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NORDRHEIN-WESTFALEN/2196: Landesregierung bringt Haushalt 2016 ein (Li)


Landtag intern 6/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Entwurf unter Vorbehalt
Landesregierung bringt Haushalt 2016 ein

Von Christian Wolf, Wibke Busch und Michael Zabka


3. September 2015 - Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans kündigte bereits Änderungen am Entwurf aufgrund steigender Flüchtlingszahlen an und nannte ihn eine "fortschreibungsbedürftige Momentaufnahme". Die Opposition übte deutliche Kritik an der Finanzpolitik von Rot-Grün.


Finanzminister Dr. Walter-Borjans sagte, in den Haushaltsberatungen sei wegen der Entwicklung bei den Flüchtlingszahlen "Flexibilität" gefordert. Er kündigte eine Ergänzungsvorlage für den Entwurf 2016 sowie einen weiteren Nachtragsetat für das laufende Jahr an. Die Ergänzung für 2016 werde er aber erst vorlegen können, wenn Klarheit zwischen Ländern und Bund über die Finanzierung der Flüchtlingshilfe und über die zu erwartenden Steuereinnahmen bestünde. Der Minister versicherte zugleich, dass wegen der Mehrausgaben in diesem Jahr keine Erhöhung der Neuverschuldung nötig sei.

CDU-Fraktionschef Armin Laschet sagte, niemand werde Rot-Grün einen Vorwurf machen, weil es wegen der Flüchtlingssituation Änderungen am Etatentwurf geben müsse. Er warf der Landesregierung aber vor, dass sie den politischen Gestaltungsanspruch weitgehend aufgegeben habe. Neun Bundesländer schrieben 2015 schwarze Zahlen. In sieben Ländern falle ein Minus von 3,6 Milliarden Euro an - davon mit 1,9 Milliarden rund die Hälfte allein in NRW. Und dies in Zeiten von hohen Steuereinnahmen und Zinsausgaben auf einem Niedrigstand. "Das ist kein Zustand für ein starkes Bundesland."

SPD-Fraktionschef Norbert Römer verteidigte den Haushaltsentwurf und verwies darauf, dass jeder dritte Euro in den Bildungsbereich fließe. Die kommunalen Mittel seien zudem auf einem Rekordniveau. Ein schnelleres Erreichen der schwarzen Null sei nur möglich, wenn zum Beispiel bei Lehrern und Polizisten Stellen gestrichen würden. Der CDU warf Römer vor, keine eigenen Konzepte vorzulegen. "Das, was Sie uns hier als Alternative verkaufen, verheißt so viel Zukunft wie ein abgeräumter Kirmesplatz", sagte er und nannte u. a. die Wiedereinführung von Studiengebühren.

Dass die Finanzplanung "auf Kante genäht" sei, zeigt nach Einschätzung von FDP-Fraktionschef Christian Lindner die Flüchtlingsfrage. Die derzeitige Sonderlage entlasse die Landesregierung nicht aus der finanzpolitischen Verantwortung. Solidarität funktioniere nur mit Solidität. Seit dem rot-grünen Amtsantritt habe es steigende Steuereinnahmen und sinkende Zinsen gegeben. "Sechs Mal haben Sie nichts daraus gemacht, weil Sie sechs Mal falsche Schwerpunkte gesetzt haben", sagte Lindner. Trotz Haushaltsverbesserungen von 14 Milliarden Euro müssten noch immer Schulden aufgenommen werden.

Von "guten Zahlen", einer "positiven Entwicklung" und "erheblichen Fortschritten bei der Kommunalfinanzierung" sprach GRÜNEN-Fraktionschef Mehrdad Mostofizadeh. Die Haushalts- und Finanzpolitik sei solide, das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) "so stark wie nie". Er hob zudem die guten Steuereinnahmen und die Zinsentwicklung hervor. Laschet und Lindner hätten das Land in ihren Beiträgen schlecht geredet und seien dabei eigene Vorschläge schuldig geblieben, so der GRÜNEN-Fraktionschef. Der CDU unterstellte er einen "Zickzack-Kurs", der sich wie ein roter Faden durch ihre Politik ziehe.

Der vom Finanzminister angekündigte weitere Nachtragshaushalt für 2015 sei überfällig, sagte Michele Marsching, Fraktionschef der PIRATEN. Seine Fraktion habe diesen Nachtrag angesichts der Flüchtlingssituation bereits am 18. August gefordert. Zentrales Thema seiner Rede war die "digitale Revolution". Marsching forderte u.a. schnelle Glasfaserleitungen flächendeckend in Nordrhein-Westfalen und die Einrichtung eines Internet-Ministeriums, um die digitale Daseinsvorsorge sicherzustellen. Die "Digitalisierungs-Kampagne" der Landesregierung bezeichnete er als "megaschwach".

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft verteidigte die Finanzpolitik der Landesregierung und wies die Vorwürfe der Opposition als "plakativ" zurück. Die Lage auf dem nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt habe mit den Schilderungen der Opposition nichts zu tun. Gleiches gelte für den Bildungsbereich sowie für die ausländischen Direktinvestitionen. Kraft: "Nennen Sie nicht nur die negativen Dinge, sondern geben Sie endlich mal ein vernünftiges Gesamtbild über dieses Land ab."


KASTEN
 
Eckdaten des Haushaltsentwurfs 2016 des Landes NRW

- Ausgaben lt. Haushaltsplan
67,0 Mrd. Euro
- Steuereinnahmen
50,5 Mrd. Euro
- Sonstige Einnahmen (ohne Schuldenaufnahme)
14,8 Mrd. Euro
- Personalausgaben
25,2 Mrd. Euro
- Personalausgabenquote
37,9 Prozent
- 222200Investitionsausgaben
5,8 Mrd. Euro
- Investitionsquote
8,8 Prozent
- Nettoneuverschuldung
1,48 Mrd. Euro

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Quelle:
Landtag intern 6 - 46. Jahrgang, 8.9.2015, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. September 2015

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