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NORDRHEIN-WESTFALEN/2356: Anhörung zur Sicherheit bei Großveranstaltungen (Li)


Landtag intern 8/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

Eine Frage der Zuständigkeiten
Anhörung zur Sicherheit bei Großveranstaltungen

von Thomas Becker


13. September 2018 - Ob Kirmes, Konzert oder Straßenfest - wer eine Veranstaltung organisieren will, muss auch für die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher sorgen. Regeln dazu seien aber nicht klar definiert, heißt es in einem Antrag der SPD-Fraktion, die ein Veranstaltungsgesetz auf den Weg bringen möchte. Ob das notwendig ist, dazu äußerten sich Sachverständige bei einer Anhörung im Innenausschuss.


Die Sicherheit bei Großveranstaltungen sei nach den tragischen Ereignissen bei der Loveparade 2010 in Duisburg "und vor dem Hintergrund gestiegener Terrorgefahr verstärkt in den öffentlichen Fokus gerückt", heißt es im Antrag der SPD-Fraktion (Drs. 17/2406). Bei den rechtlichen Grundlagen herrsche in Nordrhein-Westfalen allerdings Nachholbedarf. Die Landesregierung müsse daher "in einem Veranstaltungsgesetz eine einheitliche, klare und kohärente Rechtsgrundlage für die Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen" aufstellen. Gesetzliche Regelungen dürften aber nicht zu höheren Kosten der Veranstalter führen, etwa von Schaustellern, Karnevals- oder Schützenvereinen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme verwies die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände NRW darauf, dass das damalige Innen- und Kommunalministerium im Jahr 2012 einen sogenannten Orientierungsrahmen vorgelegt habe. Er enthalte "Handlungshilfen für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen im Freien". Bevor ein Veranstaltungsgesetz auf den Weg gebracht werde, müsse zunächst geprüft werden, ob eine Aktualisierung des Orientierungsrahmens nicht ausreiche. Auch ein Gesetz verhindere nicht, dass "zahlreiche Fachbehörden unterschiedlicher Verwaltungsträger" bei Genehmigungsverfahren von Großveranstaltungen beteiligt sein müssten. Die kommunalen Spitzenverbände sehen die Forderung nach einem Veranstaltungsgesetz daher "skeptisch".

"Bürokratisch überfrachtet"

Auch Christian A. Buschhoff, Miteigentümer des Fachverlags "extra Entertainment Media Publishing", äußerte sich kritisch. Wer eine Großveranstaltung organisieren wolle, müsse sich zwangsläufig mit unterschiedlichen Rechtsgebieten befassen und zwischen unterschiedlichen Interessen jonglieren. Ein einzelnes Gesetz könne da "nur begrenzt" Abhilfe schaffen. Es sei kaum möglich, "alle öffentlichen Interessen so zu bündeln, dass ein Veranstaltungsgesetz eine richtungsweisende Grundlage für die nächsten Dekaden bilden kann". Gesetze und Verordnungen bildeten "bereits heute eine gute Grundlage für die Sicherheit von Veranstaltungen".

Ganz anderer Auffassung war da der Jurist Dr. Gerd Ulrich Kapteina. Die rechtlichen Vorgaben des Orientierungsrahmens reichten mitnichten aus, um Sicherheitsansprüchen von Veranstaltungen im Freien gerecht zu werden. Das Veranstaltungsrecht in NRW sei "bürokratisch überfrachtet", ohne jedoch ausreichend für Sicherheit zu sorgen, sagte der Rechtsanwalt der Düsseldorfer Kanzlei "Luther". Oft seien mehrere Behörden für Genehmigungsverfahren zuständig, ohne dass rechtsverbindlich geklärt sei, wer letztlich die Verantwortung trage - ein "gefährlicher" Zustand, das habe nicht zuletzt die Loveparade in Duisburg gezeigt. Es brauche daher dringend ein verbindliches Veranstaltungsgesetz.

Auch Tobias Fuß, Leiter des Sachgebiets Sicherheit und Ordnung der Stadt Xanten, sah Nachholbedarf: Gerade Mitarbeitende von Genehmigungsbehörden in Kleinstädten seien häufig überfordert und gezwungen, eine Entscheidung ohne rechtlich verbindliche Grundlagen zu treffen. Laufe bei einer Veranstaltung etwas schief, fänden sie sich schnell "auf der Anklagebank" wieder. Daher sei es "zwingend geboten, auch den Veranstaltungsbereich endlich gesetzlich zu regeln und in nachvollziehbare, homogene Strukturen zu bringen". Es müsse geklärt werden: "Wer darf unter welchen Bedingungen, wie und wo eine Veranstaltung durchführen?"

Notgedrungen agierten Veranstalter und Verantwortliche in Kommunen nach der Methode "Learning by doing", sagte Thomas Hußmann, Leiter des Sachgebiets Bevölkerungsschutz und Veranstaltungen der Berufsfeuerwehr Düsseldorf. "Grundsätzlich gibt es zurzeit für Veranstaltungen im Freien keine gesetzlichen Regelungen, Normen, Festlegungen zum Genehmigungsverfahren und Sicherheitsmanagement", schrieb Hußmann in seiner Stellungnahme. Das gelte besonders für Veranstaltungen wie Volksfeste oder Konzerte auf Marktplätzen, "die kostenlos und ohne kontrollierten Besuchereinlass geplant und durchgeführt werden".

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Quelle:
Landtag intern 8 - 49. Jahrgang, 25.09.2018, S. 17
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2018

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