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NORDRHEIN-WESTFALEN/2129: 200 Aktionen für ein inklusives NRW (Li)


Landtag intern 7/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Plenum
200 Aktionen für ein inklusives NRW
Zwischenbilanz: Regierung sieht Land bei Inklusion auf gutem Weg

Von Daniela Braun



4. Juni 2014 - Ob Sportverein, Arbeitsmarkt oder öffentlicher Nahverkehr: Mit dem vor eineinhalb Jahren verabschiedeten Aktionsplan "NRW inklusiv" will die Landesregierung erreichen, dass Menschen mit Behinderung in der ganzen Gesellschaft gleichberechtigt teilhaben können, so wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht. Im Plenum gab es nun eine erste Zwischenbilanz zur Umsetzung des Plans. Das Fazit der Fraktionen reichte von Lob bis hin zu harscher Kritik.


Mehr als 200 Maßnahmen habe der Aktionsplan bislang angestoßen, berichtete Sozialminister Guntram Schneider (SPD) im Landtag. An über 170 von ihnen arbeite NRW derzeit, 20 müssten noch in Angriff genommen werden. Unter anderem solle der ÖPNV bis zum Jahr 2020 barrierefrei sein. "Das ist auch ein ehrgeiziges Ziel", meinte der Minister und wies darauf hin, dass wohl nicht alle Maßnahmen bis zum Ende des Jahrzehnts abgeschlossen sein würden. Ziel sei immerhin eine inklusive Gesellschaft. Eine solche Veränderung gebe es nicht von heute auf morgen, betonte Schneider. Er kündigte für die kommenden Wochen zudem den Entwurf eines Inklusionsstärkungsgesetzes an.

In der Tat sei Inklusion ein langer und ständig fortlaufender Prozess, einen wirklichen Endpunkt könne es gar nicht geben, befand der SPD-Abgeordnete Josef Neumann. Der Aktionsplan sei dabei ein wichtiger Schritt. Neumann lobte die vielfältigen Aktivitäten, die es in NRW auf dem Weg zur Inklusion gebe. Nach Ansicht der CDU-Sprecherin Ursula Doppmeier fehlt dem Programm allerdings die Tatkraft: viele Absichtserklärungen, wenig Konkretes, keine oder überschrittene Zeitvorgaben. So sei bei der Landesbauordnung hin zu mehr Barrierefreiheit bislang nichts passiert - erst für dieses Jahr könne man auf Gespräche mit den Verbänden hoffen. Der im Rollstuhl sitzende PIRATEN-Abgeordnete Stefan Fricke bezeichnete den Aktionsplan als "Etikettenschwindel". Er trage lediglich Bestehendes zusammen.


Betroffene beteiligen

Ein bloßer Zeitplan helfe niemandem weiter, reagierte Manuela Grochowiak-Schmieding (GRÜNE) auf die Forderungen nach konkreten Zeitangaben. Die Qualität sei entscheidend. In NRW leben laut Sozialministerium 2,6 Millionen Menschen mit Behinderung. "Wir müssen die Betroffenen beteiligen", unterstrich die GRÜNEN-Abgeordnete. Es sei daher richtig, die Kompetenzzentren für selbstbestimmtes Leben, wie von der Regierung geplant, landesweit auszubauen. Darüber hinaus beteilige Nordrhein-Westfalen die Betroffenen über den Ende des Jahres 2012 gegründeten Inklusionsrat am Aktionsplan, so Neumann.

Mitnichten, hielt Doppmeier entgegen. Menschen mit Behinderung machten lediglich eine Minderheit des Gremiums aus. Fricke forderte die Landesregierung auf, endlich einmal die Betroffenen selbst zu fragen, was sie brauchten, um in der Gesellschaft selbstständig zurechtzukommen. Er warf Rot-Grün vor, über die Köpfe der Menschen hinweg zu entscheiden - dies zeige sich auch bei der schulischen Inklusion. Ebenso mahnte der FDP-Politiker Ernst-Ulrich Alda: "Partizipation darf keine Alibiveranstaltung werden." Wichtig sei ein enger Schulterschluss aller Akteure - dies gelte auch für die Landtagsfraktionen. Gleichzeitig betonte er: "Es ist nicht damit getan, Gesetze zu ändern und spezielle Programme aufzulegen." Inklusion müsse in den Köpfen der Menschen ankommen und vor Ort geschehen. Dabei dürfe das Land die Kommunen mit der Aufgabe aber nicht alleine lassen.


KOSTENÜBERNAHME
Kosten in Höhe von jährlich insgesamt 37,5 Mio. Euro will das Land ab dem Haushaltsjahr 2015 für die schulische Inklusion übernehmen. Es geht darum, die finanziellen Auswirkungen für die Kommunen im Zusammenhang mit der Veränderung des regionalen Schulangebots aufzufangen. Die Regierung begrüßte den mit den Kommunen getroffenen Kompromiss. Der Landtag nahm das entsprechende Gesetz (Drs. 16/5751) mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN bei Enthaltung der übrigen Fraktionen an. In einem Entschließungsantrag (Drs. 16/6231) kritisierte die CDU, durch die späte Einigung gingen Schulen, Lehrkräfte und Kommunen das nächste Schuljahr unvorbereitet an. Der Antrag wurde mit Regierungsmehrheit abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 45. Jahrgang, 11.7.2014, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2014