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NORDRHEIN-WESTFALEN/2329: Sachverständige äußern sich zum Thema "politische Bildung" (Li)


Landtag intern 3/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

AUSSCHUSSBERICHT
Stärkung der Demokratie Sachverständige äußern sich zum Thema "politische Bildung"

von Susanne Ellert


15. März 2018 - Der Auftrag der britischen Militärregierung bei der Gründung der Landeszentrale für politische Bildung 1946 lautete "selling democracy" (Demokratie verkaufen). Dieses Motto gelte auch heute noch, schreibt die SPD-Fraktion in einem Antrag, der einer Anhörung von Sachverständigen im Hauptausschuss zugrunde lag. Die Sachverständigen waren sich einig darin, dass politische Bildung gefördert werden müsse. Die Meinungen darüber, in welcher Art dies erfolgen solle, gingen jedoch auseinander.


Die SPD-Fraktion fordert in dem Antrag "Demokratie leben, Demokratie schützen, für Demokratie werben - Politische Bildung muss alle mitnehmen" (Drs. 17/815), die politische Bildung zu stärken. Dabei dürfe "Demokratie leben" nicht nur Aufgabe der Landeszentrale für politische Bildung sein, sondern "ist Auftrag für uns alle". Den Trägern der politischen Bildung und der Landeszentrale komme eine besondere Bedeutung zu. Die Rahmenbedingungen seien an die steigenden Herausforderungen anzupassen. Die Fraktion schlägt vor, die Einrichtung eines Kuratoriums für die Landeszentrale für politische Bildung zu prüfen, und fordert die Landesregierung auf, ein Konzept zur Zukunft und stärkeren sozialräumlichen Verankerung der politischen Bildungsarbeit zu entwickeln.

Kooperationspartner

Die Landeszentralen seien Kompetenzträger, Wissensquellen und wichtige Kooperationspartner für die Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB), sagte Dr. Asiye Öztürk von der BpB. Die Einrichtung eines Kuratoriums halte sie für sinnvoll, wenn es, wie auf Bundesebene, überparteilich besetzt sei. In Zeiten, in denen der Vertrauensverlust in Institutionen zunehme, trage ein überparteiliches Kuratorium zur Legitimierung dieser bei.

Die Deutsche Vereinigung für politische Bildung (DVPB) begrüßte den Antrag der SPD-Fraktion. Die Landeszentralen seien zentrale Akteure der politischen Bildung und wendeten sich Menschen zu, die nicht im Blick der Politik seien. Die Vereinigung ist der Ansicht, dass sowohl die politische Bildung an Schulen als auch die non-formale Bildung ausgebaut werden müsse. Die Vertreterin der Vereinigung Prof. Bettina Zurstrassen sprach sich für eine Kooperation zwischen schulischer und außerschulischer Bildung aus. Neben einem Kuratorium sei zudem ein Fachbeirat sinnvoll, der mit verschiedenen Akteuren aus Bildung und Wissenschaft besetzt sei.

Dr. Matthias Burchardt von der Universität Köln erklärte in der Anhörung, die schulische Bildung erreiche alle und vereine alle Milieus. Sie spiegle die Demokratie wider. Die Schulen seien primärer Ort der politischen Bildung, müssten aber erst wieder befähigt werden, diesen Auftrag wahrzunehmen. Es fehle die Fachlichkeit und "Wissen und Kennen von Fakten" sei verpönt. Der Antrag der SPD-Fraktion sei nicht "mutig und weitgehend" genug. Es brauche ein Gesamtkonzept zur schulischen und außerschulischen Bildung. Zuerst müsse man sich aber auf die Schulen konzentrieren.

Prof. Dr. Helmut Bremer von der Universität Duisburg-Essen stimmte vor allem der Akzentuierung einer "politischen Bildung für alle" zu, die im Antrag der SPD-Fraktion formuliert sei. Insbesondere die außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung sei Teil einer demokratisch-politischen Kultur. Es könne bei den bildungsferneren Milieus nicht automatisch auf politisches Desinteresse geschlossen werden. Verschiedene vom Land geförderte Projekte zeigten, dass politikferne Milieus durch "aufsuchende Bildungsarbeit" zu gewinnen seien. Hier sei es vor allem wichtig, Kooperationen mit Institutionen einzugehen, die der Zielgruppe schon nahestünden.

Auch Karima Benbrahim vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen (IDA-NRW) begrüßte den Antrag der SPD-Fraktion. Gerade jetzt, wo sich autoritäre und demokratiefeindliche Einstellungen weiter verbreiteten, sei politische Bildung wichtig. Dabei spiele die außerschulische Bildung eine wichtige Rolle. Sie ermögliche z.B. Jugendlichen, Partizipation und ein Wirksamkeitsempfinden zu erleben. Auch sei hier eine Reflektion der eigenen politischen Haltung möglich und es würden Themen bearbeitet, die nah am Lebensalltag der Menschen seien. Die Kombination aus schulischer und außerschulischer Bildung sei sinnvoll.

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Quelle:
Landtag intern 3 - 49. Jahrgang, 27.03.2018, S. 13
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen,
André Kuper, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2018

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