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RHEINLAND-PFALZ/2745: Verzögerungen bei der Bekämpfung des Bahnlärms (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 01/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 21. Januar 2013

Verzögerungen bei der Bekämpfung des Bahnlärms



Der Mehrheitsbeschluss des Bundestages zum Auslaufen der Neubaustrecken-Förderung ab 2016 veranlasste die SPD-Fraktion zu einer kritischen Betrachtung der Entscheidung in einer Aktuellen Stunde. Koalition und CDU warfen sich gegenseitig Untätigkeit der Bundesregierungen unter der jeweils anderen Regie vor.

Als "bahnbrechende Entscheidung" des Bundestags bezeichnete Michael Hüttner (SPD) den Wegfall des Schienenbonus für Neubaustrecken ab dem Jahr 2016. "Was bedeutet das für die lärmgeplagten Menschen am Mittelrhein? - Nichts! Absolut nichts!", kritisierte Hüttner. Die betroffenen Bürger seien "regelrecht an der Nase herumgeführt worden". Versprechungen seien gemacht, aber nicht eingehalten worden. "Diese Entscheidung ist eine absolut tiefe Enttäuschung", sagte Hüttner. Tagtäglich ratterten 500 Züge durch das Mittelrheintal, teilweise mit Lärmwerten von über 100 db/A. "Diese Belastungen gehen weit über die für die Gesundheit festgestellten Lärmgrenzwerte hinaus", erläuterte der Abgeordnete. Jetzt werde die EU herangezogen, "weil man ein im Sommer 2011 abgegebenes Versprechen, zum jetzigen Fahrplanwechsel wirksame Trassenpreise einzuführen, nicht einhalten kann". Über den Einbau von Bremssohlen werde seit vielen Jahren geredet, aber nur 2000 bis 3000 Waggons seien umgerüstet worden, bei alleine 180 000 Waggons der Deutschen Bahn. Verkehrsminister Ramsauer lehne auch Geschwindigkeitsbeschränkungen ab. "Der Bundesverkehrsminister und die Bundesregierung blockieren einen Fortschritt", folgerte der Abgeordnete. Nur der Bund sei bei dem Thema zuständig. Wir brauchen eine Bundesregierung, die endlich handelt und nicht nur Versprechungen abgibt.

Er habe sich über das Thema der Aktuellen Stunde gewundert, sagte Josef Dötsch (CDU). "Ich habe mich ein wenig dreieinhalb bis vier Jahre zurückgesetzt gefühlt, als noch Herr Tiefensee von der SPD Verkehrsminister in Berlin war", erläuterte er. Die Fraktionen hätten alle zusammen "viele Punkte aufzählen können, die Herr Tiefensee versäumt hat zu erledigen". Gerade Minister Ramsauer habe zunächst einige liegen gebliebene Dinge aufzuarbeiten gehabt. Dötsch erinnerte an die beihilferechtliche Genehmigung der Flüsterbremsen seitens der EU, "die durch das Verschulden von Herrn Tiefensee zwei Jahre liegen geblieben ist". Die SPD wolle nur noch parteipolitisch punkten. "Dies mit den Nöten und Ängsten die Menschen, die unter dem Bahnlärm zu leiden haben", sagte Dötsch. "Wie sonst ist es zu erklären, dass seitens der Landesregierung künstlich und völlig unnötig Fronten aufgemacht werden, die die Gemeinsamkeit, die bisher in diesem Hause zu diesem Thema geherrscht hat, aufs Spiel setzen und gefährden?", fragte er. Die CDU Rheinland-Pfalz habe sich stets vehement für die Reduzierung des Bahnlärms in den Flusstälern eingesetzt "und einiges erreicht".

Als Schlag gegen die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner im Mittelrheintal bezeichnete Jutta Blatzheim-Roegler (Bündnis 90/Die Grünen) die Entscheidungen der Koalition auf Bundesebene und von Bundesminister Ramsauer. "Die Bekämpfung von Verkehrslärm ist die vordringliche Aufgabe einer modernen Mobilitätspolitik, die die Koalitionsfraktionen verfolgen." Das rheinland-pfälzische Parlament habe im März in Richtung des Bundes einen Maßnahmenkatalog zum Schutz der Anwohnerinnen und Anwohner im Mittelrheintal vor Lärm verabschiedet. Das Parlament habe die zügige und ernsthafte Prüfung einer Alternativtrasse gefordert. Eine komplett neue Trasse erfordere enorme Ingenieurleistungen und natürlich auch die nötige Akzeptanz bei den Betroffenen. "Ein solches Unterfangen ist nicht mit dem Lineal zu zeichnen und vor allem weder kurz- noch mittelfristig zu realisieren", stellte die Abgeordnete klar. Perspektivisch gehörten Güter nicht auf die Straße. "Güter gehören intelligent in einem multimodalen System transportiert. Die Schiene gehört an erster Stelle dazu", erläuterte sie. Die CDU-Fraktionsmitglieder forderte sie auf, in diesem Sinne auf ihre Bundespartei einzuwirken.

Die Trassenpreise, eine Alternativtrasse und die Umrüstung der alten Graugussbremsen sind laut SPD-Fraktionschef Hendrik Hering die zentralen Forderungen. Minister Tiefensee habe das Aktionsprogramm "Leiser Rhein" auf den Weg gebracht, in dem zu allen drei Punkten Vorarbeiten geleistet worden seien. Nun sei Minister Ramsauer mittlerweile über drei Jahre im Amt, "und trotz dieser geleisteten Vorarbeiten ist in diesen drei zentralen Punkten nichts Entscheidendes auf den Weg gebracht worden", kritisierte Hering. Man dürfe doch wohl einmal kritisieren, "dass in zentralen Punkten, zu denen das Parlament Rheinland-Pfalz einen einstimmigen Beschluss gefasst hat, seitens der Bundesregierung nichts getan wurde".

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 01/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2013