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NORDRHEIN-WESTFALEN/1975: Vergewaltigung - ärztliche Behandlung sicherstellen (Li)


Landtag intern 2/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Vergewaltigung - ärztliche Behandlung sicherstellen
Plenarbericht

Von Christoph Weißkirchen



23. Januar 2013 - Der Kölner Fall, bei dem zwei katholische Kliniken einer mutmaßlich Vergewaltigten die Versorgung verweigerten, beschäftigte auch den Landtag NRW. Eine solche Versorgung müsse auf jeden Fall sichergestellt werden, forderten alle Fraktionen.


Als "unterlassene Hilfeleistung" wertete es Lukas Lamla (PIRATEN), wenn Krankenhäuser Vergewaltigungsopfern Hilfe verwehrten: "Ein katholisches Krankenhaus, welches Steuergelder aus dem Landeshaushalt bekommt, hat eine Behandlungspflicht allen hilfsbedürftigen Menschen gegenüber - unabhängig von der Herkunft, von der Hautfarbe oder von dem Glauben." Der Piraten-Sprecher forderte die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass die medizinische Versorgung für Betroffene von sexueller Gewalt in allen Krankenhäusern in NRW einheitlich gewährleistet werde.

"Empörend" sei das Verhalten der katholischen Krankenhäuser in Köln im Fall der mutmaßlich vergewaltigten jungen Frau, so Daniela Jansen (SPD). Es stelle sich zum einen die Frage, ob die Vergabe einer gynäkologischen Notfallbetreuung an katholische Krankenhäuser akzeptabel sei. Zum anderen, warum es keine einheitlichen gesetzlichen Vorgaben gebe, wie in einem solchen Fall eine - möglicherweise anonyme - Spurensicherung vorzunehmen sei. Es müsse auf Bundesebene geklärt werden, ob die "Pille danach" zur Erstversorgung von Vergewaltigungsopfern gehöre.

Vergewaltigungsopfer müssten sicher sein können, dass ihnen sofort alle medizinische, psychologische und, wenn gewollt, seelsorgerische Hilfe zur Verfügung stehe, betonte auch Regina van Dinther (CDU). Es sei gut, dass sich beide betroffene Kliniken mittlerweile entschuldigt hätten. Es sei sicherzustellen, dass so etwas nie wieder passiere. Van Dinther wehrte sich allerdings dagegen, die Kirche unter Generalverdacht zu stellen. Denn dies bedeute, Menschen, die tagtäglich aufopfernd auf der Seite der Schwachen arbeiteten, mit Vorwürfen zu überziehen.

Religiöse Erwägungen dürften nicht über das Wohl des Opfers oder über die Möglichkeit der Strafverfolgung gestellt werden, meinte Josefine Paul (GRÜNE). Sie forderte, dass Frauen durch Beratung in die Lage versetzt werden müssten, selbst zu entscheiden, ob sie die "Pille danach" wollten. Entscheide sich eine Frau dafür, müsse sie zumindest kompetent und unbürokratisch weitervermittelt werden, wenn es gegen die moraltheologischen Grundsätze des jeweiligen Krankenhausträgers verstoße, einer Frau in einer solchen Notlage die "Pille danach" zu verschreiben.

Es dürfe nicht sein, dass Opfern von Straftaten aus welchen Gründen auch immer eine Behandlung verweigert werde, unterstrich auch Susanne Schneider (FDP). Die Krankenhäuser müssten ihre Verhaltensleitlinien sowie Organisationsstrukturen entsprechend überprüfen. Gleichwohl sei es nicht Aufgabe von Politik, vorzugeben, welche Kontrazeptiva die Krankenhausträger zu verordnen hätten. Die FDP-Fraktion im Landtag spreche sich klar dagegen aus, die Katholische Kirche unter den Verdacht zu stellen, Opfern von Vergewaltigungen generell die Behandlung zu verweigern.

Eine Frau, die vergewaltigt worden sei, müsse jede Hilfe zur Stabilisierung in dieser Lebenslage erhalten, erklärte Gesundheitsministerin Barbara Steffens (GRÜNE). Klar sei, dass das eine Leben nicht gegen das andere Leben ausgespielt werden dürfe. Sollte ein katholisches Krankenhaus zum Beispiel bei stationärer Behandlung die "Pille danach" versagen, müsse es "entweder Kooperationen mit konfessionslosen Ärztinnen und Ärzten oder die Möglichkeit geben, dass die Frau selbstbestimmt in dieser Krisen- und Notsituation entscheiden kann, wie sie damit umgeht".


Ein Eilantrag der Piraten (Drs. 16/1953) wurde abgelehnt, Entschließungsanträge von SPD und GRÜNEN (Drs. 16/1966) sowie CDU (Drs. 16/1967) wurden angenommen

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Quelle:
Landtag intern 2 - 44. Jahrgang, 27.2.2013, S. 6
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2013