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NORDRHEIN-WESTFALEN/2212: NRW und das Klima (Li)


Landtag intern 9/2015
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

NRW und das Klima
Aktuelle Stunde nach internationalem Abkommen von Paris

Von Sonja Wand, Michael Zabka


17. Dezember 2015 - 195 Staaten haben sich beim internationalen Klimaabkommen von Paris erstmals darauf verständigt, die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius zu begrenzen. In einer von SPD und GRÜNEN beantragten Aktuellen Stunde hat der Landtag die Ergebnisse der Klimakonferenz und ihre Konsequenzen für NRW beraten. In diesem Zusammenhang wurde auch der Klimaschutzplan der Landesregierung mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN beschlossen. CDU und FDP stimmten dagegen, die PIRATEN sowie der fraktionslose Abgeordnete Daniel Schwerd enthielten sich.


Grundlage der Debatte war außerdem ein Eilantrag der PIRATEN (Drs. 16/10470). Der Klimaschutzplan (Drs. 16/3020) enthält 52 Strategien und insgesamt 210 Maßnahmen, um Treibhausgase zu verringern und sich an den Klimawandel vorausschauend anzupassen. Ziel ist, die Emissionen bis zum Jahr 2020 um ein Viertel im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Alle fünf Jahre soll der Plan fortgeschrieben werden. Als klimapolitische Leitlinien gelten "ökologische Verantwortung, ökonomische Vernunft und soziale Verantwortung". Die Landesregierung strebt u. a. an, erneuerbare Energien "ambitioniert" auszubauen, Energie- und Ressourcen-Effizienz zu steigern, Energie einzusparen, die Kraft-Wärme-(Kälte-)Kopplung auszubauen, langfristig zu einem klimaneutralen Gebäudebestand zu kommen, und im Verkehr auf andere Transportmittel zu setzen. Von den Maßnahmen sind Industrie und Gewerbe ebenso betroffen wie Landwirtschaft und private Haushalte.

Das Abkommen von Paris und die Klimaschutzpolitik Nordrhein-Westfalens - das passe zusammen, meinte Rainer Thiel (SPD). Was fehle, seien jedoch faire Wettbewerbsbedingungen bei der Umsetzung. Er verwies auf die besondere Situation Nordrhein-Westfalens und forderte einen "Klimaschutz ohne Strukturbruch". Aus den Pariser Beschlüssen erwachse keine Notwendigkeit, schneller als geplant aus der Kohleförderung auszusteigen. Man brauche nicht nur Versorgungssicherheit und bezahlbare Energie, auch der Region sei man einen geordneten Ausstieg schuldig. "Ökologisch, ökonomisch und sozial - das ist Klimaschutz made in NRW", schloss Thiel.

"Historisch"

Wibke Brems (GRÜNE) bezeichnete das Klimaabkommen als historisch. Nun müssten die Staaten, darunter Deutschland, ihre Anstrengungen erhöhen: "Wir müssen jetzt darüber reden, wann wir die Kohleverstromung in Deutschland beenden", forderte sie. Auch der in einem breiten Beteiligungsverfahren erarbeitete Klimaschutzplan könne als historisch gelten, wenngleich in kleinerem Rahmen, erklärte Brems. Er umfasse nicht nur sämtliche relevanten Bereiche, er gebe zudem ein Signal, wo Investitionen sinnvoll seien. Dieses Signal komme nun auch aus Paris. Sie appellierte an den Landtag, den Klimaschutz gemeinsam in Angriff zu nehmen.

Jetzt komme es auf die Maßnahmen an, betonte Rainer Deppe (CDU). Wichtig seien Verbindlichkeit und möglichst wenige Sonderregelungen. Es bringe nichts, wenn NRW zusätzliche CO2-Minderungsziele festschreibe - dann werde die Luft andernorts umso mehr verschmutzt. Er warnte davor, Verschmutzung und Arbeitsplätze in andere Länder zu verlagern. Verbote, Vorschriften, Untergangsszenarien und den erhobenen Zeigefinger halte er für den falschen Weg, sagte er in Richtung Rot-Grün. "Wir müssen für Begeisterung für Innovation sorgen", erklärte er. Hier in NRW lägen die großen - auch wirtschaftlichen - Chancen des Klimaschutzes.

Die "Koalition der Ehrgeizigen" müsse nun zu einer "Allianz der Verlässlichen" werden, sagte Henning Höne (FDP) mit Blick auf die Umsetzung des Klimavertrags. Die besondere Verantwortung der Industrieländer bedeute jedoch nicht, dass sich Schwellen- und Entwicklungsländer aus der Verantwortung ziehen dürften. Es dürfe kein Ungleichgewicht entstehen. Klimaschutz müsse "endlich die Phase der Moral verlassen und in die Phase der Sachlichkeit, Effektivität und Effizienz eintreten". Der Klimaschutzplan der Landesregierung sei keine "Roadmap", sondern eine "Loseblattsammlung von Selbstverständlichkeiten und Wünsch-dir-was".

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) sprach von einem Klimaschutzplan ohne Rechtsverbindlichkeit. Er sei überflüssig und biete nichts Neues, Konflikte würden ausgeblendet. Der Ausstieg aus der Braunkohle müsse schneller erfolgen als geplant - nach Ansicht Rohwedders spätestens bis 2030. Die Leitentscheidung der Landesregierung zum Braunkohleabbau sei "Makulatur" und müsse komplett überarbeitet werden. Für die Betreiber der Tagebaue dürfe keine Rechtssicherheit über 2023 hinaus geschaffen werden. Rohwedder forderte u.a. ein Kohleausstiegsgesetz und ein "rechtssicheres Frackingverbot".

Von Paris aus sei ein Ruck durch die Welt gegangen, sagte Umweltminister Johannes Remmel (GRÜNE). Die Weltgemeinschaft habe sich zur Weltverantwortung bekannt: "Paris hat das Fenster weit aufgestoßen für neues, gutes Leben." Es sei eine neue Basis für Wirtschaft, Wohlstand und Beschäftigung geschaffen worden. Die Kritik der Opposition am Klimaschutzplan der Landesregierung wies er zurück. Es handele sich um einen "Plan für die Zukunft, eine neue industriepolitische Strategie für unser Land" und eine Chance für NRW als "Land der erneuerbaren Energien, als Effizienzland Nummer eins und Klimaschutzland mit nachhaltiger Industrie".

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Quelle:
Landtag intern 9 - 46. Jahrgang, 22.12.2015, S. 3
Herausgeberin: Die Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen,
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2016

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