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NORDRHEIN-WESTFALEN/2204: Schutz der Kommunen bei Fremdwährungskrediten (Li)


Landtag intern 7/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Geschäfte mit Risiko
Schutz der Kommunen bei Fremdwährungskrediten Thema im Ausschuss für Kommunalpolitik

Von Michael Zabka


11. September 2015 - Als die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar 2015 die Abkopplung des Franken vom Euro verkündete, schrillten in vielen Rathäusern die Alarmglocken - auch in NRW. Denn: Etliche Kommunen hatten vermeintlich günstige Fremdwährungskredite aufgenommen, meist in Schweizer Franken. Deren Rückzahlung könnte nun deutlich teurer werden als gedacht.


Im Ausschuss für Kommunalpolitik stand das Thema nun erneut auf der Tagesordnung. Grundlage war ein gemeinsamer Gesetzentwurf von CDU und FDP, der Kommunen vor Risiken aus Fremdwährungskrediten und spekulativen Finanzgeschäften schützen soll. Zugleich regen die Christdemokraten die Gründung einer "Kommunalfinanzagentur" an. Sie soll Städte und Gemeinden im Zins- und Schuldenmanagement unterstützen. In einer Anhörung äußerten sich Expertinnen und Experten dazu.

Aktuellen Angaben des Innenministeriums zufolge sind 27 NRW-Kommunen mit rund 1,7 Milliarden Schweizer Franken verschuldet. Die bestehende Gesetzeslage habe es bisher nicht vermocht, "die Kommunen vor Verlusten aus Fremdwährungskrediten und riskanten Finanzgeschäften mit spekulativen Zinsderivaten zu bewahren". Die Fraktionen fordern daher u.a. eine Genehmigungspflicht dieser Kredite sowie ein Verbot spekulativer Finanzgeschäfte.

Die CDU hält zudem eine "Kommunalfinanzagentur" für erforderlich und schlägt eine interkommunale Zusammenarbeit vor. "Die Möglichkeiten eines Zins- und Schuldenmanagements können aktuell in kleineren und mittelgroßen Kommunen kaum ausreichend genutzt werden, weil weder die personelle Stärke noch das entsprechende Know-how zur Umsetzung" vorhanden seien, heißt es in dem Antrag.

Skeptisch äußerte sich die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW (Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund). Der Gesetzentwurf von CDU und FDP würde die Kommunen "derart weitgehend reglementieren, dass ein aktives Zins- und Schuldenmanagement faktisch nicht mehr möglich wäre". Außerdem werde nicht klar definiert, "welche Geschäfte konkret als spekulativ gewertet werden". Eine Finanzagentur könne ein sinnvolles Instrument sein. Gleichwohl halte man den Antrag für verfrüht, sagte Claus Hamacher. Zunächst müsse ein ausführliches Konzept entwickelt werden. Ähnlich argumentierte Dr. Jörg Hopfe von der NRW.Bank.


"Zügig umsetzen"

Der Bund der Steuerzahler NRW sah im Gesetzentwurf langjährige eigene Forderungen aufgenommen und empfahl, den Vorschlag von CDU und FDP zügig umzusetzen. Die Vorteile einer kommunalen Finanzagentur könne man jedoch nicht erkennen, "denn üblicherweise werden Kommunen, städtische Gesellschaften sowie öffentliche Sondervermögen heute schon kompetent von den kreditgebenden Banken, genossenschaftlichen Instituten und Sparkassen beraten", erklärte Eberhard Kanski. Eine solche Agentur "würde weder das Produkt- noch das Dienstleistungsspektrum vergrößern", befand Norbert Hornung von der Landesbank Hessen-Thüringen. Franz-Josef Arndt vom Bankenverband NRW sah ebenfalls "keine unmittelbare Notwendigkeit".

"Zum besseren Schutz der Kommunen vor dem Abschluss spekulativer Geschäfte sind eine Konkretisierung des Spekulationsverbots und ausdrückliche gesetzliche Verankerung außerordentlich hilfreich", so Dr. Jochen Weck ("Rössner Rechtsanwälte", München). Er empfahl, bei spekulativen Geschäften die "Rechtsfolge der Nichtigkeit" in Anspruch zu nehmen. Sie würde das Risiko auf die Banken verlagern. "Das Konzept 'Spekulation' und seine Definition" seien im vorliegenden Gesetzentwurf nicht zielführend, erklärte Dr. Manfred Busch, Kämmerer der Stadt Bochum. Jede Entscheidung könne sich im Nachhinein als falsch herausstellen. Den Gesetzentwurf bezeichnete er als "Beruhigungspille für die Öffentlichkeit". Manfred Abrahams, Stadtdirektor in Düsseldorf, sah im Gesetzentwurf einen "weitgehenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung" und lehnte auch die Gründung einer kommunalen Finanzagentur ab: "Unterschätzen Sie nicht die Kompetenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kommunalverwaltungen."

Nach Ansicht von Sabine Noll, Kämmerin in Monheim, ist der Gesetzentwurf weniger als Eingriff in die kommunale Finanzhoheit, sondern eher als Schutz zu sehen. Auch die Einrichtung einer Finanzagentur als Projekt interkommunaler Zusammenarbeit sei sinnvoll und zu unterstützen. Der Entwurf helfe den Kommunen letztlich nicht, die mit Kreditgeschäften verbundenen Risiken zu minimieren, meinte dagegen Hubert Große-Ruiken, Kämmerer in Dorsten. Zwar wolle der Entwurf die Aufnahme von Fremdwährungskrediten und Derivaten (Termingeschäfte) stark reglementieren, schrecke aber vor deren Verbot zurück.

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Quelle:
Landtag intern 7 - 46. Jahrgang, 6.10.2015, S. 7
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Oktober 2015

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