Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


SACHSEN-ANHALT/337: ZwischenRuf 2-2018 - Das Magazin des Landtages


ZwischenRuf 2/2018
Das Magazin des Landtages von Sachsen-Anhalt

Gamer im Glück
eSport wird vereinstauglich


INHALT

AUS DEM PLENUM

Extremismus bekämpfen
Der Landtag ist einem Alternativantrag der Koalition gefolgt, der sich gegen Extremismus, Gewalt, Rassismus und Antisemitismus ausspricht.

Frauen besser schützen
Der Landtag will die Umsetzung der Istanbul-Konvention voranbringen und hat einen Antrag von CDU, SPD und Grünen beschlossen. Damit sollen Frauen noch besser vor sexualisierter und häuslicher Gewalt geschützt werden.

"Funklöcher ade!"
Nationales Roaming soll "Funklöcher" vermeiden. Daher wurde die Landesregierung beauftragt, sich für eine Bundesratsinitiative einzusetzen, die nationales Roaming einführt.

Verzögerte Rentenangleichung
Rentenangleichung und finanzielle Entlastung bei der Mitfinanzierung der Sonder- und Zusatzversorgung in der DDR wurden im Landtag behandelt.

AUS DEM AUSSCHÜSSEN

Sport als integratives Instrument
Der Ausschuss für Inneres und Sport beschäftigte sich in seiner Sitzung Ende Mai mit einem Selbstbefassungsantrag der Koalition, der ein Positionspapier des Fußballverbands Sachsen-Anhalt zum ländlichen Raum zum Thema hat.

Missstände per Gesetz beseitigen
Überbelegte Wohnungen, überall Müll, kaputte Fenster: In manchen Wohngebieten in Magdeburg und Halle durchaus Realität. In einer öffentlichen Anhörung wurde über ein Gesetz beraten, das helfen soll, diese Missstände abzustellen.

IM BLICKPUNKT

Landtag sucht den Dialog
Auf Initiative von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch setzt der Landtag seine im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Dialogreihe fort.

RÜCKBLICK

Inklusion im öffentlichen Dienst
Die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen der Länder (AGSV-L) hat ihre Jahrestagung erstmals in Sachsen-Anhalt veranstaltet.

Roter Teppich für junge Forschende
Mit einem mittlerweile traditionellen Empfang ehrte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch die Landessieger des Wettbewerbs "Jugend forscht".

EINBLICK

Reise bringt Ausschuss voran
Wer sich über E-Mobilität und moderne Lösungen im ÖPNV informieren will, der fährt nach Estland. Das hat der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr auch getan.

*

IMMER GUT INFORMIERT

Aktuelle Publikationen des Landtags

Aktuelles aus dem Plenum und den Ausschüssen?
Was gehört zu den Aufgaben des Landtags?
Wann und wie kann ich eine Petition einreichen?

Ein umfangreiches Informationsangebot finden Sie im Internet und in den Printpublikationen des Landtags. Diese können kostenfrei abonniert oder einzeln bestellt werden.

Ihre Bestellung richten Sie bitte an:
Landtag von Sachsen-Anhalt | Domplatz 6 - 9 | 39104 Magdeburg
Telefon: 0391 560 1226 | Fax: 0391 560 1123
E-Mail: landtag@lt.sachsen-anhalt.de

*

CDU-Abgeordneter Ralf Geisthardt gestorben

Ralf Geisthardt ist am 23. Juni 2018 im Alter von 64 Jahren gestorben. Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch erklärte: "Als Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt seit der ersten Stunde war Ralf Geisthardt uns allen über mehrere Legislaturperioden ein guter Kollege und enger Mitstreiter, der sich leidenschaftlich für die Belange seiner Heimatregion einsetzte." Geisthardt habe sich aber nicht nur für die Belange des Landes eingesetzt, sondern er sei auch ein Weltbürger gewesen, der den europäischen Gedanken im Herzen trug, so Brakebusch weiter. Bis zuletzt hätte er seine Aufgaben als Vorsitzender des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien wahrgenommen. "Sein unbändiger Lebenswille hat viele berührt und bei uns allen tiefe Spuren hinterlassen." Wenige Wochen vor seinem Tod, im Mai 2018, erhielt Ralf Geisthardt das Bundesverdienstkreuz. Er hinterlässt eine Ehefrau und drei Kinder.


Katja Bahlmann zur neuen Schriftführerin gewählt

Zwölf Schriftführerinnen und Schriftführer unterstützen im Plenum die Landtagspräsidentin und die Vizepräsidenten bei der Leitung der Sitzung. Was der Name nahelegt - etwas aufzuschreiben - und was ihre Aufgaben sind, ist etwas ganz Unterschiedliches. Schreiben müssen sie nicht. Sie bedienen zum Beispiel den Redezeitcomputer, beurkunden die Verhandlungen, führen die Rednerlisten, sammeln beziehungsweise zählen die Stimmzettel und überwachen die Korrektur der Plenarprotokolle. Da die bisherige Schriftführerin Doreen Hildebrandt ihr Amt niedergelegt hat, war eine Neuwahl erforderlich.

Einstimmig wählte der Landtag am 20. Juni 2018 die Abgeordnete Katja Bahlmann (DIE LINKE) zur Schriftführerin. Die 42-jährige Zeitzerin gehört dem Landtag seit 2017 an und vertritt ihre Fraktion im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration.

*

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

drei Sitzungstage und eine vollgepackte Tagesordnung wurden von den Abgeordneten im Juni noch gemeistert, bevor das Parlament und seine Volksvertreter in die parlamentarische Sitzungspause eingetreten sind. Was im ersten Moment stark nach langen Sommerferien voller Urlaub, Laissezfaire, Eis und Sonnenbaden klingt (und was durchaus richtig ist), heißt im nächsten allerdings auch: Termine in den Wahlkreisen im Land für die Abgeordneten, das Suchen und Finden nach politischen Ideen und Lösungen, die als nächste umgesetzt werden sollten, und freilich der weiterlaufende Arbeitsalltag im Landtag als Teil der Landesverwaltung.

Schwerpunkt im aktuellen ZwischenRuf sind zum einen die Themen aus der letzten Landtagssitzung. Wir haben für Sie die Diskussionen zum eSport, Linksextremismus, Renten, Gewalt gegen Frauen und nationales Roaming noch einmal in der gebotenen Kürze aufgearbeitet. Denken Sie daran, dass Sie die Debatten jederzeit auf unserer Website www.landtag.sachsen-anhalt.de im Videoarchiv ansehen, aber auch alle Drucksachen als PDF-Dateien herunterladen können.

Während der Frühsommer der Landesgartenschau in Burg jede Menge Besucherinnen und Besucher beschert und zwischenzeitlich die Weltmeisterschaft der Fußballer über die sportliche Bühne gegangen ist, waren die Wochen "vor der großen Hitze" wie gewöhnlich berstend voll mit Veranstaltungen, die einer größeren Aufmerksamkeit bedurften. Davon war auch der Landtag nicht ausgenommen. Ganz oben auf dem Tapet sind da die beiden Dialogveranstaltungen zu nennen, die Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch initiiert hat, um Abgeordnete sowie Bürgerinnen und Bürger vor Ort im Land miteinander ins Gespräch zu bringen. Was sonst im Abgeordnetengespräch im Wahlkreis stattfindet, wurde so in einen größeren Rahmen gebracht. Elf Veranstaltungen, die sich thematisch an den Arbeitsfeldern der elf ständigen Ausschüsse des Landtags orientieren, wird es bis Ende 2019 geben. Zwei davon fanden bereits statt: Auf den Seiten 14 und 15 dieses ZwischenRufs berichten wir von den Dialogveranstaltungen in Zerbst (Wolf) und Halberstadt (Schule).

Darüber hinaus hatte der Landtag einigen Besuch in Magdeburg: So wurden unter anderem die Landessieger von "Jugend forscht 2018", die Vertreter/innen der Arbeitsgemeinschaften der Schwerbehinderten und Kinder des Schülerstaffellaufs für UNICEF empfangen. Zudem gibt die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, einen Überblick über die neuesten Projekte ihrer jetzt bei der Landtagspräsidentin angesiedelten Behörde.

Wir wünschen Ihnen nun einen ganz entspannten Sommer mit einer abwechslungsreichen Lektüre des ZwischenRufs.

Ihr ZwischenRuf-Team

*

AUS DEM PLENUM

Schulgesetz überarbeitet

Der Landtag hat eine Änderung des Schulgesetzes beschlossen. Inhaltlich geht es um die Einführung von Grundschulverbünden, die Qualifizierung von Quereinsteigern zum Lehrer sowie verbesserte Regelungen für Privatschulen. Die Abgeordneten diskutierten seit Ende 2016 intensiv im Parlament und dem Bildungsausschuss über das neue Gesetz. Sowohl die Fraktion DIE LINKE als auch die Landesregierung hatten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Am Ende setzte sich der Gesetzentwurf der Landesregierung durch. Stefanie Böhme


Neue Vorschriften für Kommunen

Die Landesregierung und die Fraktion DIE LINKE hatten im März 2018 jeweils einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes und anderer kommunalrechtlicher Vorschriften eingebracht. Im Kern geht es darum, Bürgern den Zugang zu direkter Demokratie zu erleichtern und mehr Bürgerbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte für den Gesetzentwurf der Landesregierung. Stefanie Böhme


Neuer Paragraf im SGB XII

Der Landtag hat ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - des Landes Sachsen-Anhalt beschlossen. Für den Zeitraum ab dem Jahr 2018 wird klargestellt, dass das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe zugleich Träger der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX ist und alle übrigen Regelungen zur Ausführung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII auch insoweit gelten. In das AG SGB XII wurde ein neuer § 2a eingefügt, der für die Jahre ab 2018 den überörtlichen Sozialhilfeträger zum Eingliederungshilfeträger bestimmt. Stefanie Böhme


Gesundheit rückt in den Fokus

Ein Antrag der Fraktion DIE LINKE sieht vor, dass der Landtag auf Grundlage des Artikels 55 der Landesverfassung und gemäß § 17 der Geschäftsordnung des Landtags eine Enquete-Kommission zum Thema "Die Gesundheitsversorgung und Pflege in Sachsen-Anhalt konsequent und nachhaltig absichern!" einsetzt. Sie soll dem Landtag Vorschläge unterbreiten, wie die Sicherung der Gesundheitsversorgung - insbesondere in den Krankenhäusern - in Sachsen-Anhalt künftig personell, sächlich, finanziell, flächendeckend, qualitativ hochwertig und nachhaltig realisiert werden kann. Schwerpunkte der Arbeit sollen eine umfassende Bestandsaufnahme der notwendigen Investitionen und der benötigten Fachkräfte sowie die medizinische Versorgung im ländlichen Raum sein. Der Antrag wurde noch nicht beschlossen, sondern zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Integration überwiesen. Stefanie Böhme


Landtag untersucht Zinswetten

Auf Antrag mehrerer AfD-Abgeordneter (22) hat der Landtag die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) beschlossen. Er soll die Vorgänge rund um die Finanzderivatgeschäfte einiger Abwasserzweckverbände zwischen 25. Mai 1998 und 31. Dezember 2017 untersuchen. Ziel ist es, zu ermitteln, "welcher absolute Verlust je Zweckverband realisiert wurde, und welche Auswirkungen dieser auf die Gebühren der Zweckverbände hatte".
Der Landesrechnungshof hatte vor Kurzem festgestellt, dass Abwasserzweckverbände sich an hochriskanten und teilweise verbotenen Zinswetten (Derivatgeschäfte) beteiligt haben. Dabei haben sie Verluste in Millionenhöhe gemacht.
Noch ist unklar, ob Bürger höhere Gebühren zahlen mussten, um die Verluste auszugleichen. Der Landtag ist verpflichtet einen PUA einzusetzen, wenn mindestens ein Viertel der Abgeordneten einen solchen beantragen. Den Vorsitz des 17. PUA übernimmt Kerstin Eisenreich (DIE LINKE). Stefanie Böhme

*

AUS DEM PLENUM

Extremismus bekämpfen

Die Mehrheit der Abgeordneten ist einem Alternativantrag der Koalition gefolgt, durch den sich der Landtag gegen Extremismus, Gewalt, Rassismus und Antisemitismus ausspricht. Dem vorangegangen war ein Antrag der AfD.


Auf Antrag der AfD-Fraktion sollte der Landtag "die Untätigkeit der Landesregierung gegenüber einer sich stetig steigernden politisch motivierten Gewaltanwendung des linken Spektrums" missbilligen und dieser entgegentreten. Die Koalition brachte einen Alternativantrag ein, mit dem sich der Landtag "gegen jegliche Form von politischem und religiösem Extremismus, Gewalt, Rassismus, Antisemitismus und allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" ausspricht.

Über das vermeintlich "große Schweigen der Medien" hinsichtlich Straftaten des "linken Mobs" in Salzwedel (Mai 2018) klagte Mario Lehmann (AfD). Er kritisierte die zunehmende physische Gewalt und den psychischen Nerventerror der von ihm so bezeichneten "rotlackierten" Extremisten. Er warf Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) "Passivität als verdeckter Freifahrtschein" für derlei Verhalten der Linksextremen vor. "Wir sind gegen jede Form von Extremismus - ob von rechts oder links", entgegnete der Innenminister. Die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs während der Vorfälle in Salzwedel liefen, so Stahlknecht.

"Der Antrag steckt voller falscher Behauptungen", betonte Rüdiger Erben (SPD). Die Landesregierung sei eben nicht untätig gegen linksextrem motivierte Gewalt und es sei auch nicht zutreffend, dass Polizei und Justiz in Sachsen-Anhalt rechtsfreie Räume für Linksextreme dulden würden. "Sie [die AfD] unterstellen Polizei und Justiz, dass diese sich zu Handlangern von extremistischen Gewalttätern machen", empörte Erben sich.

Extremistische Gewalt von links und rechts werden von der Justiz gleichermaßen verfolgt, so Innenminister Holger Stahlknecht

Der Antrag der AfD leide einmal mehr an einer gewissen Sehschwäche, "klar" sehe die AfD nun wirklich nicht mehr, so Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). Politisch motivierte Gewaltkriminalität von links habe 2017 einen historischen Tiefstand erreicht. "Aber die Zahlen passen so schlecht in ihr rechtsextremes Weltbild", die AfD konstruiere eine linke Gefahr, um von ihren eigenen rechten Umtrieben abzulenken.

Fakt sei, dass die absolute Zahl linksextremer Straftaten 2017 gestiegen sei, ungleich höher sei allerdings die Zahl rechtsextremer Straftaten ausgefallen, erklärte Carsten Borchert (CDU). Der populistische Antrag der AfD, Polizei und Justiz seien in Sachsen-Anhalt auf dem linken Auge blind, vergräme die Polizistinnen und Polizisten des Landes.

Die Behauptungen der AfD hielten keinem Faktencheck stand, erklärte Henriette Quade (DIE LINKE) zum Antrag der AfD. Der Antrag diene der Ablenkung von rechten Gewalttaten durch eine Partei, die selbst verurteilte rechte Gewalttäter in ihren Reihen dulde und ehemalige rechtsextreme Kader beschäftige. Sachbeschädigung dürfe kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, konstatierte Quade.

Die anderen Fraktionen scheinen schwer getroffen vom Antrag der AfD, meinte Thomas Höse (AfD). Die "linken Sturmtruppen" in Salzwedel und die "zigfachen Anschläge auf Bürgerbüros der AfD" erinnerten doch sehr an die 1930er Jahre. Die selbsternannten Antifaschisten seien in Wahrheit Neofaschisten, so Höse.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der AfD abgelehnt, der Alternativantrag der Koalition wurde mit einer Stimmenthaltung vom ganzen Haus angenommen.

Dr. Stefan Müller

*

AUS DEM PLENUM

Frauen besser schützen

Der Landtag will die Umsetzung der Istanbul-Konvention weiter voranbringen und hat dazu im Juni einen Antrag von CDU, SPD und Grünen beschlossen. Damit sollen Frauen noch besser vor sexualisierter und häuslicher Gewalt geschützt werden.


Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland, umfassende Maßnahmen zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt jedweder Art, zum Schutz der Opfer und zur Bestrafung der Täterinnen und Täter zu ergreifen.

Ende 2018 soll die Landesregierung im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung über die bisherige Umsetzung der Istanbul-Konvention in Sachsen-Anhalt berichten. So steht es im Antrag der Koalitionsfraktionen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, die am 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist.

Bundesweit sei fast jede dritte Frau von Gewalt betroffen, sagte Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD). In Sachsen-Anhalt hätten 2016 knapp 700 Frauen und ihre mehr als 600 Kinder Schutz in 19 Frauenhäusern gesucht. Obwohl es in den letzten Jahren einige Fortschritte gegeben hat, sieht sie noch immer "Umsetzungsdefizite", so beispielsweise eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern, verbesserte Präventionsmaßnahmen und fehlende Opferschutz-Ambulanzen.

Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) führte aus, dass auf Bundesebene beschlossen wurde, länderübergreifend an der Verbesserung des Schutzes von Frauen vor Gewalt zu arbeiten. Zudem hätte sich Sachsen-Anhalt bereits in einigen Bereichen auf einen guten Weg gemacht. So gebe es mittlerweile fünf psychosoziale Prozessbegleiter im Land. Jens Kolze (CDU) erklärte, der "Zweck der Istanbul-Konvention ist ein enorm wichtiger" und stimmte der Ministerin in allen Punkten zu. Die Pläne landesweit ambulante Opferschutz-Beratungsstellen einzurichten, würden von seiner Fraktion begrüßt.

Es sei unbestritten, dass es in Deutschland noch immer ein Problem mit häuslicher Gewalt gegen Frauen gebe, erklärte Marcus Spiegelberg (AfD). Es sollte daher natürlich Aufgabe der Politik sein, ein gutes Netz an Beratungs- und Schutzhäusern vorzuhalten. Spiegelberg kritisierte jedoch, dass der Antrag Gewalt gegen Männer und Kinder größtenteils nicht berücksichtige. Die Zuwanderung von Menschen aus anderen Kulturkreisen würde die guten Bemühungen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention seiner Ansicht nach wieder torpedieren.

Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) beklagte den noch nicht vorhandenen barrierefreien Zugang von Frauenhäusern und die ausbaufähige Aufklärungsarbeit an Schulen. Die Landeskoordinierungsstelle zur Beratung von Mädchen mit Behinderungen sei dagegen auf einem guten Weg, so die Grünen-Abgeordnete. Neben der Evaluation des Landesprogramms müsste auch die Evaluation des Familienförderprogramms in den Blick genommen werden.

"Der Antrag geht nicht weit genug", sagte Eva von Angern (DIE LINKE). Zwar sind in den letzten Jahren geringe Nachbesserungen bei einzelnen Aspekten im Kampf gegen Gewalt an Frauen erfolgt. Allerdings müssten Frauenhäuser noch immer um Spenden bitten, wenn sie beispielsweise eine neue Waschmaschine brauchen. Nach der Evaluation im Ausschuss hoffe sie daher auf weitere Verbesserungen.

Nach der Debatte wurde der Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen.

Stefanie Böhme

*

AUS DEM PLENUM

"Funklöcher ade!"

Nationales Roaming heißt das Zauberwort, um "Funklöcher" zu vermeiden. Daher beauftragt der Landtag auf Antrag der Koalition die Landesregierung, sich für eine Bundesratsinitiative einzusetzen, die nationales Roaming verpflichtend einführt.


Die Netzabdeckung in Deutschland ist, gelinde gesagt, peinlich", konstatierte Ulrich Thomas (CDU). Insbesondere im ländlichen Raum seien die Nutzung von Internet und Telefon aufgrund diverser "Funklöcher" oft nicht möglich. Mit nationalem Roaming könnten sich Mobilfunkgeräte künftig automatisch in das beste verfügbare Netz am jeweiligen Standort einbuchen, erklärte Thomas. Aktuell werde dies durch den unterschiedlichen Ausbaustand und die technische Abgrenzung der Netzbetreiber verhindert.

Thomas räumte ein, dass der Markt in diesem Fall seine Aufgabe nicht erfüllt habe. Das mobile Internet sei jedoch ein Pfeiler der Daseinsfürsorge und daher bestehe verstärkter Handlungsbedarf, begründet er den Antrag der Koalitionsfraktionen. Darin wird die Landesregierung beauftragt, im Rahmen einer Bundesratsinitiative die Bundesregierung aufzufordern, eine gesetzliche Grundlage für ein nationales Roaming zwischen verschiedenen Mobilfunkbetreibern zu schaffen.

Prof. Dr. Armin Willingmann, Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, betonte, "nationales Roaming ist ein wichtiger Baustein beim Ausbau des Mobilfunknetzes". Bis jetzt setze die Bundesnetzagentur noch auf freiwilliges nationales Roaming; Sachsen-Anhalt wolle jetzt eine gesetzlich verpflichtende Regelung einführen.

Wenn die drei großen Anbieter es bis heute nicht geschafft haben, eine flächendeckende Versorgung einzuführen, dann werde dies auch in Zukunft nicht geschehen, sagte Matthias Lieschke (AfD). Die Reise des Ausschusses für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung nach Estland, Lettland und Finnland habe gezeigt, dass flächendeckendes Internet möglich ist. Die AfD werde den Antrag daher unterstützen.

Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stellte fest, der Antrag sei gerade zum jetzigen Zeitpunkt wichtig, weil Ende des Jahres die Versteigerung der 5G-Lizenzen durch die Bundesnetzagentur ansteht. Bis dahin müssten der gesetzliche Rahmen festgelegt und die Forderungen der Bürger benannt werden.

"Was Mobilfunk und Hightech im Internet angeht, ist Deutschland ein Entwicklungsland", erklärte Hendrik Lange (DIE LINKE). Die Probleme seien dabei ohne Zweifel "hausgemacht". Daher begrüße seine Fraktion das nationale Roaming. Um den ländlichen Raum nicht wieder abzuhängen, forderte die Fraktion DIE LINKE in ihrem Alternativantrag einen Ausbaugrad von 100 Prozent und nicht wie bisher von 90 Prozent. Außerdem dürfe der Zugang nicht zu Mehrkosten bei den Verbrauchern führen.

"Statt Apps, die Funklöcher melden, brauchen wir, neben dem Ausbau von Mobilfunkmasten, eine effektivere Nutzung des vorhandenen Netzes", betonte Holger Hövelmann (SPD). Den Alternativantrag lehnte er ab, weil er fürchtet, dass Partner auf Bundesebene durch die Forderungen abgeschreckt werden könnten.

Am Ende der Debatte stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für den Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und Grünen.

Stefanie Böhme

*


AUS DEM PLENUM

Gamer im Glück

Der Landtag hat in der Juni-Sitzungsperiode die wachsende Bedeutung des eSports anerkannt, die ehrenamtliche Arbeit in diesem Bereich soll ähnlich wie im traditionellen Sport unterstützt werden.


eSport ist Ausdruck des sportlichen Wandels und bezeichnet das Spielen von Computer- und Videospielen im Rahmen von Wettbewerben. Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass eSport-Vereine zukünftig als gemeinnützig anerkannt werden. Die Fraktion DIE LINKE brachte einen Änderungsantrag ein, durch den konkrete Forderungen an die Landesregierung gestellt werden sollten.

Die eSport-Sparte nehme weltweit eine immer größere Bedeutung und Begeisterung ein, erklärte Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN). eSport böte eine Entwicklungs- und Wachstumschance für die organisierten Vereinsstrukturen, eingefügt in die Strukturen des DOSB könnte er als Verein beispielsweise von steuerlichen Vergünstigungen profitieren. Möglicherweise müssten für den organisierten eSport ein spezieller Verhaltenskodex und verbindliche Standards aufgestellt werden. Als Pilotprojekt will der Fußballverband Sachsen-Anhalt den Landespokal 2019 nicht nur klassisch auf dem Rasen, sondern auch mit dem Spiel "FIFA 19" auf der Playstation ausspielen.

Er sei beim Besuch bei eSport-Vereinen beeindruckt von der Virtuosität der Spieler gewesen, mit der sie an den Konsolen agierten, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Sachsen-Anhalt solle sich auf den sportlichen Wandel einlassen, ihn mitgestalten und die Gemeinnützigkeit der eSport-Vereine anerkennen. eSport schließe anderen Sport nicht aus, so Stahlknecht.

"Natürlich kann man die eigenwilligste Art des Zeittotschlagens als förderungsfähigen Sport anerkennen, aber man muss es nicht", erklärte Thomas Höse (AfD). Sport sei eine ganzkörperliche Aktivität, die die Gesundheit fördere. Mit eSport brachte Höse Schwindel, Unruhe, Bewegungsarmut, Haltungsfehler und soziale Isolation in Verbindung. Die AfD lehnt die Förderung der eSport-Strukturen ab, er solle Spiel bleiben, nicht Sport werden.

Die nun gestellte Frage sei, ob der eSport als neue organisierte Sportart anerkannt werde und von der Gemeinnützigkeit (in den Sportstrukturen oder in der Jugendhilfe) profitieren dürfe, erkannte Dr. Falko Grube (SPD). Zumindest würden die vier Säulen der Motorik - Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft und Koordination - auch im eSport angesprochen.

eSport sei ein Grenzfall, weil er sich trotz Trainings und Spielerfolge von traditionellen Sportarten unterscheide, räumte Thomas Lippmann (DIE LINKE) ein. Werte wie Unterhaltung, Freizeitgestaltung und Ertüchtigung seien auch im eSport zu erkennen. Es gelte, die ehrenamtliche Arbeit im eSport-Bereich zu würdigen und den Aufbau gemeinsamer Strukturen im Sport zu unterstützen.

Es gehe um den Wettkampf gegeneinander in Zeiten der Digitalisierung, erinnerte Daniel Szarata (CDU). Sachsen-Anhalt habe die Chance, in Sachen eSport voranzugehen. Denn eSport habe nichts mit dem blassen dicken Kind vorm Bildschirm im Kinderzimmer gemein, erfolgreich könne hier nur sein, wer geistig und körperlich topfit sei.

Im Anschluss an die Debatte wurde der erste Punkt des Änderungsantrags der Fraktion DIE LINKE (Schutz von Kindern und Jugendlichen; Medienkompetenz) in den Ursprungsantrag der Koalition übernommen. Dieser wurde dann von der Mehrheit der Abgeordneten angenommen.

Dr. Stefan Müller

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Mehr als nur "Ballerspiele": Die Landesregierung soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass eSport-Vereine zukünftig als gemeinnützig anerkannt werden.

*

AUS DEM PLENUM

Verzögerte Rentenangleichung

Rentenangleichung und finanzielle Entlastung bei der Mitfinanzierung der Sonder- und Zusatzversorgung in der DDR durch die östlichen Länder wurden einmal mehr in der Juni-Sitzungsperiode im Landtag behandelt.


Als Rechtsnachfolgerin der DDR ist die Bundesrepublik nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE in der Pflicht, einen deutlich höheren Anteil bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der DDR (AAÜG) zu übernehmen. Daher sollte sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass der Bundesanteil ab dem Jahr 2019 auf 70 Prozent erhöht wird. Die Koalition brachte dazu einen Alternativantrag ein, durch den sich der Landtag nun für die weitere Angleichung der Renten in Ost und West ausspricht und zugleich Kritik an der Verzögerung der Angleichung übt. Gelobt wird zudem die im Koalitionsvertrag festgehaltene schrittweise Erhöhung der Kostenübernahme der AAÜG-Leistungen durch den Bund.

Sachsen-Anhalt zahle jedes Jahr rund 440 Millionen Euro an die deutsche Rentenkasse, dies sei der Anteil an den Anfang der 1990er Jahren beschlossenen AAÜG-Zahlungsverpflichtungen, erklärte Kristin Heiß (DIE LINKE). "Sachsen-Anhalt bringt Sonderzahlungen auf, die aus einer Zeit stammen, als es das Land noch gar nicht gab und folglich auch keine Rücklagen dafür hat bilden können", kritisierte Heiß. Darüber hinaus fordere ihre Fraktion die vollständige Angleichung des allgemeinen Rentenwerts von Ost und West, erklärte Katja Bahlmann (DIE LINKE).

Die Landesregierung setze sich kontinuierlich für mehr Rentengerechtigkeit ein, versicherte Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Die Erhöhung der AAÜG-Anteile sei vom Bund unverständlicherweise nicht als Priorität eingestuft worden. Die Landesregierung werde sich aber weiterhin darum bemühen.

Anfang Juni 2018 habe die Rentenkommission der Bundesregierung ihre Arbeit aufgenommen, sagte Tobias Krull (CDU). Sie soll Vorschläge erarbeiten, wie das System ab 2025 auf Dauer finanzierbar bleiben kann. Dass sich die Erhöhung der AAÜG-Mittel und die Rentenangleichung verzögerten, sei "ein absolut falsches Signal", konstatierte Krull.

"Die Rente ist eine Anerkennung der Lebensleistung", in den letzten Jahren sei aber "nichts für die Angleichung der Renten" unternommen worden, erklärte Tobias Rausch (AfD). Dies müsse endlich geändert werden. Er kritisierte den großen Niedriglohnsektor im Land und andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die zu einer drohenden Altersarmut führten.

Die finanzielle Ungleichbehandlung bei der Rente in Ost und West müsse abgestellt werden, forderte Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), der Ausgleich sollte noch vor 2024 kommen. Die Grünen sprechen sich für eine "Grundrente für alle" aus.

Rentengerechtigkeit und Vermeidung von Altersarmut seien vor allem in den ostdeutschen Ländern zwei der wichtigsten politischen Themen, erkannte Andreas Steppuhn (SPD). Die Verzögerungen bei der Angleichung der Rente und den AAÜG-Ausgleichszahlungen seien nicht im Interesse der anspruchsberechtigten Menschen. Steppuhn will das nicht hinnehmen und forderte: "Der Bund soll seine gegebenen Zusagen einhalten!"

Im Anschluss an die Debatte wurde der Ursprungsantrag der Fraktion DIE LINKE mit knapper Mehrheit abgelehnt, der Alternativantrag der Koalition wurde mit ebenso knapper Mehrheit angenommen.

Dr. Stefan Müller

*

AUS DEN AUSSCHÜSSEN

Sport als integratives Instrument

Der Ausschuss für Inneres und Sport beschäftigte sich in seiner Sitzung Ende Mai mit einem Selbstbefassungsantrag der Koalition, der ein Positionspapier des Fußballverbands Sachsen-Anhalt zum ländlichen Raum zum Thema hat.


Die Regierungskoalition betrachtet die Entwicklung des ländlichen Raums als eines ihrer Kernanliegen, sie bedürfe gemeinsamer Anstrengungen aller Ressorts. Die Landesregierung wurde daher per Antrag auf Selbstbefassung gebeten, im Ausschuss für Inneres und Sport nicht nur über die derzeitige Situation und Entwicklung der ländlichen Räume in Sachsen-Anhalt Stellung zu nehmen, sondern sich auch zum aktuellen Positionspapier des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt zu äußern.

Eben dieses Positionspapier wurde von den Verfassern während einer Beratung des Ausschusses in öffentlicher Sitzung vorgestellt und diskutiert. Das Papier enthält nicht nur Aussagen zur prekären Situation in den ländlichen Räumen, sondern verweist verstärkt auf den integrativen Charakter, den Sport für Einheimische, aber auch Zugereiste (Migranten) innehat. Eingeladen dazu waren Erwin Huber, Präsident des Fußballverbands SachsenAnhalt (FSA), dessen Geschäftsführer Dr. Christian Reinhardt und der Verfasser des Papiers, Dr. Andreas Siegert.

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt habe derzeit über 90.000 Mitglieder, die in den einzelnen Vereinen organisiert seien, informierte Erwin Huber. Während des Netzwerktreffens der nordostdeutschen Fußballverbände gegen Extremismus im November 2017, sei ein Positionspapier zur Stärkung des ländlichen Raums und für die Akzeptanz von Integration aufgestellt worden.

Aus der Perspektive des Fußballs habe man versucht, die Schwierigkeiten des ländlichen Raums zu verdeutlichen, so Dr. Christian Reinhardt. Immer mehr Vereine müssten verschmelzen und Spielgemeinschaften bilden, allgemein sei ein Rückgang der Zahl der Mannschaften zu erkennen. Das Positionspapier sei als Unterstützungsangebot an die Politik zu verstehen, so Reinhardt, denn "der Freizeitsport ist in seiner Existenz bedroht".

Es finde nicht nur eine quantitative, sondern vor allem eine qualitative Abwanderung statt, die Leute schauten sich nach besseren Lebensbedingungen um, erklärte Dr. Andreas Siegert. Sport und auch andere integrative Instrumente könnten dazu beitragen, die hiesigen gesellschaftlichen Werte über die Grenzen der eigenen sozialen Gruppe hinaus zu vermitteln.

Gleiche Lebensbedingungen in Sachsen-Anhalt könnten nur mit der Revitalisierung des ländlichen Raums geschaffen werden. Dazu gehöre eine angemessene Infrastruktur und die bessere Kommunikation zwischen Bevölkerung und Politik.

Das Positionspapier habe einen wichtigen Impuls gesetzt, der zeige, dass der Sport eine gesellschaftspolitische Verantwortung übernehme, erklärte Staatssekretärin Dr. Tamara Zieschang. Die Kommission "Sport stärkt Heimat" soll dazu beitragen, die Attraktivität des Lebensumfelds ländlicher Raum zu stärken.

Die Ausschussmitglieder von CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lobten das Bemühen des sachsenanhaltischen Fußballbunds und stimmten dem Grundtenor und einzelnen Aussagen des Positionspapiers zu. Die Ausschussmitglieder der AfD konnten dem nicht folgen und bezeichneten es als "linksgrünes Indoktrinationspapier", mit dem sich "die Verbandsfunktionäre als Migranten- und Asyllobby" verdingt hätten. Der Selbstbefassungsantrag wurde am Ende der öffentlichen Sitzung noch nicht als erledigt erklärt. Er soll zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Dr. Stefan Müller

*


AUS DEN AUSSCHÜSSEN

Missstände per Gesetz beseitigen

Überbelegte Wohnungen, überall Müll, kaputte Fenster: In manchen Wohngebieten in Magdeburg und Halle durchaus Realität. In einer öffentlichen Anhörung wurde über ein Gesetz beraten, das helfen soll, diese Missstände abzustellen.


Ziel des Gesetzes zur Beseitigung von Wohnungsmissständen (Wohnungsaufsichtsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) ist es, den Gemeinden eine gesetzliche Handlungsgrundlage zu geben, um gravierenden Wohnungsmissständen entgegenwirken zu können. Dadurch können die Gemeinden bei grundlegenden Mängeln des Wohnraums, erheblicher Verwahrlosung durch unterlassene Instandsetzungen oder bei Überbelegung einschreiten und erforderliche Maßnahmen anordnen. Die Landesregierung hatte den Gesetzentwurf im April 2018 in den Landtag eingebracht, Anfang Juni fand im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr eine öffentliche Anhörung zu dem Thema statt.

Grundsätzlich stimmten alle anzuhörenden Experten dem Gesetzentwurf zu. Für Peter Weiß vom Landkreistag Sachsen-Anhalt war es wichtig, zu betonen, dass es zwar die Möglichkeit, aber keine Verpflichtung zum Eingreifen der Gemeinden gebe. Auch die Befristung des Gesetzes begrüßte er, nach 2021 werde sich zeigen, ob es tatsächlich einen Bedarf für das Gesetz gebe. Nach Ansicht von Ronald Meißner, Direktor beim Verband der Wohnungsgenossenschaften Sachsen-Anhalt e.V. sollte das Gesetz besser "Mietwohnaufsichtsgesetz" genannt werden, da es sich lediglich auf 600.000 Mietwohnungen beziehe. Alle eigengenutzten Wohnungen (etwa die Hälfte aller Immobilien) seien von dem Gesetz von vornherein ausgeschlossen.

Zudem sah er die Regelungen zum "Betreten der Wohnung auf Verdacht" und zum Datenschutz kritisch. Dem schloss sich Dieter Mika, Jurist beim Deutschen Mieterbund Halle und Umgebung e.V. an und gab außerdem zu bedenken, dass Konsequenzen einer Wohnungsräumung wie Obdachlosigkeit natürlich vermieden werden sollten. Prof. Dr. Reimund Schmidt-De Caluwe, von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erklärte, eine Räumung wegen Unbewohnbarkeit sei rechtlich nicht zulässig, bevor keine Ersatzwohnung vorhanden ist. Es könne niemand sehenden Auges in die Obdachlosigkeit geführt werden. Die genannten Regelungen zum Betreten der Wohnung im vorliegenden Gesetzentwurf (§ 13 des Gesetzes) hielt er sogar für "verfassungswidrig".

Nur wenn das Gesetz mit städtebaulichen und sozialen Maßnahmen kombiniert werde, sei es erfolgversprechend, betonte Prof. Dr.-Ing. Holger Schmidt, Technische Universität Kaiserslautern, Fachgebiet Stadtumbau und Ortserneuerung. Forschungen hätten ergeben, dass Veränderungen von solchen Problemvierteln mindestens vier bis fünf Jahre dauerten.

Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr sowie das zuständige Ministerium werden die Anmerkungen und Anregungen der Experten prüfen und sich in einer ihrer nächsten Sitzungen erneut mit dem Thema beschäftigen. Ein Beschluss wurde daher noch nicht gefasst.

Stefanie Böhme

*

IM BLICKPUNKT

Landtag sucht den Dialog

Auf Initiative von Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch setzt der Landtag seine im vergangenen Jahr ins Leben gerufene Dialogreihe fort. Die ersten Stationen waren den Themen "Wölfe" (Zerbst) und "Schule" (Halberstadt) gewidmet.


Was 2017 mit den Dialogveranstaltungen zum 25. Geburtstag der Landesverfassung begann, wird in diesem und im kommenden Jahr mit insgesamt elf Diskussionsforen fortgesetzt.

Die Stadthalle Zerbst bot am 3. Mai 2018 Platz für eine "tierisch heiße Diskussion": "Sachsen-Anhalt und seine Wölfe" lautete das Thema der ersten Veranstaltung der Reihe "Landtag im Dialog". Am Diskutiertisch saßen neben der Landtagspräsidentin jeweils eine Abgeordnete bzw. ein Abgeordneter aus den Fraktionen. Dem Gespräch zum Wolf stellten sich Kerstin Eisenreich (DIE LINKE), Dietmar Krause (CDU), Hannes Loth (AfD), Jürgen Barth (SPD) und Wolfgang Aldag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN).

Geredet wurde aber nicht nur untereinander, denn Ziel der Dialogreihe ist es vor allem, dass Bürgerinnen und Bürger mit den Politikern zu aktuellen Themen ins Gespräch kommen. Es gehe darum, die Politik zu den Menschen zu bringen, statt diese zu bewegen, zum Landtag nach Magdeburg zu kommen, um ihre Anliegen vorzutragen, betonte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch. Wichtige Stichworte des Abends waren - wie nicht anders erwartet - das Wolfskompetenzzentrum in Iden, Schutzmaßnahmen für und gegen das Tier, Ersatzmaßnahmen bei Nutztierrissen (Schafe) und das Verhalten des Wolfs gegenüber dem Menschen.

Es sei beim Umgang mit dem Wolf noch viel Luft nach oben, sagte Hannes Loth eingangs, in den letzten 15 Jahren sei zu wenig zur Regulierung der Vorkommen passiert. Wolfgang Aldag meinte, bei der Finanzierung von Schutzzäunen und Herdenschutzhunden müsse nachgesteuert werden. Mit den Betroffenen vor Ort sei man seit langer Zeit im Gespräch, erklärte Dietmar Krause, selbst ein ausgesprochener Gegner des Wildtiers: "Der Wolf soll ein bisschen Angst vor dem Menschen bekommen." Der Wolf gelte laut FFH-Richtlinie als geschütztes Tier, daran müssten sich auch die Jäger halten, sagte Jürgen Barth. Problemwölfe könnten aber schon jetzt "entnommen" werden. "Wir müssen länderübergreifend noch viel aktiver werden", erkannte Kerstin Eisenreich. Die Arbeit der Schäfer müsse wieder besser honoriert werden, denn das Problem sei nicht der Wolf an sich, sondern die Handhabung von Ersatzzahlungen.

Zahlreiche Gäste meldeten sich in der Diskussionsrunde zu Wort - seien es Schaf- oder Rinderhalter, Jäger, Waldbesitzer oder schlichtweg Bewohner des ländlichen Raums, wo der Wolf sich mehr oder weniger beheimatet. Es müssten Lösungen gefunden werden, wie die Population auf einer bestimmten Höhe gehalten werden könne, ohne ihn wieder auszurotten.

"Es geht darum, die Politik zu den Menschen zu bringen, statt diese zu bewegen, zum Landtag nach Magdeburg zu kommen."
Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch

Den Austausch von Ansichten, Argumenten und harten Fakten bezeichneten alle Anwesenden als gelungen. Die Abgeordneten aus den fünf Fraktionen des Landtags machten nicht nur Vor-Ort-Termine aus oder tauschten die Kontaktdaten, sie versprachen zudem, die Thematik in den Fachausschüssen des Landtags wieder auf die Tagesordnungen zu setzen.

Frontalunterricht an der grünen Tafel, mit Kreide und Polylux - diese Zeiten sind schon etwas länger vorbei. Im Schulunterricht kommen immer mehr die mittlerweile gar nicht mehr so neuen Medien zum Einsatz. Doch wie soll sie aussehen, die Schule 2.0?

Über dieses Thema diskutierten Angela Gorr (CDU), Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD), Thomas Lippmann (DIE LINKE), Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD) und Wolfgang Aldag (Grüne) bei der Dialogveranstaltung "Schule: Kluge Köpfe braucht das Land" am 7. Juni 2018 in Halberstadt.

Eine Ausschreibung sei noch keine Stellenbesetzung, erinnerte Thomas Lippmann eingangs der Diskussionsrunde an die fehlenden Lehrkräfte in den Schulen Sachsen-Anhalts. "Wir versuchen, dem Mangel deutlich entgegenzusteuern", versicherte Angela Gorr hinsichtlich der Bemühungen der Kenia-Koalition. Dies beziehe sich sowohl auf die Zahl der Neueinstellungen als auch auf die Ausschreibungsmodalitäten. "Die herrschende Politik entwickelt untaugliche Lösungen für Probleme, die sie selber geschaffen hat", kritisierte Hans-Thomas Tillschneider: Die Heterogenität der Klassen trage zum Lehrermangel bei, weil mehr Lehrkräfte benötigt würden als in Klassen ohne Integration und Inklusion. "Wir haben in den letzten zwei Jahren einiges getan, um die Situation zu entschärfen", betonte Wolfgang Aldag. Der Druck von außen habe dabei geholfen, politisch Änderungen herbeizuführen. Früher getroffene Bevölkerungsprognosen hätten sich als falsch herausgestellt, sagte Angela Kolb-Janssen: "Wir haben heute mehr Schülerinnen und Schüler als erwartet. Somit reichen die uns zur Verfügung stehenden Lehrerinnen und Lehrer nicht aus. Daran arbeiten wir."

Gleich mehrere Lehrerinnen machten ihrem Unmut über die Arbeitsbedingungen in den Schulen Luft. Sie befänden sich in einem digitalen Dinosaurierzeitalter, sagte Silke Heick, Koordinatorin der Arbeitsgemeinschaft "Werkstatt Fachdialog: IT-Strukturen gemeinsam entwickeln". Sie benötigten zuallererst eine technische Basisausstattung, ohne dass dafür ein Antrag gestellt werden müsse. Während im Jahr in Deutschland 35 Milliarden Euro für die Rüstung ausgegeben würden, würden nur 18 Milliarden Euro für Bildung und Forschung ausgegeben - "das ist ein Armutszeugnis für unser reiches Land", betonte Dagmar Käsewieter, Lehrerin in Halberstadt. In den vorherrschenden Rahmenbedingungen könne nicht mehr lange gearbeitet werden, so Käsewieter: "Wir sind nicht am Limit, wir sind schon längst darüber.

Eines der Schwerpunktthemen war am Abend der Bereich Inklusion und Förderschulen. Der gemeinsame inklusive Unterricht an sich sei nicht das Problem, sondern die Bedingungen für diesen Unterricht, so der Tenor. Viele Lehrkräfte seien nicht ausreichend ausgebildet, um die Ansprüche von Inklusion erfüllen zu können. Auch müsse die Klassenstärke schrittweise deutlich gesenkt werden, um echten inklusiven Unterricht möglich zu machen. Probleme mit der Organisation des Schülerverkehrs im ÖPNV oder mit der Beantragung von Fördermitteln wurden ebenfalls thematisiert. Auch die baulichen Bedingungen von Schulen und Sporthallen mancherorts stießen auf Kritik.

Die Reihe "Landtag im Dialog" wird fortgesetzt: Am Mittwoch, 22. August 2018, werden Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch, fünf Abgeordnete sowie Bürgerinnen und Bürger in Magdeburg zum Themenfeld "Europa" diskutieren.

Dr. Stefan Müller

*

REGIONALFENSTER

Wer kommt, bleibt

"Haldensleben - Wer kommt, bleibt" - mit diesem Slogan wirbt die Kreisstadt des Landkreises Börde selbstbewusst für sich. Ihren Bewohnern und Gästen hat sie eine lange Vergangenheit mit noch deutlich sichtbaren historischen Spuren in Stadt und Umland, eine prosperierende Wirtschaft in der Gegenwart und viele Ideen für die Zukunft zu bieten. Zwei Mal schon - 2006 und 2008 - wurde Haldensleben als "Familienfreundlichste Kommune" in Sachsen-Anhalt ausgezeichnet.


Seit rund einem halben Jahrtausend schaut der Roland vor Haldenslebens klassizistischem Rathaus vom hohen Ross auf das Markttreiben. Dem einzigen Reitenden Roland in Europa bietet sich am letzten Augustwochenende wieder ein besonders buntes Spektakel, feiert doch die zwischen Magdeburger Börde, Colbitz-Letzlinger Heide und der Elbaue gelegene Kommune seit 1991 alljährlich zu dieser Zeit rund um ihren steinernen Ritter ein dreitägiges Altstadtfest. So werden auch 2018 vom 24. bis 26. August wieder Tausende Menschen im historischen Stadtkern zusammenkommen, um gemeinsam bei Volksfeststimmung zu feiern und das vielseitige Programm auf Bühnen am Markt- und Postplatz, der Tanzinsel, der Stadtmauer am Alten Friedhof oder am Hagentorplatz zu genießen. Komplettiert wird das Angebot von Rock-Konzerten, Bigband-Sound, Schlagern und Straßenmusik unter anderem durch Tanz und Artistik, eine Märchenkomödie, einen Trödelmarkt oder Führungen im Stendaler sowie im Bülstringer Torturm. Zu Füßen des Reitenden Rolands wird das Altstadtfest eröffnet, auf der Bühne gleich nebenan lassen es Radiosender und diverse Bands ordentlich rocken, und auch der diesjährige Festumzug endet vor dem Roland.

Er wurde 1419 das erste Mal urkundlich erwähnt. Doch schon um 1150 wurde die einstige Kaufmannssiedlung unter Heinrich dem Löwen zur "festen Stadt" ausgebaut und bekam 1224 das Magdeburger Stadtrecht. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Haldensleben zum Industriestandort - mit Steingut- und Keramikwerken, Landmaschinenbau und der zweiten Fabrik in Deutschland, in der aus Runkelrüben Zucker gewonnen wurde. Heute gilt Haldensleben - auch dank seiner guten infrastrukturellen Lage an Autobahn und Mittellandkanal - als einer der führenden Wirtschaftsstandorte nicht nur im Landkreis Börde, sondern in ganz Sachsen-Anhalt. Die Glasindustrie, die Produktion und Entwicklung von Faserverbundwerkstoffen, Logistik, Automobilzulieferer sowie nach wie vor die Keramikindustrie sind wichtige Standbeine der lokalen Wirtschaft und trugen dazu bei, dass Ende des Jahres 2017 rund 14.000 Arbeitsplätze in der knapp 20.000 Einwohner zählenden Kreisstadt besetzt waren.

Gut 1050 Jahre nach ihrer erstmaligen Erwähnung verleugnet Haldensleben seine historischen Traditionen keineswegs. Eine fast vollständig erhaltene Stadtmauer umschließt die charmante Altstadt, deren mittelalterlicher Grundriss, das Gefüge der Straßen, Gassen und Plätze mit ihren Fachwerkhäusern und Stadttürmen, nahezu unverändert erhalten blieb. Seit 1991 wurden die meisten Gebäude im historischen Kern von Haldensleben saniert und erstrahlen heute in neuem Glanz. Die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten kann man auf den Spuren von Rolli, dem Stadtmaskottchen, erkunden. Die in Gehwege eingelassenen Bronzeplatten mit dem Bild vom kleinen Bruder des Reitenden Rolands weisen den Weg, zum Beispiel zum Mitte des 13. Jahrhunderts erbauten Bülstringer Torturm, in dem eine Ausstellung über die Entwicklung der Stadt berichtet, oder zum Templerhaus, das vom Wirken des einst mächtigen Ritterordens auch in Haldensleben kündet. Als schönstes Gebäude gilt vielen das 1592 erbaute Kühnesche Haus, ein imposanter Fachwerkbau mit hohem Giebel und zwei überkragenden Stockwerken.

In einem klassizistischen Schulgebäude direkt im historischen Stadtkern hat das Museum sein Domizil, das neben einer Zeitreise von den ersten menschlichen Besiedelungen der Region bis in die Gegenwart auch allerlei Märchenhaftes bietet, da dort ein Teilnachlass der Gebrüder Grimm bewahrt wird. Eine Nebenstelle des Museums nennt sich "Haus der anderen Nachbarn". 1822 als israelitischer Tempel bzw. Synagoge erbaut, war das kleine Fachwerkhaus später auch Gotteshaus neuapostolischer Christen. Ebenfalls zum Museum Haldensleben gehört das alte Schulgebäude im Ortsteil Hundisburg. In dem 2015 sanierten, denkmalgeschützten Fachwerkhaus können heutige Besucher nachempfinden, wie im 18. Jahrhundert gelernt und gelehrt wurde.

Nur einen Katzensprung entfernt von historischem Klassenzimmer und Lehrerwohnung befindet sich Haldenslebens wohl berühmteste Attraktion: Schloss Hundisburg mit seinen Garten- und Parkanlagen. Bereits im 12. Jahrhundert existierte in Hundisburg eine Burg, von der noch der Bergfried als Südturm des Schlosses besteht. Ab 1544 zum Renaissanceschloss umgebaut, ließ es Johann Friedrich II. von Alvensleben 1693 in ein grandioses Barockschloss mit prächtigem Barockgarten verwandeln. Die für einen Landadelssitz aufwändige Anlage, die später um einen rund hundert Hektar großen Landschaftsgarten im englischen Stil erweitert wurde, kündete durch perfekte Symmetrie und detaillierte Durchformung von großer Gartenbaukunst und zählt heute zu den wichtigsten Anlagen jener Zeit in Norddeutschland. 1945 brannte Schloss Hundisburg aus und fristete jahrzehntelang ein Dasein als Ruine. Umgebende Wirtschaftsbauten waren Sitz eines volkseigenen Gutes oder wurden zweckentfremdet genutzt.

Seit 1995 Eigentum der Stadt Haldensleben und schrittweise saniert, beherbergt das Schloss in einem Flügel jetzt das "Haus des Waldes" der Landesforstverwaltung Sachsen-Anhalt, während sich im anderen Ausstellungs- und Veranstaltungsräume befinden. Auch eine Außenstellte des Standesamtes Haldensleben gibt es im Schloss und im Südteil des Corps de Logis zwei Kunstsammlungen - die des zeitgenössischen Magdeburger Bildhauers Heinrich Apel sowie historischer Gemälde, die der Haldenslebener Friedrich Look im 19.Jahrhundert zusammentrug. Eine Sammlung ganz anderer Art verwahrt eine Außenstelle der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt der Martin-Luther-Universität Halle hinter der restaurierten Fassade von Schloss Hundisburg: Die Alvensleben'sche Bibliothek, mit einem Bestand von etwa 6.000 Bänden und über 13.000 Titeln eine der bedeutendsten Privatbibliotheken der Renaissancezeit. Sie geht in ihren wesentlichen Teilen auf eine Sammlung des Humanisten und Reformators Joachim I. von Alvensleben (1514-1588) zurück, wurde im Laufe der Jahrhunderte erweitert und auch geteilt, immer wieder umgelagert und befand sich zuletzt als Leihgabe in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, bevor sie 2012 in ihre Heimatregion zurückkehrte.

Parallel zu Sanierung und Wiederaufbau des Schlosses erfolgte die Rekonstruktion des barocken Gartens. Vom Schloss bis zum reich verzierten Pariser Tor wird durch drei Terrassen ein Höhenunterschied von mehreren Metern überwunden, was wieder "von oben" einen Blick auf das gärtnerisch kunstvoll gestaltete Parterre ermöglicht. Ferner gibt es im ganzjährig frei zugänglichen Garten und Landschaftspark eine Sammlung historischer Obstsorten aus Altmark und nördlicher Börde.

Eine weitere Attraktion ganz in der Nähe von Haldensleben, von deren Stadtmitte man binnen fünf Minuten im Grünen sein kann, ist die sogenannte historische Quadratmeile. In diesem relativ kleinen Areal bilden 83 Hünengräber das größte geschlossene Großsteingräbergebiet Mitteleuropas. Besonders sehenswert sind die "Teufelsküche" und das Großsteingrab "Küchentannen", die auf ausgeschilderten Wanderwegen gut zu erreichen sind. Wer lieber radelt, kann vier Millionen Jahre Menschheitsgeschichte im wahrsten Sinne des Wortes erfahren - auf einer 40 Kilometer langen Fahrradtour rund um Haldensleben. In der Stadt an Ohre und Mittellandkanal können aber auch Wassersportler in einem Sportboothafen mit 40 Liegeplätzen, einer Slip-Anlage sowie modernen Sanitär- und Versorgungseinrichtungen anlegen und von dort aus Streifzüge zum Beispiel zu Stationen an der "Straße der Romanik" oder zu einem der "Gartenträume Sachsen-Anhalts" unternehmen.

Übernachtungsmöglichkeiten bietet in Haldensleben, einer der ältesten Standorte des Deutschen Jugendherbergswerkes, unter anderem ein modernes Herbergshaus. Die funktionale Formensprache des ehemaligen Pflegerdorfes der früheren Landesheilanstalt war es auch, die Haldensleben zu einem der Korrespondenzstandorte für das 2019 begangene Jubiläum "100 Jahre Bauhaus - Architektur der Moderne" bestimmte. Vor allem die Klinkerverblendungen sowie Sprossenfenster in dieser Reihenhaussiedlung am Stadtrand sind charakteristisch für die Bauhausarchitektur.

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Kreisstadt des Landkreises Börde kommt, wird von deren Bahnhof überrascht: Vom 1872 fertiggestellten Gebäude blieb nur die historische Außenhaut erhalten. Innen völlig entkernt, zogen in die nun modern ausgestatteten Räumlichkeiten neben Serviceeinrichtungen von Regionalzeitung und Stadtinformation unter anderem auch ein Gesundheitsdienstleister und ein Internetanbieter ein. Weitere Informationen zur Stadt: www.haldensleben.de

Gudrun Oelze

*

IM BLICKPUNKT

Erinnerung braucht konkrete Orte

Die wiedergewählte Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Birgit Neumann-Becker, setzt auf die Jugend und das Internet.


Der 13. August 2018 - 57 Jahre zuvor war in Berlin mit dem Bau der Mauer begonnen worden - wird für die Schüler des Naumburger Domgymnasiums von besonderer Bedeutung sein. An diesem Tag wird auf dem Friedhof der Domstadt eine Stele enthüllt, die an Christian Peter Friese erinnern soll. Friese wohnte mit seiner Mutter in Naumburg. Als 22-Jähriger wagte er am Heiligen Abend 1970 einen Fluchtversuch in Berlin und wurde dabei erschossen. In Berlin ist sein Name auf einer Gedenktafel zu finden. In Naumburg erinnert bis jetzt nichts an ihn. Die Urne des Ermordeten war im Januar 1970 von der Stasi anonym auf dem Naumburger Friedhof vergraben worden. "Tod durch Verkehrsunfall" lautete die Mitteilung an die Mutter. Schüler des Domgymnasiums haben nun auf Eigeninitiative seine Lebensgeschichte erforscht und die Aufstellung der Stele mitinitiiert.

Für Birgit Neumann-Becker ist das Projekt der Naumburger Gymnasiasten ein beredtes Beispiel für Möglichkeiten zur Erforschung der DDR-Vergangenheit unter Einbeziehung der Jugend. Die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die gemeinsam mit der Stiftung Rechtsstaat und dem Ex-Oberbürgermeister von Naumburg Curt Becker die Naumburger Initiative unterstützte, sieht in der Erinnerungskultur an die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft eine besondere Aufgabe. "Erinnerung braucht konkrete Orte", sagt die 54-Jährige, die im März vom Landtag für eine zweite fünfjährige Amtszeit gewählt worden ist. "Die Namen der Grenzopfer dürfen nicht vergessen werden." Die Landesbeauftragte regt deshalb an, die Namen der Toten an zentralen Orten in SachsenAnhalt, zum Beispiel in den Gedenkstätten in Gedenksteinen festzuhalten. "Dies soll dazu beitragen, dass die Namen der Todesopfer in der öffentlichen Erinnerung behalten und ihre Lebensgeschichten und die ihrer Angehörigen weiter erzählt werden."

Neben den Toten an der ehemaligen innerdeutschen Grenze und an der Berliner Mauer sowie den nach dem Zweiten Weltkrieg in die Sowjetunion deportierten und dort erschossenen Menschen aus den früheren Bezirken Halle und Magdeburg, deren Gedenken der Landesbeauftragten besonders am Herzen liegt, will Neumann-Becker mit ihren Mitarbeitern vor allem die Situation der lebenden Opfer des SED-Regimes durch "Aufarbeitung, Beratung und Anerkennung" weiter verbessern. "Insbesondere die fehlende Anerkennung gesundheitlicher Folgeschäden bei den 13.000 strafrechtlich Rehabilitierten in Sachsen-Anhalt ist eine dauerhafte Problematik", sagt sie. Bei 1251 Anträgen erhielten lediglich 62 eine rentenfähige Anerkennung ihrer gesundheitlichen Folgeschäden. 2015 und 2016 seien überhaupt keine Anträge positiv beschieden worden.

Obwohl es die Anträge auf Rehabilitierung seit Jahrzehnten gebe, kämen Jahr für Jahr neue Betroffene zu den Beratungen in die Behörde, die sich zuvor noch nicht als Opfer gemeldet hätten. Das hänge unter anderem mit dem bevorstehenden Renteneintritt zusammen, weiß Neumann-Becker. Im Zuge der Kontenklärung würden Fehlzeiten sichtbar, für die Ansprüche auf Leistungen nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen möglich seien. In diesem Zusammenhang verweist die Landesbeauftragte darauf, dass es notwendig sei, dass auch verfolgte Schüler und Opfer sogenannter Zersetzung (geheimpolizeiliche Arbeitstechnik, Psychoterror durch die Stasi) Entschädigungen erhalten sollten. Hier sei der Gesetzgeber auf Bundesebene gefragt.

Seit Januar 2017 ist die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur direkt dem Landtag angegliedert und nicht mehr dem Justizministerium nachgeordnet. Das mache sich in einem viel engeren Kontakt zu den Fraktionen bemerkbar, der sich positiv auf die Arbeitsabläufe auswirke, hat Neumann-Becker persönlich erfahren. Manche Anliegen könnten schneller erledigt werden. "Außerdem ist die Nähe zu den Parlamentariern sehr hilfreich", sagt sie weiter. So könne sie besser auf bestimmte Themen und deren Diskussionsbedarf aufmerksam machen.

Bei der Übergabe ihres Tätigkeitsberichtes 2017/2018 am 20. März an Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch betonte Birgit Neumann-Becker, dass "die Aufarbeitung der SED-Diktatur eine gute Investition in die Zukunft" sei. "Durch eine Reihe von Zeitzeugengesprächen und Projekten in Schulen wurden an Schülerinnen und Schüler Wissen und Erfahrungen über die SBZ/DDR vermittelt." (Der Tätigkeitsbericht ist abrufbar auf:
https://aufarbeitung.sachsen-anhalt.de/service/dokumente)

Eine erfolgreiche und zugleich beispielhafte Rolle spielte dabei das multimediale Erinnerungsprojekt zum Jugendwerkhof Burg in Zusammenarbeit durch Förderung eines Projekts von MAPP e.V. dem gemeinnützigen Mitgliederverein der Magdeburger Akademie für Praxisorientierte Psychologie. "Wir haben hier eine populäre Möglichkeit zur Information der Öffentlichkeit gefunden", sagt die Landesbeauftragte. "Mit diesem Internet-Projekt gelingt es, Zeitzeugen, Wissenschaftler und die nächste Generation - hier mit Schülern des Gymnasiums Burg - einzubeziehen." Über das dunkle Kapitel Jugendwerkhöfe der DDR soll umfassend informiert werden, deshalb kämen bei diesem Projekt ganz verschiedene Perspektiven zur Sprache. "Es geht darum, die teils schweren Folgen für die Betroffenen der sozialistischen Heimerziehung und Ausbeutung auch nach Abschluss des Heimkinderfonds konkret und lokal ins öffentliche Bewusstsein zu rücken."

In Burg bei Magdeburg befand sich der größte Jugendwerkhof der DDR. In den 80er Jahren gab es hier 180 Plätze. Ehemalige Heimkinder berichten von militärischem Drill, Bestrafungen und Einschluss in Arrestzellen. Die Ausbildung ausschließlich zum Teilfacharbeiter stigmatisierte die Jugendlichen und verschloss ihnen mögliche Berufswege.

Seit einigen Jahren treffen sich regelmäßig ehemalige Heimkinder aus dem Jugendwerkhof "August Bebel" Burg zu Gespräch und Austausch. Sie haben sich an die Landesbeauftragte gewandt und eine öffentliche Erinnerung an die Jugendwerkhöfe in Form eines Gedenksteines oder eines Dokumentationszentrums gefordert. So entstand die Idee für eine multimediale Informationspräsentation über den Jugendwerkhof Burg, die im Internet unter
http://mapp.page-flow.io/jugendwerkhof-burg abrufbar ist.

Wolfgang Schulz


"Chancen, die wir nicht hatten" - junge Menschen im Jugendwerkhof Burg
Ein multimediales Projekt

- Screenshot vom multimedialen Projekt zu dem Jugendwerkhof Burg. Es stellt die Erziehungsideale in der DDR vor und infrage und ruft zur Auseinandersetzung mit dem Thema auf.
- Birgit Neumann-Becker ist die Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt für die Aufklärung des DDR-/SED-Unrechts.

*

RÜCKBLICK

Inklusion im öffentlichen Dienst

Die Arbeitsgemeinschaft der Schwerbehindertenvertretungen der Länder (AGSV-L) hat ihre Jahrestagung erstmals in Sachsen-Anhalt veranstaltet. Dabei kam es auch zu einer Diskussionsrunde mit Abgeordneten und Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch.


Das oberste Ziel der AGSV-L ist es, nach eigenen Angaben, "die Inklusion in den Länderverwaltungen voranzubringen, damit allen Beschäftigten die gleichen Möglichkeiten für eine selbstbestimmte Teilhabe am Arbeitsleben gegeben werden." Denn die AGSV-L vertritt die Interessen von etwa 130.000 behinderten und schwerbehinderten Beschäftigten im öffentlichen Dienst aller Bundesländer. Zu Beginn der fachpolitischen Diskussion im Landtag ermunterte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch die Mitglieder der AGSV-L, weiter für ihre Ziele zu kämpfen, oftmals würden auch schon Kleinigkeiten Verbesserungen im Arbeitsumfeld bringen. Bereits im Vorfeld wurde bekannt, dass die Landesregierung von Sachsen-Anhalt im Jahr 2017 die Quote zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt.

Angela Gorr (CDU) sieht die Quotenregelung bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung zwiespältig. Zum einen müsste man immer genau schauen, warum die Quote nicht erfüllt wurde, vielleicht gebe es gar nicht immer die passenden Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt? Zum anderen erwartet sie, dass auch über die Quote hinaus Anstrengungen unternommen werden, um die Inklusion im Land zu verbessern.

"Die Barrierefreiheit in den Köpfen ist noch nicht gelungen", ergänzte Dr. Verena Späthe (SPD). Gemeinsam mit ihren Koalitionskollegen (CDU und Grüne) wolle sie sich daher bei den nächsten Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass ab 2019 eine Fachstelle für Barrierefreiheit im Land eingerichtet wird.

Für Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sind Quoten vermutlich nötig, um klare Zielstellungen zu haben. Die besten Quotenregelungen würden jedoch nichts nützen, wenn deren Nichteinhaltung ohne Konsequenzen bliebe. Aufgrund der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt sieht Lüddemann gute Chancen, dass noch mehr Menschen mit Behinderungen eingestellt werden.

Die Ausgleichszahlungen (die Unternehmen zahlen müssen, wenn sie keine Menschen mit Behinderungen einstellen), böten offenbar noch nicht genug Anreiz, mutmaßte Dagmar Zoschke (DIE LINKE). Zwar gebe es in Sachsen-Anhalt positive "Leuchttürme", viele Unternehmen wüssten aber immer noch nicht, welche Förderungsmöglichkeiten es eigentlich gibt und welche Chancen die Einstellung eines Menschen mit Behinderung bietet. Außerdem mangele es bei vielen auch an der "Sensibilität für die Einschränkung des anderen".

"Wenn wir Menschen mit Behinderung helfen wollen, ist es wichtig, über ideologische Barrieren hinwegzuschauen und auch mal gemeinsam im Landtag abzustimmen", erklärte Oliver Kirchner (AfD). Seine Fraktion sei nicht gegen die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Alltag, dennoch sei der Erhalt der Förderschulen wichtig. Und natürlich sollten Vertreter der AGSV-L bei Gesetzesänderungen einbezogen werden, egal ob sie im Lobbyregister stünden oder nicht.

Die fachpolitischen Sprecher der Fraktionen betonten, dass sie alle Vorschläge und Anregungen mitnehmen und mit ihren Fraktionskollegen weiter diskutieren werden, um Menschen mit Behinderungen zukünftig noch besser in den öffentlichen Dienst zu integrieren.

Stefanie Böhme

*

RÜCKBLICK

Roter Teppich für junge Forschende

Mit einem mittlerweile traditionellen Empfang ehrte Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch die Landessieger des Wettbewerbs "Jugend forscht".


Gemeinsam mit den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung und Kultur würdigte die Landtagspräsidentin am 8. Juni 2018 die Jungforscher/innen aus Sachsen-Anhalt und ihre wissenschaftlichen Leistungen. Brakebusch ist die Schirmherrin des Landeswettbewerbs von "Jugend forscht". Freilich waren auch die Betreuungslehrer/innen und die Patenbeauftragten der den Landeswettbewerb unterstützenden Unternehmen eingeladen. Insgesamt hatten sich für das Landesfinale von "Jugend forscht" 34 Jugendliche mit 22 Forschungsprojekten qualifiziert.

Brakebusch, die sich bei Regionalausscheiden einen Eindruck von den Forschungsleistungen hatte machen können, zeigte sich überwältig von der Vielfalt der Projekte: "Die dahintersteckenden Ideen sind sehr kreativ und anspruchsvoll. Im laufenden Wettbewerb haben dies alle Schülerinnen und Schüler unter Beweis gestellt. Ihre besondere Gabe wird sie auf ihrem weiteren Lebensweg erfolgreich begleiten. Ich ermutige alle: Nutzt diese Möglichkeit!"

Beim 53. Bundesfinale vom 24. bis 27. Mai 2018 in Darmstadt, an dem die zehn Landessieger mit sieben Arbeiten teilnahmen, erhielten die sachsen-anhaltischen Jungforscher Sonderpreise in den Kategorien Arbeitswelt, Chemie, Physik und Technik. Außerdem ging der Preis "Jugend forscht Schule 2018" der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland an das Georg-Cantor-Gymnasium in Halle (Saale) für seine vorbildliche MINT-Förderung.

Dr. Stefan Müller

*

RÜCKBLICK

Wünsche am Welttag der Flüchtlinge

Kinder und Jugendliche aus Magdeburg haben am 20. Juni 2018 ihre Wünsche zum Weltflüchtlingstag unter dem Motto "Kindheit braucht Frieden - Träume sind grenzenlos" Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch und weiteren Abgeordneten in Form von "Traumkarten" übergeben. Sie erzählen vom Frieden für alle Menschen, aber besonders am Weltflüchtlingstag sollten sie anregen, über die Situation der Flüchtlingskinder in den Krisenregionen nachzudenken.

"Wir wollen signalisieren, dass der Schutz des Kindes oberste Priorität hat", erklärt Prof. Dr. Gudrun Goes von der Magdeburger UNICEF-Arbeitsgruppe. "Wir wollen Kindern die Chancen und Möglichkeiten geben, die in der Kinderrechtskonvention der UNO vereinbart worden sind, dafür ist dauerhafter Frieden nötig." Das zweite Motto, was auch die übergebenen Traumkarten symbolisieren, besagt, dass Träume von Kindern über alle Grenzen hinweggehen und uns verbinden, so Goes. UNICEF Magdeburg hat mit verschiedenen Magdeburger Schulen zusammengearbeitet und die Aktion inhaltlich vorbereitet.

Dr. Stefan Müller


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Eine ganze Rolle mit weißen Friedenstauben mit Botschaften und Wünschen der Kinder und Jugendlichen für ihre Altersgenossen auf der ganzen Welt.

*

WEITBLICK

Interessante Einblicke in die Geschichte eines Hauses

Die 2018 in zweiter Auflage erschienene Publikation beleuchtet die wechselvolle Geschichte des Hauses Luisenstraße 18 in Berlin-Mitte unter Einbeziehung der neueren Berliner Stadtgeschichte und Stadtentwicklung.

Der Ursprung des späteren repräsentativen Wohnhauses liegt in den Jahren 1827 und 1828, die sehr oft wechselnden Eigentumsverhältnisse bedingten entsprechende vielfältige Nutzungsformen und häufige An- oder Umbauten. 1946 etablierte sich der Künstlerclub "Möwe" im Gebäude, diese wichtige kulturelle Institution konnte sich jedoch in den ersten Nachwendejahren nicht behaupten.

Seit dem 2. April 2003 hat dieses Gebäude für das Land Sachsen-Anhalt eine besondere Bedeutung: Es wurde zum Dienstgebäude der Landesvertretung Sachsen-Anhalts beim Bund. Zahlreiche Abbildungen ergänzen die interessante Geschichte des Hauses und vermitteln wichtige denkmalpflegerische und architektonische Einblicke.

Peter Lemburg: Luisenstraße Nr. 18: Die Vertretung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund.
Zur Geschichte eines bekannten Berliner Hauses in der Friedrich-Wilhelm-Stadt. Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt (Hrsg.), Petersberg: Imhof, 2018.


Hilfestellung für die schönen Künste der Höflichkeit

Dieses praktische Nachschlagewerk stellt gewissermaßen einen "Knigge" des 21. Jahrhunderts dar. Umgangsformen oder "gutes Benehmen" zeichnen sich nicht durch reine Äußerlichkeiten aus, sondern basieren auf einer Haltung, die von Rücksicht und Achtsamkeit geprägt ist.
Wie wichtig eine solche Grundhaltung eigentlich für jeden Menschen ist, erkennt jeder Verkehrsteilnehmer oder aufmerksame Beobachter alltäglich; manche Sozialwissenschaftler sehen die moderne Gesellschaft bereits auf dem Weg in eine "Rüpel-Republik."

Enrico Brissa arbeitete in der Verwaltung des Deutschen Bundestags und seit 2011 als Protokollchef des Bundespräsidialamtes.

Sein alphabetisch aufgebauter Ratgeber versteht sich als Hilfestellung, die "schönen Künste der Höflichkeit" (wieder) zu entdecken, ein Bewusstsein für den Wert achtsamen Verhaltens in alltäglichen Lebenssituationen zu entwickeln. Der Autor versucht dies auf anregende Weise anhand 150 zentraler Begriffe und eines ergänzenden umfangreichen Literaturverzeichnisses.

Enrico Brissa: Auf dem Parkett, Kleines Handbuch des weltläufigen Benehmens. München: Siedler, 2018.


Protokoll der freiwilligen Kollektivierung

In diesem 224 Seiten umfassenden Buch aus der Schriftenreihe der Beauftragten des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hat der Autor Wilfried Lübeck die propagierte freiwillige Kollektivierung der Bauern in landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) aufgearbeitet.
Er stützt sich dabei auf Berichte der SED-Tagespresse, der Volkspolizei und der Bezirksdienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit. Die SED-Führung sah in der Gründung der LPG die Voraussetzung für eine stabile Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Als sich abzeichnete, dass sich dieses Ziel nicht mit Überzeugung allein erreichen ließ, wurden im Bezirk Magdeburg Agitatoren eingesetzt, die die Bauern mit Gewalt und Einschüchterung in die LPG zwangen.
Die Folge waren das Ende langer landwirtschaftlicher Traditionen zum Beispiel in der Börde, in der Altmark und auch im Harz sowie eine überdurchschnittliche Republikflucht der Landbevölkerung.
Ein einführender Beitrag im Buch beschäftigt sich außerdem mit der Entwicklung der Landwirtschaft in der DDR von der Bodenreform 1945 bis zum Ende der DDR 1990.

Wilfried Lübeck: Wir wollen freie Bauern bleiben.
Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2017.


Eindrucksvolle Beispiele guter Reden

Das Seminar für allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen vergibt seit 1998 die Auszeichnung "Rede des Jahres".
2016 erhielt Prof. Dr. Norbert Lammert diesen Preis für seine Rede zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober2016 in der Dresdner Semperoper.
Diese Rede, mit der das Seminar den Einfluss auf die politische, soziale und kulturelle Diskussion würdigt, ist in dem 318 Seiten starken Taschenbuch des Suhrkamp-Verlags aus dem Jahr 2017 neben dreißig anderen Reden und Vorträgen enthalten.
In den zwölf Jahren seiner Tätigkeit als Bundestagspräsident war Norbert Lammert durch seine präzisen und geschliffenen, kritischen und humorvollen Worte einer der besten Redner des Hohen Hauses. In seinen Reden forderte er zur Auseinandersetzung mit der Vielfalt politischer Themen auf.
Der Tagesspiegel schrieb: "Gute Redner wie ihn, solche, die geradezu lustvoll das präzise und geschliffene Wort kultivieren, gibt es in der Politik nicht viele."
Davon kann man sich bei der Lektüre dieses Taschenbuchs eindrucksvoll überzeugen.

Norbert Lammert: Wer vertritt das Volk?
Reden über unser Land. Berlin: Suhrkamp, 2017.


Die Landtagsbibliothek ...

­... ist eine wissenschaftliche Spezialbibliothek, die auch für Bürgerinnen und Bürger nutzbar ist. Die Sammelschwerpunkte umfassen die Bereiche Recht, Politik, Parlamentarismus, Sozialwissenschaften, Geschichte und Landeskunde.
Neben dem umfangreichen Literatur- und Zeitschriftenbestand stehen komfortable Arbeitsmöglichkeiten im Lesesaal zur Verfügung.

Öffnungszeiten (nicht an Feiertagen)
Mo. bis Do., 8-16.30 Uhr, Fr. 8-15 Uhr
Kontakt
Telefon: 0391 560 1135
E-Mail: bibliothek@lt.sachsen-anhalt.de

*

EINBLICK

Reise bringt Ausschuss voran

Wer sich über E-Mobilität und moderne Lösungen im ÖPNV informieren will, der fährt in diesen Tagen nach Estland. Das hat sich auch der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr gedacht und seine Koffer gepackt.


Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr hat sich vom 28. Mai bis 1. Juni 2018 in Tallinn (Estland) über neue Ansätze im öffentlichen Personennahverkehr informiert. Auf dem Programm standen unter anderem ein Besuch beim Transportamt, im Hafen, bei der Eisenbahngesellschaft und in einem Labor für selbstfahrende Fahrzeuge. Ausschussvorsitzender Matthias Büttner (AfD) betonte nach der Reise: "Es hat sich auf alle Fälle gelohnt, weil wir uns im Ausschuss gerade intensiv mit diesen Themen beschäftigen und auf diese Weise direkt vor Ort mit Entscheidungsträgern sprechen und uns die Auswirkungen erklären lassen konnten."

Die Einführung eines kostenlosen ÖPNV - wie in Tallinn - sah Büttner allerdings etwas kritisch. Zwar werde dieser gut angenommen, trotzdem sei die Innenstadt mit Autos voll gewesen. Auch die durchaus großzügige Förderung der E-Mobilität (bis 50 Prozent oder 20.000 Euro pro Fahrzeug) scheine noch nicht solche Durchschlagskraft gehabt zu haben, da Büttner selbst nur wenige E-Autos auf den Straßen gesehen habe. Dennoch habe die Reise viele interessante Gedankenanstöße gebracht. Welche Schlüsse daraus gezogen würden, müsste nun jede Fraktion für sich entscheiden, so Büttner. Darüber hinaus sei die Reise sehr sinnvoll gewesen, um "zwischenmenschliche Barrieren" zu überbrücken. "Ich denke, das ist für das zukünftige Arbeitsklima im Parlament durchaus vorteilhaft." Stefanie Böhme


Was Digitalisierung alles kann

Digitalisierung und Hochschulen - damit hat sich der Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung auf seiner Reise vom 4. bis 8. Juni 2018 nach Helsinki und ins Baltikum beschäftigt.


Insbesondere das in Estland praktizierte E-Government brachte die Augen der Abgeordneten zum Leuchten, erzählt Ausschussvorsitzender Lars-Jörn Zimmer (CDU): "Vom Arztbesuch über die Autoanmeldung bis hin zu Bankgeschäften, man könne dort alles mit einer einzigen ID-Karte online erledigen." Nur Eheschließungen, Scheidungen und Immobiliengeschäfte sind ausgeschlossen. Datenschutz? In Estland kein Problem, man habe entsprechende Regelungen gefunden, mit denen alle leben können, berichtet Zimmer.

Seiner Ansicht nach müsste der Wandel von der Papier- hin zur elektronischen Verwaltung in Sachsen-Anhalt "von oben" kommen, das heißt, die Verwaltungen müssten dem Bürger entsprechende Angebote machen. Fraktionsübergreifend sei man sich einig gewesen, dass es demnächst verstärkt parlamentarische Initiativen zu diesem Thema geben werde, um Sachsen-Anhalt auf diesem Gebiet endlich voranzubringen. Übrigens, das Wort "Funkloch" gibt es im estnischen Sprachgebrauch nicht, denn Grundlage für funktionierende E-Government-Aktivitäten ist natürlich ein flächendeckendes leistungsfähiges Internet. Auch in puncto Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft könne Sachsen-Anhalt von Finnland, Estland und Lettland viel lernen, wie der Besuch in den dortigen Universitäten gezeigt habe, erklärte Zimmer. Die Institute seien weltweit vernetzt, Studenten und Lehrkräfte motiviert und mit Enthusiasmus dabei. "Ein bisschen von diesem Gründergeist und der Aufbruchsstimmung würde ich mir auch bei uns wünschen!"

Stefanie Böhme

*

AUSSTELLUNGEN IM LANDTAG
VON JULI BIS SEPTEMBER 2018

MEDIZINER UND MALEREI
TERMIN: VOM 4. JULI BIS 24. AUGUST 2018

Der Titel der Ausstellung ist zugleich der Name einer Künstlergruppe. "Mediziner und Malerei" wurde 1988 vom Köthener Arzt Dr. Peter Erdmenger ins Leben gerufen. Inzwischen gehören der Vereinigung etwa 50 Ärzte an, die nicht nur ihr Arbeitsgebiet, sondern auch die Leidenschaft für künstlerisches Schaffen teilen. Die künstlerische Arbeit stellt für viele von ihnen einen wichtigen Ausgleich zum Beruf dar. Während der Klinikalltag absoluten Realitätsbezug fordert, wird in der gestalterischen Tätigkeit der individuellen Wahrnehmung und Vorstellungskraft Raum gegeben.
Zudem ist künstlerisches Schaffen auch immer Kommunikation und dient der Pflege persönlicher Kontakte. So findet die Künstlergruppe trotz vieler Einzelausstellungen immer wieder zu gemeinsamen Projekten zusammen. Ihre Arbeiten waren bereits unter anderem in Mannheim, Schwetzingen, Hannover, Hamburg, Torgau, Berlin, Schwedt, Leipzig und Ulm zu sehen. In diesem Jahr feiert die Künstlergruppe ihr 30-jähriges Bestehen und kehrt aus diesem Anlass auch mit einer Ausstellung an ihren Ursprungsort Köthen zurück. Die Ausstellung im Landtag schließt sich unmittelbar daran an. Ausgestellt werden vielfältige Gemälde, Zeichnungen und Plastiken.


DIE LEUCOREA

TERMIN: VOM 29. AUGUST BIS 28. SEPTEMBER 2018

Die Einrichtung der Stiftung Leucorea als Wissenschaftsstiftung des Landes Sachsen-Anhalt im Jahre 1994 hatte zum Ziel, wieder akademisches Leben in Wittenberg zu etablieren - an jenem Ort, wo vor 500 Jahren eine der renommiertesten Universitäten Deutschlands eröffnet wurde. Vom Wettiner Kurfürsten Friedrich III., genannt der Weise, gegründet, wurde die Wittenberger Universität zum Ausgangspunkt der Reformation und zum Initial einer Universitätsreform in renaissancehumanistischem Geist, wie sie auch heute noch einen wichtigen Hintergrund akademischer Profilbildung in methodischer wie bildungstheoretischer Hinsicht darstellt. Dieser Tradition verpflichtet, arbeitet die Stiftung Leucorea als Forschungsplattform für die Reformation und ihre kulturellen Wirkungen und bietet Raum für wissenschaftlich-akademischen Austausch und für Kooperationen von Forschungsprojekten im mitteldeutschen Raum und darüber hinaus.
Die Ausstellung gibt Einblicke in die wechselvolle Universitätsgeschichte sowie in das Spektrum der gegenwärtigen wissenschaftlichen Arbeit. Dabei begegnen dem Betrachter interessante und auch überraschende Aspekte aus dem universitären Alltag und dem studentischen Leben vergangener Jahrhunderte. Die Exposition umfasst 24 großformatige Poster, die die Betrachter in Wort und Bild fesseln.

*

LANDTAG IM DIALOG

EUROPA - UNSERE HEIMAT?

Landtagspräsidentin Gabriele Brakebusch lädt Sie zum Gespräch mit Abgeordneten
aus den Fraktionen von CDU, AfD, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein.
Moderation: Stephan Schulz

22. August 2018 MAGDEBURG
19 Uhr, Hegel-Gymnasium, Geißlerstraße 4


Das IMPRESSUM des Zwischenruf 2/2018 siehe unter:
https://www.landtag.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Downloads/Zwischenruf/ZR02.2018_web.pdf

*

Quelle:
ZwischenRuf 2/2018
Das Magazin des Landtages von Sachsen-Anhalt
Herausgeber: Die Präsidentin des Landtages von Sachsen-Anhalt
Redaktion/Bestelladresse:
Landtag von Sachsen-Anhalt
Ref. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit,
Besucherdienst und Protokoll
Domplatz 6-9, 39104 Magdeburg
Telefon: 0391 / 560 0; Fax: 0391 / 560 1123
E-Mail: landtag@lt.sachsen-anhalt.de
Internet: www.landtag.sachsen-anhalt.de
 
Der ZwischenRuf erscheint vierteljährlich.
Das Magazin dient der Öffentlichkeitsarbeit
des Landtages von Sachsen-Anhalt.
Es wird kostenfrei verteilt.


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang