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RHEINLAND-PFALZ/2863: Urteil über die Südumfliegung (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 36/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 7. Oktober 2013

Urteil über die Südumfliegung



Zum Kassler Verwaltungsgerichtsurteil zur Südumfliegung am Frankfurter Flughafen beantragten Bündnis 90/Die Grünen die Aussprache zur entsprechenden Mündlichen Anfrage. Es erhebe sich zurecht zahlreicher Protest gegen den zunehmenden Flugverkehr und seine nachgewiesenen gesundheitlichen Folgen, sagte Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen). Das Kassler Verwaltungsgerichtsurteil sei ein Desaster für die Verantwortlichen und habe gezeigt, dass der Ausbau auf Lügen basiere, so das versprochene Nachtflugverbot und die Festlegung der Flugrouten als alternativlos. "Das Gericht hat klipp und klar ausgeführt, dass die Alternativen nicht einmal geprüft wurden." Es sei klar, dass eine neue Regelung nicht automatisch zu weniger Fluglärm führe und manche Menschen zusätzlich belasten würden. Das behauptete Jobwunder für die Region gebe es ebenso wenig. Die Fraport habe bei der Ausbaubegründung von 100.000 neuen Jobs gesprochen, selbst aber nur 76 geschaffen. "Der Ausbau ist auf Sand gebaut, es wird Zeit, dass nach zwei Niederlagen vor Gericht nun endlich Vernunft einkehrt auf der anderen Rheinseite und Hessen sich den Bemühungen von Rheinland-Pfalz anschließt für mehr Ruhe zu sorgen", appellierte Köbler.

Das Urteil zur Südumfliegung wie jenes zum Nachtflug sei ein Zeichen, dass Klagen gegen den Fluglärm und Flugroutenfestlegungen sinnvoll sind, sagte Wolfgang Reichel (CDU). Die Medien hätten dem eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt, "nicht nur wegen des Wahlkampfes". Die Abschätzung der Folgen des Urteils sei schwierig, weil die Begründung noch nicht vorliege. Die jetzige Debatte solle nur dazu dienen, vor der Wahl Stimmung gegen die hessische Landesregierung zu machen. Dies laufe jedoch ins Leere. Dabei habe die rheinland-pfälzische SPD bis zur Landtagswahl 2011 an keiner einzigen Stelle gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens Stellung genommen, "vielmehr blieben alle Einspruchsmöglichkeiten ungenutzt". Eine SPD-geführte Landesregierung in Hessen habe zudem die Kapazitätserweiterung in Frankfurt erst umgesetzt. Die Landesregierung habe mit ihrer jetzigen Initiative auch bei anderen rot-grünen Regierungen keine Unterstützung gefunden. "Ohne die Zustimmung der SPD-Regierung in Rheinland-Pfalz wäre der Ausbau so nicht erfolgt", ist Reichel überzeugt. Nur im breiten Schulterschluss aller Parteien werde eine Begrenzung des gesamten Lärms in der Region möglich sein.

Das Gericht habe ein Ermittlungsdefizit durch die Routenfestlegung ohne alternative Prüfung festgestellt, sagte Michael Hüttner (SPD). Er habe sich sagen lassen, dass es schwieriger gewesen sei einen Gutachter zu finden, der der DFS auch einmal die Stirn biete als die Alternative festzustellen. Daran sehe man, welche Macht die DFS habe. Wenn er nun lese, dass jetzt alternative Routen geprüft werden, zeige dies, dass Flugaufsicht und DFS keinen guten Job gemacht hätten, "sie sind schlecht mit den Menschen umgegangen". Es gehe nicht darum gegen den Flughafen zu sein, sondern die Art und Weise wie mit den Menschen umgegangen werde. "Bei jeder Bebauungsplanung werden die Bürger gehört und hier haben die Menschen keinerlei Recht", sagte Hüttner. Das Kasseler Urteil mache Mut weiterzumachen. Jetzt, mit dem Urteil beantrage man den Terminal drei anstatt ein Zeichen zu setzen, diese Entwicklung zu stoppen und die Flugbewegungen zu reduzieren. In London würden mit zwei Bahnen mehr Flüge abgewickelt als mit vier in Frankfurt, das zeige das Planungschaos in Frankfurt.

Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) dankte den Kommunen, "die sich mit der finanziellen Unterstützung des Landes auf den Weg gemacht hatten, dieses Urteil zu erwirken". Was die Bürgerinitiativen an Kraft aufwendeten, sei enorm. Wenn man die Zahlen von 500 000 Flugbewegungen kenne und wisse, dass ein wirksamer Planfeststellungsbeschluss existiere, der deutlich mehr ermögliche, "dann muss einem Angst und Bange werden". Es sei daher angebracht, mindestens den Fluglärm auf dem jetzigen Stand zu begrenzen, besser sei es zu überlegen, ob Fluglärm nicht an der einen oder anderen Stelle zurückgenommen werden könne, "auch durch den Verzicht auf Flugbewegungen". Ein Mehr auf 600 000 oder 700 000 Bewegungen, "das kann man sich in dieser Region überhaupt nicht vorstellen". Er sei daher "ganz klar aufgestellt gegen jeden weiteren Anstieg von Flugbelastungen", betonte Lewentz. Umtreiben müssen die vom Leipziger Gericht attestierten ungenügenden Sicherheitserwägungen. Er hoffe, wenn das Urteil vollzogen werden müsse, werde die Landeregierung Wege finden, nicht den Lärm auf der einen Rheinseite zu konzentrieren und auf der anderen die Wertschöpfung zu forcieren. "Das geht so nicht, wir brauchen eine gerechte Verteilung." Er hoffe auf eine andere Haltung bei der neuen hessischen Landesregierung.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 36/2013, Seite 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2013