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BREMEN/010: Von der erleichterten Einbürgerung dürfen Kinder nicht ausgenommen werden! (Die Linke)


Fraktion DIE LINKE. in der Bremischen Bürgerschaft - 27. Juni 2012

Rolf Gössner: Von der erleichterten Einbürgerung dürfen Kinder nicht ausgenommen werden!



Rolf Gössner, parteiloses Mitglied der Innendeputation für DIE LINKE, möchte die vom Innenressort beabsichtigte erleichterte Einbürgerung von jungen Menschen mit humanitären Aufenthaltserlaubnissen erweitern. In einem Antrag zur heutigen Sitzung der Innendeputation fordert er, nicht nur Jugendliche ab 16 Jahren, sondern auch jüngere Menschen nach drei Jahren regulären Aufenthalts einzubürgern.

"Die Bürgerschaft hat noch letzten Monat beschlossen, Kinder und Jugendliche leichter einzubürgern und alle rechtlichen Spielräume auszuschöpfen. Das wird in der Vorlage zum Erlassentwurf des Innensenators allerdings in wesentlichen Punkten nicht umgesetzt", so Gössner. "Rechtlich wäre die Einbürgerung eines Kindes bereits ab Vollendung des dritten Lebensjahres möglich. Diese Möglichkeit soll - entgegen dem klaren Beschluss der Bürgerschaft - nach einer Vorlage des Innenressorts ausgeschlossen sein, die der Innendeputation heute vorgelegt wurde. So werden gerade jüngere Kinder bis 16 Jahren benachteiligt, selbst wenn sie hier geboren und aufgewachsen und damit faktische Inländer sind."

Die Einbürgerung als letzter Schritt der 'Aufenthaltsverfestigung' fördere auch das Kindeswohl, welches gemäß der UN-Kinderrechtskonvention bei allen Maßnahmen staatlichen Handelns immer im Vordergrund stehen müsse. Des Weiteren schreibe auch das ?Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit? vor, hier geborene Kinder erleichtert einzubürgern. Rolf Gössner: "Eine solche Einbürgerungsmöglichkeit unter erleichterten Bedingungen ist von zentraler Bedeutung, um den betroffenen Kindern und Jugendlichen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie wirkliche Entwicklungs-, Lebens- und Zukunftsperspektiven zu eröffnen."

"Kinder und Jugendliche jetzt auch erleichtert einzubürgern, ist ein grundsätzlich guter Ansatz", so Gössner. "Wenn dabei aber nicht Kinderrechte, sondern wieder selektive Maßstäbe angesetzt werden, verschlechtert das die Initiative."

Den Antrag "Erleichterte Einbürgerung für Jugendliche, junge Erwachsene UND Kinder" von Dr. Rolf Gössner zur heutigen Sitzung der Innendeputation finden Sie anbei.

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INNENDEPUTATION
27. Juni 2012
18. Wahlperiode

Antrag zu TOP 3 von Dr. Rolf Gössner
Erleichterte Einbürgerung für Jugendliche, junge Erwachsene UND Kinder

Die Innendeputation möge beschließen:
Der Innensenator wird gebeten, die Vorlage 18/65 vom 15. Juni 2012 so zu überarbeiten, dass auch Kinder erleichtert eingebürgert werden können und auf gesetzlich nicht erforderliche Bedingungen für die Einbürgerung verzichtet wird. Insbesondere zu verzichten ist auf Altersgrenzen und die (wiederholte) Prüfung von "Integrationsleistungen".

Begründung: Die Bremische Bürgerschaft hat am 7. Juni 2012 beschlossen, "gut integrierten Kindern und Jugendlichen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und über eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verfügen, eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen und dabei die vorhandenen rechtlichen Spielräume voll auszuschöpfen, weil sie neben ihrer Familienzugehörigkeit keine Bindungen oder Beziehungen zu dem Heimatland ihrer Eltern haben." Eine solche Einbürgerungsmöglichkeit unter erleichterten Bedingungen sei von zentraler Bedeutung, um den betroffenen Kindern und Jugendlichen eine "gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und wirkliche Entwicklungs- und Lebensperspektiven" und damit auch Zukunftsperspektiven zu eröffnen.
Der Senator für Inneres und Sport legt nun seine Art der Umsetzung dieses Beschlusses in einer Vorlage (Nr. 18/65 vom 15. Juni 2012) für die staatliche Deputation für Inneres und Sport vor. Diese Vorlage mit dem Titel "Erleichterte Einbürgerung gut integrierter Jugendlicher und Heranwachsender mit langjährigem Aufenthalt" entspricht in wesentlichen Punkten nicht dem Beschluss der Bremischen Bürgerschaft, der eindeutig auch auf Kinder abzielt und die Ausschöpfung aller rechtlichen Spielräume als Maßstab vorgibt. Die Maßnahmen, die der Innensenator unter Punkt B. (Lösung) der Vorlage und im angehängten Schreiben vom 1. Juni 2012 anführt, schließen jedoch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren per se aus.
Kinder, deren humanitärer Aufenthalt sich von dem ihrer Eltern ableitet, sind ganz von der beabsichtigten Regelung ausgenommen. Sie könnten, wenn sie eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis ab Geburt bekommen, bereits mit Vollendung des dritten Lebensjahres erleichtert eingebürgert werden.
Artikel 6 des "Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit" schreibt vor, dass jeder Vertragsstaat (dazu gehört auch die Bundesrepublik), den Erwerb seiner Staatangehörigkeit u. a. für "Personen, die in seinem Hoheitsgebiet geboren sind und sich dort rechtmäßig und gewöhnlich aufhalten", zu erleichtern hat. Aus diesem europäischen Übereinkommen leiten sich individuelle Rechte ab. Auch Kinder, die mit Geburt einen humanitären Aufenthalt erlangen, haben also ein Recht auf erleichterte Einbürgerung. Sie sind faktische Inländer. Eine Einbürgerung als letzter Schritt der Aufenthaltsverfestigung fördert auch das Kindeswohl, welches bei allen Maßnahmen staatlichen Handelns immer im Vordergrund stehen muss (Art. 3 Abs. 1 Übereinkommen über die Rechte des Kindes). Es geht um die Zukunftsperspektiven der Kinder.
Die Vorlage Nr. 18/65 setzt den Beschluss der Bremischen Bürgerschaft in wesentlichen Teilen nicht um. Sie schöpft nicht die rechtlichen Handlungsspielräume aus und ignoriert insoweit auch völkerrechtliche Vorgaben. Sie begrenzt den Berechtigtenkreis unnötig und führt wiederholte "Integrationsprüfungen" bei Kindern und jungen Menschen nach gesetzlich nicht vorgeschriebenen Kriterien ein. Insoweit ist die Vorlage zu überarbeiten und entsprechend zu ändern.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 27. Juni 2012
Fraktion DIE LINKE. in der Bremischen Bürgerschaft
Doris Achelwilm - Pressesprecherin
Tiefer 8, 28195 Bremen
Telefon: 0421 / 20 52 97 50, Fax: 0421 / 20 52 97 10
E-Mail: pressesprecherin@linksfraktion-bremen.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2012