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NORDRHEIN-WESTFALEN/2031: Mehr Kontaktmöglichkeiten für Kinder inhaftierter Eltern (Li)


Landtag intern 8/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Papa hinter Gittern
Mehr Kontaktmöglichkeiten für Kinder inhaftierter Eltern
Plenum

Von Sonja Wand



10. Juli 2013 - Wenn Mutter oder Vater ins Gefängnis müssen, leiden die Kinder erheblich, schreibt die FDP-Fraktion in einem Antrag (Drs. 16/3453). Zwar gelinge es in einzelnen nordrhein-westfälischen Haftanstalten, ihnen einen guten, kindgerechten Kontakt zu den Eltern zu ermöglichen und auch, pädagogisch begleitet, die schwierige Situation zu verarbeiten. Jedoch hänge dies bisher vom Engagement des Personals in den Haftanstalten ab. Die Fraktion fordert deshalb, die Rechte der Kinder müssten in ganz NRW gleichmäßig gewährleistet werden.


Die Kinder würden oft zu mitbestraften Dritten, beklagte Dirk Wedel (FDP). Sie müssten nicht nur mit dem Trennungsschmerz leben, sondern seien auch in Gefahr, ausgegrenzt zu werden und soziale Bindungen zu verlieren. Nur rund ein Viertel der 37 Justizvollzugsanstalten in NRW verfügten über spezielle Projekte oder besondere Besuchskontingente für die Kinder. Ein landesweit vergleichbares Niveau von Angeboten würde nicht nur den Kindern nutzen, die dann soziale und seelische Stabilität zurückgewinnen könnten, sondern auch den inhaftierten Elternteilen: im Sinne einer erfolgreichen Resozialisation und Perspektive für die Zeit nach der Haft, argumentierte Wedel.

"Wir wollen den Strafvollzug in Gänze neu ordnen. Wir wollen nicht Stückwerk schaffen", bezog sich Sarah Philipp (SPD) auf eine von der Landesregierung geplante Neuordnung des Strafvollzugs. Effekthascherei helfe den betroffenen Kindern nicht. Sie würden gewissermaßen auch zu Opfern von Kriminalität; ihrer müsse man sich in besonderem Maße annehmen. Aber es gebe in NRW bereits eine Vielzahl von erfolgreichen Projekten wie überwachungsfreie Langzeitbesuche in besonderen Räumlichkeiten. Dies sei am Bedarf der konkreten Justizvollzugsanstalt ausgerichtet. "Das kann man vor Ort am besten entscheiden - und nicht in Düsseldorf", so Philipp.

"Das Wohl minderjähriger Kinder liegt eindeutig im toten Winkel der Aufmerksamkeit, auch vonseiten der Politik", fand Kirstin Korte (CDU). Sofern der Kontakt zu den Eltern dem Kindeswohl diene, müssten auch Kinder inhaftierter Elternteile zu ihrem Recht kommen. Der Ruf der FDP nach vergleichbarem Niveau der landesweiten Angebotsstruktur mache Sinn. Die Abgeordnete regte an, darüber nachzudenken, wie sich die monatliche Mindestbesuchsdauer um ein Kontingent für Besuche minderjähriger Kinder erweitern lasse. Zudem sollte der Ort der Haft möglichst nah am Wohnort des Kindes liegen, ergänzte sie. Auch passende Besucherräume seien wichtig.

Dagmar Hanses (GRÜNE) hob die Bedürfnisse der Kinder und auch der Eltern heraus: "Kinder haben ein Recht auf Umgang mit ihren Eltern, sie möchten sich auf sie verlassen können und stolz auf ihre Eltern sein. Eltern möchten ein Vorbild sein, ihre Kinder auf dem Weg zur Selbstständigkeit begleiten und für ihre Kinder da sein." All dies sei unter den Bedingungen von Strafvollzug und Inhaftierung eine Herausforderung, aber NRW sei auf einem guten Weg, damit dies zunehmend besser gelingen könne - auch dank der engagierten, motivierten Beschäftigten. Im Vergleich mit anderen Bundesländern fungiere Nordrhein-Westfalen als Modell und Vorbild.

Dietmar Schulz (PIRATEN) unterstützte das von der FDP-Fraktion im Antrag formulierte Anliegen. Der kindgerechte Umgang sowohl mit dem Vater als auch mit der Mutter bilde für die persönliche und damit gesellschaftliche Grundausrichtung der Kinder eine elementare Basis. Das sei auch in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen niedergeschrieben. "NRW tut gut daran, alles erdenklich Richtige und Wichtige unter gleichzeitiger Beachtung des Strafanspruchs des Staates zu tun", unterstrich der Abgeordnete und kündigte an, seine Fraktion wolle in den kommenden Ausschussberatungen ihre Vorstellungen konkretisieren.

Es gebe viele Angebote zur Unterstützung der Kinder und Familien in verschiedenen Haftanstalten - damit begründete Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), dass es nicht das individuelle Engagement Einzelner, sondern eine bewusste Richtungsentscheidung der Landesregierung sei, die in den 37 Justizvollzugsanstalten mit Leben gefüllt werde. Die Grundlagen dafür seien im Jugendstrafvollzugsgesetz und im Gesetz zum Vollzug der Sicherungsverwahrung festgeschrieben. Zudem wolle man dies im anstehenden Strafvollzugsgesetz ausgestalten und die bestehende Grundstruktur ausbauen. Kutschaty freute sich über das Angebot der FDP, daran aktiv mitzuwirken.


WEITERE BERATUNG Das Plenum hat den Antrag (Drs. 16/3453) zur Fachberatung an den Rechtsausschuss - federführend - sowie an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend überwiesen.

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Quelle:
Landtag intern 8 - 44. Jahrgang, 25.9.2013, S. 6
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2013