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INNEN/4158: Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 20.03.2013

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir haben heute eine umfangreiche Tagesordnung. Es geht um die Causa Zypern. Gegen 16 Uhr wird auch Minister Schäuble zu uns in die Fraktion kommen und den aktuellen Sachstand vortragen. Wir wissen ja, Zypern hat letzten Sommer Hilfen nach dem ESM beantragt. Die Euro-Finanzminister haben am Wochenende beschlossen, bis zu 10 Milliarden Finanzhilfen bereit zu stellen, wenn Zypern seinerseits etwa 6 Milliarden Finanzmittel freisetzt. Da dort kein Kapital bei den Banken mehr greifbar ist, war dann die Überlegung, auf die Einlagen bei den Banken zuzugreifen. Die konkrete Ausgestaltung, wie das geschieht, ist Angelegenheit der zyprischen Regierung. Die Eurogruppe hatte gestern in einer Telefonkonferenz nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie mit einer Regelung einverstanden sind, die Einlagen bis zu 100 000 Euro nicht erfasst. Das hat allerdings die Konsequenz, dass auch bei den höheren Beträgen höhere Abschläge gezahlt werden müssen. Entscheidend ist nur, dass sie ihren Beitrag aus dem Banksektor heraus leisten. Das ist deshalb notwendig, weil auch der IWF betont hat, dass sonst die Schuldentragfähigkeit als nicht gegeben angesehen wird. Deshalb muss man diese sehr sehr hohen Staatsschulden des kleinen Landes mit der geringen Bevölkerungszahl und dem völlig überdimensionierten Banksektor zurückführen. Wir haben durchaus Sympathie, kleine Spareinlagen mit Freibeträgen auszunehmen, aber das ist die Entscheidung Zyperns. Die FDP-Bundestagsfraktion wird heute keinen Vorratsbeschluss fassen. Es muss zunächst, bevor eine Entschlussfassung ansteht, klar sein, was Zypern beschließt. Wir werden heute über das, was man wissen kann, von Minister Schäuble informiert.

Ein zweites entscheidenes Kriterium, was notwendigerweise geklärt werden muss, weil es auch zwingend im ESM-Vertrag steht, ist neben der Schuldentragfähigkeit die Systemrelevanz von Zypern. Die Maßnahmen müssen notwendig sein für die Stabilität im Euroraum, auch das muss vorliegen. Wenn diese Woche etwas entschieden wird, kann es ja maximal darum gehen, einen Verhandlungsauftrag quasi an die Troika zu erteilen, aber es kann keine abschließende Entscheidung dabei geben. Hier und da gibt es Spekulationen, ob es auch deutsche Spareinlagen gefährden könnte. Die halte ich für völlig abwegig. Wenn es ein Land gibt, das in Europa und darüber hinaus stabil ist, ist das Deutschland. Wir haben eine Situation, die nun wirklich in keiner Weise vergleichbar ist. Die Sparer in Deutschland brauchen sich keine Sorgen zu machen. Die Freien Demokratische Partei wird keinen Schritt in eine solche Richtung, mittragen. Wir sind die Partei des Privateigentums.

NPD-Verbotsverfahren: Ich will vorab sagen, dass das zweifelsfrei eine widerliche Partei ist. Wir müssen rechtes Gedankengut bekämpfen. Ein Parteienverbot wird mit hohen Hürden in Deutschland bedacht. Es gibt Bedenken auch bei den Grünen und bei der Unionsfraktion. Die Bundesregierung hat sich klar positioniert. Es gibt ja bei der Bundesregierung immer nur gemeinschaftliche Entscheidungen. Sie wird einem solchen Verfahren nicht beitreten und es nicht von sich aus auf den Weg bringen. Meines Erachtens ist es auch nicht entscheidend, ob es fünf Kläger oder zehn Kläger sind. Zu gegebener Zeit wird sich die FDP-Fraktion erneut mit den Zusammenhängen befassen. Allein die Diskussion, die jetzt stattfindet, läuft jedenfalls meines Erachtens Gefahr, diese widerliche Partei aufzuwerten.

Soli-Debatte: Meine Damen und Herren, es ist steuertechnisch eine Ergänzungsabgabe, die nicht zweckgebunden für die neuen Bundesländer ist. 2019 läuft der Solidarpakt aus. Meine Anregung ist, dass man dann nach rund 30 Jahren auch diese Ergänzungsabgaben in Schritten bis dahin auslaufen lässt. Inzwischen wird die Hälfte dieser Mittel für andere Projekte in den Ländern verwandt, als sie ursprünglich vorgesehen war. Das ist auch vom Rechtscharakter so, dass eine Ergänzungsabgabe nicht auf Dauer angelegt ist, sondern zeitlich befristet ist. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Herr Haseloff, hat vorgeschlagen, den Soli als Strassencent zu bezeichnen. Ich könnte Herrn Haseloff vorschlagen, dass er die CDU Sachsen-Anhalt umbenennt in SPD Sachsen-Anhalt. Jedenfalls ist das ein klares Kontrastprogramm zu dem, was uns von der Opposition in unterschiedlichen Dimensionen - zwischen 32 und 45 Milliarden Euro - als Orgie von Steuerhöhungen für die Zukunft vorgeschlagen wird und das bei den Rekordeinnahmen, die wir haben. Wir haben über 600 Milliarden Euro gesamtstaatliche Steuereinnahmen und wir haben im nächsten Jahr einen strukturell ausgeglichenen Haushalt. Für 2016 ist das Ziel, einen Überschuss von gut 9 Milliarden zu erwirtschaften. Das wäre eine Trendumkehr.

Energiepolitik: Das haben wir ja auch letzte Woche aufgrund einer Regierungserklärung umfassend im Plenum diskutiert. Sicherlich muss man überdenken, ob man bei den energieintensiven Betrieben die Ausnahmen überprüfen muss. Wir hatten ja auch unsererseits mal die Senkung der Stromsteuer ins Gespräch gebracht. Wir haben ja nicht nur die höhere Umlage, es kommen immer noch 19 % Mehrwertsteuer drauf. Wenn man so will, sind das die Windfall-Profits des Finanzministers. Da muss man auch in der Diskussion darüber, Energie bezahlbar zu halten, darüber nachdenken, wie man damit umgeht. Jedenfalls arbeiten wir mit Energie in der Koalition daran, die Energiewende auch entsprechend umzusetzen.

Zur Markttransparenzstelle: Am Donnerstag entscheidet der Bundestag darüber. Die Einrichtung einer Markttransparenzstelle ist deshalb wichtig, weil wir bei der grundlegenden Studie des Bundeskartellamts über das Marktverhalten festgestellt haben, dass merkwürdigerweise vor Feiertagen - vor Weihnachten, vor Ostern - die Benzinpreise steigen. Hier muss man durch ein Meldeverfahren die Preiserhebung präzise erfassen, so dass man sich selber über das Navigationsgerät, das Handy oder das Internet informieren kann, wo günstige Bezugsmöglichkeiten sind. Aber auch zum Sammeln von Daten ist die Markttransparenzstelle gedacht, weil man so ein abgestimmtes Marktverhalten für das Kartellrecht ableiten kann, um dann entsprechende Veranlassungen auf den Weg bringen kann.

Frage: Zwei Fragen noch zu Zypern: Wie könnte das werden, wenn das Parlament dieser Lösung tatsächlich nicht zustimmt? Wie will man denn insgesamt das Vertrauen in Europa wiederherstellen?

BRÜDERLE: Wenn Zypern dem nicht zustimmt, geht es sehr schweren Zeiten entgegen. Das muss das Parlament in Nikosia gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern vertreten. Das ist dann die Konsequenz daraus. Dann gibt es diesen Hilfsrahmen nicht. Das Zweite ist: Was man hier gemacht hat, ist einen völlig überdimensionierten Finanzsektor wieder auf einen realistischen Kurs hinzuführen. Jeder Anleger muss wissen, wenn er im Ausland bei einer Bank extrem höhere Zinsen bekommt als zu Hause, dass das natürlich mit einem hohen Risiko verbunden ist. Wer 10 Prozent bekommt, hat sein Risiko zu tragen.

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Quelle:
Presseservice der Liberalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2013