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RHEINLAND-PFALZ/2682: Auswirkungen des Fiskalpaktes auf das Land (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 30/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 20. August 2012

Auswirkungen des Fiskalpaktes auf das Land



Die Berichterstattung über die 28. und 29. Plenarsitzung des rheinland-pfälzischen Landtags am 20. und 21. Juni 2012 erfolgt, bedingt durch die Sommerpause ab dieser Ausgabe der Staatszeitung.

In einer Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD-Fraktion ging es um die Auswirkungen des Fiskalpaktes auf Rheinland-Pfalz. SPD und Grüne kritisierten die Europapolitik der Bundesregierung und den Fiskalpakt. Die CDU-Fraktion erwiderte, dass die Kritik unberechtigt sei, das Land müsse selber für die finanzielle Situation der Kommunen sorgen.

Der Fiskalpakt habe Einfluss auf das Budgetrecht des Landtages, so SPDFraktionsvorsitzender Hendrik Hering. Es müsse sichergestellt werden, dass Ländern und Kommunen keine zusätzlichen Nachteile entstünden. Eine Wirtschaftskrise in Südeuropa schädige auch die exportabhängige Wirtschaft im Land, so der Abgeordnete. Hering warf Bundeskanzlerin Merkel falsche Krisenpolitik vor. Deutschland habe "am Meisten von Europa profitiert", nun müsste mit notwendigen Maßnahmen die Realwirtschaft gestärkt werden, forderte er. Auch die Jugendarbeitslosigkeit müsse bekämpft werden, "damit werden auch rheinland-pfälzische Interessen vertreten". Die Maßnahmen für verschuldete Länder müssten von Solidarität geprägt sein, so Hering.

Die Lösung der Wirtschaftskrise sei "eine historische Aufgabe", erklärte CDU-Fraktionsvorsitzende Julia Klöckner. Man komme nicht um einen strikten Sparkurs und Strukturreformen herum, daher sei der Fiskalpakt richtig. Sie forderte die Landesregierung auf, diesen nicht im Bundesrat zu blockieren. Eine Vergemeinschaftung der Schulden sei "völlig kontraproduktiv". Man könne Wachstum nicht mit mehr Schulden finanzieren, kritisierte Klöckner. Die Forderungen von Ministerpräsident Beck an die Bundeskanzlerin seien nicht "nicht in Ordnung und nicht anständig", er fordere Geld ein, ohne die Kommunen daran teilhaben zu lassen. Es sei nicht zielführend, den Fiskalpakt mit "sachfremden" Inhalten zu verknüpfen. Klöckner warf Beck vor, die finanzielle Lage der Kommunen in Rheinland-Pfalz unerwähnt gelassen zu haben und seine "Hausaufgaben nicht gemacht" zu haben. Die Fraktionsvorsitzende der Union wies darauf hin, dass die Kommunen im Land verfassungswidrig ausgestattet seien.

Die nationalstaatlich geprägte Politik Deutschlands und Frankreichs führe Europa nicht in eine bessere Zukunft, monierte der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Daniel Köbler. Die Europapolitik der Bundeskanzlerin sei "ein einziger Scherbenhaufen". Sparen allein behebe die Krise nicht, stattdessen verschärfe es diese. Köbler sagte, eine angemessene Beteiligung der Finanzmärkte sei notwendig. Er wies darauf hin, dass sich alle Bundesländer gegen eine stärkere Belastung gewehrt hätten, auch jene unter einer CDU-Regierung. Der Bund müsse sich bei der Eingliederungshilfe einbringen, forderte der Abgeordnete.

Auch bei der Zulassung von Italien habe es Bedenken gegeben, erläuterte Ulrich Steinbach (Bündnis 90/Die Grünen) und wies die Kritik zurück, die rot-grüne Bundesregierung sei im Jahr 2000 alleine für die Zulassung Griechenlands verantwortlich gewesen. Dort habe es bis 2005 eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation gegeben. Die Bundesregierung habe in der Europapolitik keinen "klaren Kurs und keinen klaren Kompass", kritisierte Steinbach. Man nehme die Haushaltsautonomie der Länder ernst, so der Abgeordnete.

Man stehe in Europa vor einer schwierigen Situation, unterstrich Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Neben der Sparpolitik müssten "auch Zukunftsimpulse kommen", darüber sei man sich in der Europäischen Kommission einig. Die Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent in einigen Ländern werde mit Sicherheit zu Verwerfungen führen, warnte Beck. Auch die Bundeskanzlerin werde dem Setzen von Impulsen zustimmen. Diejenigen, die an den Krisen verdienten, müssten auch zu deren Finanzierung herangezogen werden, forderte der Ministerpräsident. Es sei "ein Skandal ersten Ranges", dass die Rating-Agenturen Spanien heruntergestuft hätten und somit die europäischen Steuerzahler belasteten. Beck forderte die Einrichtung einer europäischen Rating-Agentur und eine Kontrolle der europäischen Finanzmärkte. Es müssten aber auch die Auswirkungen des Fiskalpaktes auf die Binnenstruktur der föderal organisierten europäischen Staaten beachtet werden. Daran hänge "ganz viel Arbeit", erklärte der Ministerpräsident. Der Fiskalpakt sei mit vielen Risiken versehen, so der Ministerpräsident.

Die Bundesregierung habe nicht gemerkt, dass der Fiskalpakt im Konflikt mit der Schuldenbremse stehe, erklärte Finanzminister Dr. Carsten Kühl (SPD). Auf Hinweise der Länder sei nicht eingegangen worden. Der Minister warf Klöckner vor, sich nicht mit den Gesetzestexten beschäftigt zu haben. Er wies darauf hin, dass Deutschland nach der Wende "bedingungslos" Geld gegeben und nach dem Krieg Unterstützung erhalten habe.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 30/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2012