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NORDRHEIN-WESTFALEN/1913: Porträt - Daniela Schneckenburger, Grüne (Li)


Landtag intern 2/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Porträt: Daniela Schneckenburger (Grüne)

Von Andreas Wyputta


Sie war Ratsfrau in Dortmund, dort auch Fraktionschefin, und von 2006 bis 2010 Landesvorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen - doch in die Politik gebracht hat Daniela Schneckenburger nicht die Ökologie, sondern die Frauenbewegung. Schon während ihres Studiums Ende der 70er-Jahre in Heidelberg habe sie nicht nur für bessere Studienbedingungen, sondern auch für Gleichberechtigung gekämpft, erzählt die 51-Jährige: "Nicht nur die Seminare waren überfüllt - auch weibliche Dozentinnen fehlten völlig."

Nach dem Abschluss sei für sie nur ein Engagement bei den gerade frisch gegründeten Grünen in Frage gekommen, sagt Schneckenburger: "Schließlich war ich auch in der Anti-Atom-Bewegung und in der Friedensbewegung aktiv." Ins Ruhrgebiet gezogen ist die Mutter eines Jungen und eines Mädchens dann "der Liebe wegen". An einer Gesamtschule in Herne unterrichtete sie 14 Jahre die Fächer Deutsch und Religion - und profilierte sich in Dortmund als Sozialpolitikerin: "Es ist die Gerechtigkeitsfrage, die einen in die Politik bringt", sagt sie.

Noch heute wehrt sich Schneckenburger deshalb gegen eine Reduzierung ihrer Partei auf die Kernkompetenz Umwelt. "Die ökologische Frage ist zentral, doch die Sozialpolitik ist genauso stark vertreten." Schon bei ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden hatte die Dortmunderin, die zum linken Parteiflügel gezählt wird, damit geworben, "Verteilungsgerechtigkeit und Klimaschutz" gemeinsam auf die Agenda bringen zu wollen und die Grünen als "Motor der sozial-ökologischen Debatte" zu positionieren.

Seit ihrer Wahl zur Landtagsabgeordneten arbeitet die Grüne deshalb als wirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion, betreut zusätzlich das Politikfeld Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung. Sie interessiere, wie sozialer Ausgleich, wie neue Arbeitsplätze geschaffen werden können, sagt Schneckenburger - deshalb habe sie das Politikfeld Wirtschaftspolitik in der auf 23 Abgeordnete angewachsenen Landtagsfraktion gern übernommen.

"Ich bin keine Lobbypolitikerin für Arbeitgeberinteressen", betont sie aber auch. Die wachsende soziale Kluft, die immer stärker werdende Polarisierung in arm und reich sei eine "gesellschaftliche Bedrohung". Zwar sei die im grünen Programm verankerte starke Betonung möglichst guter Bildungsabschlüsse für möglichst viele richtig - doch die Parteilinke betrachtet auch die auf dem Nürnberger Parteitag beschlossene Grundsicherung, mit der das Arbeitslosengeld II für Langzeitarbeitslose auf 420 Euro monatlich angehoben werden soll, als ebenso wichtigen Erfolg.

Zukunftsfähig seien nur Unternehmen, die "ressourceneffizient" arbeiteten, die angesichts des absehbaren Endes des Ölzeitalters auf erneuerbare statt auf fossile Energieträger setzten, sagt die Dortmunderin nicht nur mit Blick auf die Autoproduktion von Opel im benachbarten Bochum. Vor Augen geführt habe ihr das nicht zuletzt eine Reise mit dem Wirtschaftsausschuss des Landtages nach Indien: "China und Indien mit ihrer Milliarden zählenden Bevölkerung können nicht einfach unseren Lebensstil mit seiner immensen Verbrennung fossiler Energie übernehmen - das wäre nicht nur das ökologische, sondern auch das ökonomische Ende."

Gerade in Fragen der Effizienzsteigerung suche sie den Dialog zu den Gewerkschaften, wirbt Schneckenburger um neue Bündnispartner: "Einsparungen müssen nicht immer zu Lasten der Arbeitnehmer gehen."

Ebenso wichtig ist ihr der Städtebau. Über 460.000 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen seien in der Hand von Finanzinvestoren, empört sich die einstige Sozialpolitikerin. Nicht umsonst habe der einstige SPD-Chef Franz Müntefering diese als "Heuschrecken" bezeichnet: "Wo seriöse Wohnungsbauunternehmen mit 3 bis 5 Prozent Rendite rechnen, erwarten die 10 bis 15."

Die Folge seien zu geringe Investitionen in die Substanz. Viele Bestände, die von den Fondsmanagern vor dem Kauf nur mit Hubschraubern überflogen worden seien, zerfielen. "Verslumungstendenzen" drohten. Sollten die Fonds wegen der Finanzkrise selbst in Finanznöte geraten, wirbt Schneckenburger für einen Kauf etwa durch kommunale Wohnungsunternehmen oder durch Wohnungsgenossenschaften. Keinesfalls aber dürften Töchter der öffentlichen Hand die Gewinne der Heuschrecken finanzieren, betont sie. "Wenn zurückgekauft wird, dann nur zum Verkehrswert."


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Quelle:
Landtag intern 2 - 43. Jahrgang, 08.02.2012, S. 15
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2012