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NORDRHEIN-WESTFALEN/1942: Schweizer Steuerabkommen - SPD und Grüne fordern "Nein" im Bundesrat (Li)


Landtag intern 10/2012
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Eine Frage der Steuer
Schweizer Steuerabkommen: SPD und Grüne fordern "Nein" im Bundesrat

Von Daniela Braun



14. September 2012 - Die Debatte um das Steuerabkommen mit der Schweiz reißt nicht ab. Während der Bundestag den Pakt mit den Stimmen von CDU und FDP vorantreibt, begehren die rot-grün regierten Länder weiter auf - darunter auch Nordrhein-Westfalen. Der Bund verstoße mit dem Abkommen gegen die Steuergerechtigkeit, kritisierten SPD- und GRÜNEN-Fraktion nun erneut in einer Plenardebatte im Landtag. Ob das Abkommen also am Ende in Kraft tritt, bleibt noch offen. Dem müsste nämlich der aktuell rot-grün dominierte Bundesrat zustimmen.


"Wir müssen das vorliegende Steuerabkommen verhindern", forderte Stefan Zimkeit (SPD). Der Pakt stelle Steuerflüchtige besser als ehrlich Steuerzahlende, lasse Betrüger in der Anonymität und erschwere die Arbeit deutscher Fahnder. Offenbar sei es CDU, FDP und auch den PIRATEN wichtiger, das schweizerische Steuergeheimnis zu schützen als deutsche Steuerflüchtige zu fassen. Zimkeit drängte daher darauf, ein neues, besseres Abkommen auszuarbeiten. Darüber hinaus verteidigte er die Steuer-CD-Käufe des NRW-Finanzministers Dr. Norbert Walter-Borjans: "Ich halte es für unerträglich, zu versuchen, den Finanzminister zu kriminalisieren und damit Kriminelle zu schützen."

Nicht der Finanzminister, sondern CDU und FDP bewegten sich in einem "bedenklichen Graubereich", unterstrich GRÜNEN-Sprecher Mehrdad Mostofizadeh. Zudem erinnerte er: NRW habe die erste Steuer-CD im Jahr 2008 noch unter Schwarz-Gelb gekauft. Das Prinzip "Einmal ist keinmal" gelte da nicht. Den Vertrag mit der Schweiz bezeichnete Mostofizadeh als "Katastrophe": Damit verspiele Deutschland auf alle Zeit die Chance, mit dem Nachbarland ein rechtsstaatlich einwandfreies Abkommen auf die Beine zu stellen. Der vorliegende Vertrag sei nicht nur steuerungerecht und eine Bremse für die Fahnder: "Es ist nicht einmal ein gutes Geschäft, was da gemacht wird."

"Der Steuerhinterzieher verhält sich nicht nur gesetzeswidrig, sondern auch unsolidarisch", stellte Dr. Marcus Optendrenk (CDU) fest. Gleichzeitig wehrte er sich gegen allzu einfache Schwarzweiß-Malerei. Es gehe nicht an, dass jemand, der auf Schattierungen hinweise, gleich als Unterstützer von Steuerhinterziehern gelte. Dem Finanzminister warf Optendrenk vor, mit seinem Vorgehen Risiken "geradezu mit direktem Vorsatz" einzugehen: Er verschärfe das Klima im Parlament, indem er Fraktionen als "Partei der Steuerhinterzieher" bezeichne. Zudem spiele er sich im Ausland als "deutscher Neben-Finanzminister" auf. Das sei vom Grundgesetz her nicht haltbar.

Besser dieses Abkommen als gar keins, so die Devise von FDP-Sprecher Ralf Witzel. Zwar räumte er in der Debatte ein: "Niemand bestreitet den Kompromisscharakter." Doch viele weitere rechtsunsichere Jahre seien keine Alternative. Kritik übte der Abgeordnete insbesondere in puncto Steuer-CD-Käufe: Der Zweck heilige nicht jedes Mittel. "Wir dürfen nicht Datendiebstahl gegen Steuerhinterziehung ausspielen", betonte der FDP-Politiker. Als schwierig stufte Witzel zudem ein, dass Walter-Borjans einerseits Rechtshilfe von der Schweiz bei Steuerdelikten verlange, dem Nachbarland aber andererseits Amtshilfe bei der Verfolgung von schweizerischen Datendieben verweigere.

Das Parlament sei sich einig, befand Nico Kern (PIRATEN): Steuerbetrug dürfe nicht toleriert werden. Darüber hinaus stehe seine Fraktion aber auch zum Rechtsstaat. "Sie dagegen, Herr Minister, haben den rechtsstaatlichen Weg verlassen", spielte Kern auf die CD-Käufe der vergangenen Monate an. Hierfür fehle jegliche gesetzliche Grundlage. "Auch Unschuldige werden auf den Steuer-CDs erfasst", kritisierte der Abgeordnete. Zudem glichen die Ankäufe einer "Steuerlotterie". Notwendig seien schlichtweg mehr Steuerfahnder. Ähnlich wie SPD und GRÜNE bezeichnete Kern das Abkommen mit der Schweiz als "Farce für steuerehrliche Bürger" - eine Neuauflage sei notwendig.

Der Pakt gelte Steuern rückwirkend pauschal, anonym und straffrei ab, erläuterte Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans (SPD). Das sei zwar viel Geld: "Aber es werden viel mehr Milliarden sein, die in der Zukunft unerkannt entkommen können." Genau das sei die Absicht der Schweiz, weswegen diese aktuell auch kaum nachgeben werde. Walter-Borjans verteidigte daher die CD-Käufe, die Deutschland seit 2010 nicht nur drei Milliarden Euro eingebracht hätten, sondern auch den Druck aufs Nachbarland erhöhten. "Die Schweiz wird sich wieder an den Tisch setzen", prophezeite er. Und wenn nicht? Dann sei dieser "nicht optimale Weg" immer noch besser als das Abkommen.


Kasten

ERGEBNIS DER ABSTIMMUNG

Den Antrag von SPD und GRÜNEN zum Stopp des Steuerabkommens (Drs. 16/814) hat der Landtag mit den Stimmen der antragstellenden Fraktionen sowie vier Stimmen der PIRATEN angenommen. Die Entschließungsanträge von CDU und FDP (Drs. 16/867) und der PIRATEN (Drs. 16/879) wurden abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 10 - 43. Jahrgang, 07.11.2012, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2012