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BREMEN/027: Wahlkampfgetöse um Verschärfung des Bremer Polizeigesetzes (Bündnis Brementrojaner)


Bündnis Brementrojaner - Pressemitteilung vom 30.08.2018

Wahlkampfgetöse um Verschärfung des Polizeigesetzes

Bündnis Brementrojaner zur Bürgerschaftsdebatte über CDU-Gesetzesantrag


Die heutige Debatte [30.08.2018] in der Bürgerschaft zur Verschärfung des Bremischen Polizeigesetzes ist nur noch Wahlkampfgetöse. Viele Menschen in dieser Stadt haben es einfach satt. Wir setzen unser Motto dagegen: "Freiheit statt Angst". In Bremen hat sich schon im Frühjahr ein breites Bündnis gegen die Verschärfung des Polizeigesetzes gebildet: Das Bündnis Brementrojaner, welches aus zivilgesellschaftlichen Gruppen, Parteien und Einzelpersonen besteht. Das Bündnis wächst kontinuierlich und weist immer wieder auf die fatalen Konsequenzen der geplanten Verschärfungen hin:

Ein weitreichender Ausbau staatlicher Videoüberwachung im öffentlichen Raum verdrängt, als teures Placebo, Kleinkriminalität lediglich an andere Orte und setzt zugleich alle Menschen unter Beobachtung,

• die Einführung elektronischer Fußfesseln zur lückenlosen Aufenthaltskontrolle mutmaßlicher "Gefährder" kriminalisiert Menschen, die nicht etwa unter einem konkreten Verdacht stehen, sondern denen Straftaten aufgrund unklarer Anhaltspunkte lediglich zugetraut werden,

• die massive Ausweitung der polizeilichen Überwachung und Ausforschung von Computern und Smartphones mittels heimlich eingeschleuster Schadsoftware, besser bekannt als "Staatstrojaner", kompromittiert die Sicherheit unserer privaten Geräte und greift tief in unsere Intimsphäre ein.

Alle diese Vorhaben, ob von SPD oder CDU, sind in den Augen des Bündnisses Brementrojaner unzulässige Eingriffe in Grund- und Menschenrechte!

Die Grünen haben bekanntlich nach öffentlichem Protest - auch des Bündnisses Brementrojaner - den Gesetzgebungsprozess hinsichtlich des rot-grünen Polizeigesetz-Entwurfs aufgekündigt. Nun zielt die CDU mit ihrem Gesetzentwurf darauf ab, Zwist in der rot-grünen Koalition zu schüren. Der Wahlkampf ist eröffnet.

Susanne Wendland, parteilose Abgeordnete und Sprecherin des Bündnisses Brementrojaner: "Massive Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte dürfen aber kein Gegenstand von Wahlkampfgetöse sein! Denn wir sind bereits auf dem Weg in einen Überwachungsstaat. CDU und SPD gaukeln uns mit ihren Gesetzesentwürfen vor, die angeblich erhöhte Terrorismusgefahr in den Griff zu bekommen. Das ist Sicherheitsfolklore zu Lasten unserer Freiheitsrechte."

Der CDU-Gesetzesentwurf, der heute zur Debatte stand, zielt nicht auf Terrorverdächtigte, sondern letztlich auf jeden und jede. Wir alle können ohne konkreten Verdacht überwacht werden!

Wie, nur zum Beispiel, der Autor Marc-Uwe Kling, der mit einem kommunistischen Känguru zusammen wohnt. In einer Wohngemeinschaft. Nach eigener Aussage hat das kommunistische Känguru auf Seiten des Vietcongs gekämpft, will das System umstürzen und betreibt einen Boxclub. Als Romanfigur in der Fiktion seiner Bücher. Was aber missverstanden und dann zum Gegenstand von Überwachung werden könnte.

Marc-Uwe Kling hat zusammen mit zwei Bremern, den Rechtsanwälten Rolf Gössner und Helmut Pollähne, unter dem Dach von Digitalcourage e.V. kürzlich Verfassungsbeschwerde gegen den Einsatz von Bundesstaatstrojanern eingelegt.

Rolf Gössner, der selbst fast vier Jahrzehnte lang rechtswidriger staatlicher Überwachung ausgesetzt war, begründet das wie folgt: "Staatstrojaner sind digitale Waffen, mit denen der Staat heimlich IT-Systeme, Computer und Smartphones ausforschen kann. Die Polizei bricht damit in Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte, in Informationelle Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit der Betroffenen ein. Es handelt sich um einen der schwersten Grundrechtseingriffe, der auch die Menschenwürde verletzt, zudem die IT-Sicherheit gefährdet und damit die Allgemeinheit."

Aaron Lye vom Forum Informatiker_Innen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. (FIfF) und Sprecher des Bündnis Brementrojaner sagt zum Thema "Staatstrojaner": "Diese Überwachungsprogramme können zwar gesetzlich beschränkt werden, technisch gesehen können sie aber nicht nur auslesen, sondern nach Belieben weitere Dateien oder Funktionen nachladen sowie Daten und Systeme manipulieren. Darüber hinaus beteiligen sich staatliche Institutionen daran, Unsicherheit für alle zu schaffen, da sie Sicherheitslücken lieber geheimhalten, um sie ausnutzen zu können, anstatt sie zu schließen".

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Quelle:
Bündnis Brementrojaner - Pressemitteilung vom 30.08.2018
Weiterleitung durch Internationale Liga für Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030 - 396 21 22, Fax: 030 - 396 21 47
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Internet: www.ilmr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2018

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