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NORDRHEIN-WESTFALEN/2035: Kitaangebote außerhalb des Wohnorts (Li)


Landtag intern 8/2013
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Ausschuss
Kitaangebote außerhalb des Wohnorts
Fachleute uneinig über Lösungsmöglichkeiten

Von Christoph Weißkirchen



19. September 2013 - Seit dem 1. August haben Eltern für ihre Kinder einen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte (Kita). Dieser gilt zunächst gegenüber der Kommune, in der sie wohnen. Problematisch kann es werden, sollten sie einen Platz in einer anderen Kommune wünschen, zum Beispiel, weil sie dort arbeiten. Ein Problem, das grundsätzlich gelöst werden müsse, fand ein Großteil der Fachleute, die im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend rechtliche, finanzielle und praktische Lösungen erörterten. Ein Problem, das die Kommunen durchaus untereinander lösen könnten, widersprachen die kommunalen Spitzenverbände.


"Man kann jede Menge Zweckgemeinschaften gründen, da kann man doch ein paar Kinder hin- und herschieben", meinte Heinz-Josef Kessmann (Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege). Er forderte, dass hinsichtlich der anfallenden Kosten die Kommunen untereinander Verrechnungsmöglichkeiten finden sollten. Aufgrund zunehmender Mobilität steige die Zahl derjenigen, die ihre Kinder nahe der Arbeitsstätte unterbringen möchten. Gleichzeitig verschärften viele Jugendämter insbesondere unter dem Druck der kommunalen Finanzsituation die Ablehnung gemeindefremder Kinder. Es gebe dringenden Klärungsbedarf; eine bessere interkommunale Zusammenarbeit und Ausgleichsregelungen seien erforderlich. Die Wohlfahrtsverbände forderten, bei der angekündigten Revision des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagesbetreuung über Gemeindegrenzen hinweg zu vereinfachen.

Eltern hätten in aller Regel gut nachvollziehbare Gründe, wenn sie ihr Kind in einer Kita in einem anderen Jugendamtsbezirk anmeldeten, betonte Klaus-Heinrich Dreyer (Landschaftsverband Westfalen-Lippe). Zum Beispiel handele es sich um Kitas in der Nähe des Arbeitsorts oder um Kitas mit einer besonderen pädagogischen Ausrichtung. Allerdings gebe es heute nicht mehr den Konsens zwischen allen Jugendämtern, dass es sich hier um ein "Geben und Nehmen" handele. Derzeit existiere ein "Flickenteppich" unterschiedlicher Regelungen, die zum Teil auf Altersgrenzen, zum Teil auf höhere Elternbeiträge abstellten, kritisierte er. Solche Lösungen seien kaum vermittelbar. Dreyer trat dafür ein, zunächst zu prüfen, ob man mit Empfehlungen und Vereinbarungen das Problem lösen könne. Ansonsten hielt er eine landesrechtliche Lösung für angemessen.

Eine zunehmende Tendenz bei der Inanspruchnahme gemeindefremder Betreuungsangebote sah auch Karl Eitel John (Kreis Lippe). Im Kreis Lippe würden zunächst alle Kinder aus der jeweiligen Wohnsitzgemeinde versorgt. Sollten dann noch Plätze frei sein, könnten diese an andere Kinder vergeben werden. Neben dem verfügbaren Angebot sei auch die unterschiedliche Höhe der Elternbeiträge problematisch, so John. Diese könne dazu führen, dass sich Eltern verstärkt an Kitas mit niedrigen Beitragssätzen wendeten. Als praktische Lösung trat John ebenso wie Dreyer für die verstärkte Errichtung von Betriebskindergärten ein. Zur Finanzierung sei eine Bundesgesetzgebung sinnvoll. Bis dahin sollte eine landesrechtliche Regelung beinhalten, dass bei gemeindefremden Kindern der Jugendamtsanteil durch das Land übernommen werde. Eine Verrechnung zwischen den beteiligten Jugendämtern erschien ihm weder praktikabel noch zielführend.


Ausgleich

Die wiederholten Beratungen der Jugendamtsleitungen hätten gezeigt, dass über das Land betrachtet unter den jeweils angrenzenden Kommunen in aller Regel ein Ausgleich im Hinblick auf ein- und auspendelnde Kinder stattfände, so die Kommunalen Spitzenverbände, vertreten durch Dr. Matthias Menzel und Lorenz Schmitz. Eine finanzielle Ausgleichspflicht bei Aufnahme gemeindefremder Kinder in eine Kindertageseinrichtung sei daher weder notwendig noch zielführend. Erst recht sei der Verwaltungs- und Personalaufwand dafür zu hoch, betonte Menzel. Er stünde auch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den in Rede stehenden Zahlen. Es sei also ein Problem, das keiner Regelung bedürfe, ergänzte Schmitz: "Ich setze auf gute kommunale Nachbarschaft."

Der Vereinigung der Waldorfkindergärten NRW sei es ein Anliegen, dass die Frage der gemeindefremden Kindertagesbetreuungsangebote mit den zuständigen Kommunen konstruktiv und an den Bedürfnissen der Kinder bzw. ihrer Familien orientiert geklärt werde, erklärte Ulrich Neumann (Waldorfkindergärten). Wirtschaftliche Aspekte dürften dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern nicht im Wege stehen. Daher müsse auf politischer Ebene eine verbindliche Regelung beschlossen werden, am besten im Einverständnis aller Beteiligten.

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Quelle:
Landtag intern 8 - 44. Jahrgang, 25.9.2013, S. 13
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2013