die internationale Rüstungskontrollarchitektur zu stärken. Das betrifft natürlich auch, aber nicht nur die Waffensysteme, die bisher vom INF-Vertrag berührt sind.

Zusatzfrage: Der Außenminister ist definitiv dagegen, dass neue amerikanische Raketen in Europa aufgestellt werden, egal, ob konventionelle oder atomare. Die Verteidigungsministerin lässt diesbezüglich ihre Position offen. Ich möchte das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium fragen, wie sie zu der Option stehen, in Europa neue amerikanische Raketen zu stationieren, egal welche.

Burger: Mir ist überhaupt keine derartige amerikanische Absicht bekannt. Deswegen werde ich darüber jetzt auch nicht spekulieren.

Fähnrich: Dem habe ich auch nichts hinzuzufügen.

SRSin Demmer: Ich kann noch einmal darauf hinweisen, dass Nato-Generalsekretär Stoltenberg mehrfach gesagt hat, dass die Nato keine Pläne zur Stationierung nuklear bestückter Mittelstreckenwaffen in Europa hat.

Frage: Ich möchte gerne vom Finanzministerium etwas wissen. Frau Kalwey, es gibt neue Bewegungen beim Thema Grundsteuer und eine mögliche Einigung zwischen dem BMF und vor allem Bayern, was ja sozusagen als Sprachführer der Unionsseite auftritt. Können Sie sagen, wie der Stand der Dinge diesbezüglich ist?

Kalwey: Ich kann Ihnen dazu eigentlich nur sagen, dass die Gespräche darüber noch laufen und es keinen neuen Stand gibt.

Zusatzfrage: Gibt es denn heute oder in Kürze etwas zu berichten oder über etwas zu informieren? Ich frage das mit Blick darauf, dass es heute Morgen hieß, es gebe noch keine Einigung - das hieß es sowohl von Herrn Schneider aus der SPD als auch von Herrn Brinkhaus von der Union -, sich aber gleichzeitig das hartnäckige Gerücht hält, es könnte Mittwoch im Kabinett behandelt werden.

Kalwey: Wir beteiligen uns ja sehr ungern an Spekulationen und Gerüchten. Deswegen von uns noch einmal die Antwort: Es gibt aktuell keinen neuen Stand. Wenn es etwas Neues gibt, werden wir Sie sicher informieren.

Frage: Meine Frage richtet sich an das Verkehrsministerium. Mich würde einmal interessieren, wie besorgt die Bundesregierung - oder in dem Fall der Verkehrsminister - angesichts der Berateraffäre bei der Deutschen Bahn ist.

Friedrich: Dies ist zunächst einmal ein Thema für den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn. Dieser hat sich heute auch geäußert. Es gibt dazu eine Pressemitteilung, nach der die Aufklärung auf Hochtouren läuft. Auf diese würde ich an dieser Stelle verweisen und das darüber hinaus nicht weiter kommentieren.

Zusatzfrage: Das heißt, das Verkehrsministerium selbst ist nicht direkt aktiv und auch nicht im Kontakt zum Beispiel mit dem Bundesrechnungshof, der auch in der Sache ermittelt?

Friedrich: Über das hinaus, was ich Ihnen gerade gesagt habe, kann ich Ihnen leider keine weiteren Informationen geben. Ich kann gerne noch einmal nachhören, ob ich etwas später ergänzen kann. Es gilt erst einmal das, was über den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn in der Pressemitteilung der Deutschen Bahn gesagt worden ist.

Frage: Ich möchte es auch noch einmal versuchen. Wie besorgt ist denn der Minister, dass nun offenbar 26 Berater von der Bahn finanziert werden? Es geht ja am Ende immerhin auch um Steuergelder. Besorgt den Minister das oder eher nicht?

Friedrich: Ich kann nur noch einmal das wiederholen, was ich gerade gesagt habe.

Frage: Ich möchte gerne noch eine Frage zum Thema Iran an Herrn Burger richten. Es gibt eine Erklärung von drei EU-Botschaftern in Teheran - Deutschland, Großbritannien und Frankreich -, die sich besorgt über den wirtschaftlichen Druck auf die iranische Bevölkerung geäußert haben. Sie haben gesagt, dass sie sich verpflichtet sehen, Instex zu aktivieren und zu operationalisieren. Das dürfte der Bundesregierung bekannt sein. Ich möchte wissen, ob konkrete Schritte geplant sind und ob Sie in das, was die Botschafter verbreitet haben, involviert sind.

Burger: Wenn Sie sich auf die Erklärung beziehen, die ich jetzt im Kopf habe, dann geht es dabei in der Tat um Beratungen im Kreise der E3 zur Operationalisierung von Instex, also dem Zahlungskanal, bezüglich dessen wir dabei sind, ihn gemeinsam im E3-Kreis zu schaffen, um weiterhin Zahlungen nach und mit Iran für legitime Wirtschaftsbeziehungen zu ermöglichen. Dazu haben Treffen stattgefunden. Über den Fortschritt dieser Treffen und die Vorbereitungen zur Operationalisierung von Instex haben die drei Botschafter in dieser Pressemitteilung informiert. Der Außenminister hat darüber auch bei seiner Reise in Teheran selbst gesprochen und hat bekräftigt, dass wir mit Hochdruck daran arbeiten, dass Instex jetzt schnellstmöglich seinen Betrieb auch ganz praktisch aufnehmen kann. Dazu haben wir uns bereiterklärt, und das werden wir auch erfüllen.

Zusatzfrage: Gibt es schon wirklich konkrete Schritte, die genannt werden können, oder gibt es pauschale Bemühungen?

Burger: Die konkreten Schritte werden sein, dass Instex den Betrieb aufnimmt und Zahlungen zwischen Iran und europäischen Ländern über den Kanal Instex stattfinden werden.

Freitag, 14. Juni 2019

*

Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 14. Juni 2019
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/regierungspressekonferenz-vom-14-juni-2019-1637848
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dorotheenstr. 84, 10117 Berlin
Telefon: 030 18 272-0, Fax: 030 18 10 272-25 55
E-Mail: internetpost@bpa.bund.de
Internet: www.bundesregierung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Juni 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang