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INNEN/4177: Brüderle zu aktuellen politischen Themen


Presservice der Liberalen / F.D.P. Bundestagsfraktion - 15.04.2013

BRÜDERLE zu aktuellen politischen Themen



BERLIN. Zu den aktuellen politischen Fragen des heutigen Tages erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer BRÜDERLE vor Medienvertretern:

Wir haben in den letzten zwei Tagen unsere traditionelle Frühjahrsklausur durchgeführt. Diesmal tagten wir in Berlin. Es ging vor allem darum vorzubereiten, was aktuell an Vorhaben der Koalition ansteht. Wir haben zudem eine Leistungsbilanz vorlegen können: "Vier gute Jahre für Deutschland", wo wir das, was wir gemeinschaftlich mit unserem Koalitionspartner erreicht haben, auch dargestellt haben. Erreicht haben wir Entlastungen von 22 Milliarden für die Bürgerinnen und Bürger, 1,5 Millionen sozialversicherungspflichtige neue Arbeitsplätze, stabiles Wirtschaftswachstum, steigende Reallöhne, weniger als 3 Millionen Arbeitslose. Und 13 Milliarden Euro mehr für Bildung und Forschung, um nur einige Punkte zu nennen.

Jetzt geht es auch darum, durch unsere Arbeit in der restlichen Legislaturperiode dafür zu sorgen, dass es weitere vier gute Jahre für Deutschland mit einer bürgerlichen Koalition gibt. Das ist der Schwerpunkt unserer politischen Arbeit. Wir wollen nicht das Programm der Opposition mit Steuererhöhungsorgien, welches die Grünen aber auch die Linken betreiben. Man kann den Effekt in Frankreich sehr eindrucksvoll besichtigen. Wozu es führt, wenn man Steuererhöhungspolitik betreibt, kann man bei dem französischen Präsidenten sehen, der praktisch gemeinsam mit den Steuererhöhungen schon die Einbrüche im Wirtschaftswachstum, das dramatische Ansteigen der Arbeitslosigkeit, der Jugendarbeitslosigkeit verkünden muss. Diesen Kurs gilt es zu verhindern für Deutschland. Deutschland hat Besseres verdient. Deshalb wollen wir unseren Erfolgskurs fortsetzen.

Ein Schwerpunkt der Frühjahrstagung war die Diskussion über die Hilfen für Zypern. Der Kollege Otto Fricke hat federführend die aktuelle Situation dargestellt. Wir haben keine Entscheidungen getroffen, weil sie erst morgen in der Fraktionssitzung anstehen. Wir werden wie üblich morgen früh im Haushalts-, Europa- und Rechtsausschuss weiter über den Antrag beraten. Es sind auch noch eine Reihe von Sachfragen zu klären.

Wichtig ist, dass die Prinzipien für Hilfen, die wir auch schon in der Faktion diskutiert haben, eingehalten werden. Wir wollen klar zum Ausdruck bringen, dass die Summe von insgesamt 10 Milliarden Euro durch IWF und europäische Hilfsmaßnahmen nicht überschritten wird. Uns liegt eine entsprechende Schuldentragfähigkeitsanalyse vor. Wir haben inzwischen die Texte nicht nur in Englisch, sondern auch in der deutschen Sprache, damit es keine Missverständnisse in der Interpretation der Übersetzung gibt.

Es ist auch entscheidend, den zyprischen Bankensektor einzudämpfen. Der hat ein Volumen von 550 Prozent der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bruttoinlandsprodukt Zyperns, weit überdimensioniert, weit über dem Schnitt der europäischen Länder. Er soll jetzt reduziert werden auf etwa 320 - 350 Prozent der Leistungsfähigkeit. Ein erheblicher Schritt, aber er ist notwendig, damit Zypern eine gute Entwicklung nehmen kann.

Nächster Punkt ist die Konsolidierung des Staatshaushaltes in Zypern. Hier sind wesentliche Einschnitte notwendig. Es sind eine Steuerreform notwendig sowie Privatisierungsmaßnahmen. Wichtig für uns ist auch, dass die Geldwäsche wirksam bekämpft wird, damit man auf den gleichen Standard kommt wie in anderen europäischen Ländern auch. Es müssen die Prinzipien "Risiko und Haftung", wie sie in der Marktwirtschaft üblich sind, auch dort zum Tragen kommen. Damit sind wesentliche Forderungen der FDP-Bundestagsfraktion erfüllt.

Einige Fragen, die angesprochen wurden, sind noch zu klären. Etwa die Frage, wie es nach der Sperrung der Banken noch zu weiteren Abflüssen kommen konnte. Ich gehe davon aus, dass dies in den Ausschüssen dargelegt wird. Wir haben auch Finanzminister Wolfgang Schäuble eingeladen, damit er in der Fraktion dazu weitere Fragen beantworten kann und wir ein umfassendes Meinungsbild dazu haben werden. Es war gut, dass wir uns für diese Diskussion viel Zeit genommen haben, um uns schon für die morgige endgültige Beratung, wo wir Entscheidungen herbeiführen wollen, vorzubereiten. Die Abstimmung wird Donnerstag erfolgen.

Auf der Basis eines Vortrages von Michael Sommer vom Institut für Demoskopie Allensbach über Soziale Marktwirtschaft und die Erwartungen, die Sorgen der Menschen haben wir über soziale Gerechtigkeit diskutiert. Gerechtigkeit ist ein Urempfinden der Menschen. Aber es zeigt sich anhand der demoskopischen Daten, dass das in der Bevölkerung sehr differenziert wahrgenommen wird. Die Rezeption des Begriffes in dem westlichen und östlichen Teil Deutschlands ist noch ein Stück unterschiedlich. Mir war deswegen wichtig, dass die Fraktion den Begriff der Gerechtigkeit ausführlich diskutiert hat.

Gerechtigkeit wird nicht primär als Umverteilungsgerechtigkeit empfunden, sondern als Chancengerechtigkeit und Leistungsgerechtigkeit. Wichtig ist für die Menschen, dass derjenige, der sich mehr anstrengt, mehr hat. Dass die Menschen in Deutschland Chancen haben des Aufstiegs und einer weiteren Teilhabe an der Wohlstandsentwicklung in Deutschland. Das ist zentral und wir werden offensiv diesen Dialog mit den Oppositionsparteien, mit Rot-Rot-Grün, führen über Gerechtigkeit.

Jetzt gerade zu Ende gegangen ist eine intensive Diskussion auf Grundlage eines Referats von Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG, über Wachstum durch Kreativität und Innovation. Interessant sind die Chancen, die uns das Internet, die Digitalisierung bieten. Das sind neue Wege, die zum Erfolg führen, die auch die Differenzen, die Unterschiede, die Segmente in der Medienwelt vermischen. Wer sich nicht anstrengt für einen Zukunftsbereich, der wird es schwierig haben, seinen Erfolg zu sichern. Ein Unternehmen, das die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter, die Erträge und die Innovationskraft nicht selbst erschließt, verhält sich unsozial, weil es die Arbeitsplätze und die Zukunftsfähigkeit gefährdet.

Wir müssen diese Positionen für Wachstum und für neue Entwicklungen deutlich erkennen. Deutschland geht es wirtschaftlich gut. Die Welt verändert sich rasant. Es sind zunehmend andere Länder, die sich große Segmente erschließen, etwa die BRICS-Staaten, Brasilien, Russland, Indien und China. Deshalb gilt es, sich diesem Sektor "Wachstum" durch Innovation zusätzlich zu widmen und dort Schwerpunkte zu legen.

Frage: Herr Brüderle, hat die aktuelle Diskussion über das Thema Frauenquote auch eine Rolle gespielt?

BRÜDERLE: Ja, das wurde gestern auch diskutiert. Unsere Auffassung ist, dass in der Tat Frauen faire Chancen haben müssen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein zentraler Punkt. Von einer Frauenquote halten wir nichts. Das ist nicht unsere Vorstellung. Wir werden auch den Dialog offensiv führen. Uns liegt sehr am Herzen, dass man Frauen bessere Chancen eröffnet.

Frage: Was sagen Sie den Quotenbefürwortern in den eigenen Reihen?

BRÜDERLE: Bisher gibt es dort kaum Reaktionen in dieser Richtung. Ich kenne zwei Personen, die das ernsthaft überlegen. Wir sind in einem freundschaftlichen Dialog.

Frage: Noch einmal eine Frage zur Frauenquote. Sie sagten eben, in Ihrer Fraktion sind zwei Mitglieder nicht ganz übereinstimmend. In der Union sind es wesentlich mehr. Wie schätzen Sie die Rolle von Frau von der Leyen ein bei der Abstimmung?

BRÜDERLE: Es gehört sich nicht, dass man bei Koalitionen oder Koalitionspartnern öffentliche Bewertungen vornimmt. Ich sage nur eins: Eine eiserne Grundregel bei jeder Koalition ist: Es gibt keine wechselnden Mehrheiten. Vereinbarungen werden gehalten. Die FDP hat das in der Vergangenheit auch getan. Manche Entscheidungen fielen uns nicht leicht. Da haben einige in der Fraktion auch die Zähne zusammen gebissen. Die FDP ist ein absolut verlässlicher Partner. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Unionspartei auch verlässlich ist. Lasst die Unionspartei ihre Probleme selbst lösen. Wir lösen unsere. Das ist die Basis, diese erfolgreiche Politik fortzusetzen.

Frage: Herr Brüderle, am Wochenende hat sich die "Alternative für Deutschland" gegründet und möchte zur Bundestagswahl antreten. Da ist ja auch viel aus dem FDP-Wählerklientel. Wie begegnen Sie dieser Partei?

BRÜDERLE: Nach der Untersuchung, die ich Freitagabend gesehen habe, ist das Potential der AfD, Mitglieder zu finden, am größten bei der Linken. Die AfD konzentriert sich ja im Kern auf ein Anliegen, nämlich die Sorge um die Währung. Die verstehe ich und teile ich auch. Ich habe deshalb auch Vorschläge gemacht, wie wir die Geldwertstabilität zusätzlich unterfüttern mit einem Drei-Punkte-Plan. Erstens: Das wir die Geldwertstabilität, wie es schon Ludwig Erhardt wollte, in das Grundgesetz schreiben. Zweitens: Ein ausgeglichener Haushalt. Wir haben sie strukturell bereits jetzt erreicht, die schwarze Null im Bundeshaushalt. Schulden machen ist eine Quelle der Gefährdung. Drittens: Eine Reform der EZB-Gremien. Es kann nicht sein, dass bei Entscheidungen, etwa beim Ankauf von Staatsanleihen, Malta das gleiche Stimmengewicht wie die Bundesrepublik Deutschland hat. Wir stehen für 27 Prozent aller Risiken ein. Deshalb muss das verändert werden. Ich glaube nicht, dass ein Konzept, wo man Probleme aufgreift, aber keine Lösung anbietet, und die Rückentwicklung zur DM die Lösung sind, dass das politisch erfolgversprechend ist. Die Anliegen, die angesprochen werden, nehmen wir ernst, die Institution die sich bildet, weniger.

Frage: Die Bild-Zeitung vertritt ja heute die Devise, dass die Bundeskanzlerin 2015 abtritt, weil Sie mit 60 Schluss machen möchte. Was halten Sie von der Idee?

BRÜDERLE: Ich bin überzeugt, die Kanzlerin ist mit vollem Engagement dabei. Sie macht eine exzellente Arbeit. Sie hat eine hervorragende Koalition, die ihr den Rücken stärkt und sie wird weiterhin Freude haben mit ihrem Koalitionspartner, der FDP, erfolgreiche Politik zu machen. Da habe ich keinen Zweifel.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2013