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NORDRHEIN-WESTFALEN/2330: Kontroverse Debatte über Start der Ruhr-Konferenz (Li)


Landtag intern 4/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Zukunft Ruhr
Kontroverse Debatte über Start der Ruhr-Konferenz

von Dr. Stephan Malessa, Susanne Ellert und Michael Zabka


25. April 2018 - Im Ruhrgebiet endet eine Ära: Am 21. Dezember 2018 schließt mit Prosper-Haniel in Bottrop die letzte deutsche Zeche. Das Revier, gut 200 Jahre vom Steinkohlebergbau geprägt und mit rund 5,1 Millionen Einwohnern und einer Fläche von mehr als 4.400 Quadratkilometern der größte Ballungsraum Deutschlands, steht vor neuen Herausforderungen. Wie die Landesregierung sie meistern will, teilte sie in ihrer Unterrichtung "Gemeinsam für Aufstieg, Sicherheit und Zukunft der Arbeit - Start der Ruhr-Konferenz" mit. Eine kontroverse Debatte schloss sich an.


"2018 ist das Jahr einer historischen Zäsur", sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Mit der Schließung der letzten Zechen gehe eine 200-jährige Industriegeschichte zu Ende. Die Ruhr-Konferenz gebe der Metropolregion Ruhr einen starken Impuls. Es solle einen Dialog geben mit Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft über laufende Projekte und Ideen. "Tandems" aus Landesministern und Vertretern der Zivilgesellschaft bildeten die Schnittstellen zwischen Region und Landesregierung. Als Ziele nannte Laschet wirtschaftliche Impulse, Innere Sicherheit, Bildung und neue Arbeitsplätze durch Innovationen aus den Hochschulen.

SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty kritisierte die Ausführungen Laschets als "ziellos, ambitionslos und in weiten Teilen sogar inhaltsleer". Für die Zukunft des Ruhrgebiets sei das zu wenig, es fehle eine klare Strategie. "Wir dürfen es nicht dem Zufall überlassen, ob Chancen genutzt oder liegengelassen werden." Nötig seien Industrieplattformen, die zu neuer Wertschöpfung, neuen Produkten und Arbeitsplätzen führten. Als Maßnahmen nannte Kutschaty einen Altschuldenfonds für Kommunen und eine Sozialstaatsreform, die insbesondere strukturschwache Kommunen entlasten solle. Zudem müsse die kommunale Daseinsvorsorge eine Gemeinschaftsaufgabe werden.

"Stärken identifizieren"

"Was der Ministerpräsident beschrieben hat, das waren endlich Lösungen für Probleme, die SPD und die Grünen in ihrer Regierungszeit nicht angepackt haben", erwiderte CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen. Nordrhein-Westfalen stehe vor gewaltigen Herausforderungen, von denen das Ruhrgebiet besonders betroffen sei. Eine ganze Region frage sich, wie es weitergehe. Die Initiative zur Ruhr-Konferenz gebe eine Antwort. Die Landesregierung wolle mit den Menschen im Ruhrgebiet an Lösungen arbeiten, erklärte Löttgen. Aufgabe der Ruhr-Konferenz sei, Strategien zu entwickeln, Stärken zu identifizieren und existierende Ideen weiterzuentwickeln.

"Ihre Rede war eine einzige Enttäuschung für dieses Parlament und die Menschen, die im Ruhrgebiet leben", sagte Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) mit Blick auf den Ministerpräsidenten. "Nur mit einer konkreten Beteiligung der klugen und fleißigen Menschen im Ruhrgebiet kann überhaupt etwas entstehen", erklärte Mostofizadeh. Er forderte die Landesregierung auf, Geld in die Hand zunehmen. Es müsse z. B. in die Mobilität im Ruhrgebiet investiert werden, insbesondere in Fahrradwege und den Öffentlichen Nahverkehr. Auch für den sozialen Arbeitsmarkt brauche es neue Konzepte und Initiativen, die dafür sorgten, dass die Menschen in der Region blieben.

Die Schaffung neuer Perspektiven fürs Ruhrgebiet sei eine Gemeinschaftsaufgabe, sagte FDP-Fraktionschef Christof Rasche. Bund, Land und Kommunen müssten sich beteiligen. Er empfahl, die Aufgabe "positiv und offen" anzugehen. "Wir müssen mit den Menschen sprechen, nicht über sie", sagte Rasche. Keinesfalls dürfe das Ruhrgebiet "schlechter dargestellt werden, als es ist". Bildung sei der Schlüssel. Sämtliche Schulen und auch der Hochschulstandort müssten gestärkt werden, ebenso der Wirtschaftsstandort. Das Sicherheitsbedürfnis der Einwohnerinnen und Einwohner müsse ernst genommen, neuer Wohnraum geschaffen werden.

Die Landesregierung wolle bei der Konferenz offenbar Ideen sammeln, die sie selbst nicht habe, sagte Christian Loose (AfD). Mit Schwarz-Gelb komme der "wirtschaftliche Tod nur schleichender" als unter der Vorgängerregierung. Wer mit offenen Augen durch das Ruhrgebiet laufe, brauche keine Ruhr-Konferenz. Loose sprach von "Geldverschwendung" und "wirtschaftsfeindlicher Politik". Um das Ruhrgebiet zu stärken, müsse die "Zuwanderung in unsere Sozialsysteme" beendet werden. Dies gelte auch für die "feindliche Energiepolitik", "Experimente an unseren Schulen" und die Subventionierung von Städten, "die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben".

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Quelle:
Landtag intern 4 - 49. Jahrgang, 02.05.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2018

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