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PRESSEKONFERENZ/2023: Kanzlerin Merkel, Minister Scholz, Ministerpräsident Söder und Bürgermeister Tschentscher, 15.04.2020 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Mittwoch, 15. April 2020
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bundesminister Scholz, Ministerpräsident Söder und dem Ersten Bürgermeister Tschentscher im Anschluss an das Gespräch mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder


BK'in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben uns in den letzten Tagen sehr intensiv mit unserer heutigen Zusammenkunft beschäftigt, und wir haben heute per Videokonferenz miteinander beraten, wo unser Land im Hinblick auf die Epidemie steht, die vom Coronavirus ausgeht. Ich möchte mich bei den Bundesländern dafür bedanken, dass wir die gemeinsame Linie, die wir beschlossen haben, auch durchgesetzt haben, und dass wir heute verabredet haben, dann auch die nächste Phase gemeinsam zu gestalten.

Was hat uns heute geleitet? - Als Erstes möchte ich allen Menschen in Deutschland noch einmal ganz herzlich danken, den Bürgerinnen und Bürgern, die ihr Leben verändert haben, die auf Kontakte verzichtet haben, die sich einschränken - nicht etwa, weil sie der Regierung einen Gefallen tun, sondern weil sie ihren Mitmenschen helfen wollen. Das ist etwas ganz, ganz Starkes und Wichtiges, das unser Land bei aller Einschränkung im Augenblick erlebt. Es zeigt auch: Wenn etwas wirklich Gutes in unserem Land, in Deutschland, entstehen soll, dann ist das mit den Bürgern und durch die Bürger geschehen, und dafür bin ich dankbar.

Wir haben etwas erreicht - das hat uns heute auch das Robert-Koch-Institut bestätigt -, was ja keineswegs von Anfang an sicher war, nämlich dass unsere Ärzte, unsere Pflegekräfte und alle, die im medizinischen Bereich in den Krankenhäusern arbeiten, nicht überfordert wurden. Sie leisten Enormes, und viele sind auch unter größter Anspannung tätig. Aber es ist so gewesen, dass unser Gesundheitssystem am Laufen gehalten werden konnte. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im gesundheitlichen Bereich inklusive der niedergelassenen Ärzte und der vielen Menschen, die in diesem Bereich arbeiten - genauso in den Seniorenheimen und ähnlichen Einrichtungen -, bedanken.

Ich denke natürlich in dieser Stunde auch an die Infizierten, die die Coronakrankheit erleben oder schon erlebt haben. Wir wissen ja auch, dass wir leider schon eine Vielzahl von Opfern zu beklagen haben.

Das, was wir erreicht haben, ist ein Zwischenerfolg, nicht mehr und nicht weniger. Ich betone: Es ist ein zerbrechlicher Zwischenerfolg. Das hat Herr Wieler vom Robert-Koch-Institut uns heute noch einmal gesagt. Wir haben die Faktoren, die darüber eine Aussage treffen, in eine gute Richtung entwickelt. Aber wir haben auch nicht viel Spielraum, sondern wir müssen jetzt ganz konzentriert weitermachen. Deshalb hat unsere Beratungen bestimmt, dass es jetzt kein falsches Vorpreschen geben darf, auch wenn die besten Absichten dahinterstehen, sondern wir müssen verstehen, dass wir so lange mit dem Virus leben müssen, wie es keine Medikamente und insbesondere keinen Impfstoff gibt. Wir müssen die Erfolge sichern, die wir erreicht haben. Deshalb müssen wir sagen, wenn wir darüber sprechen, welche Schritte wir sozusagen in Richtung eines Etwas-mehr-Zulassens von öffentlichem Leben, die wir ja alle gehen wollen, gehen: Es geht um äußerste Vorsicht, die wir walten lassen müssen, und das hat unsere Beratungen heute auch geprägt, denn es geht jedes Mal um Menschen.

Wir haben uns geeinigt - natürlich ausgehend von unseren Beschlüssen, die wir am 12., 16. und 22. März 2020 gefasst haben -, dass es auch weiter entscheidend bleibt, dass Bürgerinnen und Bürger in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten und sich dort nur alleine mit einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes aufhalten. Das gilt weiterhin, und die Verstöße dagegen werden auch weiter von den Ordnungsbehörden geahndet.

Um zukünftig Infektionsketten schnell zu erkennen, ist mir etwas ganz wichtig, und ich bedanke mich bei den Ländern, die ihre Gesundheitsbehörden auch zum großen Teil schon aufgestockt haben: Wenn wir jetzt in Kleinen Schritten mehr öffentliches Leben zulassen, dann ist es ganz wichtig, dass wir die Infektionsketten noch besser verfolgen können. Es muss unser Ziel sein, jede Infektionskette verfolgen zu können. Dafür arbeiten wir ja auch an einer App. Aber vor allen Dingen ist das die Aufgabe der Gesundheitsbehörden. Denn wenn wir das können, dann können wir auch Infektionsherde eingrenzen, und dann ist die Lockerung im Bereich des öffentlichen Lebens nicht mehr so eine gravierende Frage, weil wir ja wissen, wo Infektionsherde entstehen. Wenn wir das nicht haben, dann werden wir nicht so erfolgreich sein, und deshalb ist das von ganz, ganz entscheidender Bedeutung.

Wir wollen natürlich eine gute Versorgung mit Testkapazitäten. Wir wollen an der medizinischen Schutzausrüstung arbeiten. Wir haben sehr ausführlich über die Frage der sogenannten Alltagsmasken gesprochen und sprechen uns dafür aus, dass es empfehlenswert ist, dass es sozusagen geboten ist, diese Alltagsmasken auch im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkaufen zu verwenden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der in unseren Beschlüssen jetzt auch weiterentwickelt wurde. Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern also die Nutzung entsprechender Alltagsmasse insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr und beim Einkaufen dringend empfehlen. Wir glauben, dass wir jetzt mit jedem Tag mehr dieser Alltagsmasken bekommen werden und dass das dann auch dazu dienen sollte, andere Menschen und, wenn das viele tun, eben auch sich selbst zu schützen.

Wir haben über Pflege- und Altenheime gesprochen. Es wird ganz wichtig sein, dass wir individuelle Konzepte entwickeln, um nicht die soziale Isolation der Menschen in diesen Heimen zu haben und trotzdem die Sicherheitsstandards einzuhalten.

Wir haben natürlich eine ausführliche Diskussion über Kindergärten, Schulen und Hochschulen geführt. Ich weiß, wie viele Menschen in Deutschland gerade diese Diskussion verfolgen. Denn es ist natürlich eine ganz, ganz schwierige Situation für Eltern, dass ihre Kinder andere Freunde nicht treffen können, dass es nur eine Notbetreuung gibt, dass die allermeisten zu Hause sind. Trotzdem müssen wir, auch um die Anforderungen an den Infektionsschutz einzuhalten und Menschenleben zu sichern, hierbei ganz behutsam und schrittweise vorgehen. Das ist uns heute auch gelungen, indem wir uns vor allen Dingen erst einmal auf die Abschlussklassen, die Prüfungen machen müssen, konzentrieren und in einem nächsten Schritt auf die, die dann Prüfungen machen oder Schulwechsel vor sich haben. Dann legt uns die Kultusministerkonferenz noch einmal ein ausführliches Konzept vor, genauso wie die Jugendministerkonferenz. Denn wir können nach dem 4. Mai nur schrittweise langsam wieder die einzelnen Schuldinge machen. Es muss in reduzierten Gruppen sein. Es muss ein Schulbuskonzept da sein. Es muss ein Pausenkonzept da sein. Es wird also ein hoher logistischer Aufwand zu betreiben sein. Deshalb bedarf das einer intensiven Vorbereitung.

Ich weiß, wie viel Verzicht das für Eltern noch bedeutet. Aber ich glaube, dass das einfach notwendig ist, wenn wir sagen: "Wir müssen in der Pandemie mit diesem Virus leben", und das deutet sich dort auch an.

Auch Friseurbetriebe müssen Hygienekonzepte anfertigen und werden dann ihre Arbeit ab dem 4. Mai wiederaufnehmen können, wenn die Schutzmaßnahmen ausreichend sind.

Wir haben intensiv über das hohe Gut der Religionsfreiheit gesprochen und auch über die Veranstaltungen, die von den Kirchen stattfinden. Ich möchte den Kirchen ein ganz herzliches Dankeschön sagen. Denn sie haben gerade jetzt über Ostern viel Fantasie bewiesen, damit, obwohl keine Gottesdienste stattfinden konnten, Menschen ihren Glauben leben konnten. Wir wollen, dass religiöse Feierlichkeiten, Veranstaltungen und Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften zunächst weiterhin nicht stattfinden. Aber noch in dieser Woche wird es ein Gespräch von Ministerpräsidenten und dem Bundesminister des Innern über die Frage geben, wie man einen einvernehmlichen Weg für das weitere Vorgehen findet.

Wichtig ist, dass wir ja nicht die wirtschaftliche Tätigkeit im Großen und Ganzen unterbunden haben, sondern nur dort, wo es Publikumsverkehr gibt. Wir haben uns natürlich sehr ausführlich mit der Frage der Öffnung weiterer Geschäfte befasst und auf der einen Seite gesagt: Geschäfte bis zu 800 Quadratmetern können aufmachen, allerdings mit guten Konzepten für die Nutzung dieser Geschäfte und mit Hygienekonzepten. Wir müssen auch schauen, dass sich auf den Straßen keine riesigen Schlangen bilden. Auch das gehört mit zum Verantwortungsbereich. Auch dafür wird eine Vielzahl von Vorbereitungsarbeiten durchgeführt werden müssen.

Wir werden viel in die Forschung investieren - das ist unstrittig -, um gerade auch unseren Teil dazu zu leisten, noch mehr zu erforschen, wie viele Menschen diese Infektion schon hatten, wie wir zu einer Impfstoffentwicklung beitragen können und welche Medikamente wichtig sind. Ich darf sagen, dass wir auch gerade seitens des Bundes in sehr großzügiger finanzieller Unterstützung alles tun, damit der Forschungsstandort Deutschland seinen Beitrag zur Bewältigung dieser Pandemie leisten kann.

Abschließend: Wir werden uns immer in 14-Tagesabständen mit den weiteren Entwicklungen befassen. Wir wollen sehen, welche Auswirkungen die Lockerungsmöglichkeiten, die wir heute ins Auge gefasst haben, auf die Entwicklung der Infektionen haben. In diesem Sinne werden wir uns deshalb am 30. April wieder darüber unterhalten, was nach dem 3. Mai passiert. Die Spanne, die wir jetzt ins Auge gefasst haben, ist die zwischen dem 20. April und dem 3. Mai. Dann werden wir in weiteren Schritten vorgehen.

Es wird jetzt ganz davon abhängen, wie sich die Infektionsraten entwickeln. Ich sagte es schon: Wir haben nicht viele Spielräume. - Deshalb hoffe ich, dass alle weiterhin so mitmachen und die Regeln einhalten. Dies alles ermöglicht uns immer ein weiteres Kleines Stück öffentlichen Lebens, wie wir es gewohnt sind, aber eben in der Pandemie, das heißt, anders und mit anderen Regeln.

MP Söder: Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Bundeskanzlerin! Erst einmal: Ich glaube, das war heute eine sehr, sehr gute, sehr wichtige und sehr verantwortungsbewusste Diskussion, die wir geführt haben. Sie war von dem tiefen Bewusstsein geprägt, wie wir unser Land und die Menschen weiter schützen können.

Eines kann man, glaube ich, sagen: Deutschland ist bislang im Vergleich zu vielen anderen Ländern besser durch diese schlimme Krise, die global stattfindet, gekommen. Wir können schon sagen, dass wir Corona zumindest anders unter Kontrolle haben, als das in vielen Ländern der Welt der Fall ist.

Warum? Weil die Strategie, die wir entwickelt haben, die richtige war: Rechtzeitig, frühzeitig zu handeln und konsequent zu bleiben. Deswegen ist es wichtig, dass wir diesen grundlegenden Weg fortsetzen. Ich freue mich heute, dass wir weiter einen vorsichtigen Weg beschritten haben. Wir haben keine unkontrollierten Exit-Strategien diskutiert, sondern wir setzen weiter auf Vorsicht. Denn wir glauben, dass die größte Gefahr darin bestehen könnte, dass die guten Zahlen - was heißt "gute Zahlen"- , dass also die Entwicklung, die stabil ist, einen Rückschlag erleidet, wenn wir zu viel riskieren, wenn wir leichtsinnig werden und wenn wir Normalität vortäuschen, die es noch nicht geben kann, solange es keinen Impfstoff, solange es keine Medikamente gibt. Solange müssen wir einen Weg, ein Konzept finden, mit Corona zu leben - in Form von so viel Sicherheit wie möglich, aber auch mit den Möglichkeiten, den Menschen wieder die Freiheit zu geben.

Vor dem Hintergrund haben wir heute die unterschiedlichsten Bereiche diskutiert und miteinander abgewogen. Wir haben Spielräume entwickelt, weil Länder natürlich unterschiedlich betroffen sind. Der Süden Deutschlands ist stärker von Infektionen betroffen als andere Teile Deutschlands. Insofern haben wir auch Rahmen definiert, die unterschiedlich ausgeschöpft werden können. Für mein Land kann ich beispielsweise sagen: Wir werden das vorsichtiger und etwas zurückhaltender angehen. Aber die Möglichkeiten sind je nach der Infektionslage stärker zu gewichten.

Wichtig ist: Umsicht, Vorsicht, Besonnenheit sind an der Stelle wichtiger als ein überstürztes Vorgehen, was uns in einigen Wochen zu einem Ergebnis führen könnte, dass die Zahlen sich schlechter entwickeln und wir dann zurückdrehen müssen. Über eines darf sich keiner täuschen: Die gute Entwicklung hängt mit den Maßnahmen zusammen, die getroffen wurden. Auch Länder, die anfangs anders gedacht haben, sind letztlich dem Weg, den Deutschland geht, nahezu vollständig gefolgt - einige später, einige unter Schmerzen. Deswegen glaube ich, dass wir in Deutschland nicht vergessen sollten, dass es ganz anders aussehen könnte, hätten wir falsch, zu spät oder nicht umsichtig reagiert.

Wir wollen uns jetzt nicht durch die Gegend tasten, sondern wir wollen versuchen, mit Weitblick und Übersicht durch diese weitere Krise zu führen. Deswegen ist es wichtig, dass wir in Schritten arbeiten und schauen, wie die Schritte wirken. Es ist nicht nur wichtig, was die Schritte an Normalität bedeuten, sondern vor allem auch, was die Schritte in Bezug auf die Entwicklung der Infektionen bedeuten. Deswegen gilt: nicht alles auf einmal, sondern abgestuft, zeitversetzt, bestimmte Bereiche einfacher, bestimmte Bereiche deutlich zurückhaltender.

Die Philosophie muss lauten: Fortsetzen der Strategie, erleichtern, wo es möglich ist, aber jede Erleichterung mit Schutz versehen. Wichtig ist: Die Vorsorge intensiv ausbauen und aufbauen. Deswegen ist die erste und vielleicht nach wie vor die wichtigste Botschaft: Das Distanzgebot, die Ausgangsbeschränkungen oder die Kontaktsperren - wie immer man das nennt - bleiben erhalten.

Geschäfte werden leicht und schrittweise geöffnet, aber mit Schutzkonzepten. Schutzkonzept bedeutet, infektionsschützende Bereiche einzurichten, Desinfektion, das Halten von Abstand, pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche nur eine Person einzulassen und deswegen auch den Bereich der Masken in den Vordergrund zu rücken.

Für uns ist klar: Der Staat sorgt, was die Maskenstruktur betrifft, für medizinische Masken in den Pflege- und Altenheimen, in den Krankenhäusern und bei Ärzten, die hochwertige und auch ganz besonders schwierig herzustellende Masken benötigen. Das ist Aufgabe des Staates. Aber in Bezug auf Geschäfte und im privaten Bereich sowie im Bereich des ÖPNV ist es wichtig, dass man auch mit einfachen Community-Masken, mit einem entsprechenden Mund- und Nasenschutz, selbstständig agieren kann.

Deswegen: Ja, was die Geschäfte angeht, gibt es eine leichte Öffnung. Wir im Süden werden das wohl etwas zeitversetzt machen. Es wird diese Öffnungen bis zu einer Verkaufsfläche von maximal 800 Quadratmetern geben. Auch dabei ist unterschiedlich, wer das ausschöpfen will. Das muss in der jeweiligen Struktur entsprechend verantwortet werden. Ich halte diese Form für richtig, aber - ich sage es noch einmal - mit einem Hygienekonzept. Deswegen kann man das auch nicht gleich umsetzen, weil gerade Kleinere Geschäfte ein Stück weit Zeit brauchen, um die Umsetzung vornehmen zu können. Auch da gilt der Grundsatz: Langsamer bringt mehr Erfolg als hektisch und überstürzt, auch für die Wirtschaft.

Klar ist, dass Gastronomiebetriebe, Hotels für Tourismus, Bars, Diskos, Kaufhäuser, Shoppingmalls, also alle Orte, an denen sich enorm viele Menschen ansammeln, nach wie vor nicht geöffnet werden können. Wir werden in den nächsten Wochen entscheiden, wie. Aber dass wir zurückhaltend sind, können Sie daran sehen, dass wir bereits klar gesagt haben, dass Großveranstaltungen bis Ende August nicht gehen. Alle Bierfeste, alle Großveranstaltungen werden also auf keinen Fall stattfinden können, denn bis dahin haben wir weder Medikament noch Impfstoff.

Wir haben gesehen, dass der Après-Ski in Ischgl, der Karneval in Heinsberg oder das Starkbierfest bei uns in Tirschenreuth leider Plattformen waren, aufgrund denen eine starke und auch schlimme Ausbreitung möglich gewesen ist. Deswegen hier große Zurückhaltung.

Was die Glaubensgemeinschaften betrifft, hat die Bundeskanzlerin zu Recht gesagt: Wir schätzen das Gut der Glaubensfreiheit enorm. Es hat jeden geschmerzt, das an Ostern zu sehen. Bewundernswert war übrigens auch, wie der Heilige Vater, der Papst, die Messe in einem sehr stark gebeutelten Land wie Italien abgehalten hat. Es wird über Konzepte nachgedacht, wie wir das vernünftig miteinander machen können.

Zu den Schulen: Was die Schulen angeht, sind wir uns einig - und dafür bin ich sehr dankbar -, dass wir keine falschen Entscheidungen getroffen haben und ab nächster Woche alle öffnen. Auch unsere Lehrerverbände in Deutschland, denen ich an der Stelle ein großes Dankeschön sagen möchte, machen sich wirklich gute Gedanken, wie wir den Schulbetrieb klug durchführen können. Auch die KMK arbeitet bereits vor.

Für uns ist wichtig - das ist für die Länder ganz entscheidend, weil sie unterschiedliche Zeitzyklen in Bezug auf die Abiturprüfungen und die Ferien haben -, dass man zunächst einmal Vorbereitungen trifft, dass beispielsweise Abiturprüfungen, die Prüfungen für die Mittlere Reife oder die sogenannte Quali stattfinden können. Das ist der erste Schritt. Dann werden wir zeitversetzt - in Bayern ab dem 11. Mai, andere ab dem 4. Mai - über Abschlussklassen reden. Andere Stätten wie Grundschulen oder Kitas bleiben vorerst zu. Allerdings werden sie mit einer Notfallbetreuung versehen, die ausgeweitet werden soll. Wenn wir bestimmte Geschäfte öffnen, brauchen wir ja auch eine bessere Betreuung. Die Länder haben sich an der Stelle dazu verpflichtet.

Die Kultusminister müssen sich dann noch einmal mit den Fragen beschäftigen, wie wir bei mehr Schülern das so organisieren, dass Abstand gehalten werden kann, welche Fächer unterrichtet werden müssen, wie man mit Versetzungen umgeht, was ganz wichtig ist. Denn vielen Schülern fehlt die Zeit, um sozusagen in der kritischen Phase eine Versetzung zu schaffen. Andere wären froh, wenn das Schuljahr schon zu Ende gewesen wäre. Das müssen wir sehr klug überlegen. Hier brauchen wir sehr seriöse Konzepte, die für alle ermittelt werden können.

Folgendes ist noch einmal wichtig: Grundschulen und Kitas bleiben vorerst bis auf die 4. Klasse, also den Übertritt, erst einmal geschlossen. Wir glauben einfach, dass man den Kleinen Kindern nicht zumuten kann, mit einem Mundschutz und Ähnlichem zu leben oder zu arbeiten. Hier ist es sehr schwer, an sie zu appellieren und zu sagen: Verhaltet euch entsprechend. Damit tun sich schon manche Erwachsene schwer.

Das gilt übrigens auch für den ÖPNV. Ich glaube, dass wir im Bereich des ÖPNV oder der Geschäfte, die sich in Sachen Öffnung weiterentwickeln, eher stärker das Maskengebot verstehen müssen und auch stärker daran erinnern müssen. Denn in all den Bereichen, in denen man kurz sehr nahe zusammen ist und der Abstand schwerer einzuhalten ist, ist eine Maske, ein Mundschutz, übrigens ein ganz einfacher Mund-Nasenschutz, ein hilfreiches Instrument.

Letzter Punkt: Strategie fortsetzen, Erleichterungen machen und Vorsorge verstärken. Wenn es optimal liefe, wäre unser Ziel, in so eine Phase wie bei Webasto zu kommen, dass wir die Einzelfälle und Infektionsketten gut verfolgen können. Das Drama in Italien war ja, dass Infektionsketten nicht mehr verfolgbar waren und damit eine völlig unkontrollierte Ausbreitung möglich war. Das gelingt uns aber nur, wenn wir neben der Erhöhung der Intensivbetten weiter - - - Ich glaube, man kann eines sagen: Das deutsche Gesundheitssystem hat bei aller Kritik, die es immer gibt, im Moment den internationalen Bewährungstest gut bestanden. Das kann man wirklich sagen. Wir gehen eher höher; wir wollen eher mehr machen. Wir brauchen mehr Intensivbetten, mehr medizinische Versorgung.

Ganz wichtig: Wir brauchen mehr Testkapazitäten. Diese müssen wir deutlich ausweiten. Wir in Bayern testen wirklich sehr viel. Wir wollen die Testkapazitäten massiv ausbauen, weil wir nur über Tests die gesamte Datenlage und auch die Verfolgung von Infektionsketten gewinnen können.

Last but not least: Wir brauchen einen Ausbau der Gesundheitsämter. Bei uns werden es 4000 Personen sein, die wir zusätzlich ausbilden. Es wird 650 Teams allein in Bayern geben, die die jeweilige Rückverfolgung, die Beobachtung und die entsprechende Beachtung der Infektionsketten vornehmen können.

Fazit: Ich bin dem Bund sehr dankbar. Der Bund hat heute sehr dabei mitgeholfen, dass auch aus unterschiedlichen Positionen der Länder am Ende weiter ein gemeinschaftlicher Geist herrscht. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Deutschland hat eine gemeinschaftliche Philosophie. Ich glaube, auch die Debatten der letzten Tage sind heute in ein gutes Ergebnis gemündet, dass es Verlässlichkeit, Vergleichbarkeit und im Großen und Ganzen einen sehr einheitlichen Rahmen in ganz Deutschland gibt. Es gab schon paar Kleine Unterschiede. Die sind aber nicht schlimm. Sie bleiben auch einmal eine Woche hin oder her bestehen. Aber im Großen und Ganzen sind sich alle Länder mit dem Bund komplett einig, was die Strategie betrifft. Die Strategie heißt: Vorsicht! Sie heißt: Wir sind noch nicht über den Berg. Aber wenn wir diese Geduld, die wir haben, weiter klug umsetzen, dann, glaube ich, dass wir am Ende vielleicht sogar aus dieser ganzen Situation gestärkter hervorgehen können, als es viele, viele andere Länder der Welt schaffen können.

Vielen Dank!

BGM Tschentscher: Sehr geehrte Damen und Herren, als wir vor einigen Wochen erkannt haben, dass Deutschland doch sehr stark von der Coronapandemie ergriffen wird, haben die Bundesregierung und die Landesregierungen ja keine Vollbremsung gemacht, aber fast. Wir haben in sehr kurzer Zeit mit sehr geringen zeitlichen und inhaltlichen Unterschieden das öffentliche Leben weitestgehend zurückgefahren. Wir haben die öffentliche Bewegung eingeschränkt. Wir haben all das gemacht, was wir unbedingt machen mussten, um uns überhaupt zu orientieren, um in dieser doch sehr schwierigen Situation sicheren Boden unter die Füße zu bekommen, um nicht Bilder, die wir aus Italien, aus Spanien, aus Frankreich vor Augen hatten, hier in Deutschland zu riskieren.

Die gute Nachricht heute ist: Wir haben das Infektionsgeschehen dadurch sehr, sehr stark verlangsamt. Die kritische Nachricht ist: Wir haben nicht viel Spielraum. Das Eis ist dünn. Wir müssen bei allem, was wir tun, bedenken, dass der Erfolg der bisherigen Maßnahmen nicht infrage gestellt wird.

Zugleich ist uns in den letzten Wochen bewusst geworden, dass es ist wie mit dem Luftanhalten: Die ersten zehn Sekunden sind noch leicht, die nächsten zehn Sekunden werden schwieriger und nach weiteren Sekunden spürt man plötzlich, wie stark die Folgewirkungen sind: die wirtschaftlichen Folgewirkungen, die sozialen Folgewirkungen, die psychologischen Fragen, die Auswirkungen im Bildungssystem. Deswegen war heute die Diskussion davon geprägt, dass wir an den wichtigsten Stellen die Erleichterungen der Beschränkungen so formulieren, dass wir diese Beschränkungen mit Maß und im Blick auf die Wirkung sehr, sehr dosiert lockern. Immer wenn es den Impuls gegeben hat, zu sagen "Mensch, eigentlich müssen wir doch stärker in die Normalität zurück", war immer der verantwortungsvolle Gedanke im Hintergrund: Das könnte ein zu großer Schritt sein. Wir dürfen nicht in einzelnen Bereichen zu viel riskieren und damit den Gesamterfolg infrage stellen.

In dieser doch wirklich ganz gemeinsamen Haltung sind wir durch die Themen, die Maßnahmenpakete gegangen, die vorbereitet sind, und haben wirklich einen verantwortungsvollen und maßvollen Schritt vereinbart: einerseits mit Erleichterungen, die jetzt nötig sind und die maßvoll sind, anderseits aber auch mit Maßnahmen, die vereinbart werden, um das Infektionsgeschehen noch besser in den Griff zu bekommen.

Die Corona-Testkapazitäten sollen vergrößert werden. Das öffentliche Gesundheitswesen muss gestärkt werden. Das Tracing von Kontakten soll ausgearbeitet werden. Wir müssen uns in dieser Situation über einen längeren Zeitraum darauf einstellen, dass wir es mit einer Pandemie zu tun haben. Auch das ist heute eine klare Botschaft der Gesundheitsexperten des Robert-Koch-Instituts: Wir werden noch über Monate mit solchen Einschränkungen leben müssen. Deswegen müssen wir auch prüfen, wie wir am besten durch diese schwierigen Monate kommen.

Das, was heute vereinbart worden ist, sind die wichtigsten Maßnahmen, die wir jetzt umsetzen wollen. Wir werden das kontrollieren. Es wird über die nächsten Monate immer wieder nötig sein und wichtig sein, dass wir kontrollieren, wie sich die Maßnahmen, die wir umsetzen, wie sich die Vorkehrungen, die wir treffen, im wirklichen Infektionsgeschehen auswirken.

Es bleibt nach wie vor das oberste Ziel, dass wir Gesundheit und Menschenleben schützen und unser Gesundheitssystem nicht überlasten. Wir nehmen auch wahr, dass es in der Bevölkerung wirklich ein breites Bewusstsein dafür gibt, dass das gemeinsame Ziel ist, dass wir unsere eigene Gesundheit, aber eben auch das Gemeinwesen schützen, wenn wir jetzt weiter mit der gleichen Disziplin vorangehen, wie wir das in den letzten Wochen erlebt haben.

BM Scholz: Die Welt hat sich für uns alle geändert angesichts einer weltweiten Pandemie, die alle Menschen auf der Welt gleichermaßen trifft, aber die einzelnen Länder ganz unterschiedlich. Deutschland hat angesichts einer sehr starken Wirtschaft große Möglichkeiten, mit dieser Herausforderung zurechtzukommen, und natürlich verschafft uns auch unser robuster und starker Sozialstaat Möglichkeiten, gerade was das Gesundheitswesen betrifft, die andernorts nicht in gleicher Weise zur Verfügung stehen.

Aber auch für uns gilt: Wenn sich alles ändert, ändert sich eben viel im Leben - für diejenigen, die arbeiten gehen wollen und ihre Arbeitsplätze nicht mehr wie gewohnt wahrnehmen können; für die Unternehmen, die planen, was mit ihrer eigenen Zukunft weiter sein wird; aber auch im Alltagsleben aller Bürgerinnen und Bürger, die ihre Freunde nicht mehr sehen können wie bisher und die viele gewohnte Veranstaltungen und Lebenspraktiken nicht mehr fortsetzen können.

Ich finde, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes sehr dankbar sein können für das, was sie leisten. Denn die eigentliche Beobachtung, die wir hier machen können, ist doch, dass es ein großes Einvernehmen gibt, mit der Notwendigkeit, auch drastische Maßnahmen zu ergreifen, und dass es eine große Klugheit und Besonnenheit gibt, auf die wir als diejenigen, die mit einem Regierungsauftrag versehen sind, auch zählen können, genauso wie die Parlamente.

Was wir in einer solchen Situation natürlich auch brauchen, ist Geschlossenheit. Es ist deshalb sehr gut, dass die Regierung in dieser Frage sehr eng und gut zusammenarbeitet, und es ist sehr gut, dass diese Geschlossenheit auch im Verhältnis zwischen Bund und Ländern gilt. Gern wird ja geklagt über die Beschwerlichkeiten des Föderalismus. Ich will in diese Klage nicht einstimmen, denn aus meiner Sicht ist es genau umgekehrt: Die Tatsache, dass wir jetzt sehr sorgfältig und auch viele Stunden lang - nicht nur heute, sondern auch die letzten Tage - über das diskutiert haben, was jetzt zu machen ist, und dass wir in der Regierung einen Vorschlag entwickeln konnten, der dann am Ende auch für alle Länder funktioniert hat, ist eigentlich etwas, das dazu beiträgt, dass unsere Entscheidungsvorschläge miteinander besser werden und dass wir das Land miteinander besser regieren können, was in dieser Situation ganz besonders wichtig ist. Geschlossenheit ist also etwas, was man braucht, aber was es eben auch gibt.

Für die Regierung wie für uns alle gemeinsam gilt: Was wir brauchen, sind Augenmaß und Zuversicht, um in dieser Situation besonnen zu handeln und jeweils abzuwägen, was der nächste mögliche Schritt ist, der die erreichten Erfolge nicht gefährdet. Ich glaube, das setzt sehr viele selbstkritische Reflexionen voraus. Wir müssen immer fragen "Hat das, was wir gemacht haben, gestimmt?" und müssen auch bereit sein, Entscheidungen zu korrigieren, falls das notwendig ist, statt aus falschen Gründen an etwas festzuhalten, das sich nicht bewährt hat.

Aber in diesem Sinne, mit Augenmaß und Zuversicht, können wir jetzt auch Veränderungen vornehmen, und solche Veränderungen sind mit den Beschlüssen, die die Ministerpräsidenten und die Regierung heute gemeinsam gefasst haben, auch verbunden. Wir öffnen stückweise einen Teil des sozialen Lebens und auch der wirtschaftlichen Tätigkeit, weil wir glauben, das könnte genau das Maß sein, in dem das jetzt möglich ist, ohne die Erfolge zu gefährden.

Das ist ein richtiger, ein wichtiger Schritt, der jetzt für das gebraucht wird, worum es eigentlich geht: Wir bewegen uns in eine neue Normalität - eine Normalität, die nicht kurz sein wird, sondern die längere Zeit anhalten wird, nämlich bis es uns gelingen wird, bessere therapeutische Möglichkeiten zu haben und auch Impfstoffe zu besitzen, die uns helfen, die Ausbreitung der Pandemie in Deutschland und andernorts zu verhindern. Solange das nicht der Fall ist, wird es eine lange Zeit geben, in der wir unsere wirtschaftliche Praxis, unsere soziale Praxis so verändert haben müssen, dass wir mit dem Virus und mit seinen Auswirkungen, mit dem Infektionsgeschehen, trotzdem ein gutes Leben miteinander haben.

Weil das mit den Bürgerinnen und Bürgern gut gelingt, weil sie klug und besonnen sind, und weil wir alle gemeinsam Augenmaß und Zuversicht haben, können wir, glaube ich, davon ausgehen, dass wir eine Chance haben, das zu schaffen. Das wäre ja nicht schlecht; denn es muss auch eine Zeit danach geben, in der wir dann auf diese Erfahrungen zurückgreifen können und eine weitere Zukunft bilden können.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Gaststätten, Restaurants und Hotels bleiben erst einmal geschlossen. Die Bürger sind über Ostern weitgehend zu Hause geblieben. Im Mai kommt Pfingsten. Können Sie für die Menschen vielleicht einen Silberstreif am Horizont sehen, was Pfingsten angeht? Muss man möglicherweise für den Gastronomie- und den Tourismusbereich die Hilfen noch einmal aufstocken?

Herr Ministerpräsident Söder, können Sie uns bitte erklären, warum man gerade die 800 Quadratmeter gewählt hat und nicht 600 oder 1200? Das ist ja eine wichtige Frage.

BK'in Merkel: Zu der Frage, was mit Gastronomie, Restaurants und Ähnlichem passiert, können wir heute noch nichts sagen. Wir gehen jetzt in Kleineren Schritten voran und müssen schauen, wie sich das auswirkt. Wir richten nach wie vor die Aufforderung an die Menschen, sich außerhalb des eigenen Haushalts nur mit einer einzigen weiteren Person, die nicht zum eigenen Hausstand gehört, aufzuhalten. Sie können sich vielleicht vorstellen: Bei Gaststätten und Gastronomie ist überhaupt nicht mehr kontrollierbar, wer um einen Tisch herum sitzt. Deshalb müssen wir hier schon darauf achten, dass wir sozusagen die Maßstäbe nicht vollkommen verschieben.

Das ist also noch nicht dran. Wir müssen jetzt erst einmal schauen, ob wir mit den Schritten, die wir jetzt gehen - Öffnung weiterer Geschäfte, Abschlussklassen im Abitur, die Zehnte-Klasse-Prüfung, Abschlussklassen an den Hauptschulen -, unseren Spielraum ausschöpfen oder nicht. Was sich dann tut, sehen wir erst in 14 Tagen bis drei Wochen, und dann werden wir eben über weitere Schritte beraten, je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln. Wir müssen auch genauer werden - ich will es wiederholen - beim Nachverfolgen der Infektionsketten. Deshalb stand das heute nicht auf der Tagesordnung und deshalb wäre es auch vollkommen spekulativ, sich dazu jetzt zu äußern.

Zur Philosophie mit den Quadratmetern, zu der Markus Söder gleich auch noch etwas sagt: Es geht ja nicht darum, dass ein Unternehmen oder ein Laden nicht ein inneres Schutzkonzept erstellen könnte. Für den Einzelhandel kann das wahrscheinlich jeder. Wir müssen aber schauen, dass wir nicht den gesamten Publikumsverkehr in den Städten wieder möglich machen; denn dann entstehen auch wieder Infektionsketten. Man muss das vielmehr dosiert machen. Darüber gab es durchaus eine breite Diskussion, und im Wege eines Kompromisses hat man sich jetzt auf diese Zahl geeinigt. Die ist aber nicht wesentlich dadurch zustande gekommen, dass man sagt: Mit 1000 Quadratmetern kann einer kein Schutzkonzept erstellen. Sie ist vielmehr mit der Frage verbunden: Wie viele Läden sind das dann, und was bedeutet das auch mit Blick auf den öffentlichem Personennahverkehr und alles, was darum herum liegt?

MP Söder: Ich kann zu beiden Bereichen noch etwas ergänzen.

Es kommt darauf an, unkontrollierte Situationen so weit es geht zu unterbinden. Die Menschen haben sich jetzt so unglaublich geduldig und verständnisvoll verhalten, und zwar auch in unterschiedlichen Regionen mit unterschiedlicher Infektionssituation. Da möchte ich auch noch einmal ein großes Kompliment aussprechen: Die Menschen haben sich insgesamt - auch über Ostern, glaube ich - sehr gut daran gehalten; das ist ein sehr positiver Wert. Ich verstehe, dass man jetzt eigentlich gerne in ein Lokal zum Essen gehen möchte oder dass der eine oder andere gern in den Biergarten oder in andere Außengastronomie gehen möchte. Wir würden damit zum jetzigen Zeitpunkt aber erheblichste Risiken eingehen. Man kann in der Gastronomie beispielsweise per se schon keinen Mundschutz organisieren. Dort, wo es dann vielleicht auch die Chance gibt, ein Glas Wein oder Bier zu sich zu nehmen, würde die Disziplin auch automatisch schwächer. Darum ist dieser Teil derjenige, der eher am entferntesten ansteht.

Zu den 800 Quadratmetern: Die Bundeskanzlerin hat völlig recht, da gab es in der Tat etwas unterschiedliche Überlegungen. Die einen haben gemeint: Es ist völlig egal, wir legen da keine Größenordnung fest und machen quasi alles auf, versuchen aber, ein Schutzkonzept zu hinterlegen. Das Problem ist eben einfach, dass es damit zu wahnsinnigen Ansammlungen bei den Großen - den ganz großen Möbelhäusern, den ganz großen Unternehmungen - kommt. Diese würden sicherlich alles tun, um zu versuchen, das zu organisieren, aber das würde dann dazu führen, dass wir in den Innenstädten wieder eine so massive Ballung hätten, dass sich der ganze positive Effekt der letzten Wochen in wenigen Tagen aufheben ließe. Das wollten wir nicht riskieren.

Insofern ist das in der Tat ein Kompromiss. Es gibt eine baurechtliche Vorschrift, die da als Anhaltspunkt galt. Ich persönlich halte 800 Quadratmeter, ehrlich gesagt, auch fast für zu viel. Wir haben noch hineingeschrieben: Die Länder können das ausschöpfen. Wir haben morgen in Bayern beispielsweise noch einmal Kabinett und überprüfen das. Denn wir haben auch gesagt - und dafür bin ich auch dankbar -: In einigen Bundesländern gibt es weniger an Problematik als in anderen Bundesländern, und diejenigen, die eine stärkere Herausforderung haben, müssen natürlich noch vorsichtiger und umsichtiger agieren. Das wollen wir heute oder morgen in den jeweiligen Landesregierungen dann noch einmal gewichten. Ich glaube aber, so ist der Kompromiss gut vertretbar und man kann ihn so auch umsetzen. Es freut mich jedenfalls, dass sich insgesamt die vorsichtigere Linie, die auch die Bundeskanzlerin vertreten hat und die auch Herr Tschentscher und Herr Scholz mit entwickelt haben, ganz mehrheitlich durchsetzt.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, anfangs stand ja "flatten the curve" über allem. Womit könnte man eigentlich die derzeitige Strategie im Umgang mit der Pandemie überschreiben? Heißt es jetzt "keeping the curve", und auf welchem Level? Oder wollen wir noch weitergehen und die Neuinfektionen so weit herunterfahren, dass wir die Infektionsketten immer gleich zurückverfolgen können? Worauf läuft es da gerade also hinaus, was ist da die Strategie, und welche Kriterien sind entscheidend, wenn es um weitere Lockerungen geht?

BK'in Merkel: Na ja, wir sind bei den Neuinfektionen jetzt in einem Bereich, der in den letzten Tagen bei etwa 3000 oder sogar darunter lag. Diese Neuinfektionen kann man natürlich in den vielen Gesundheitsämtern, wenn sie gut ausgestattet sind, durchaus nachvollziehen; es ist nicht mehr so, dass das überhaupt nicht geht. Das muss auch unser Ziel sein, denn alles andere wird uns in große, große Schwierigkeiten bringen. Das wird vielleicht nicht gleich von der ersten Woche an klappen, aber wir werden uns das jetzt sehr viel genauer anschauen. Das Infektionsschutzgesetz sagt nicht nur, dass ein Gesundheitsamt die Zahl der Fälle melden muss. Ein Gesundheitsamt muss vielmehr eigentlich auch melden, in welchem Alter, an welcher Stelle, in welchem Ort des Bereichs des Gesundheitsamtes diese Menschen sind. Wenn sie dann sehen, dass sie einen Infektionsfall in einem Altersheim oder in einer Berufssituation oder an einer Schule haben, können sie natürlich ganz anders vorgehen und auch die Schutzmaßnahmen ganz anders gestalten. Da müssen wir hinkommen.

Die Kurve ist also flacher geworden, es gilt aber nach wie vor: Sie muss so sein, dass sie unser Gesundheitssystem nicht überfordert. Wir haben Modellbetrachtungen gemacht. Wir sind jetzt ungefähr bei einem Reproduktionsfaktor von 1,0, also: Einer steckt einen an. Man kann natürlich immer nur für eine Infektionskette sagen, ob einer einen ansteckt; insofern ist das ein Mittelwert, aber es ist ungefähr so, dass einer einen ansteckt. Schon wenn wir annehmen, dass jeder 1,1 Menschen ansteckt, wären wir im Oktober wieder an der Leistungsgrenze unseres Gesundheitssystems mit den angenommenen Intensivbetten angelangt. Wenn wir von einem Wert von 1,2 ausgehen, also dass jeder 20 Prozent mehr Menschen ansteckt beziehungsweise von fünf Menschen einer zwei weitere Menschen ansteckt und vier einen weiteren Menschen anstecken, kämen wir schon im Juli an die Belastungsgrenze unseres Gesundheitssystems. Bei einem Wert von 1,3 - das hört sich nicht nach viel an; wir kommen ja von einem Wert von 3 bis 5 Ansteckungen - wären wir schon im Juni an der Belastungsgrenze unseres Gesundheitssystems.

Daran sehen Sie also, in welch Kleinem Spielraum wir uns aufhalten. Die ganze Entwicklung basiert darauf, dass wir davon ausgehen, dass wir eine Infektionszahl haben, die wir überblicken können, die wir nachverfolgen können, und dass wir mehr Schutzkonzepte haben, sodass wir dann auch mehr Lockerungen vornehmen können. Aber es ist ein dünnes Eis, wie Herr Tschentscher gesagt hat, oder eine fragile Situation oder wirklich eine Situation, in der Vorsicht das Gebot ist, nicht Übermut.

Frage: Ich habe eine Frage zu dem Maskengebot. Herr Söder sprach von Community-Masken, Sie, Frau Bundeskanzlerin, von Alltagsmasken. Sind das die Masken, die die Leute tragen sollen, von denen Sie noch am 4. April gesagt haben, dass sie zu Virenschleudern werden können und dass man sie nicht tragen soll?

Noch eine Frage zu Nordrhein-Westfalen: Nordrhein-Westfalen hat gestern angekündigt, dass man auch die Vorschulen unter Umständen öffnen will. Zieht Nordrhein-Westfalen mit, oder wird Nordrhein-Westfalen am Montag schon teilweise Schulen und auch die Vorschulen aufmachen?

BK'in Merkel: Nein. Es ist bezüglich der Schulen gesagt worden, dass man die letzte Klasse der Grundschule gegebenenfalls ab dem 4. Mai öffnen kann - das werden die Länder auch in gewisser Abstufung handhaben; dazu gibt es auch etwas unterschiedliche Meinungen, aber das ist eine der Optionen -, aber nicht sofort und ab Montag, sondern "sofort" gilt für die entsprechenden Vorbereitungen, die Abiturklassen, die Abschlussklassen usw.

Zuruf: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

BK'in Merkel: Wie bitte?

Zusatzfrage: Aber Herr Laschet hat gestern gesagt, er wolle nach den Osterferien - - -

BK'in Merkel: Ja. Ich sage Ihnen das, was wir heute beschlossen haben, und dann gibt es ja auch den Ministerpräsidenten von NRW; den kann man ja auch fragen. Auf jeden Fall kann ich Ihnen nur sagen, was wir heute beschlossen haben.

Zweitens habe ich darauf hingewiesen, und ich glaube, das steht auch heute wieder in dem Text, dass die Behandlung der Community-Masken sachgerecht zu erfolgen hat; das ist ganz wichtig. Sie müssen regelmäßig gewaschen beziehungsweise gebügelt, in den Backofen oder in die Mikrowelle gelegt werden. Auch wenn sich das sozusagen etwas hausfraulich anhört, sind das die Patentrezepte; das wird Herr Tschentscher, der von so etwas mehr Ahnung hat als ich, sagen können. Ansonsten sind sie nicht produktiv im Sinne des Schutzes für andere. Sie müssen auch häufiger gewechselt werden. Das wird eine wichtige Aufgabe sein.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben davon gesprochen, wir würden damit leben müssen, bis es Medikamente oder auch einen Impfstoff gibt. Herr Tschentscher, Sie haben gesagt, diese Pandemie werde uns noch über mehrere Monate begleiten. Wenn Sie schon jetzt so weit in die Zukunft blicken, reden Sie dann auch über Konzepte, die von manchen - zum Beispiel dem Deutschen Ethikrat - diskutiert wurden, dass man auf längere Sicht besondere Schutzkonzepte für vulnerable Gruppen entwickelt, die ermöglichen, dass man anderen, nicht Vulnerablen mehr Freiheiten gibt? Ist das etwas, worüber Sie reden, oder ist das für Sie absolut tabu?

Ich habe auch noch eine kurze zweite Frage. Die zielt auf die Gottesdienste. Wenn Sie Läden öffnen, warum ist es dann unverantwortlich, einen Gottesdienst zuzulassen? Ich habe das Gefühl, in der Kirche am Sonntag sitzen manchmal weniger Leute, als in einem Bekleidungsgeschäft unterwegs sind.

BK'in Merkel: Auch die Geschäfte werden natürlich Maßnahmen ergreifen müssen. Das werden auch die Kirchen tun. Wir reden jetzt über die Zeit bis zum 3. Mai. Wir wollen jetzt mit den Kirchen in ein Gespräch darüber eintreten, wie das gemacht werden kann. Die Gegebenheiten zwischen einer Kleinen Dorfkirche und einer großen Kirche wie dem Kölner Dom oder vielleicht großen Kirchen in Hamburg sind sehr unterschiedlich. Insofern muss das sehr gut abgewogen werden. Aber wir haben in unserer Beschlussfassung, wenn Sie sie lesen, heute sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir mit den Kirchen dieses Gespräch suchen wollen, und manche Länder haben das auch jetzt schon sehr stark gemacht. Eigentlich waren alle Länder mit den Kirchen in Kontakt. Insofern wissen wir, dass wir hier auch gemeinsame Lösungen finden müssen.

Zu Ihrer anderen Frage: Wir sagen natürlich, dass in Bezug auf vulnerable Gruppen, insbesondere in Pflege-, Senioren- und Behinderteneinrichtungen, Maßnahmen nach den lokalen Gegebenheiten gemacht werden müssen. Wir machen es nicht so, wie manchmal diskutiert wird, dass die Jungen alle Freiheiten erhalten und die Älteren ins Abseits gestellt werden. Das halten wir nicht für ethisch vertretbar. Aber natürlich müssen Gruppen, die anfälliger für Infektionen sind, mit besonderen Schutzkonzepten bedacht werden. Wir wollen sie aber gerade nicht sozial ausschließen. Dass das nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation führt, ist unser Maßstab, und nach diesem Maßstab muss individuell gehandelt werden.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich würde ganz gerne noch einmal nach der Einheitlichkeit der Beschlüsse fragen. Herr Söder hat ja eben schon angedeutet, dass Bayern ein paar Beschlüsse später oder in einer etwas anderen Form umsetzen werde. Wo, fürchten Sie, werden also doch Differenzen auftreten, etwa in den Grenzgebieten, weil die natürlich auch dadurch entstehen, dass bestimmte EU Nachbarländer ganz andere Beschlüsse fällen? Dänemark und Österreich öffnen mehr, Frankreich ist verschlossen. Ist das heute diskutiert worden?

Warum hat man die Maske eigentlich nicht verpflichtend gemacht? Sie haben jetzt beide von einem Gebot gesprochen.

BK'in Merkel: Ich finde es nicht besonders fair gegenüber den anderen Journalisten, wenn Sie immer zwei oder drei Fragen stellen.

Zusatzfrage: Das bezieht sich auf die Differenz zwischen den Bundesländern und den Kommunen. Jena hat ja schon mehr als ein Gebot, nämlich eine Anordnung. Ist diskutiert worden, dass wir nicht am Ende doch wieder einen Flickenteppich haben werden?

BK'in Merkel: Wir müssen ja das, was wir von den Bürgerinnen und Bürgern fordern, auch wirklich umsetzen können, und wir sind jetzt schrittweise mit den Community-Masken oder Alltagsmasken weitergegangen; das haben Sie ja auch erlebt. Je mehr die vorhanden sein werden, umso mehr wird man vielleicht auch darüber reden, ob es dann noch weitere Schritte der Dringlichkeit geben wird. Aber jetzt sagen wir erst einmal: Derjenige, der solche Masken hat oder der sie erhalten kann - die sind ja jeden Tag besser erhältlich -, der soll sie auch benutzen. Das ist also die Wirkung des Gebots. Das ist stärker als das, wie wir es vor ein paar Wochen gemacht haben. Jetzt werden wir auch sehen, wie die Entwicklung dort weitergehen wird.

Jetzt habe ich Ihre andere Frage vergessen.

Zusatzfrage: (ohne Mikrofon; akustisch unverständlich)

BK'in Merkel: Schauen Sie, vielleicht kann Herr Söder etwas dazu sagen. Ich habe noch nicht gehört, dass es jetzt zu Verwerfungen zwischen Bundesländern geführt hat, dass der eine Baumarkt offen hatte und der andere nicht. Aber vielleicht können die Länder einmal sagen, wie sie das sehen, weil sie das ja auch umsetzen.

Ich bin mit der Einheitlichkeit zufrieden. Man wird in einem föderalen Gebilde nie auf den Tag genau das Gleiche haben. Manche haben im August Sommerferien, und die können an die Abiturprüfung noch einmal anders herangehen als jemand, der im Juni mit seinen Sommerferien beginnt. Aber vom Geist und von dem ganzen Herangehen her haben wir ein hohes Maß an Einheitlichkeit erreicht, was für einen föderalen Staat schon fast an ein Wunder grenzt.

MP Söder: Nur zwei Sätze, wenn das gewünscht ist: Zum einen ist es so, dass es ein unterschiedliches Infektionsgeschehen gibt. Ich persönlich bin zum Beispiel Ländern, die ein sehr geringes oder ein geringeres Infektionsgeschehen haben, sehr dankbar, dass sie nahezu alle Maßnahmen genauso mittragen wie die Gebiete, die besonders stark betroffen sind - beispielsweise Bayern, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen -, und dass da auch in anderen Regionen große Solidarität herrscht. Dass man dann Nuancen noch einmal anders macht, hängt von der jeweils örtlichen Situation ab. Das ist dann einmal eine Woche mehr oder eine Woche weniger oder ein paar Quadratmeter mehr oder weniger. Das ist aber im Grunde genommen nicht entscheidend. Wir hatten ja beispielsweise Ausgangsbeschränkungen - nicht Kontaktsperren -, aber die Leute haben sich an alles gehalten, und deswegen ist das positiv.

Ich glaube, dass sich der Föderalismus im Moment als sehr leistungsfähig erweist. Der große Vorteil gegenüber dem rein zentralistischen Staat ist der: Beim zentralistischen Staat wird zwar schnell etwas Einheitliches verordnet, aber es ist schwer, für die Umsetzung zu sorgen. Hier haben wir es jetzt geschafft. Wir führen zwar manche Diskussionen - aber das ist der Mühe wert; wir wägen dabei auch die Argumente untereinander sehr gut, kann man, glaube ich, sagen -, kommen aber doch zu einem sehr, sehr guten Textergebnis und einer Umsetzung, und die Länder garantieren die bessere Umsetzung vor Ort, weil sie ortsnäher sind. Daraus ergibt sich insgesamt aus meiner Sicht eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit. Das kann man beispielsweise auch sehr gut an dem Gesundheitssystem erkennen, das ja auch sehr föderal organisiert ist. Es zeigt sich an der Stelle im Vergleich zu vielen anderen Ländern doch als sehr, sehr widerstandsfähig.

BGM Tschentscher: Im Grunde hat sich die Lage heute nicht geändert. Der Erfolg der letzten Wochen gibt uns ja recht. Wir haben in den Ländern unterschiedliche Wege gefunden - die Rechtsverordnungen sind sehr unterschiedlich in der Konstruktion -, aber im Ergebnis kommt alles doch sehr weitgehend auf das Gleiche hinaus. Wir haben in Deutschland das Infektionsgeschehen dadurch sehr schnell und insgesamt verlangsamt. Es ist regional ein bisschen unterschiedlich, weil es auch unterschiedliche Ausgangssituationen gab. Aber wenn Sie sich die Daten des Robert-Koch-Instituts einmal ansehen, dann sehen Sie, dass der R-Faktor, dass die Verdoppelungszeiten, die wir zu Anfang beobachten haben, in ganz Deutschland, in allen Ländern deutlich zurückgegangen sind - etwas unterschiedlich, was an der Ausgangssituation lag.

Aber im Grunde gibt uns der Erfolg der letzten Wochen recht, dass wir in diesem Prinzip, einen einheitlichen Maßstab zu haben, über den keiner hinausgeht, aber den man durchaus noch strenger ausführen kann - - - Das gibt uns im Grunde recht. Insofern bin ich sicher, dass wir auch das Konzept, das wir heute entworfen haben, in Deutschland weitestgehend einheitlich umsetzen können.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, wann kommt die Tracking- oder Tracingapp, und warum dauert das so lange?

Herr Söder, Sportstätten für Individualsportarten: Ihr Nachbarland Österreich macht jetzt für Speerwerfer oder (akustisch unverständlich) oder so die Sportstätten auf, und waren Geisterspiele in der Bundesliga ein Thema?

BK'in Merkel: Zu der Tracingapp kann ich sagen, dass sie praktisch vom Robert-Koch-Institut, vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und natürlich auch von dem Datenschutzbeauftragten für gut befunden sein muss. Dort wird natürlich darauf geachtet, dass insbesondere keine Anfälligkeit bestimmter Bausteine dieser App da ist. Wir müssen auch sicherstellen, dass wir sie auf den verschiedenen Sorten von Smartphones anwenden können. Dabei muss man also auch mit den Betriebssystemherstellern in Kontakt sein. Das alles nimmt Zeit in Anspruch, aber es wird mit Hochdruck an den Dingen gearbeitet.

MP Söder: Erstens. Es wurde überlegt, und wir haben auch diskutiert, ob man bei Sport etwas machen soll, ob man bei Kunst- und Kultureinrichtungen etwas machen soll. Wir haben uns jetzt dafür entschieden, das erst in einem zweiten Schritt beim nächsten Mal zu diskutieren, einfach deswegen, weil man nicht vergessen darf, dass wir ohnehin an einigen Stellen deutlich lockern, und weil wir das Gesundheitssystem nicht überstrapazieren wollen. Wir halten das, was jetzt gemacht wird, insgesamt für sehr vertretbar. Wir haben keine weiteren Einschränkungen beschlossen. Es ist übrigens wichtig, das auch noch einmal festzustellen: keine Einschränkungen, sondern an einigen Stellen Erleichterungen.

Aber all die anderen Fragen - Österreich und die anderen oder Kulturfragen - werden in einem zweiten Schritt entschieden.

Bundesliga war heute kein Thema. Die Liga selbst überlegt und erarbeitet Sicherheitskonzepte. Es wird sicherlich demnächst ein Thema sein, darüber zu reden, ob und in welcher Form Geisterspiele möglich sind. Das wird man dann diskutieren.

Frage: Frau Bundeskanzlerin und Herr Ministerpräsident Söder, hat es im Kreis der Ministerpräsidenten Kollegen gegeben, die vor einem großen Schaden für die Wirtschaft gewarnt haben, wenn man nicht früher lockert?

Wann wird die nächste Überprüfung der Maßnahmen, die Sie heute beschlossen haben, sein? Es war schon einmal die Rede davon, dass es auch an diesem Sonntag noch einmal eine Zusammenkunft gebe. Wann ist die nächste?

BK'in Merkel: Nein, an diesem Sonntag gibt es keine Zusammenkunft. Dann laufen die Maßnahmen aus. Aber wir müssen ja rechtzeitig vorher die Beschlüsse fassen, damit das auch umgesetzt werden kann.

Ich habe eben erst gesagt, dass wir uns am 30. April im virtuellen Raum wiedertreffen und dann darüber debattieren werden, was nach dem 3. Mai gilt. Denn die Allgemeinverfügungen - oder wie auch immer die Verordnungen der Länder heißen - werden jetzt bis zum 3. Mai aufgelegt.

Jetzt schon absehbar ist, dass wir natürlich immer gucken müssen, ob wir eine Maßnahme schon in einem 14-tägigen Rhythmus beobachten können - deshalb ja der 14-tägige Ansatz. Wenn die Lockerungen eintreten, dann sieht man, ob es mehr Infektionsgeschehen gibt. Es dauert dann eine ganze Weile: Inkubationszeit, dann der Test, dann die Mitteilung an das Robert-Koch-Institut. Das heißt, man sieht im Grunde erst nach 10, 12 oder eigentlich 14 Tagen, ob die Maßnahme mit Blick auf das Infektionsgeschehen etwas bewirkt hat oder ob alles so geblieben ist, wie es war.

Wir haben jetzt in den drei Wochen gesehen, dass es doch ganz schön schwerfällig ist, bis sich die Kurve in die richtige Richtung bewegt. Wir haben es eigentlich sehr schön bei den Verdopplungszeiten gesehen. Wir haben in den letzten Tagen gesehen, dass wir immer weniger neu Angesteckte hatten als Gesundete. Auch das war ja eine gute Nachricht. Wir sind bei dem Reproduktionsfaktor jetzt schon in einem Bereich - er hat ja auch immer Fehlergrenzen -, dass man sagt: Da kann man über Lockerungen überhaupt nachdenken.

Insofern wird das am 30. April sein, und zwar mit Blick auf das, was dann ab dem 4. Mai gilt.

Es gab schon ein großes gemeinsames Gefühl. Die Nuancen sind ein bisschen unterschiedlich. Ich finde aber, das liegt auch in der Natur der Verantwortlichkeiten, der Gegebenheiten und der Sache. Wenn wir alle gleich wären, dann würden wir Sie journalistisch überhaupt nicht mehr erfreuen. Insofern leben wir auch von dem hohen Gut der Verschiedenartigkeit, die uns immer wieder zu Kompromissen führt. Wir haben auch in der Bundesregierung heiß diskutiert und zum Schluss gute Kompromisse gefunden. Das ist das, was trägt und was eine schöne Erfahrung ist.

MP Söder: Noch zwei kurze Punkte, zuerst, weil ich das auch laufend gefragt werde, noch einmal ganz kurz zu den Schulen und dann zu der Frage, wer sich mehr um Wirtschaft kümmert und wer weniger.

Wir werden wirklich die nächste Woche brauchen, damit sich die Schulen vorbereiten können. Die Lehrerverbände haben ausdrücklich darum gebeten, nichts zu überstürzen. Da sollten wir auf unsere Lehrer hören. Das heißt, dass ab dem 27. April Vorbereitungen auf Prüfungen wie Abitur, mittlere Reife und Ähnliches stattfinden können. Wir würden nicht am 4. Mai, sondern am 11. Mai mit den anderen Abschlussklassen überlegen, wie man das organisieren kann. Grundschulen und Kitas bleiben dann erst einmal zu mit entsprechender Notfallbetreuung.

Aber jetzt noch etwas zum Thema der Wirtschaft: Ich kenne keinen einzigen Ministerpräsidenten und kein Mitglied der Bundesregierung, der und das bei dem Thema Corona nicht genau zwei Herausforderungen im Kopf hat: die Gesundheit und die Wirtschaft. Da gibt es niemanden, der nicht in gleicher Weise beides als absolute Toppriorität einschätzt. Beides müssen wir im Blick haben.

Der Bund hat meiner Überzeugung nach, wenn ich das sagen darf, ein exzellentes, in Europa einmaliges Wirtschaftsprogramm vorgelegt. Herr Scholz war sogar bei uns im bayerischen Kabinett. Es war noch nie der Fall, dass ein Bundesfinanzminister und gar einer der SPD da war, und das war ein hoch qualifiziertes und hervorragendes Gespräch, und es herrschte nahtlose Übereinstimmung.

Ich halte jede Form von Detailwettbewerb im Sinne von "Wer ist der Wirtschaftsfreundlichere, und wer ist mehr der Medizinische?" in der jetzigen Situation, wenn ich das unter uns auch so sagen darf, für unangebracht. Jeder tut an seiner Stelle das Beste, was er kann. Jeder will, dass die Wirtschaft erfolgreich ist. Jeder möchte natürlich so viel Freiheit wie möglich. Aber jeder weiß auch um die Herausforderung, gerade wenn ich die Mitglieder der Bundesregierung anschaue, die den internationalen Vergleich haben, oder auch Länder, die direkt an der Grenze sind. Wir können im Moment wirklich von ganz großem Glück reden, dass es uns nicht geht wie den Menschen in den USA, dass es uns nicht geht wie den Menschen in Italien, dass wir nicht schlimme Situationen haben wie Frankreich. Deswegen glaube ich - ich sage es noch einmal -, dass jeder das Beste leistet, das er kann. Dabei gibt es manchmal eine unterschiedliche Nuance, aber es gibt weder einen, der besser Wirtschaft will, noch einen, der mehr Medizinisches will. Alle wollen das gemeinsame Ziel.

StS Seibert: Nur noch ein Hinweis: Die Beschlüsse von heute sind inzwischen auf bundesregierung.de eingestellt. Insofern können Sie dort manches nachlesen.

Mittwoch, 15. April 2020

*

Quelle:
Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Bundesminister Scholz,
Ministerpräsident Söder und dem Ersten Bürgermeister Tschentscher
im Anschluss an das Gespräch mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder, 15. April 2020
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/pressekonferenz-von-bundeskanzlerin-merkel-bundesminister-scholz-ministerpraesident-soeder-und-dem-ersten-buergermeister-tschentscher-im-anschluss-an-das-gespraech-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-1744310
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2020

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