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NORDRHEIN-WESTFALEN/1993: Ein Wahltermin soll künftig genügen, um das Rathaus zu füllen (Li)


Landtag intern 4/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Einmal hin - alle drin
Ein Wahltermin soll künftig genügen, um das Rathaus zu füllen
Plenarbericht

Von Sonja Wand



20. März 2013 - Seit 2007 werden (Ober-)Bürgermeisterinnen, Bürgermeister, Landrätinnen und Landräte getrennt von den Gemeindevertretungen gewählt. SPD und GRÜNE wollen diese beiden Wahlen wieder zusammenlegen, um die kommunale Demokratie zu stärken, wie es im entsprechenden Gesetzentwurf (Drs. 16/1468) heißt. Dazu soll die Amtszeit der Bürgermeister und Landräte um ein Jahr auf fünf Jahre verkürzt werden. Da allerdings nach geltendem Recht die Wahlperiode der Kommunalvertretungen bereits im Jahr 2014 endet und die Bürgermeister und Landräte erst im Jahr 2015 neu gewählt werden, soll die nächste Wahlperiode der Räte und Kreistage einmalig auf sechs Jahre verlängert werden, damit die Wahlen im Jahr 2020 gekoppelt stattfinden können. Es gab Lob und Bedenken.


"Die gemeinsame kommunale Verantwortung von Rat und Verwaltung ist verfassungsrechtlich geregelt", erläuterte Lisa Steinmann (SPD). Eine Zusammenlegung der Wahlen schaffe Klarheit für die Wählerinnen und Wähler und betone die Verantwortungsgemeinschaft als wesentliche Säule der kommunalen Demokratie. So werde das politische Gefüge nachvollziehbarer, was auch eine höhere Wahlbeteiligung und damit Legitimation mit sich bringen könne, argumentierte die Abgeordnete. Zudem helfe einer anstelle von zwei Wahlterminen, in der Kommune Kosten zu sparen.

Peter Biesenbach (CDU) erklärte, man habe im Jahr 2007 die Bürgermeisterwahlen von den allgemeinen Kommunalwahlen entkoppelt, um den Bürgermeister oder Landrat in seiner Unabhängigkeit zu stärken. Wegen sinkender Wahlbeteiligung bei isolierten Wahlen unterstützte Biesenbach aber die nun geplante Rückkehr zum gemeinsamen Wahltermin. Er sprach sich allerdings für eine generelle Amtszeit von sechs statt fünf Jahren für alle aus. Eine prinzipiell unzulässige Verkürzung der Wahlperiode freiwillig anzubieten, hielt er für verfassungsrechtlich höchst riskant.

Jedem Bürgermeister stehe es frei, seine gesamte Amtszeit auszunutzen oder früher aufzuhören und sich erneut zur Wahl zu stellen, unterstrich Mario Krüger (GRÜNE). Natürlich, räumte er ein, ziele eine solche Möglichkeit auf die Chance, bereits im Jahr 2014 Hauptverwaltungsbeamte und Räte an einem Tag wählen zu können, soweit dies möglich sei. Gegen eine generelle Amtszeit von sechs Jahren spreche, dass ein so langer Zeitraum junge Menschen eher abschrecke, trotz beruflicher Belastung und flexibler Lebensplanung noch ein kommunalpolitisches Ehrenamt anzutreten.

Die Wahlbeteiligung könne nicht der Hauptgrund für den Gesetzentwurf sein, vermutete Kai Abruszat (FDP). Schließlich habe Rot-Grün auch die traditionell beteiligungsschwachen Stichwahlen wieder eingeführt. Der wahre Grund für den Gesetzentwurf, meinte Abruszat zu den Regierungsfraktionen, liege wohl darin, dass "Sie kein Interesse an unabhängigen Bürgermeistern und Landräten haben, obwohl diesen in der kommunalen Verfassung eine besonders hervorgehobene Stellung eingeräumt wird". Auch der FDP-Sprecher hielt den Gesetzentwurf für verfassungsrechtlich bedenklich.

Seine Fraktion begrüße einen gemeinsamen Wahltermin, aber für die Stärkung der kommunalen Demokratie sei dies zu wenig, sagte Frank Herrmann (PIRATEN). Wichtiger sei, die Wahlperiode wieder auf fünf Jahre zu verkürzen. "Kürzere Wahlperioden sind demokratischer", erklärte er. Gewählte müssten sich ihrer Legitimität regelmäßig in absehbarer Zeit versichern. Herrmann kritisierte einen "freiwilligen Rückzugszwang", der den eigentlichen Wählerwillen aus dem Jahr 2009 im Nachhinein ausheble. Gewählt worden seien die Bürgermeister schließlich bis 2015.

Kommunalminister Ralf Jäger (SPD) wandte sich an den FDP-Sprecher: "Die präsidiale Stellung, die Sie den Bürgermeistern und Landräten in Ihrem Redebeitrag gerade zugeschrieben haben, gibt es in der Gemeindeordnung nicht." Stattdessen gebe es eine Gleichwertigkeit von Rat und Verwaltung und damit auch Bürgermeistern. Es sei ein Beitrag zur Demokratie, diese Augenhöhe durch einen gemeinsamen Wahltermin wiederherzustellen. Schließlich verwies der Minister noch auf eine Stichwahl, an der sich jüngst mehr Menschen beteiligt hätten als an der eigentlichen Bürgermeisterwahl.


ENTSCHEIDUNG

Mit einer Mehrheit aus SPD und Grünen nahm der Landtag gegen die Stimmen von CDU und FDP und bei Enthaltung der Piratenfraktion den Gesetzentwurf (16/1468) an, und zwar in einer durch Antrag (Drs. 16/2345) geänderten Fassung. Ein weiterer Änderungsantrag der PIRATEN (Drs. 16/2430) fand ebenso wie ein Entschließungsantrag der FDP (Drs. 16/1557) keine Mehrheit.

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Quelle:
Landtag intern 4 - 44. Jahrgang, 24.4.2013, S. 6
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2013