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NORDRHEIN-WESTFALEN/2127: Orkantief Ela und dessen Folgen (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Nach dem Sturm ist vor dem Sturm
Landtag berät über Orkantief Ela und dessen Folgen

Von Christoph Weißkirchen



3. Juli 2014 - Anteilnahme mit den Familien der Opfer sowie mit den Verletzten, Respekt vor dem Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr und Rettungsdiensten, Dank an die unzähligen freiwilligen Helferinnen und Helfer: Dies einte die Fraktionen des Landtags bei der Unterrichtung der Landesregierung über das Orkantief Ela, das Anfang Juni Teile von Nordrhein-Westfalen verwüstete. Umstritten dagegen war die Frage, inwieweit das Land für die Beseitigung der Schäden mitverantwortlich ist.


Als "verheerend" bezeichnete Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Folgen des Unwetters. Nach erster Einschätzung seien in den Kommunen materielle Schäden in Höhe von rund 220 Millionen Euro entstanden, wobei der größte Teil auf die Beseitigung der Schäden an und durch Bäume entfalle. Das Land habe einen entsprechenden Hilfsfonds eingerichtet. Um den Kommunen so objektiv und gerecht wie möglich helfen zu können, sei es notwendig, für die Schadenserfassung standardisierte Indikatoren und gleiche Berechnungsgrundlagen zu erarbeiten.

Der Sturm Ela habe vor Augen geführt, dass auch Nordrhein-Westfalen zukünftig verstärkt Starkwetterereignissen ausgeliefert sein werde, ergänzte Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE). Notwendig sei eine Wiederaufforstung, die dies berücksichtige. Remmel warnte vor der weiterhin bestehenden Gefahr durch herabfallende Äste; das Waldbegehungsverbot müsse ernst genommen werden.

Das bestehende hohe Sicherheitsrisiko durch nun austrocknende Äste betonte auch Thomas Kufen (CDU). Viele Städte seien durch Ela drei- bis viermal härter getroffen worden als durch den Orkan Kyrill im Jahr 2007. Kufen lobte die Welle der Hilfsbereitschaft und Nachbarschaftshilfe, ausgelöst durch direkte Ansprache, E-Mails und soziale Netzwerke im Internet. Demgegenüber gebe es landesweit kein einheitliches elektronisches Stabführungssystem für einen solchen Krisenfall. Notwendig sei der Ausbau zentraler Ausbildungsmöglichkeiten für das kommunale Katastrophenmanagement. Den betroffenen Kommunen müsse durch Land, Bund und - wenn möglich - die EU geholfen werden.

Kyrill sei planbar gewesen, Ela nicht, verwies Michael Hübner (SPD) auf die Wucht des jüngst plötzlich, dafür aber vergleichsweise kurz wütenden Wirbelsturms. Schon allein vor diesem Hintergrund seien die Folgen "erschreckend", so Hübner. So hätten Äste und Bäume die Infrastruktur bis in die Kanalisation hinein beschädigt. Die betroffenen Kommunen müssten mit zusätzlichem Auswand an Personal und Maschinen dagegen vorgehen, wobei sich die Kosten je nach Baumtyp und Standort - Allee, Parkanlage oder Wald - unterschieden. Dies bedeute für sie auch finanziell eine enorme Herausforderung. Die Landesregierung habe darauf schnell und angemessen reagiert, so der SPD-Sprecher.


Erschreckender Schaden

Enttäuscht von der Unterrichtung der Landesregierung zeigte sich Dr. Robert Orth (FDP). Trotz vieler Worte habe es keine Konkretisierung der angebotenen Hilfe gegeben. So herrsche Unklarheit über die zur Verfügung stehenden Geldmittel, über die Erfassungskriterien und vor allem darüber, ob die entwurzelten Bäume über Landesmittel ersetzt würden. Bei Kyrill habe die damalige schwarz-gelbe Landesregierung umgehend 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Demgegenüber habe Rot-Grün nicht angemessen reagiert. Insbesondere kritisierte Orth die GRÜNEN-Fraktion. Deren Aussage, die Kommunen wollten sich bei der Schadensbegleichung "bereichern", sei eine "Frechheit".

Der Forderung, die Landesregierung müsse vollständig für die Kosten der Schadensbeseitigung aufkommen, könne diese aus Haushaltsgründen nicht nachkommen, so Reiner Priggen (GRÜNE). Selbstverständlich sei eine Hilfeleistung im Rahmen des Möglichen. Leider sei zu erwarten, dass NRW Schadensereignisse wie dieses zukünftig wohl häufiger erleben werde. Positiv sei, dass die staatlichen und privaten Hilfsmaßnahmen insgesamt funktioniert hätten. Mit Blick insbesondere auf die Verkehrssysteme sei aber zu untersuchen, inwiefern diese für die Zukunft besser gerüstet werden könnten. Auch Priggen sprach sich für einheitliche Standards bei der Ermittlung der materiellen Schäden aus.

Die Beseitigung der Schäden sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betonte Dietmar Schulz (PIRATEN). Vor allem mit Blick auf den Baumbestand hätten sie in einigen Städten ein Ausmaß erreicht, das für ihn jedes Fassungsvermögen übersteige. Deren Beseitigung könne teilweise noch Jahre dauern. Es sei gut, dass das Land trotz Haushaltssperre eine entsprechende Hilfe zugesagt habe. Es sei notwendig, zügig eine Schadensbilanz zu erstellen. Die Kommunen müssten bald wissen, mit welcher Unterstützung sie rechnen könnten. Notwendig sei ein Gesamtkonzept, das am Ende niemanden überfordere. Schulz bezweifelte allerdings die von der CDU geforderte stärkere Zentralisierung.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 5
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juli 2014