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NORDRHEIN-WESTFALEN/2084: Inklusion - Wer wird das bezahlen? (Li)


Landtag intern 3/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
Inklusion: Wer wird das bezahlen?
Schulministerin unterrichtet Landtag über Verhandlung mit den Kommunen

Von Daniela Braun



20. Februar 2014 - In einer mit einer Unterrichtung durch die Landesregierung verbundenen Aktuellen Stunde hat der Landtag NRW erneut über die Kosten der Inklusion gestritten. Ab Sommer haben Kinder mit Behinderungen schrittweise das Recht auf den Besuch einer Regelschule. Eine teure Sache, befürchten die Kommunen. Sie fordern vom Land seit Monaten, für die Kosten aufzukommen. In den Tagen vor der Plenardebatte hatte die Regierung den kommunalen Spitzenverbänden eine teilweise Kostenübernahme angeboten: 175 Millionen Euro verteilt auf fünf Jahre. Endgültig geeinigt habe man sich aber noch nicht, so Schulministerin Sylvia Löhrmann im Plenum. Kritik kam von der Opposition.


25 Millionen Euro für investive Maßnahmen sowie 10 Millionen Euro für multiprofessionelle Teams: Das Angebot des Landes beinhalte erhebliche zusätzliche Anstrengungen auch über den eigenen Zuständigkeitsbereich hinaus, erläuterte Schulministerin Sylvia Löhrmann (GRÜNE). Bindend für fünf Jahre bedeute dies eine Summe von 175 Millionen Euro. Bislang habe sich einer der drei kommunalen Spitzenverbände zu weiteren Gesprächen bereit erklärt: "Uns geht es um eine einvernehmliche und faire Lösung", so die Ministerin. Das Land könne jedoch nicht für Leistungen wie die Integrationshelfer eintreten, die der Bund den Kommunen als Träger der Sozial- und Jugendhilfe übertragen habe.

Zu einem anderen Schluss kam Christian Lindner (FDP): "Sie haben sich verzockt." Monatelang habe Rot-Grün jede Konnexität geleugnet. Bei der Inklusion gehe es um langfristige Kosten und eine dauerhafte Verantwortung - da reiche es nicht, nur für einige Jahre zu finanzieren, befand der FDP-Fraktionsvorsitzende: "Das grüne Prestigeprojekt der Inklusion in Nordrhein-Westfalen ist arg vom Scheitern bedroht." Die Ministerin habe versäumt zu berichten, was Eltern, Schulen und Kommunen in den nächsten Wochen konkret zu erwarten hätten, so Lindner. Er befürchtete eine "Inklusion nach Kassenlage" und warf Rot-Grün vor, das Gesetz um die Vermeidung der Konnexität herumgebaut zu haben.

Von einem Prestigeprojekt könne keine Rede sein, entgegnete Norbert Römer (SPD): "Es geht darum, hier in Nordrhein-Westfalen die Konvention der Vereinten Nationen umzusetzen - im Interesse der Kinder." Wichtig sei nun, die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden fortzuführen. Gleichzeitig machte der SPD- Fraktionsvorsitzende deutlich: "Wir haben auch Verantwortung für die Landesfinanzen." Auf dem Tisch liege ein gutes Angebot, das weit über das hinausgehe, was das Land eigentlich leisten müsse, so Römer. Dass das Land nicht die Kosten für aus Bundesrecht erwachsene kommunale Aufgaben tragen könne, sei doch allen klar. Dennoch wolle NRW hier freiwillig Geld investieren.

"Wir wünschen Ihnen, dass es ein Ergebnis gibt", äußerte sich Armin Laschet (CDU) zu den aktuellen Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Die Unterrichtung durch die Schulministerin bezeichnete er gleichwohl als Schau. "Spalten Sie nicht die kommunale Familie, sondern liefern Sie", forderte der CDUFraktionsvorsitzende die Regierung auf. Zudem kritisierte er, dass Rot-Grün eine auf Quantität ausgerichtete Inklusionspolitik mit der Brechstange durchsetze und die Kommunen mit den dauerhaften Kosten alleine lasse. Opfer seien am Ende die Kinder, befürchtete Laschet und betonte: "Konnexität ist keine Verhandlungsmasse, Konnexität ist ein Verfassungsrecht."

"Es ist ein schwieriger Prozess, das ist ja nicht zu bestreiten", meinte Reiner Priggen (GRÜNE). Rot-Grün habe schon viel für die Kommunen erreicht und einiges aus der Vergangenheit wieder geradegerückt. Es sei richtig, nun bei den Inklusionskosten miteinander zu ringen, so der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende: Das Land biete an, noch einmal 175 Millionen Euro in die Hand zu nehmen. Priggen verwies zudem auf zusätzliche Personalstellen aus Demografiegewinnen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass das Thema Barrierefreiheit nicht erst mit dem Inklusionsgesetz aktuell geworden sei. Folglich könne das Land auch nicht verpflichtet werden, alle daraus erwachsenen Kosten zu tragen.

Monika Pieper (PIRATEN) bedauerte, dass die Verhandlungen bislang ohne erfolgreichen Abschluss geblieben seien. Ihre Fraktion habe schon im vergangenen Haushaltsverfahren beantragt, dass die Schulträger für die Umsetzung des gemeinsamen Lernens finanzielle Unterstützung erhalten sollten, betonte die Abgeordnete. Dies hätte die nun eingetretene "Misere" verhindern können. Fest stehe: "Der aktuelle Stand kann uns aber nicht zufriedenstellen", machte Pieper deutlich. Derzeit sei nicht sicher, ob die Unterstützung die Schulen zum nächsten Schuljahr überhaupt noch rechtzeitig erreiche. Sie forderte die Regierung daher auf: "Nehmen Sie jetzt das Geld in die Hand, unterstützen Sie die Kommunen!"

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Quelle:
Landtag intern 3 - 45. Jahrgang, 26.3.2014, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2014