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NORDRHEIN-WESTFALEN/2020: Neue Fakten und immer wieder Datteln (Li)


Landtag intern 7/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Neue Fakten und immer wieder Datteln
Opposition fordert klares Bekenntnis zum Kraftwerksbau

Von Sonja Wand



10. Juli 2013 - Schon lange diskutiert der Landtag über ein zu guten Teilen fertiges Kohlekraftwerk in Datteln, dessen Fertigstellung gerichtlich gestoppt wurde: Der Bebauungsplan hielt der gerichtlichen Prüfung nicht stand. Nun hat der für die Planung zuständige Regionalverband Ruhr (RVR) beantragt, ein Zielabweichungsverfahren durchzuführen und somit das Kraftwerk Datteln IV sozusagen unter veränderten Voraussetzungen doch noch fertigstellen zu lassen. Ein zweites Kraftwerk in Bergheim-Niederaußem soll durch Änderung des Regionalplans ebenfalls möglich werden; eine entsprechende Entscheidung hat der dafür zuständige Regionalrat Köln getroffen. Vor dem Hintergrund dieser beiden kürzlich gefallenen Entscheidungen im RVR und im Regionalrat Köln fordern CDU und FDP klare Worte von der Landesregierung. Im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die die CDU beantragt hatte und der auch ein Eilantrag der FDP (Drs. 16/3503) zugrunde lag, erklärten SPD und GRÜNE: Eine Entscheidung für oder gegen die Kraftwerksprojekte hingen von der nun stattfindenden sachlichen Prüfung ab.


Josef Hovenjürgen (CDU) begrüßte die beiden aktuellen Entscheidungen als zukunftsweisend. Neue, effiziente Kohlekraftwerke könnten einen Beitrag zur Verringerung von Treibhausgasen leisten: Jeden Monat, in dem das Kraftwerk Datteln IV nicht am Netz sei, würden 100.000 Tonnen CO2 mehr als nötig in die Luft gepustet. Planungsfehler, die in der Vergangenheit gemacht worden seien, könne man nun korrigieren. "In diesem Hause gibt es eine breite Mehrheit zur Absicherung des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen. Es liegt an Ihnen, diese zu nutzen", appellierte der Abgeordnete an die SPD.

Im letzten Monat hätten SPD und GRÜNE darauf verwiesen, dass zunächst eine Entscheidung des RVR abzuwarten sei, bevor man sich zur Zukunft von Datteln IV verhalte - nun sei die Entscheidung da, nahm Dietmar Brockes (FDP) die Koalitionsfraktionen in die Pflicht. Weil sich SPD und GRÜNE in dem Politikfeld aber nicht einig seien, drohe das "umweltfreundlichste Steinkohlekraftwerk der Welt" zur Investitionsruine zu werden. Die Bürgerinnen und Bürger hätten ein Recht darauf zu erfahren, wie die Landesregierung zu Datteln IV stehe und eine sichere Energieversorgung gewährleisten wolle.

Seit Jahren sagten SPD und GRÜNE, wie sie zu Datteln IV stünden, erklärte Thomas Eiskirch (SPD): "Wenn es machbar ist, wird es kommen, und wenn es rechtlich nicht machbar ist, wird es nicht kommen" - und in dem Fall liege die Schuld dafür in einer verfehlten Planung unter CDU-Verantwortung. Man brauche nicht nur Bekenntnisse, sondern rechtssichere Verfahren. Auch widersprächen sich SPD und GRÜNE nicht: Dass es in NRW möglich sei, effiziente Kraftwerke zu bauen, sei ein Grund zur Freude. Aber es fehlten bundespolitische Rahmenbedingungen für einen rentablen Betrieb solcher Kraftwerke.

Datteln IV sei eines von hundert Kraftwerksblöcken in NRW, davon hänge nicht die Industriefreundlichkeit eines Bundeslandes ab, argumentierte Wibke Brems (GRÜNE). Das landesplanerische Desaster hätten im Übrigen CDU und FDP hinterlassen. Beide zur Rede stehenden Kraftwerke seien zudem wirtschaftlich nicht rentabel. Braunkohle, die in Niederaußem verstromt werden soll, sei der klimaschädlichste Energieträger, betonte sie. Sie zu nutzen, sei ungefähr so innovativ, wie heutzutage Dampflokomotiven einzusetzen, mit einem 56KModem Videos im Internet anzuschauen oder Asbest als Baustoff zu verwenden.

"Datteln IV - schon wieder ..." - so begann die Rede von Kai Schmalenbach (PIRATEN). Er fand es erschreckend, immer noch auf Kohlekraft zu setzen. Dass Nordrhein-Westfalen das Energieland Nummer eins bleiben solle, hielt er für ein vertretbares Ziel. Der Abgeordnete hatte aber Zweifel, ob dies mit Energieträgern von gestern gelingen könne. Dass der Bau des Steinkohlekraftwerks in Datteln gerichtlich gestoppt worden sei, fand er nachvollziehbar. Schließlich habe der Betreiber statt 1.500 Meter nur 500 Meter Abstand zur nächsten Wohnbebauung eingehalten. Wie das nachträglich gerichtsfest gemacht werden solle, leuchtete Schmalenbach nicht ein.

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erläuterte die Rechtslage bei beiden Verfahren und erklärte, sobald der RVR-Antrag auf ein Zielabweichungsverfahren vorliege, werde die Landesplanungsbehörde diesen auf die Vorgaben des Landesplanungsgesetzes hin prüfen, den zuständigen Landtagsausschuss einbeziehen und im Benehmen mit den beiden zuständigen Ministerien entscheiden. Ebenso werde die Landesplanungsbehörde den Antrag auf Änderung des Regionalplans der gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsprüfung unterziehen und, sollten keine Bedenken bestehen, die Änderung bekanntgeben.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 44. Jahrgang, 24.7.2013, S. 4
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. August 2013