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NORDRHEIN-WESTFALEN/2155: Krawall am Bahnhof - Nachspiel im Innenausschuss (Li)


Landtag intern 9/2014
Informationen aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen

Krawall am Bahnhof - Nachspiel im Innenausschuss
Aktuelle Viertelstunde zu Ausschreitungen nach Bundesligaspiel zwischen Schalke 04 und Hertha BSC Berlin

Von Michael Zabka



23. Oktober 2014 - Die Ausschreitungen am Gelsenkirchener Hauptbahnhof am Samstag, 18. Oktober, nach der Bundesliga-Begegnung zwischen dem FC Schalke 04 und Hertha BSC Berlin hatten ein Nachspiel im Innenausschuss des Landtags. Die CDU-Fraktion hatte eine Aktuelle Viertelstunde beantragt und dies unter anderem mit Kritik der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am neuen Einsatzkonzept des Innenministeriums begründet. Minister Ralf Jäger (SPD) wies die Kritik zurück. "Der Pilotversuch war erfolgreich", sagte er.


Bei den Ausschreitungen in Gelsenkirchen waren zwölf Polizistinnen und Polizisten verletzt worden. Medienberichten zufolge soll eine Gruppe Schalker "Problemfans" zunächst Beamte einer Einsatzhundertschaft mit Flaschen und Feuerwerkskörpern angegriffen haben, hieß es im CDU-Antrag. Unmittelbar danach sei es zu einer Massenschlägerei mit gewalttätigen Gästefans gekommen, die mit mehreren Bussen am Bahnhof eintrafen. Dabei seien auch Geschäfte, Gaststätten und Einsatzfahrzeuge beschädigt worden. Erst mithilfe der Bundespolizei habe man die Gruppen trennen können.

Die CDU zitierte in ihrem Antrag eine Pressemitteilung der GdP. Die Aufteilung in Risiko- und Nichtrisikospiele mit einsatztaktischen Vorgaben sei ein "Spiel mit dem Feuer", heißt es darin. Demnach habe man die Begegnung zwischen Schalke 04 und Hertha BSC Berlin als "Nichtrisikospiel" eingestuft. Für die CDU waren die verletzten Polizistinnen und Polizisten "das Ergebnis eines aus unserer Sicht gescheiterten Konzepts". Die Polizei habe "wieder einmal den Kopf hinhalten müssen", sagte Gregor Golland (CDU). "Sie verabschieden sich mit vielen kleinen Schritten von der klassischen Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen, für Sicherheit zu sorgen", meinte sein Fraktionskollege Theo Kruse in Richtung Innenminister.

In der Diskussion werde "vieles, wenn nicht sogar alles durcheinander geworfen", entgegnete Jäger. Man könne nicht jede Auseinandersetzung im Umfeld von Fußballspielen auf das neue Einsatzkonzept zurückführen. Die Zahl der in Gelsenkirchen eingesetzten Polizistinnen und Polizisten war aus seiner Sicht angemessen. Polizei-Inspekteur Dieter Wehe bestätigte diese Einschätzung. Die Gelsenkirchener Polizei sei mit 231 Kräften im Einsatz gewesen, 60 weniger als bei der friedlich verlaufenen Begegnung in der Saison zuvor. Es habe keine Hinweise auf Auseinandersetzungen gegeben. Zu den Krawallen sei es erst anderthalb Stunden nach Spielende gekommen.


Jäger verteidigt Konzept

Mit dem Pilotversuch "Lageangepasste Reduzierung der polizeilichen Präsenz bei Fußballspielen" habe man auf die bisher ständig steigenden Personalstunden der Polizei reagiert, sagte Jäger. Das neue Konzept setze auf mehr Verantwortungsübernahme durch Vereine und Fans. Zwischen 1. August und 28. September 2014 seien in NRW in den drei obersten Ligen insgesamt 56 Fußballspiele ausgetragen worden. 25 Begegnungen habe man vor dem Hintergrund der letzten drei Spielzeiten als "vergleichbar" eingestuft. Bei fünf dieser Spiele seien annähernd so viele Kräfte eingesetzt worden wie bei der Begegnung zuvor, bei zwei Spielen habe man den Ansatz erhöhen müssen. "Bei 18 Spielen wurden weniger Kräfte eingesetzt", berichtete Jäger. Die Entscheidung habe beim jeweils verantwortlichen Polizeiführer gelegen.

Insgesamt seien bei den 25 entsprechenden Spielen 4.149 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz gewesen - 1.151 (21,7 Prozent) weniger als bei den zum Vergleich herangezogenen früheren Begegnungen. Im Gegenzug hätten Vereine die Zahl ihrer Ordner erhöht oder die Sicherheit im Stadion durch Umbauten verbessert. "Optimierungsbedarf" bestehe bei der Begleitung der Auswärtsfans durch Ordner des Gastvereins und teilweise bei Auswahl, Anzahl und Qualität der Ordner an den Eingängen. Die Fans hätten ihre Eigenverantwortung "ganz überwiegend wahrgenommen", Fanprojekte und -verbände sowie Teile der Ultraszene die Reduzierung der sichtbaren Polizeipräsenz begrüßt. Die Polizei werde das Konzept weiter umsetzen, kündigte der Minister an.

Dirk Wedel (FDP) bezweifelte, dass eine Unterscheidung in "Risikospiele" und "Nicht-Risikospiele" haltbar ist, ob Auseinandersetzungen überhaupt vorhersehbar sind. Frank Herrmann (PIRATEN) sah Jäger hingegen "auf einem guten Weg", da beim neuen Konzept auch die Fans und Vereine einbezogen würden. Dies hob auch Verena Schäffer (GRÜNE) hervor. Nach nur einem Vorfall bereits von einem gescheiterten Konzept zu sprechen, sei populistisch. Andreas Kossiski (SPD) sah daher ein "schweres Missverständnis". Auseinandersetzungen am Rande eines Spieles könnten kaum verhindert werden.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 45. Jahrgang, 5.11.2014, S. 20
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Januar 2015


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